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3. Auflage

ISBN: 9783738684759

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek. Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Einleitung

Alles was wir auf dieser Erde vorfinden ist durch eine Kette kosmischer Ereignisse und Zufälle zustande gekommen, ob es die bizarre Geologie, die Biologie oder das menschliche Bewusstsein ist. Grandios.

Alle Sorten Atome in einer Pflanze – und damit natürlich auch in allen Tieren und Menschen – sind bei einer oder mehreren Explosionen von Sternen entstanden. Der „Tod“ eines Sterns war somit die Voraussetzung des Lebens!

Die heute gängige Theorie ist, dass es vor ca. 15 Mrd. Jahren zum „big bang“, dem Urknall, kam. Aus einem stecknadelkopf-großen Nichts entwickelte sich das Universum. Es dauerte etwa 400.000 Jahre, bis die Temperatur ausreichend abgesunken war, so dass sich stabile Atome bildeten und Licht große Distanzen zurücklegen konnte ohne absorbiert zu werden. Die mittlere freie Weglänge von Photonen vergrößerte sich extrem, das Universum wurde also durchsichtig, genauer gesagt nahm seine optische Dichte rapide ab und fiat lux – es ward Licht! Das war die Grundvoraussetzung für pflanzliches Leben.

Vor etwa zwei Milliarden Jahren sah unsere irdische Welt noch ganz anders aus. Es gab nur Bakterien. Dann geschah etwas, was als Basis für das pflanzliche Leben diente. Der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre stieg. Es waren Blaualgen (zeitweise als Cyanobakterien bezeichnet), die dieses verursachten. Sie waren in der Lage, Photosynthese zu betreiben, und zwar mit der Energie des Sonnenlichtes. Wasser spalteten sie chemisch auf, wobei sie Wasserstoff gewannen und jenen mit dem Kohlendioxid der Luft, zu Glukose verarbeiteten. Als Nebenprodukt entstand Sauerstoff, der der damaligen Umwelt zunächst nicht sehr zuträglich war.

Andere, schon existierende Bakterien, ernährten sich von den Blaualgen. Scheinbar spontan kam es auch zu einer Verschmelzung von Blaualgen mit anderen Bakterienarten, d. h. letztere verleibten sich die photosynthetisierenden Blaualgen ein („Phagozytose“). Ein weiteres Fusionsereignis mit Bakterien verhalf der verschmolzenen Zelle, auch noch den von den Blaualgen produzierten Sauerstoff zu verarbeiten. Damit war der giftige Sauerstoff in der Zelle neutralisiert.

Die moderne Biologie kann diese Prozesse belegen. Die Zellorganellen haben eine doppelte Hüllwand. Die innere der beiden so genanntne Membranen geht auf die Bakterienmembran zurück, die äußere stammt von der Wirtszelle. Die beiden Membranen unterscheiden sich daher in Struktur, Funktion und DNS.

Die Gentechnik konnte sogar zeigen, dass das Protein „Artemis" (nötig für die Teilung der Chloroplasten) in einem Zellbestandteil auf die bakterielle Vorfahren verweist und dessen DNS somit mehr als 1,5 Mrd. Jahre alt ist.

Der russischen Biologe Konstantin Sergejewitsch MERESCHKOVSKI (1855–1921) entwickelte diese Hypothese schon im Jahr 1905. Nach vielen Diskussionen und Anfeindungen ist sie heute als wahrscheinlichster Weg für die Entstehung der Pflanzen anerkannt.

Nur LUCA ist noch immer nicht bekannt, d. h. der „Last Universal Common Ancestor“ (der letzte universelle gemeinsame Vorfahre). Irgendwann muss es einen Übergang von der unbelebten Materie des Urplaneten zu einer ersten Lebensform gegeben haben. Kommt sie gar aus dem Weltall? Hierüber herrscht bis heute Unklarheit.

Pflanzen sind etwas Universelles: Sie sind sensibel, entscheidungsfreudig und lernfähig. Sie erinnern sich an Vergangenes und planen voraus. Pflanzen können riechen, schmecken, sehen, hören und sprechen. Sie haben sogar mehr „Sinne“ als Menschen.

Mindestens zwanzig verschiedene Umweltfaktoren, darunter Licht, Bodenstruktur und Schwerkraft können sie registrieren. Sie orientieren sich an elektrischen und magnetischen Feldern der Erde. Sie kommunizieren miteinander und mit anderen Organismen.

Andererseits sind die Pflanzen nicht immer so sprichwörtlich friedlich wie man denkt. Auch unter ihnen wird gehauen und gestochen, getäuscht und getrickst, gemordet und brutal gegeneinander vorgegangen, vergiftet und gewürgt oder gestohlen und die Keimlinge der vermeintlichen Feinde vernichtet.

Mehr als eine halbe Million Pflanzenarten soll es auf der Erde geben. Was jene Erscheinungen im Pflanzenreich noch hervorgebracht haben und wie der Mensch diese Erscheinungen interpretiert bzw. beeinflusst, wird anhand einiger kurioser sowie skurriler Fakten und Zusammenhänge dargestellt. Pflanzen sind die Spitze des Grandiosen. Ohne Pflanzen keine Tiere, ohne Pflanzen keine Menschen.

Dieses Buch kann vielleicht einen Beitrag dazu leisten, die im Jahr 1998 von James WANDERSEE und Elizabeth SCHUSSLER beschriebene „Pflanzenblindheit“ unter den Menschen zu kurieren.

Auf Grund der regen Nachfrage nach der ersten und zweiten Auflage dieses Buches und dem unerschöpflichen Reservoir an neunen Informationen, hat sich der Autor für eine dritte, stark überarbeitete Herausgabe überreden lassen. Die Enkeltöchter drängten.

Möge sie wiederum eine kurzweilige Lektüre sein, um den Leser zu animieren, das Einzigartige dieser, unserer Welt noch lange zu erhalten.

Der Autor

Inhalt

Namen, Botanik & Taxonomie

Beschäftigt man sich mit Pflanzen, so muss man mit Studien zur Herausbildung der deutschen Sprache beginnen. Wer Latein lernte, dem fielen schnell – bei aller Fremdheit der neuen Sprache – gewisse Ähnlichkeiten im Wortschatz und der sprachlicher Kultur auf. So etwa: habere > haben, non > nein, nemo > niemand, est > ist, sunt > sind, nasus > Nase, fenestra > Fenster oder plantare > pflanzen.

Dass die Germanen vor ihrer Begegnung mit den Römern keine Gourmets waren, zeigt sich noch heute in unserer Sprache. Die Wörter Küche und kochen sind nämlich schon Latinismen und stammen von lat. coquīna und coquere. Die kunstvolle Zubereitung von Speisen in einem eigenen Raum – der Küche – wurde offenbar als so römisch empfunden, dass man hierfür ganz früh – noch vor der hochdeutschen Lautverschiebung – in den germanischen Sprachen die lateinischen Lehnwörter übernahm. So wird aus cerasium > Kirsche, aus prūnus > Pflaume, aus vīnum > Wein, aus vīnitor > Winzer oder aus fructus > Frucht.

Vor dem Kontakt mit den Römern ernährten sich die Germanen hauptsächlich von Fleisch, Milchprodukten, Wurzeln und einigen wenigen einheimischen Wildgemüsen buw. -kräutern. Darunter waren Getreide wie Hirse, Gerste, Weizen, Hafer und Roggen sowie Gemüse wie Möhren, Kohl, Rettich, Kopfsalat, Spargel, Porree, Zwiebel und Sellerie (vgl. Abb. 13).

Menschen haben den Pflanzen ihrer Umgebung schon immer Namen gegeben. Die waren und sind regional verschieden. Manchmal erscheinen sie uns heute als kurios. Dennoch widerspiegelten sie entweder den subjektiven Eindruck, den sie bei den früheren Menschen hinterließen, die Nutzung oder andere Eigenschaften. Eine kleine Auswahl verdeutlicht das:

Alpenrose, Alpenveilchen, Baumwolle, Buchweizen, Edelweiß, Fetthenne, Fleißiges Lieschen, Frauenschuh, Froschlöffel, Gänsegrün, Gelbsterne, Hasenohr, Himmelsschlüsselchen, Jelängerjelieber, Katzenpfötchen, Knöterich, Krause Glucke, Krebsschere, Lebkuchenbaum, Mädchenauge, Männertreu, Mauerpfeffer, Osterglocke, Pfingstrose, Pusteblume, Sanddorn, Stechapfel, Stiefmütterchen, Stockschwämmchen, Studentenblume oder -nelke, Tausendschönchen, Tollkirsche, Tränendes Herz, Tulpenbaum, Vergissmeinnicht, Weidenkätzchen, Wolfsmilch etc.

Das setzt sich natürlich auch in den späteren lateinischen Bezeichnungen fort, z. B. Atropa belladonna für die Schwarze Tollkirsche. Der deutsche Name bezieht sich nicht auf den heute wertpositiven umgangssprachlichen Ausdruck „Toll!“ sondern auf die Auslösung von Tollheit (Wildheit, unkontrolliertes Verhalten) bei Mensch und Tier nach Aufnahme subletaler Mengen. Die Pflanze ist nämlich giftig.

Der botanische Gattungsname Atropa ist abgeleitet vom griechischen Wort ατροπος = atropos für unabwendbar. ATROPOS war in der griechischen Mythologie der Name jener Parze, die den Lebensfaden abschnitt. Das Artepitheton „bella donna“ war bereits im 16. Jh. im Italienischen der Name der Tollkirsche. Die Erklärung, bella donna (italienisch für „schöne Frau“) kommt daher, dass Hyoscyamin – in die Augen der Frauen geträufelt – die Pupillen erweitert und den Augen ein dunkles, glänzendes Aussehen verleiht.

Die ersten historischen Ansätze, Pflanzen anhand ihrer Wuchsform in Bäume, Sträucher und Kräuter zu unterscheiden, nahmen ihren Anfang bereits zu Zeiten PLATONs und ARISTOTELES. Diese Einteilung wurde bis in das 17. Jh. beibehalten. Erst danach entstand der Wunsch, Pflanzen anhand bestimmter Kategorien zu gliedern und zu ordnen. Die im 16. Jh. entstandenen Kräuterbücher von Otto BRUNFELS, Leonard FUCHS und Hieronymus BOCK beschrieben die Heilpflanzen noch ohne systematische Reihenfolge. Es war allgemein üblich, Pflanzen mit langen erklärenden Begriffen zu bezeichnen, die von Ort zu Ort variieren konnten. Der aus der Schweiz stammende Arzt und Botaniker Caspar BAUHIN (1560–1624) kann als der Begründer dafür angesehen werden, Pflanzen nach einer bestimmten Systematik zu ordnen. So führte er die Unterscheidung von Art und Gattung ein.

Die heutige Namensgebung ist ziemlich eindeutig durch verschiedene international gültige Regelwerke und Vereinbarungen reglementiert. In Werken wie dem „Internationalen Code der Botanischen Nomenklatur“ ist festgelegt, wann ein wissenschaftlicher Name rechtmäßig ist und wann er nicht akzeptiert wird. Die Entscheidung dazu trifft im Falle der Pflanzen die „International Association for Plant Taxonomy“ (IAPT).

Diese Regeln sind ausgesprochen praktisch, da man sich auf diese Weise weltweit ohne große Sprachverwirrung über eine bestimmte Pflanze unterhalten kann. Man bedenke nur wie viele verschiedene deutsche Namen mitunter für nur eine einzige Pflanze bekannt sind.

Bei der Benennung der Pflanzen hat man sich für die alten Sprachen der Wissenschaft entschieden: Lateinisch und Griechisch. Fälschlicherweise werden die wissenschaftlichen Pflanzennamen häufig ganz platt als „lateinische Pflanzennamen“ bezeichnet, obwohl viel mehr Worte aus dem griechischen Sprachgebrauch stammen. Verstärkt wird dieser falsche Eindruck obendrein durch die Latinisierung der griechischen Gattungs- und Artnamen. (aus der griechischen Endung „–os“ wird z. B. die lateinische Endung „–us“).

Der wissenschaftliche Name einer Pflanze besteht immer aus zwei Worten – die so genannte binäre Namensgebung. Das erste Wort bezeichnet dabei die Gattung (lat.: genus) und das zweite die Art (lat.: species). Der Gattungsname wird stets groß geschrieben, die Artbezeichnung beginnt mit einem kleinen Anfangsbuchstaben.

Obwohl durch diese Regeln relativ enge Grenzen gesetzt sind, gibt es doch immer wieder Menschen, deren kreative und weniger kreative Benennungen von Pflanzen einen gewissen Unterhaltungswert haben.

Doppelnamen

Manchmal gibt es Pflanzen, die über zwei botanische Namen verfügen, beispielsweise der Rainfarn. Er hat auch im Deutschen viele Bezeichnungen wie Drusendrud, Kraftkrud, Milchkraut, Michelkraut, Pompelblume, Regenfahn, Rehfarn, Reifen, Reinfaren, Revierblume, Tannkraut, Wurmkraut oder Wurmsamen.

Die botanischen Namen sind entweder Chrysanthemum vulgare oder Tanacetum vulgare. Hier ist die Klassifikation noch nicht eindeutig entschieden. In Gartenfachbüchern findet man meist die Bezeichnung Chrysanthemum, die sich aus „verwandtschaftlichen“ Beziehungen mit anderen Korbblütlern herleitet. Der griechische Name Chrysanthemum setzt sich übrigens aus „chrysos“ für Gold und „anthemon“ für Blume zusammen.

Der Name des Bärlauchs kommt angeblich davon, dass Bären sich nach ihrem Winterschlaf den Bauch mit diesem Kraut vollschlagen. Deswegen dachte man, dass dieses Kraut Bärenkräfte verleiht.

In der Kräuterliteratur überwiegt der Name Tanacetum. Dieser soll sich vom griechischen „tanaos“ ableiten, was in etwa „hohes Alter“ bedeutet. Man meint, dass damit auf die ungewöhnlich lange Blütezeit der Pflanze angespielt wurde.

Monsternamen

Die botanische Penibilität führt manchmal auch zu ellenlangen Bezeichnungen, obwohl es sich lediglich um ein einzelnes Pflänzchen handelt, z. B. bei dem Bach-Steinbrech = Saxifraga aizoon var. aizoon subvar. brevifola forma multicaulis subforma surculosa, d. h. die Unterart einer Pflanze namens Saxifraga aizoon. Ähnlich ist es mit Archaeohystrichosphaeridium, der Gattungsname eines fossilen Dinoflagellaten, oder mit Gentiana angustifolia autumnalis minor floribus ad latera pilosis für den Fransenenzian.

Der Schweizer Botaniker Caspar BAUHIN (1560–1624) hatte in „Pinax Theatri Botanici“ (Basel 1623) als Erster den Versuch unternommen die verwirrende Vielfalt der Pflanzennamen (ca. 6.000 Arten) zu ordnen. Er unterschied bereits die Begriffe „Gattung“ und „Art“. Eine Pflanze wurde bei BAUHIN durch einen Gattungsnamen und mindestens ein Beiwort beschrieben, das die jeweilige Art von anderen Arten der gleichen Gattung unterschied.

Mit der Entdeckung neuer Pflanzenarten wurden die diagnostischen Namen immer länger. Eine der Schwertlilienarten trug beispielsweise den Namen Iris latifolia germanica ochroleucos venis flavescentibus et purpurascentibus distincta. Um diese Art zu zitieren, musste man faktisch die komplette Beschreibung der Art angeben. Die Schwertlilie (Iris sp.) ist verständlicherweise nach den Blättern benannt, die zweischneidigen Schwerterklingen gleichen.

„Um selbst den sanften Blumen den Glauben an den ewigen Frieden auf Erden zu rauben, baute der Lenz mitten in den Kelch einer Lilie das Wahrzeichen des Kampfes, ein gezücktes Schwert hinein."

Letzteres ist die poetische Umschreibung der Iris, und zwar von Arthur SILBERGLEIT.

Kurznamen

Allerdings gibt es auch sehr kurze Art- und Gattungsnamen, z. B. Aa, der Gattungsname einer Orchidee aus den Hochlagen der Anden in Südamerika. Heinrich Gustav REICHENBACH unterteilte die Gattung Altensteinia im Jahre 1854 und beschrieb die Gattung Aa mit zwei Arten, Aa paleacea und Aa argyrolepis. In der Erstbeschreibung gibt er keine Erklärung für den ungewöhnlichen Namen. Es existiert die Vermutung, er habe den Namen gewählt, um in alphabetisch sortierten Namenslisten immer an erster Stelle aufzutauchen! Es könnte aber auch eine Ehrung Pieter van der AAS sein. Eine dritte Möglichkeit ist, dass sich der Name als Verkürzung von der nahe verwandten Gattung Altensteinia ableitet.

Einige Jahre später machte REICHENBACH seine Einteilung wieder rückgängig und stellte alle Arten wieder zu der Gattung Altensteinia, während Rudolf SCHLECHTER 1912 nochmals die Trennung vorschlug.

Es ist schon ein Kreuz mit den Namen.

Kichern Kichererbsen

Sie kichern nicht, aber der Mensch könnte schmunzeln, wenn der folgende Geschichte hört: Schaut man sich eine einzelne Kichererbse einmal von vorne an, dann erkennt man einen winzigen Zipfel und gleich darunter eine Kerbe. Mit etwas Phantasie könnte man das als lächelndes Gesicht interpretieren. Zum Kichern bringt uns das dennoch nicht.

Wie Bohne, Erbse und Linse gehört die Kichererbse (Cicer arietinum) zu den Schmetterlingsblütlern. Die Samen befinden sich in einer Hülse. Das brachte ihnen den Namen Hülsenfrüchte ein. Erbsen, Linsen und Kichererbsen sind in Asien schon seit 10.000 Jahren bekannt. Die Kichererbse, auch Echte Kicher, Römische Kicher, Venuskicher oder Felderbse genannt, stammt aber aus den hohen Bergen des Himalajas. Sie ist wahrscheinlich mit der wild wachsenden Cicer reticulatum verwandt. Von den Bergen aus kam sie über Händler nach Arabien, später auch nach Europa. In der Türkei macht man aus ihnen „Humus“ – eine Vorspeise, woanders entsteht aus ihnen das „Falafel“ – frittierte Bällchen. Kichererbsen sind recht trockenresistent und damit eine bevorzugte Kulturpflanze in ariden Gebieten.

Der Name der Kichererbse ist vermutlich eine Verballhornung des lateinischen Namens „cicer“. So nannten die Römer diese Hülsenfrucht, was so viel wie Erbse bedeutet. „Cicer“ wird von manchen Menschen auch wie „kiker“ ausgesprochen. Im Althochdeutschen wurde daraus „kihhira“ und schließlich „kicher“.

Prominente Namen

„Linnea“ ist ein schwedischer Mädchenname. Er leitet sich von der Pflanze „Linnaea borealis" ab. Das war nämlich die Lieblingsblume des schwedischen Botanikers Carl von LINNÉ (1707–1778). Da er das Privileg hatte, den Pflanzen wissenschaftliche Namen zuzudenken, nannte er das „Moosglöckchen" (deutsch) flugs nach sich selbst. Die andere Bedeutung von „Linnea“ ist auch "die Zarte". Anderen Menschen taten es LINNÉ gleich: Sie gaben ihren Kindern Namen von Pflanzen. Eine kleine Auswahl ist beigefügt (vgl. nachstehende Liste).

Liste von Vornamen benannt nach Pflanzen

Name Sex (w/m) Sprache Bemerkungen
Amaryllis w Griech. n. d. Hirtin in einem Werk von VIRGIL
Azalee w Eng. n. d. Blüte d. Azalee
Blossum w Eng. soviel wie Blüte
Clivia w Eng. n. d. Blüte d. Clivie
Dahlia w Dt. n. d. Blüte d. Dahlie
Daisy w Eng. n. d. Gänseblümchen
Garance w Franz. n. e. Pflanze m. intensiv rotem Farbstoff
Gentian m Lat. n. d. blauen Enzian
Ginger w Eng. f. jemanden m. rötlich-braunen Haaren
Hazel w Eng. n. d. braunen Haselnuss
Heather w Eng. n. d. purpurnen Heidekraut
Hyacinth m Griech. n. d. Blüte d. Hyazinthe
Jacek m Pol. n. pol. Koseform v. Jacenty (= Hyazinth)
Jasmin w Pers. n. d. wohlriechenden Blüte d. Jasmin
Kosmea w Griech. n. d. Blume “Cosmea”
Lilac w Eng. n. d. Flieder
Lili w Hebr. n. d. Lilie; Lilie gilt i. Christentum als Symbol d. Reinheit
Loubna w Arab. Namen für Styrax, e. Baum, aus d. man Harz gewinnt
Marigold w Eng. n. d. Ringelblume
Mierta w Griech. n. d. Myrte
Nadeshiko w Jap. n. d. Nelke
Oliva/Olivia w Lat. n. d. Olive
Oliver m Ital. n. d. Olive
Rosa w Pers. Rose
Viola w Lat. n. d. Veilchen

Nichts ist unmöglich

Eine im Februar 2006 in Ekuador neu entdeckte tropische Pflanze aus der Familie der Enziangewächse wurde nach den US-Punk-Rockern „Green Day" benannt! Der Schweizer Botanikprofessor Jason R. GRANT fand sie mit seinen Studenten. Da die Pflanze natürlich noch keinen Namen hatte, musste ein neuer gefunden werden. Seine Studenten waren große Fans der US-Punk-Rockband „Green Day“. Als sie über einen Namen nachdachten, kam ihnen einfach Macrocarpaea dies-virdis in den Sinn. Der letzte Teil des lateinischen Namens bedeutet "Green Day" (= grüner Tag).

Auch eine zweite Art aus dieser Gattung erhielt ihren Namen auf kuriose Weise: Macrocarpaea apparata wurde mit dem englischen Neuverb „to apparate” („erscheinen“) assoziiert, das mit dem Buch „Harry POTTER and the Chamber of Secrets“ von J. K. ROWLING (1998) populär wurde. „Als wir die ersten Exemplare der neuen Art fanden, konnten wir nur sterile Individuen erkennen. Nachdem wir den ganzen Nachmittag bis kurz vor der Dämmerung suchten, fanden wir endlich quasi aus dem Nichts auftauchend mehrere blühende Pflanzen…“ [51]

Das jüngste Beispiel ist eine in Kalifornien (USA) entdeckte Flechtenart, die zu Ehren des neuen amerikanischen Präsidenten, Barack OBAMA, Caloplaca obamae, benannt wurde und im pleistozänen Boden der Insel Santa Rosa wächst. Der Biologe der Universität von Kalifornien in Riverside, Dr. Kerry KNUDSEN, war gerade auf Sammelreise als es im Jahr 2008 in die „heiße Phase” des Präsidenten-Wahlkampfes ging. Er war von der neuen amerikanischen Politik, dem Charisma von B. OBAMA und der wissenschaftsfreundlichen Einstellung des Kandidaten begeistert.

Ein Topffruchtgewächs (Lecythidaceae), wurde nach dem französischen Kaiser Napoleon BONAPARTE (oder NAPOLEON I.), Napoleonaea imperialis, benannt.

Nicht ungewöhnlich ist, dass man Sorten von Kultur- und Zierpflanzen nach bekannten Persönlichkeiten benennt. Rosen tragen Namen wie „Cardinal Richelieu“, „Archiduchesse Elizabeth d'Autriche“, „Jeanne d'Arc“, „Princesse Marie Adelaide de Luxembourg“, „Regierungsrat Rottenberger“, „Mildred Scheel“, „Aenne Burda“, „Bobby Charlton“, „Angie“ (Angelika Merkel) etc.

Im Zuge der Etablierung des berühmten botanischen Gartens von England, Kew Gardens, wurde George BANKS, ein Pflanzenkenner schlechthin, angeheuert. BANKS begleitete nicht nur Captain COOK auf dessen erster Weltumsegelung in den Jahren 1768 bis 1771, er ließ auch durch den königlich bestallten Sammler Francis MASSON weltweit nach unbekannten Spezies Ausschau halten. So brachte dieser – ein Beispiel unter vielen – Strelitzia reginae nach England, gewidmet der Gemahlin Georgs III., Charlotte von Mecklenburg-Strelitz, was der Pflanzengattung der Strelitzien ihren Taufnahmen verlieh.

Auch liebevolle Namen werden manchmal vergeben: So nennen die Amerikaner seit dem Jahr 1879 einer ihrer größten und ältesten Mammutbäume im Kings Canyon und Sequoia National Park nach dem Bürgerkriegsgeneral „General Sherman“. Da der Name offensichtlich nicht mehr zeitgemäß war, wurde er im Jahr 1880 in „Karl Marx“, aber zwei Jahre später wieder in „General Sherman“ umbenannt.

Selbst nordkoreanische Politiker erfahren noch heute die Ehre:

Die „Kimjongilia“ ist eine Begonien-Hybride aus der Gruppe der Knollenbegonien. Sie wurde im Jahr 1988 zum Anlass des 46. Geburtstags von KIM JONG-IL (1941–2011, seit 1997 Generalsekretär der PAK) von dem japanischen Botaniker Mototeru KAMO aus Kakegawa gezüchtet. Sortenmäßig eingetragen ist sie als „Begonia × tuberhybrida „Kimjongilhwa“. Sie soll angeblich stets zum Geburtstag von KIM JONG-IL am 16. Februar blühen sowie Weisheit, Liebe, Recht und Frieden symbolisieren.

Mythen

Durch morphologische Eigentümlichkeiten wie Form, Farbe usw. erhielten nach altem Glauben Pflanzen und Pflanzenteile ihre „Signatur", bestimmten Heilzwecken zu dienen. Der „Deutsche Vater der Botanik", Hieronymus BOCK (1498–1554), macht in seinem „New Kreuterbuch" (1551) darauf aufmerksam, dass der Querschnitt des Wurzelstocks beim Kreuzenzian (Gentiana cruciata) aussieht, als ob er mit einem Speere kreuzweise durchstochen wäre. Daher rührt wohl der Vulgärname „Speerenstich“.

Allermannsharnisch oder Sieglauch, der als Amulett getragen, den feindlichen Geschossen die Kraft benahm, ist Allium victorialis, eine Zwiebelpflanze. Im späteren Alter schwindet das Parenchym der äußeren Zwiebelschuppen und es bleiben bloß die netz- oder kettenhemdartig zusammenhängenden Fibrovasalstränge zurück, die entfernt an einen Harnisch erinnern.

Orakelpflanzen

Das Orakel bezeichnet eine mit Hilfe eines Rituals oder eines Mediums gewonnene transzendente, häufig göttliche Offenbarung, die der Beantwortung von Zukunfts- oder Entscheidungsfragen dient. Die mittels des Orakels gewonnenen Hinweise und Zeichen können dem Fragenden als Rechtfertigungsgrund eigener Entscheidungen und Handlungen dienen. Bekanntestes Beispiel ist das berühmte Orakel von Delphi. In der Kulturgeschichte, Ethnologie und Esoterik reichen die Begriffe „Hellsehen“ und „Wahrsagen“ dagegen von der Deutung zufälliger Ereignisse nach vorgegebenen Regeln bis zur Inanspruchnahme hellseherischer Fähigkeiten.

Für die Gartenliebhaber sei in diesem Zusammenhang das „Gärtnern nach dem Mond" genannt. Bei den Orakelpflanzen sind am gebräuchlichsten wohl die für Liebesorakel traditionell befragten Pflanzen. Doch auch andere Pflanzen wurden als Orakel benutzt. Insbesondere Pflanzen, die „aus der Reihe tanzen“, wurden oft zu Trägern eines Aber- und Zauberglaubens, weil sie zu ungewöhnlicher Zeit blühen wie die Christrose, auffällige Blütenformen haben wie das Löwenmaul, keine Samen bilden wie das Farnkraut, oder hoch oben in Bäumen wachsen wie die Mistel.

Schon in heidnischer Zeit wurden den Göttern Schüsseln mit Früchten geopfert, um sie gnädig zu stimmen. Das Christentum hat diesen Brauch übernommen. Man stellt auch heute noch in der Adventszeit Schüsseln mit Apfelsinen, Äpfel und Nüssen Zuhause auf. Ein anderer Brauch ist: Man stelle an Weihnachten zwölf Blütenknospen der Christrose in eine Vase. Für jeden Monat eine. Dann beobachtet man welche Blüten sich öffnen. Geöffnete Blüte deuten auf gutes Wetter und im entsprechenden Monat geschlossene auf schlechtes. Das beinhaltet z. B. ein Wetterorakel aus dem Züricher Oberland.

In der griechischen Mythologie beweinte Aphrodite den Tod des Adonis. Aus ihren Tränen sollen die ersten Adonisröschen erwachsen sein, dass Blut des sterbenden Adonis färbte die Blüten rot.

Liebes- und Berufsorakel sind: Man legt ein Blütenblatt auf die Stirn oder bildet mit Daumen und Zeigefinger einen Ring und legt darauf das Blütenblatt. Ein kräftiger Schlag mit der anderen Hand erzeugt ein klatschendes Geräusch. Aus der Stärke des klatschenden Geräusches wollten Burschen von früher auch etwas über die Erfolgsaussichten ihrer Bemühungen um ein Mädchen erfahren. Gab es einen leisen Knall, konnte man auf einen Kuss, war er laut, auf einen weiter gehenden Liebesbeweis hoffen.

Mit dem Erraten der Blütenfarben der noch in der Knospe versteckten Blütenblätter war in Mittelfranken ein Berufsorakel verbunden: Helle Blütenblätter deuteten auf den Bäcker-, dunkelrote auf den Metzgerberuf.

When you’re caught under the mistletoe, the tradition is to kiss the person next to you.

Englisches Sprichwort

Weit bekannt ist der Zählreim mit dem Gänseblümchen: Er liebt mich, er liebt mich nicht… Kinder, die zu spät nach Hause kamen, wandelten das Orakel etwas ab: Schelte – Schläge – gute Worte!

Kann man den Fruchtstand des Löwenzahns mit seinen kleinen Fallschirmen fortblasen, ist man ein Glückskind, dem noch viel Angenehmes bevorsteht, es gibt zu Hause eine gute Suppe oder man ist ein Engel. Bleiben aber noch einige Früchte haften, so ist man ein Teufel. Ist nach dem Blasen der Fruchtboden weiß, so ist einem nach dem Tod der Himmel sicher, ist er schwarz, kommt man in die Hölle, hat er kleine dunkle Flecke, so steht einem das Fegefeuer bevor.

Sexuelles

Prall, üppig, strotzend, aber auch zart und filigran: Pflanzen stellen ihre Sexualorgane freizügig zur Schau.

Noch bis in das 19. Jh. wurde von der Kirche die Sexualität bei Pflanzen vehement abgelehnt. Nach dem Wortlaut der Bibel wurden die Pflanzen am dritten Tag der Genesis geschaffen – bis zum 6. Tag Tiere und Menschen sowie Mann und Frau. Und da es ohne Mann und Frau keine Sexualität gab, konnten Pflanzen auch keine besitzen. Blumen waren zwar schön anzusehen, aber geschlechtslos. Diese groteske Annahme ist zweifellos der Ursprung des unglückseligen Ausdrucks „defloriert“ (entblüten = entjungfert) für eine Frau, die ihre Jungfräulichkeit verloren hat.

Die Vorstellung, dass es männliche und weibliche Formen von Pflanzen gibt, lässt sich dennoch bis zu THEOPHRAST von Eresos (371–287) in das 3. Jh. v. Z. zurückverfolgen, aber erst Rudolph Jakob CAMERARIUS (1665–1721), ein Medizinprofessor aus Tübingen, belegte anhand von Experimenten, dass sich Pflanzen sexuell fortpflanzen. Er veröffentlichte seine Experimente im Jahr 1694 in dem Werk „Epistola de Sexu Plantarum“.

Carl von LINNÉ (1707–1778) beschrieb im 18. Jh. in seinem Manuskript „Praeludia Sponsaliorum Plantarum“ erstmals genauer, was man als „Sexualität der Pflanzen" bezeichnen kann. Er ging als Wissenschaftler systematisch vor. Nachdem er beobachtet hatte, dass auch im Pflanzenreich die Befruchtung und Reproduktion der Arten ein Wechselspiel von Sexualorganen ist, entwickelte er eine umfassende Systematik der Pflanzen, die sich nach der Beschaffenheit der Fortpflanzungsorgane sowie der Blühzeiten gliederte. LINNÉ selber versah alle ihm bekannten Pflanzen mit den bis heute gültigen wissenschaftlichen Namen, deren Systematik Auskunft über die Verwandtschaftsbeziehungen gibt. Zufrieden kommentierte er damals sein Werk: „Gott schuf, Linné ordnete."

Die Mehrzahl seiner Zeitgenossen verprellte er jedoch damit. Es hagelte Kritik an seiner These und seiner Systematik. Jedenfalls, so könnte man sagen, löste LINNÉ mit seinen Publikation so etwas wie eine „sexuelle Revolution" in der Botanik aus. Er verglich die pflanzliche sogar mit der menschlichen Sexualität!

Wie viele Pflanzenarten gibt es eigentlich?

Man geht gegenwärtig von insgesamt 8,7 ± 1,3 Millionen Arten von Lebewesen auf der Erde aus. Davon sollen etwa 6,5 Millionen Geschöpfe an Land und 2,3 Millionen im Wasser leben.

Die Pflanzen (Plantae) bilden ein eigenes Reich jener Lebewesen mit Zellkern und Zellmembran (Eukaryoten). Nach heutigen Schätzungen existieren auf der Erde zwischen rund 320.000 und 500.000 Pflanzenarten. Davon sind etwa 250.000 Blütenpflanzen, einschließlich der Cycaden (palmähnliche holzige Gewächse), Farne und Nadelbäume.

Unter den Blütenpflanzen sind die drei größten Familien die Asterngewächse (Asteraceae) mit etwa 24.000 Arten, wozu die Sonnenblumen gehören, die Orchideen mit etwa 20.000 Arten und die Schmetterlingsblütler (Leguminosen) mit nahezu 18.000 Arten. Die Gesamtzahl der Arten dieser drei Familien beträgt mehr als 62.000. Das sind etwa 25 Prozent aller Blütenpflanzen der Erde. Es gibt alleine 14.500 verschiedene Arten von Moosen!

Erfunden wurde die Sexualität aber von der Natur selbst – schon vor mehr als 1,4 Mrd. Jahren. Einzeller kannten sie schon. Sie praktizierten und praktizieren sie noch, insbesondere wenn ökologischer Stress wirkt. Ergo: Sexualität bietet einen evolutionären Vorteil unter schwierigen Bedingungen. Dennoch war es ein weiter Weg zu den heutigen Formen von Geschlechtsverhältnissen.

Bei den Pflanzen gibt es sogar eine doppelte Befruchtung, die zwei Spermakerne verursachen. In einem reifen Samen stammt der Embryo von einem Spermakern (generativer), der mit der Eizelle im Embryosack die so genannten Zygote bildet. Der zweite Spermakern (vegetativer) vereinigt sich mit zwei polaren Kernen im Eiapparat und bildet das Endospermgewebe. Wenn man Kokosnussfleisch, Kokosnussmilch oder Popcorn verzehrt, nehmen wir nicht den Samen zu uns, sondern das Endosperm!

Bei der Befruchtung gibt es eine Kommunikation zwischen den Geschlechtszellen. Für das richtige Verhalten des Pollenschlauchs, d. h. „ Andocken“ am Embryosack und Freisetzen der Spermakerne, sind zwei Zellen des weiblichen Geschlechtsapparates verantwortlich. Diese beiden Zellen werden als Synergid-Zellen bezeichnet. Die beiden Synergid-Zellen funktionieren ähnlich wie ein Türschloss. Schloss und Schlüssel müssen zusammenpassen, damit sich das Tor öffnet.