Eins, zwei, drei … ganz viele
Mehrhundehaltung mit positiver Bestärkung
Kynos Verlag
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S. 104 Bärbel Petermann;
S. 127–128 Kathi Fleischer;
S. 57, 111–112 Tanja Bischof;
S. 11–12, 33, 101, 164 Sandra Wierszyn;
S. 70, 86–89, 90–94, 114 Petra Techert;
S. 39, 103 Claudia Scheiblich;
S. 40, 97, 125 Franziska Gauster;
S. 81 Dr. Kirsten Kramer;
S. 175 Archiv Kynos Verlag
eBook (epub) - Ausgabe der Printversion 2016
ISBN-eBook (epub): 978-3-95464-105-5
ISBN der gedruckten Ausgabe: 978-3-95464-086-7
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Vorwort
1 Eins, zwei, drei ganz viele …
Gedanken vor der Mehrhundehaltung
Vor- und Nachteile der Mehrhundehaltung
Wer passt zu wem?
2 Ein paar wichtige Trainingsgrundlagen vorab
Das Markersignal
Das Fertig-Signal
Mehrere Markersignale für mehrere Hunde?
Welche vier Konsequenzen für Verhalten gibt es?
Timing
Selbstbelohnendes Verhalten
Unangenehmes immer ankündigen!
3 Belohnungen im Training
Arten der Belohnung
Die Top Twenty-Liste
Funktionale Verstärker
Ressourcenverteidigung vermeiden
Richtig belohnen
Ort und Wertigkeit der Belohnung
Belohnungsrate
Körpersprache beim Belohnen
4 Integration – Planung und Vorarbeit
Planung
Vorarbeit
Kindergitter und Kennel
Vorarbeit für den Menschen
Managementmaßnahmen
5 Integration – Die Hunde lernen sich kennen
Sicherung der Hunde
Ablauf der Integration
Die weitere Zusammenführung
Das erste Mal gemeinsam drinnen
Eine Integration abbrechen
Fallbeispiele für Integrationen
6 Struktur im Alltag
Sitz-Übung
Warten lernen
Rituale etablieren
Die Intermediäre Brücke
Auto fahren
Ruhephasen
Qualitätszeit
7 Im häuslichen Bereich
Safe Zone
Fütterung
Besuchertraining
Alleinebleiben
8 Entspannungstraining
Aufbau des Wortsignals „Easy“
Aufbau des Wortsignals „Relax“
Aufbau eines Duftsignals
9 Der Spaziergang
Bevor es losgeht – an der Haustür
Am Auto
Leinenführigkeit
Der doppelte Rückruf
Entspannung
10 Der Umwelt begegnen
Zeigen & Benennen
Aufbau von „Zeigen und Benennen“
Differenzielle Verstärkung
Jogger & Co
Fremdhundekontakt
Passierenlassen von anderen Menschen oder Hunden
Vorbeigehen an anderen Menschen oder Hunden
Schwierige Situationen meistern
Antijagdtraining
11 Spielende Hunde
Spielsignale
Gut beobachten!
Mobbing
12 Grundgehorsam
Sitz & Platz
Bleiben
Bei Fuß
Seitenwechsel
„Zur Seite“
„Weiter“
Nasentouch
Kinntouch
13 Verhaltensunterbrecher
Der Geschirrgriff
14 Kleine Alltagsspiele
Das Zehn-Leckerli-Spiel
Das Mäuschenspiel
Folge mir!
„Such!“
Das Bäumchenspiel
15 Immer mit der Ruhe
Zum Ruhepol werden
Stressmanagement für den Menschen
Sie haben die Wahl!
Blöd gelaufen?
Schöne Momente
Über die Autorin
Checkliste: Was können Sie bei unerwünschtem Verhalten ändern?
Literaturtipps zum Weiterlesen
Dieses Buch und mein ganzes Vorhaben würde es ohne Dr. Ute Blaschke-Berthold von CumCane® nicht geben. Sie hat das Training mit meinen eigenen Hunden begleitet und tut es auch heute noch. Alle in diesem Buch erklärten Übungen und Trainingswerkzeuge wurden (weiter)entwickelt von Dr. Ute Blaschke-Berthold.
Meinen herzlichen Dank dafür!
Seit vielen Jahren bin ich nun als Hundesitterin selbstständig. Früher machte ich mir nie Gedanken darüber, wie ich mit meiner jeweiligen Hundegruppe umgehe. Für mich persönlich war es immer ganz normal, einen Clicker dabei zu haben und Leckerlis zu verwenden. Erst mit den Jahren musste ich feststellen, dass diese Vorgehensweise leider nur selten der Fall ist und ich somit eine Ausnahme bin oder war. Das warf mich zuerst einmal von meiner kleinen Wolke. Danach entstand der Wunsch, diese Trainingstechnik (oder vielmehr: Lebenseinstellung) unter Hundesittern zu verbreiten.
Für mich fing, wie für viele andere Hundehalter auch, alles mit einem Familienhund an. In meinem Fall war es eine braune Dobermannhündin, zu der ich in den ersten Jahren wenig Bezug hatte. Sie hörte nicht auf mich und reagierte draußen auf fremde Menschen und Hunde aggressiv. Meine Schwester war es damals, die mir den Clicker und ein Buch zum Thema zeigte – und damit kam alles ins Rollen. Die Arbeit mit einem Hund und mit mehreren Hunden, mit Clicker und Futterbelohnungen – das ist meine Welt!
Mit den Jahren habe ich die Arbeit mit einer Hundegruppe immer weiter verfeinert, ich habe Trainingstechniken ausprobiert, vieles habe ich in meinen Werkzeugkoffer aufgenommen und manches habe ich verworfen. Es war schon immer mein Traum, mit Hunden und mit Hundegruppen zu leben und zu arbeiten.
Vor mehreren Jahren kam dann der Wunsch hinzu, diese Art des Trainings oder besser gesagt diese Art des Lebens mit Hunden zu verbreiten. Aus einer kleinen Idee entstand ein großes Projekt – und dazu zählt auch dieses Buch.
Sie werden in diesem Buch nichts über Rangordnung lesen, auch werden Sie nichts über „Rudelstellungen“ finden. In den meisten Fällen trifft der biologische Fachbegriff „Rudel“ nicht auf unsere bunt zusammen gewürfelten Hunde zu, die wir zusammen halten. Ein Rudel ist eine Familie, die Tiere in diesem Gruppenverband sind miteinander verwandt. Werden Hunde, häufig ohne sie zu fragen, miteinander vergesellschaftet, um miteinander zu leben, spricht man von einer Hundegruppe.
Als Mensch eine Rangordnung in einer solchen Gruppe zu beurteilen ist sehr schwierig und spielt meiner Meinung nach auch eine sehr untergeordnete Rolle, denn sie ist schlichtweg nicht entscheidend, um eine Hundegruppe harmonisch zu führen. Viel wichtiger ist das Verhalten jedes einzelnen Hundes in einer bestimmten Situation. Ein Hund wird nicht über seine Persönlichkeit oder seine Stellung im Rudel beurteilt, vielmehr wird sein Verhalten analysiert und verändert, wenn es unerwünscht oder problematisch ist.
Dazu ein Beispiel: Ein Hund schränkt einen anderen Hund in Wohnräumen durch Blicke und mitunter auch durch körperliches Blockieren ein. Häufig wird dann gesagt: Dieser Hund ist der Ranghöchste, er ist dominant und er provoziert. Diese beliebten Etiketten werden Sie in diesem Buch nicht finden.
Viel wichtiger ist: Wie sieht das Verhalten in dieser Situation genau aus? Welche Auslöser hat das Verhalten? Warum zeigt der Hund dieses Verhalten? Mit diesem Buch will ich Ihnen dabei helfen, dies zu erkennen, zu analysieren und den passenden Trainingsplan dazu zu entwickeln.
Mit Feingefühl und ein wenig Management kann man nämlich sehr gut auf Strafreize und Einschüchterungen verzichten und die Hunde positiv führen.
Ich wünsche Ihnen, liebe Leser, viel Spaß beim Lesen dieses Buches. Haben Sie bisher anders gearbeitet? Dann probieren Sie es einfach aus und verändern Ihr Verhalten kleinschrittig, wie wir es beim Hund auch tun.
1 | Eins, zwei, drei ganz viele … |
Egal, ob als Mehrhundehalter oder als Hundesitter: Man sollte sich immer vorher Gedanken machen, ob mehrere Hunde in das Leben passen oder ob man doch lieber ein Einzelhundehalter bleibt.
Der Trend geht ganz klar zur Mehrhundehaltung, wobei die Gründe dafür sehr verschieden sind. Viele Menschen verlieben sich in das Hobby Hund und möchten sich weiter ausprobieren, zum Beispiel in einer neuen Hundesportart. Andere Hundebesitzer verfallen einer bestimmten Rasse oder einem bestimmten Typus Hund. Andere Menschen retten Hunde aus dem Ausland und können sie einfach nicht wieder hergeben.
Egal, welche Gründe Menschen dazu bringen, mehrere Hunde zu halten, wichtig dabei ist: Die Hunde sollten immer an erster Stelle stehen.
Eine Mehrhundehaltung beginnt mit zwei Hunden. Zwei Hunden, die es sich nicht aussuchen konnten, zusammenzuleben. Dies sollten wir Menschen uns immer wieder vor Augen halten: Der Hundebesitzer bestimmt darüber, welche Hunde gemeinsam in einem Haushalt leben – nicht die Hunde!
Daher ist es ganz wichtig, sich vorher Gedanken darüber zu machen, ob ein weiterer Hund in den Haushalt passt.
Punkte | ||
Mein Hund mag andere Hunde sehr gerne und hat häufig Hundekontakte. | 3 | |
Mein Hund mag nicht jeden Hund, die Sympathie entscheidet. | 2 | |
Mein Hund kommt nicht gut mit (fremden) Hunden klar, er hat selten Hundekontakt. | 1 | |
Mein Hund reagiert zuverlässig auf meinen Rückruf. | 3 | |
Mein Hund reagiert häufig auf den Rückruf, aber nicht immer. | 2 | |
Mein Hund hat keinen zuverlässigen Rückruf. | 1 | |
Mein Hund befolgt die gängigen Grundsignale auch unter Ablenkung. | 3 | |
Mein Hund befolgt die gängigen Grundsignale zuhause, draußen meist nicht. | 2 | |
Mein Hund befolgt die gängigen Grundsignale nicht. | 1 | |
Mein Hund interessiert sich nicht für Wild(spuren). | 3 | |
Mein Hund findet Wild(spuren) interessant. | 2 | |
Mein Hund ist auf Grund seiner Jagdleidenschaft nicht ableinbar. | 1 | |
Mein Hund bleibt ohne Probleme 4 – 6 Stunden alleine. | 3 | |
Mein Hund bleibt kurze Zeit (60 Minuten) alleine. | 2 | |
Mein Hund bleibt gar nicht alleine. | 1 | |
Mein Hund läuft an lockerer Leine, auch an anderen Hunden vorbei. | 3 | |
Mein Hund zieht nur wenig, bei anderen Hunden bellt er manchmal. | 2 | |
Mein Hund zieht immer an der Leine und ich kann ihn bei Hundebegegnungen manchmal fast nicht festhalten | 1 | |
Gesamt: | _____ |
18 Punkte: Ihr Hund ist gut für eine Mehrhundehaltung geeignet. Er ist gut erzogen, läuft an lockerer Leine und bleibt alleine. Dies sind sehr gute Voraussetzungen für einen weiteren Hund.
17 – 12 Punkte: Eine Mehrhundehaltung ist mit Vortraining für den schon im Haushalt lebenden Hund gut machbar. Eventuell muss am Anfang Management betrieben werden.
11 – 7 Punkte: Eine Mehrhundehaltung ist nur bedingt möglich. Am Anfang wird viel Management nötig sein. Ihr Hund benötigt viel Vortraining, damit ein weiterer Hund einziehen kann.
6 Punkte: Von einer Mehrhundehaltung ist abzuraten. Ihr Hund benötigt zuerst einmal viel Aufmerksamkeit von Ihnen, bevor ein weiterer Hund einziehen kann.
Das Leben mit einem Hund ist oft deutlich einfacher als mit zwei oder mehr Hunden. Ein Hund kann ohne Probleme mit ins Restaurant genommen werden, bei zweien wird es schon oft kritisch und mit drei Hunden trauen sich nur wenige Menschen in ein Café.
Je mehr Hunde man hat, umso mehr kostet alles. Angefangen bei der Hundesteuer über Tierarztrechnungen, Futter, Zubehör, Hotelübernachtungen bis hin zur Hundebetreuung. Vor der Mehrhundehaltung sollte man sich also Gedanken machen, ob man auch genug Geld hat, um anfallende Kosten decken zu können.
Auch die Wohnungs- und Haussuche zur Miete wird schwieriger, die Akzeptanz vieler Mitbürger hört bei zwei Hunden auf. Je mehr Hunde im Haushalt leben, umso aufwändiger wird der Tagesablauf – angefangen bei der Fütterung bis hin zur Erziehung jedes einzelnen Hundes.
Das Schöne an einer Mehrhundehaltung sind definitiv die Interaktionen zwischen den Hunden. Ein Fernseher wird in einem Mehrhundehaushalt überflüssig! Das Beobachten der hundlichen Körpersprache beim Aussenden feinster Signale und bei der atemberaubenden Kommunikation unter Hunden macht viele Nachteile wett.
Vielen Hundebesitzern macht das Leben mit mehreren Hunden mehr Spaß. Jeder Hund hat seine eigene Persönlichkeit und fordert die Bezugsperson immer wieder aufs Neue. Das Hobby Hund wird dann schnell zur Leidenschaft Hund.
Ist der eine Hund nicht für Agility oder Ähnliches geeignet, so kann der zweite Hund genau nach diesen Kriterien ausgesucht werden. Ob der zweite Hund dann wirklich dafür geeignet ist, was sich der Mensch wünscht, steht allerdings in den Sternen …
Vor der Anschaffung eines Zweit- und Dritthundes sollte man sich sehr viele Gedanken machen, ob das eigene Leben für einen Mehrhundehaushalt geschaffen ist oder ob man doch lieber bei einem einzelnen Hund bleibt.
Die Frage: „Wer passt zu wem?“ wird sehr häufig gestellt. Generell gibt es keine Zusammenstellung, die grundsätzlich unkompliziert ist. Es kann immer zu Problemen unter den Hunden kommen, egal, wie viele Gedanken man sich im Vorfeld macht. Andersherum ist es aber ebenfalls möglich: Egal welche Passung, es kann wunderbar funktionieren.
Diese Passung kann ich nicht empfehlen. Ein Welpe bzw. ein Junghund alleine bedeutet schon sehr viel Arbeit und in dieser Lebensphase brauchen die Hunde viel Unterstützung von der Bezugsperson. Zwei Welpen bzw. Junghunde sind vergleichbar mit Zwillingen. Möchte man diese Passung unbedingt, dann sollte man sich überlegen, ob man die Zeit hat, täglich mindestens einen Spaziergang getrennt mit den Hunden zu unternehmen und sehr viel Zeit, Geduld und Nerven in die Erziehung der jungen Hunde zu investieren.
Diese Passung ist für erwachsene Hunde geeignet, die Welpen mögen, eine Grunderziehung haben und im Alltag unkompliziert sind. Welpen brauchen während der ersten Monate sehr viel Aufmerksamkeit. Sie können noch nicht so lange laufen, müssen aber häufiger rausgehen zum Pipi machen als ein erwachsener Hund.
Zu einem verhaltensauffälligen Hund, besonders, wenn die Probleme bei Hundebegegnungen liegen, würde ich von der Anschaffung eines Welpen abraten und zuerst an dem Problemverhalten des Hundes arbeiten, welcher schon in der Familie ist. Ein erwachsener Hund, der sehr souverän und freundlich gegenüber fremden Hunden ist, ist deutlich besser geeignet. Hat der schon vorhandene Hund Probleme mit Menschen, dann würde ich auch in diesem Fall einen erwachsenen Hund, der sehr freundlich zu Menschen ist, vorziehen.
Diese Passung muss nochmals in gleichgeschlechtlich und gemischt geschlechtlich unterschieden werden.
Diese Konstellation kann sehr unkompliziert sein, eine wahre Männerfreundschaft. Den zweiten (oder dritten) Rüden sollte nicht nur der Mensch aussuchen, sondern der bzw. die Hunde! Bei zwei intakten, also nicht kastrierten Rüden sollten die Hunde sehr gut erzogen werden. Es sollte immer sehr gut auf die Rüden geachtet werden. Treten Spannungen zwischen ihnen auf, sollte sehr schnell an den Problemen trainiert werden.
Eine Kastration eines Rüden bzw. aller Rüden kann die Situation entspannen. Als Test, ob eine Kastration eine Verhaltensänderung bewirken würde, gibt es den Suprelorin®-Chip mit einer Wirkdauer von ca. 6 oder 12 Monaten. Die Wirkung tritt, je nach Hund, nach zwei bis sechs Wochen ein. Eine Kastration ersetzt nicht das Training einer Rüdengruppe.
Diese Konstellation kann unkompliziert sein, solange der Hundebesitzer auch bei dieser Konstellation die Hündin (oder die Hündinnen) mitreden lässt. Zwei Hündinnen, die sich von Anfang an nicht gut verstehen, werden sich auch im heimischen Umfeld nicht gut verstehen. Kastrierte Hündinnen kommen meist gut miteinander zurecht, solange sie sich sympathisch sind, dies muss aber nicht der Fall sein. Daher ist es sehr wichtig, die Hündin in den Entscheidungsprozess der neuen Hündin mit einzubeziehen.
Es kann aber auch zwischen zwei Hündinnen zu schweren Auseinandersetzungen kommen. Meist haben diese Auseinandersetzungen etwas mit dem Hormonstatus der Hündinnen und Ressourcen, wie Futter, Liegeplätze, der Bezugsperson und anderen Hunden zu tun. Bei schweren Auseinandersetzungen sollten die Hündinnen räumlich getrennt werden, außerdem sollte an den Problemen trainiert werden.
Bei intakten Hündinnen kann eine Kastration die Situation entspannen. Dies sollte gut überlegt werden. Auch bei Hündinnen kann eine Kastration kein Training ersetzen.
Bei dieser Konstellation ist das Zusammenleben meistens unkompliziert. Zu beachten ist, dass die Läufigkeit einer Hündin bei den meisten Rüden, auch wenn sie kastriert sind, ein starker Stressor ist. Daher wäre es sinnvoll, die Hündin kastrieren zu lassen. Einen männlichen Welpen zu einer oder mehreren intakten Hündinnen dazu zu holen, weil der Mensch einen Rüden haben möchte, kann ich nicht empfehlen. Nach außen hin ist die gemischte Konstellation oft am schwierigsten. Der Rüde verteidigt häufig „seine“ Hündin gegenüber anderen Rüden und die Hündin mitunter auch „ihren“ Rüden gegenüber Hündinnen. So wird Hundekontakt noch schwieriger. Natürlich ist es auch bei dieser Konstellation möglich, dass es ganz unkompliziert wird.
2 | Ein paar wichtige Trainingsgrundlagen vorab |
Bevor wir konkret auf die Zusammenführung mehrerer Hunde und den Alltag mit mehreren Hunden eingehen, sind ein paar Grundlagen zu der Art des Trainings, mit der in diesem Buch gearbeitet wird, hilfreich.
Ein Verhalten hat immer mehrere Ursachen und entsteht auf verschiedenen Ebenen im Inneren eines Hundes.
Unter klassischer Konditionierung versteht man die Verknüpfung zweier Reize miteinander. Ein neutraler Reiz, der für den Hund keine Bedeutung hat, wird mit einem Reiz verknüpft, der für den Hund von Natur aus eine Bedeutung hat. Dies kann Futter sein, Spielen oder auch hormonelle Reaktionen im Körper des Hundes.
Ivan Pavlov entdeckte die klassische Konditionierung in seinen berühmten Experimenten mit der Futter ankündigenden Glocke und dem Speichelfluss bei Hunden. Eine kleine Merkhilfe für den Alltag: „Pavlov sitzt immer auf Ihrer Schulter.“ Dies bedeutet, dass klassische Konditionierung immer stattfindet, auch unbewusst und ohne menschliches Zutun.
Die erste, sehr wichtige Ebene sind Emotionen, gesteuert durch das limbische System, „das emotionale Gehirn“. Wir können die emotionale Lage des Hundes anhand der Körpersprache und des Ausdrucksverhaltens unserer Hunde beobachten. Emotionen und auch Erregungs- und Entspannungszustände sind über klassische Konditionierung veränderbar.
Die klassische Konditionierung wird zum Beispiel für Entspannungstraining verwendet, das noch ausführlich im Buch vorgestellt wird. Auch das so genannte Markersignal wird im ersten Schritt über klassische Konditionierung aufgebaut, damit der Hund verstehen kann, was es bedeutet. Das Markersignal ist das wichtigste Werkzeug, um mit Hunden zu arbeiten.
Ein Markersignal ist ein Wort oder ein Geräusch, welches dem Hund oder den Hunden sagt: „Genau dieses Verhalten war sehr gut! Du hast das gerade sehr gut gemacht!“ Ein Markersignal verspricht dem Hund oder den Hunden Interaktion mit dem Menschen.
Als Markersignal eignen sich Nonsense-Wörter, dies sind Wörter ohne Bedeutung und möglichst kurz und knackig:
Top; Tip; Yep; Click; Yip; Tac
Natürlich kann auch der Clicker als Markersignal verwendet werden.
Das Markersignal ist ein soziales Kooperationssignal, mit dem Verhalten sehr exakt verstärkt wird. Es verbessert durch seine klare Information die Kommunikation zwischen Mensch und Hund entscheidend und schafft eine Brücke zwischen dem gezeigten Verhalten des Hundes und der Belohnung durch den Menschen. Jede Übung setzt ein Markersignal voraus, da es unendlich wichtig ist, um über positive Verstärkung mit Hunden zu arbeiten.
•Verhalten verstärken, das Sie bei Ihren Hunden abfragen, z. B. Sitz, Platz, Fuß etc.
•Verhalten in dem Moment einfangen, in dem der Hund es zeigt. So können Sie beispielsweise „Verbeugen“ und andere Verhaltensweisen unter ein Signal stellen.
•Verhaltensweisen verstärken, die sehr sinnvoll sind und das Zusammenleben zwischen Hunden und Mensch verbessern. Darunter zählt jedes deeskalierende Verhalten wie Kopf wegdrehen, am Boden schnüffeln, den Körper wegdrehen etc.
•Freiwillig gezeigtes Verhalten des Hundes wie freiwilligen Blickkontakt und Zurückkommen, Stehen und etwas Anschauen etc. verstärken.
•Jedes Verhalten, welches vor einem unerwünschten Verhalten auftritt, kann verstärkt werden und so kann erfolgreich an Problemverhalten gearbeitet werden. Bevor ein Hund beispielsweise an der Leine einen Hund verbellt, muss er diesen wahrnehmen. Sobald Ihr Hund den anderen Hund wahrgenommen hat, aber noch nicht bellt, passen Sie diesen Moment ab, können das gezeigte Verhalten verstärken und belohnen.
Mit dem Markersignal verbessert sich Ihre Kommunikation, sie können deutlich klarer und effizienter mit den Hunden trainieren.
Das Markersignal ist auch ein sehr wichtiges Werkzeug für eine geordnete Struktur im Alltag (mehr zur Struktur im Alltag in Kapitel 6). Es vermittelt den Hunden Sicherheit und hilft beim Verstärken von gutem Verhalten. Es wird eingesetzt, wenn die Hunde untereinander agieren, wenn Signale von den Hunden abgefragt werden und wenn die Hunde eigenständig gutes Verhalten ausführen. Zusätzlich wird es für den Aufbau neuer Signale verwendet.
Alle in diesem Buch vorgestellten Übungen setzen ein Markersignal voraus. Der Aufbau ist schnell getan und macht Hund und Mensch sehr viel Spaß. Nach dem ersten Aufbau eignet sich die Übung „Zehn-Leckerli-Spiel“ von S. 189 sehr gut zum Starten. Das Markersignal kann mit einer Hundegruppe aufgebaut werden, wenn der Mensch schnell ist. Alternativ kann das Markersignal mit jedem Hund einzeln aufgebaut werden
Beim Aufbau des Markersignals in der Hundegruppe muss nach dem „Click“ ein verbales Lob als erste Interaktion folgen und dann die eigentliche Belohnung, damit alle Hunde gleich schnell eine Belohnung erhalten. Während des verbalen Lobs bekommt jeder Hund nacheinander eine Futterbelohnung. Die Reihenfolge der Hunde wird gewechselt, bis jeder Hund als erster an der Reihe war. Alternativ kann nach dem Markersignal auch eine Handvoll Futter auf den Boden geworfen werden und die Hundegruppe mit dem Signal „Such“ zum Suchen des Futters aufgefordert werden.
Als Markersignal kann der Clicker verwendet werden. Für welche Ausführung sich der Mensch entscheidet, hängt von den vorhandenen Hunden ab. Bei geräuschempfindlichen Hunden sollte das Training nicht mit dem Clicker gestartet werden, in diesem Fall eignet sich ein Markerwort besser. Generell sollte der Clicker am Anfang etwas gedämpft werden: Dazu hält man ihn die ersten Male hinter dem Rücken versteckt, während man das Geräusch auslöst. Belohnt wird der Hund nach dem Markersignal mit einem bunten Mix aus verschiedenen Belohnungen. Von Anfang an ist es wichtig, dass so vielseitig und kreativ wie möglich belohnt wird.
Wenn die Belohnung erst einmal nur aus Futter, verbalem Lob und Streicheln besteht, dann ist das für den Anfang in Ordnung. Mit Futter kann man sehr kreativ sein. Viele Hunde finden es auf Dauer sehr langweilig, wenn sie das Futter immer direkt aus der Hand ins Maul bekommen. Denkt man sich verschiedene Mini-Spiele mit Futter aus, dann wird auch die Reaktion auf das Markersignal verstärkt.
Was folgt nie auf das Markersignal?
•An der Leine ziehen / rucken
•Brüllen oder scharfe Kommandos / Signale
•Runterdrücken in ein bestimmtes Verhalten (z. B. Sitz)
•Körpersprachlich den Hund bedrohen (auf den Hund zugehen, frontal zum Hund hinstellen)
•näher an einen Auslöser von Angst- oder Aggressionsverhalten herangehen
Das Fertig-Signal gehört untrennbar zum Markersignal dazu. Es verhindert, dass die Hunde unentwegt in der Erwartung auf eine Interaktion den Menschen anschauen. Das Fertig-Signal beendet den Belohnungsprozess. Es kann ein verbales Signal verbunden mit einer eindeutigen Handbewegung verwendet werden.
Wird eine Hundegruppe auf einem Spaziergang 15 Mal gemarkert (das Markersignal ist sozusagen das Los-Signal), so folgt auch 15 Mal das Fertig-Signal.