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Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
Vierte Auflage 2019, Originalausgabe
© Richard Deiss, Berlin 2019
Printed in Germany
Der Inhalt dieses Buches entspricht der Privatmeinung des Autors.
ISBN 978-3-749-4012-84
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
Obwohl viele markante Gebäude im Volksmund Beinamen haben, gibt es meist nur örtliche Zusammenstellungen von Gebäudebeinamen. Überregionale und internationale Gebäudebeinamenlisten fehlen dagegen. Zur Schließung dieser Lücke möchte dieses Buch ein klein wenig beitragen. Ähnliches habe ich bereits mit Büchern zu Länder-, Regions-, Stadt- und Verkehrsbeinamen versucht.
In meinem Stadtteilbeinamenbuch ‚Hibbdebach bis Dribbdebach‘ hatte ich ein Kapitel zu Beinamen von Gebäuden, Straßen und Plätzen. Dieses Kapitel bot jedoch nicht genug Raum, die Vielfalt von Beinamen darzustellen. Aufbauend auf diesem Kapitel und einem Bahnhofskapitel im Verkehrsbeinamenbuch ,Silberling und Bügeleisen‘ möchte dieses kleine Taschenbuch die Sammlung von Gebäudebeinamen weiterführen.
Eine Geographie der Gebäudebeinamen zeigt kaum erwartete Beinamenmetropolen. Als Welthauptstadt der Gebäudenamen kann beispielsweise Rotterdam gelten. Für die Stadt sind über 100 Beinamen belegt. Rotterdam wurde im Krieg stark zerstört und kann heute mit avantgardistischer Architektur aufwarten, die allerdings nicht jedem gefällt. Der Entwurf für den neuen Hauptbahnhof der Stadt wird im Volksmund Patatzak (Kartoffelsack) genannt, das moderne Empfangsgebäude des Bahnhofs Blaak wird Pedaalemmer (Mülleimer) genannt. Auch andere niederländische Städte, wie etwa Amsterdam und Tilburg, sind reich an Gebäudebeinamen. In Europa zählen neben den Niederlanden und Deutschland auch Großbritannien und Schweden zu den Ländern, in denen Gebäudebeinamen häufig sind. Dementsprechend gehören London und Göteborg zu den wichtigen europäischen Beinamenstädten.
Die deutsche Beinamenmetropole ist ganz eindeutig Berlin. Nirgends sonst in Deutschland hat der Volksmund so viele Beinamen für Gebäude hervorgebracht. Beispiele sind Schwangere Auster für die Kongresshalle, Hohler Zahn für die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche oder Gürteltier für das Ludwig-Erhard Haus (weitere Beinamen unter den jeweiligen Gebäudekategorien). Zu DDR-Zeiten war Humor ein wichtiges Frustventil der Bevölkerung. Ost-Berliner erwiesen sich deshalb als kreative Beinamenerfinder. Ein Beispiel ist der Palast der Republik, im Volksmund wegen der Innenbeleuchtung auch Erichs Lampenladen genannt. Dessen P wurde auch schon mal sächsisch weich wie B ausgesprochen (‚Ballast der Republik‘).
Durch die Hochhäuser ist Frankfurt in Deutschland eine weitere wichtige Gebäudebeinamenstadt. Beispiele sind Soll und Haben für die Deutsche Bank-Türme, Bleistift für den Messeturm und Bundeskegelbahn für die Kunsthalle Schirn.
Außerhalb Europas ist New York eine Stadt mit vielen Wolkenkratzerbeinamen.
Viele Beinamen haben sich durch den mit den Olympischen Spielen zusammenhängenden Bauboom auch in Peking ergeben. Das Nationalstadion wird Vogelnest genannt, das Nationale Zentrum für Bildende Künste heißt im Volksmund Entenei.
Zukünftige Neuauflagen dieses Taschenbuches werden versuchen, neu aufkommende Gebäudebeinamen wiederzugeben, so dass sich jeweils ein aktueller Überblick wichtiger Gebäudebeinamen ergibt.
Berlin, im Juni 2019
Richard Deiss
In Bezug auf Beinamengeber steht das Schloss von Versailles bei den Bauwerken an erster Stelle. Dieses im 17. Jahrhundert gebaute Barockschloss war Vorbild zahlreicher Schlösser in Europa. Noch heute führen etwa 20 Schlösser in Europa Beinamen, die auf den Vergleich mit Versailles abzielen.
Relativ häufig ist auch die Athener Akropolis als Beinamengeber. Mit Akropolis werden verschiedene Gebäudetypen oder -komplexe benannt, so klassische Gebäude, auf einem Hügel thronende Gebäude-Ensemble oder Museumsinseln wie in Berlin.
Zu den wichtigen Beinamenlieferanten gehört auch der Pariser Eiffelturm. Das deutsche Gebäude, welches am häufigsten als Beinamengeber auftritt, ist das Schloss Neuschwanstein.
Gebäude/Komplex, | im Buch gelistete Beinamen |
1. Versailles (Schloss) | 21 |
2. Akropolis | 19 |
3. Eiffelturm | 18 |
4. Neuschwanstein | 10 |
5. Taj Mahal | 9 |
6. Sixtinische Kapelle | 9 |
7. Kreml | 7 |
8. Chinesische Mauer | 6 |
9. Louvre | 5 |
10. Potala | 5 |
11. Kolosseum | 4 |
12. Petersdom | 4 |
Schloss | Beiname |
Bensberg, Schloss | Rheinisches Versailles |
Ludwigsburg, Schloss | Schwäbisches Versailles |
Ludwigslust, Schloss | Versailles des Nordens |
Molsdorf, Schloss | Thüringisches Versailles |
Nordkirchen, Wasserschloss | Westfälisches Versailles |
Pillnitz, Schloss | Sächsisches Versailles |
Potsdam, Schloss Sanssouci | Preußisches Versailles |
Rastatt, Residenz | Badisches Versailles |
Schloss Herrenchiemsee | Bayerisches Versailles |
Schwetzingen, Schloss | Kurpfälzisches Versailles |
Würzburg, Residenz | Fränkisches Versailles |
Rohan, Schloss | Elsässisches Versailles |
Fertod, Schloss Esterhazy | Ungarisches Versailles |
Schloss Nove Hrady | Böhmisches Versailles |
St. Petersburg, Peterhof | Versailles des Ostens |
Schloss Drottingholm | Versailles des Nordens |
Schloss Wilanow | Polnisches Versailles |
Bialystok, Branicki-Schloss | Versailles des Nordens |
Arnheim, Palast het Loo | Versailles des Nordens |
Lettland, Schloss Rundale | Versailles des Ostens |
Caserta | Versailles von Neapel |
Das im gleichnamigen Pariser Vorort gelegene Schloss Versailles ist Inbegriff einer prächtigen barocken Schlossanlage, vor allem seit Ludwig XIV. es ab 1661 einschließlich aufwändiger Gartenanlagen ausbauen ließ. Kein Wunder also, dass Versailles als Maßstab gilt und der häufigste Beiname von Schlössern in Europa ist. Im einst kleinstaatlichen Deutschland mit seinen zahlreichen Residenzen gibt es unter anderem ein westfälisches (Wasserschloss Nordkirchen), ein schwäbisches (Ludwigsburg), ein badisches (Rastatt), ein bayerisches (Herrenchiemsee), ein preußisches (Potsdam, bzw. Sanssouci) und ein mecklenburgisches (Ludwigslust) Versailles.
Gebäudekomplex | Spitzname |
Aachen, Belvedere | Akropolis Aachens |
Berlin, Museumsinsel | Preußische Akropolis |
Hochschule Esslingen, Gebäude auf einem Hügel |
Akropolis |
Hettstedt, Zinkvitriolanlage | Akropolis |
Leuchtenberg, Burgruine | Akropolis der Oberpfalz |
Meißen, Albrechtsburg | Sächsische Akropolis |
Marbach, Museum für Literatur | Schwäb. Akropolis |
München, Maximilianeum | Bayerische Akropolis |
Rüdersdorf, Kulturhaus | Akropolis |
Stuttgart, Königsbau | Schwäb. Akropolis |
Weimar, Kaserne rechts der Ilm | Weimarer Akropolis |
Chartres, Kathedrale | Akropolis Frankreichs |
Domme | Akropolis des Perigord |
Krakau, Wawel | Polnische Akropolis |
Ljubljana, Plecnik-Parlament | Slowenische Akropolis |
(Entwurf, nicht gebaut) | |
Prag, Hradschin | Böhmische Akropolis |
Rock Cashel | Ireland’s Acropolis |
Säben, Kloster | Akropolis von Südtirol |
Groß Zimbabwe, Tempel | Akropolis |
Akropolis steht für einen auf einem Hügel über einer Stadt thronenden (klassischen) Gebäudekomplex, teilweise auch im Zustand einer Ruine. Als Bauwerkbeiname ist Akropolis fast so häufig wie Versailles, bezeichnet aber ganz unterschiedliche Gebäudetypen. Gebäudekomplexe, welche im Volksmund Akropolis genannt werden, schließen denn auch eine Zinkvitriolanlage in Ostdeutschland, eine Burg in Meißen, eine Hochschule in Esslingen und ein Literaturmuseum in Marbach ein. Sogar die Kathedrale von Chartres wurde bereits so bezeichnet - der Bildhauer Rodin etwa nannte sie ein französisches Akropolis.
Bauwerk | Spitzname |
Campen, Leuchtturm | Ostfriesischer Eiffelturm |
Essen, Zeche Zollverein | Eiffelturm des Ruhrgebietes |
Ismaning, Sendeanlage (abgebaut) |
Bayerischer Eiffelturm |
Ilfeld, Poppenturm | Kleiner Eiffelturm |
Lichterfeld, F60 Abraumförderbrücke |
Liegender Eiffelturm der Lausitz |
Müngstener Brücke | Eiffelturm des Bergischen Landes |
Osten, Schwebefähre | Eiffelturm des Nordens |
Schomberg-Turm | Eiffelturm des Sauerlandes |
Stuttgart-Möhringen, Richtfunkstation |
Möhringer Eiffelturm |
Wiesbaden, Bismarckturm | Wiesbadener Eiffelturm |
Würzburg, Frankenwarte- Sendeturm |
Würzburger Eiffelturm |
International | |
Fazilka | Fazilka-Eiffel |
Gleiwitz, Sendeturm | Schlesischer Eiffelturm |
Prag, Petrin-Turm | Prags kleiner Eiffelturm |
London Crystal Palace Transmitter |
London’s Eiffel Tower |
London, geplanter Olympiaturm |
Drunken Eiffel tower, Piffle tower, Eyeful tower |
Coney Island Parachute Jump | Brooklyn’s Eiffel Tower |
Tokyo Tower | Japans Eiffelturm |
Der 1887-1889 zur Pariser Weltausstellung (und Hundertjahrfeier der Französischen Revolution) in Paris erbaute, nach dem Ingenieur Gustave Eiffel benannte Turm war Vorbild zahlreicher ähnlicher Türme, so in Tokio, Berlin (Funkturm) und in Blackpool. Teilweise wurden in Vergnügungsparks auch Kopien in verkleinertem Maßstab errichtet, so in Las Vegas (etwa 1:2) und in Shenzhen in China (etwa 1:3). Dabei stieß der Eiffelturm zunächst auf Widerstand der Pariser Bevölkerung, vor allem Künstler sprachen sich gegen diese ‚Straßenlaterne‘ bzw. ‚düsteren Fabrikschornstein‘ aus. Doch im Laufe der Zeit gewöhnten sich die Pariser an den Turm und als nach der ursprünglich geplanten Nutzungszeit von 20 Jahren ein Abbruch diskutiert wurde, protestierten Dichter wieder - diesmal für den Erhalt. Da sich der Turm zudem als wertvoll für die aufkommende Kommunikationstechnik erwiesen hatte, blieb er letztlich stehen. Von 1889 bis 1930 war er sogar das höchste Bauwerk der Welt (1931 wurde das Empire State Building eröffnet). Der 300 m hohe Turm (mit Antenne 325 m) wiegt 10 000 Tonnen und wird von 2.5 Millionen Nieten zusammen gehalten.
Der Eiffelturm ist eines der wenigen Pariser Bauwerke, welches einen Spitznamen trägt. Die Pariser sagen la dame de fer (eiserne Lady/Dame) zum Turm. Der Opernarchitekt Charles Garnier nannte ihn angeblich ‚Himmelsnagel‘ (le clou céleste). Trotz des Turmnamens war nicht Gustave Eiffel (1832-1923), sondern Stephen Sauvestre der Architekt, der den Turm konzipierte. Die Konstruktionsidee und die statischen Berechnungen stammen wiederum von dem Elsässer (später Schweizer) Maurice Koechlin, leitender Ingenieur im Büro Gustave Eiffel. Da Eiffels Firma den Turm errichtete, wurde er schließlich Eiffelturm genannt. Da Eiffels Nachname der Tatsache zu verdanken ist, dass seine Vorfahren aus der Eifel stammten (die im 19. Jahrhundert noch Eiffel geschrieben wurde), steht der Name des Turmes also auch mit dem deutschen Mittelgebirge in Zusammenhang.
Heute ist der Eiffelturm eine der wichtigsten Touristenattraktionen von Paris. Jedes Jahr wird er von 6 Millionen Touristen besucht. Insgesamt waren es bereits eine Viertelmilliarde.
Schloss | Spitzname |
Boitzenburg, Schloss | Neuschwanstein des Nordens |
Burg Eltz | Neuschwanstein der Eifel |
Königswinter, Schloss Drachenburg |
Rheinisches Neuschwanstein |
Leichlingen, Müllerhof | Neuschwanstein an d. Wupper |
Soltau, Montagnetto | Neuschwanstein des Nordens |
Schwerin, Schloss | Neuschwanstein des Nordens |
Wernigerode, Schloss | Neuschwanstein des Nordens |
Krumau, Schloss Frauenberg |
Neuschwanstein des Ostens |
Schloss Peles | Neuschwanstein Rumäniens |
Bayerische Vertretung, Brüssel |
Schloss Neuwahnstein Neuschwanstein Brüssels |
Das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für den bayerischen König Ludwig II. erbaute Schloss Neuschwanstein ist Beinamengeber für ähnlich pittoreske historistische Schlossanlagen, vor allem wenn sie, wie das Vorbild, von Türmchen gekrönt sind. Neuschwansein selbst hatte übrigens die Wartburg in Thüringen zum Vorbild. In Deutschland gibt es vier Bauwerke, die Neuschwanstein des Nordens genannt werden. Dazu gehören das Schloss Boitzenburg in der Uckermark, das auf einer Insel im Schweriner See gelegene Schweriner Schloss, das Schloss von Wernigerode im Harz und die Jagdvilla Montagnetto in Soltau. Die Drachenburg auf dem Drachenfels in Königswinter bei Bonn wird manchmal als rheinisches Neuschwanstein bezeichnet. Es gibt zudem Pläne, die Albrechtsburg in Meißen aus ihrem touristischen Dornröschenschlaf zu wecken und als ‚Neuschwanstein des Ostens‘ zu vermarkten. Mit der Bayerischen Vertretung hat heute auch Brüssel sein ‚Neuschwanstein‘ (bzw. ‚Neuwahnstein‘) .
Stadt, Bauwerk | Spitzname |
Agra, Bibi Ka Maqbara | Poor man’s Taj |
Budapest, Brauereigebäude | Taj Mahal |
Dublin, Leinster House | Chas Mahal |
Houston, Automuseum | Garage Mahal |
Houston, Astrodome | Taj Mahal of Sports |
Houston, School District Building |
Taj Mahal |
Los Angeles, Kirchengebäude | Taj Mahony |
Ipoh, Bahnhof | Taj Mahal von Ipoh |
Universal City, Texas Randolph Air Force Base |
Taj Mahal |
Das Taj Mahal (‚Krone des Ortes‘) in Agra ist ein Mausoleum, welches der Großmogul Shah Jahan zum Gedenken an seine verstorbene Hauptfrau Mumtaz Mahal 1631-1648 erbauen ließ. Als Beiname steht Taj Mahal für ein frei stehendes Gebäude mit im Vergleich zu seiner Funktion leicht übertriebener architektonischer Eitelkeit.
Als Gebäudebeiname scheint Taj Mahal in Texas beliebt zu sein, vor allem in Houston. Dort gibt es drei Gebäude, die einen Taj Mahal-Spitznamen tragen, darunter ein neues Automuseum, das Garage Mahal genannt wird. Auch ein Luftwaffenstützpunkt in Texas wird Taj Mahal genannt.
In der malaysischen Stadt Ipoh wird der örtliche Bahnhof mit dem Taj Mahal verglichen. In Dublin gibt es ein Dienstgebäude der Regierung, das Chas Mahal genannt wird. Es ist nach dem Vornamen des dreimaligen irischen Premierministers Charles J. Haughey (1925-2006) benannt. Haughey war für seinen verschwenderischen Stil bekannt. Er ließ ein herrschaftliches Gebäude als Amtssitz so teuer ausbauen, dass die Iren es nach seinem Vornamen, wie oben erwähnt, bald Chas Mahal nannten.
Ort | Gebäude |
Gura Homorului (Rumänien) | Kloster Voronet |
Toulouse (Frankreich) | Karmeliterkapelle |
Altamira (Spanien) | Höhle |
Lascaux (Frankreich) | Höhle |
Zillis (Graubünden) | Kirche St. Martin |
Carthage, MO (USA) | Kapelle |
Tucson (USA) | Mission San Xavier d. Bac |
Andahuaylillas (Peru) | Lehmkirche |
Atotonilco (Mexico) | El Santuario |
Guagua Pampanga (Philipp.) | Betis-Kirche |