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in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische

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Neu herausgegeben von Klaus-Dieter Becker, 2020.

Textlich unveränderter Nachdruck der Ausgabe aus dem Jahre [1927].

Titelbild: Zeche Rhein-Elbe, Gelsenkirchen.

Das Werk unterliegt nicht mehr dem Urheberrecht und ist deshalb

nach unserem besten Wissen gemeinfrei.

Herstellung und Verlag

BOD-Books on Demand GmbH, Norderstedt.

ISBN 978-3-7519-8712-7

Glückauf!

In das ew’ge Dunkel nieder

Steigt der Knappe, der Gebieter

Einer unterird’schen Welt.

Er, der stillen Nacht Gefährte,

Atmet tief im Schoß der Erde,

Den kein Himmelslicht erhellt.

Neu erzeugt mit jedem Morgen,

Geht die Sonne ihren Lauf.

Ungestört ertönt der Berge

Uralt Zauberwort: »Glückauf«!

Th. Körner

*

»Schlegel und Eisen« unser Wappen!

»Glückauf« unser Gruß!

»Durch Nacht zum Licht« unser Ziel!

Inhaltsangabe

Geologisches

Die Entstehung der Kohle

Ein alter Herr aus dem Hessenlande war einmal in meinem elterlichen Hause in Gelsenkirchen zu Gast. Als vom Kohlenbergbau gesprochen wurde, erzählte er, dass er vor kurzem etwas sehr Seltenes und Merkwürdiges in einer Ladung Kohlen, die ihm ins Haus gebracht war, gefunden hätte: nämlich ein versteinertes Farrenkraut. Wir lächelten und erwiderten ihm: wenn er es wünsche, könnten wir ihm von der Zeche eine ganze Wagenladung solcher »Merkwürdigkeiten« besorgen. Man konnte es dem alten Herrn nicht übel nehmen, dass er nicht Bescheid wusste; denn er wohnte weitab von der Kohlengegend. Aber ob hierzulande alle oder viele darüber Bescheid wissen? Wie mancher Bergmann hält in der Pause des »Butterns« wohl solch ein Farrenkraut in der Hand und betrachtet es, oder sieht zwischen den Kohlen ein Stück versteinerten Baumstamms: ob es ihm klar ist, wie das Ding dahingekommen ist und wie die Kohlenflöze, in denen er jeden Tag wühlt, entstanden sind? – Wer in der Industriegegend wohnt, der lebt gleichsam in der Kohle: sie dringt hier als Staub in Nase und Mund, sie klebt als Schmutz an unseren Händen. Dabei ist sie unsere größte Wohltäterin und gibt uns Licht, Wärme, Kraft, Elektrizität. Arbeit und Verdienst und vieles andere. Die Frage drängt sich uns auf: Woher dieser wunderbare schwarze Stoff? Wie kommt er dort unten in die Erde? – Die Antwort darauf gibt die Geologie, d. h. die Wissenschaft von der Bildung und Zusammensetzung der Erdkruste.

»Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.« So sagt der eherne Bericht der biblischen Schöpfungsgeschichte. Er will damit festlegen: Gott ist der Ursprung aller Dinge. Er hat die Welt ins Dasein gerufen; und zwar nicht mit einem einzigen Zauberschlag, sondern in einer stufenweisen, allmählichen Schöpfung, aufsteigend vom einfachen bis zum vollkommeneren. Die Schöpfung war ein Werden. »Es werde.« Einzelheiten über die Geschehnisse gibt uns die Bibel nicht. Das kann und will sie nicht; denn sie ist kein naturwissenschaftliches, sondern ein religiöses Buch, dem es nur darauf ankommt festzustellen, dass in der geschaffenen Welt Gottes Allmacht und Weisheit steckt. – Dem modernen Menschen, dessen Geist Himmel und Erde durchforscht, genügt das nicht. Er will Aufklärung haben gerade über die Einzelheiten und kleinen Zusammenhänge des Weltentstehens. Hier bietet sich ihm die Naturwissenschaft, die Geologie, als Lehrerin an. Ihr ist es in eifrigem Studium gelungen, ein wenig den Schleier der Vergangenheit der Erde zu lüften. Sie lässt uns einen Blick in die wunderbare Schöpferwerkstatt Gottes tun. – Man nimmt an, dass die Erde zuerst ein Glutball von feurigen Gasen war. Durch allmählige Abkühlung wurde sie zuerst feurig-flüssig, und weiterhin bildete sich eine feste Schale um die Erde. Bei weiterer innerer Erkaltung zog sich das Erdinnere zusammen und die Erdrinde wurde infolgedessen runzelig (wie ein alt werdender Apfel). Durch die Runzelung bildeten sich Hochflächen und Niederungen, Gebirge und tiefe Buchten. In letzteren sammelte sich alsdann das früher dampfförmige und durch die Abkühlung flüssig gewordene Wasser und bildete so die großen Meere. – Damit war aber die Erdbildung noch nicht fertig. Wenn wir einen Querschnitt durch die Erde machen, dann sehen wir, wie eine große Menge Schichten, bestehend aus Sandstein, Schiefer u. a. übereinander lagern. Wie sind die entstanden? Es sind Ablagerungen aus dem Meere. Dort wo die Schichten jetzt liegen, war ehedem Wasser. Und wie heutzutage noch in jedem Teich und Wasser sich Schlick, Steine, Reste von Tieren und Pflanzen auf dem Boden ablagern, so ist es auch in der Vorzeit gewesen. Man sieht dies noch deutlich an den Muscheln und Meerestieren, deren Schalenreste tief in der Erde in den Schichten eingeschlossen sind, zum Teil in großen Massen. – Diese Sand- und Schlammschichten sind im Laufe der Zeiten hart und fest geworden; und so entstand der Schiefer, der Sandstein in der Erde. – Mitten zwischen diesen Steinschichten lagern nun hierzulande kleinere, schwarze Schichten: das sind die sogenannten Kohlenflöze, die eine Dicke bis zu etwa vier oder fünf Metern haben, in Oberschlesien sogar bis sechzehn Meter. Der Bergmann kennt sie genau und gibt ihnen besondere Namen. Die Hauptflöze, sogenannte Leitflöze, heißen: Mausegatt, Einefrau, Sonnenschein, Katharina, Bismarck usw. Wenn man mit der Bahn nach Wetter oder Hattingen fährt, kann man an den Steinabhängen kleine Flöze, die dort zu Tage kommen, beobachten. – Wie kommen nun diese Kohlenflöze mitten unter Stein-und Schieferschichten? Es hat eine Zeit gegeben, da war das Wasser, das unsere Gegend bis dahin bedeckte, sehr seicht geworden oder ganz zurückgetreten. Dadurch entstanden weite Sumpfniederungen, feuchte Landstrecken und seichte Wassertümpel. In dieser Zeit sah die Erde eine rege Schöpfertätigkeit Gottes. Grüne Pflanzen, Moose, Sträucher, Bäume entwickelten sich. Auf dem schlammigen Boden, bei gleichmäßiger warmer Temperatur (etwa 25 Grad) und in feuchter, gewitterschwüler Luft konnten sie prachtvoll gedeihen. Es entstanden weite Waldmoore mit dichtem Pflanzenfilz und einem urwaldartigen Gewirr von großen und kleinen Bäumen und Pflanzen, die durcheinander wucherten. Was vom Sturm umgeweht wurde oder abstarb, sank auf den nassen Boden und bildete dort im moorigen Wasser ein dichtes Polster von modernden Stämmen, Blättern und Fasern und einen zähen Faulschlamm. Durch die immer aufs neue entstehenden Pflanzen wuchs allmählich das Moor und der Schlamm zu immer größerer Mächtigkeit heran. In diesen Steinkohlenwäldern herrschte eine gewisse Eintönigkeit: es sang noch kein Vogel, kein Säugetier war zu sehen, keine farbenglühenden Blüten leuchteten. Auch der Mensch war noch nicht da. Was an tierischen Lebewesen vorhanden war, gehörte ins Reich der Muscheln, Schnecken, Tausendfüßer, Molche und anderer Tiere niedriger Stufe. –

Man darf sich nun die Kohlenwälder nicht so vorstellen, wie die heutigen Buchen- und Tannenwälder. Damals war die Pflanzenwelt noch eine wesentlich andere; einfacher in ihrem inneren Aufbau, fremdartig in ihrem Aussehen. Abgesehen von manchen Moosen und baumartigen Farrenkräutern, wuchsen große Dickichte von Kalamiten, das sind schachtelhalmartige Gewächse, die bis zwölf Meter hoch wurden. (An diese Pflanzen erinnert heute das zierliche Zinnkraut, auch Kattenstiät genannt, das auf unseren Feldern oder an sumpfigen Stellen wächst.) Ganz besonders bezeichnend für jene Urwälder waren aber die Sigillarien, Siegelbäume und Lepidodendren, Schuppenbäume, die zu den Bärlappgewächsen gehörten und eine Höhe bis dreißig Meter und einen Stammdurchmesser von zwei bis drei Meter hatten. Die Blätter sahen nicht wie Laub oder Nadel aus, sondern wie Schilf. Den merkwürdigen Namen Siegel- und Schuppenbäume haben sie von der Rinde, auf der dicht nebeneinander Eindrücke zu sehen sind, welche die Gestalt von Kästchen und Siegeln oder von Fischschuppen haben: es sind die Blattnarben der abgefallenen Blätter. (Von dieser einst so riesigen Pflanzengattung besitzen wir heute nur noch kümmerliche Überbleibsel in dem kriechenden Bärlapp, auch Schlangenmoos genannt, das manchem unserer Leser aus Ostpreußen und der norddeutschen Heide bekannt sein wird.) – Vielleicht aber fragt einer: »Woher weiß man das alles? Kein Mensch hat doch damals jene Wälder gesehen.« Nun, die Natur hat uns in zahllosen Abdrücken und Versteinerungen getreue Photographien dieser Pflanzenwelt bewahrt, die wir in der Kohle und im Kohlenschiefer finden und dort wie in einem Herbarium aufbewahrt sind. Der Bergmann kennt die oft wundervollen Farrenabdrücke (von ihm Blaumen genannt) und die Steinplatten mit den Schuppen (fälschlich manchmal für Fisch gehalten) und die ganzen Baumstämme, die sich versteinert finden. Aus ihnen kann man ein ziemlich genaues Bild jener Pflanzenwelt zusammenstellen.

Über die Herrlichkeit der Urwälder brach nun eine ungeheure Katastrophe herein. War es, dass der Boden allmählich sank; war es, dass der Grund des benachbarten Meeres sich hob; waren es vulkanische Ereignisse oder das Hereinbrechen von mächtigen, über unsere Gegend sich ergießenden Strömen; genug, die ganze Herrlichkeit ging langsam unter und riesige Mengen Wasser, Sand, Schlick legte sich darüber. Begraben! Eine untergegangene Welt. Aus diesen untergegangenen Wäldern entstand das erste Kohlenflöz.

Lange, lange Zeit war darüber vergangen. Über die begrabene Pflanzenwelt hatte sich allmählich eine Schicht von zehn, fünfzig, hundert Meter Sand und Schlick gelegt. Dadurch hob sich der Boden wieder und das Wasser trat zurück. Und siehe, auf dem zu Tage tretenden Land wuchs eine zweite Pflanzenwelt, ähnlich der ersten. Es war wieder wie früher. Aber nach langer Zeit kam zum zweiten Male der Untergang und die Wälder gerieten unter Wasser und Erdschichten und bildeten – das zweite Kohlenflöz. So ist’s weiter gegangen. Schließlich ist die Schicht, die sich hierzulande aufgetürmt hat, über 3.000 Meter dick geworden, und drinnen liegen etwa hundert Wälder und Moore d. h. also hundert Kohlenflöze; dicke und dünne, je nach der Mächtigkeit der begrabenen Holz-und Torfmassen. Einer endlosen Zeit hat es dazu bedurft: aber »vor Gott sind ja tausend Jahre wie der Tag, der gestern vergangen ist.« – Es kam dann die Zeit, wo keine Kohlenwälder mehr wuchsen und wo dann andere Verhältnisse, andere Pflanzen und Tiere und schließlich die Menschen auf Erden erschienen. Über das sogenannte Kohlengebirge mit seinen Flözen legten sich nun dicke Schichten Mergel und Lehm, auf denen wir heute inmitten der jetzigen andersartigen Pflanzen- und Tierwelt wohnen.

Es rauschten Wälder gewaltig

In urvorweltlicher Zeit,

Vielfältig und riesengestaltig

aufragend weit und breit.

Sie mussten versinken, versanden,

Begraben von stürmender Flut!

Sie haben in steinernen Banden

Viel tausend Jahre geruht!

Was wurde nun aus den begrabenen Urwäldern? Wenn im Wald Pflanzen und Holz zu Boden fallen, dann faulen und vermodern sie unter dem Einfluss der Luft und werden zuletzt zu Erde. Wenn aber die Luft abgeschlossen ist, dann tritt nicht Fäulnis, sondern eine Verkohlung ein, die darin besteht, dass die gasförmigen Stoffe langsam entweichen und der Kohlenstoff zurückbleibt. Letzteres kommt nun in unserem Fall in Betracht. Die in der Erde eingeschlossene Pflanzenwelt verfaulte nicht, sondern verkohlte. Dieser Prozess wurde durch den riesigen Druck der Erdmassen und die gleichmäßige, höhere Temperatur in der Erde noch begünstigt. Man nennt diesen Prozess Inkohlung. Dabei bildete sich nebenbei Wasser, Kohlensäure (dümpende Wetter) und Grubengas (schlagende Wetter), deren Vorhandensein in der Kohle jedem Bergmann bekannt ist. Das Grubengas ist etwas ähnliches, wie das bei der Entgasung der Kohle im Koksofen gewonnene Leuchtgas und ist ebenso gefährlich und leicht entzündlich; darum darf der Bergmann in der Grube nicht mit offener Lampe arbeiten, sondern muss sich der Sicherheitslampc bedienen. Je älter die Kohlenarten sind und je tiefer sie liegen, desto geringer ist im allgemeinen ihr Gehalt an gasförmigen Bestandteilen geworden, und desto größer ist in ihnen der Gehalt an Kohlenstoff. Welche Zeiträume die Bildung der Flöze in Anspruch nahmen, ist kaum zu berechnen: dass es dazu aber einer riesigen Zahl von Jahren bedurfte, ist sicher. – Man unterscheidet nach der Zusammensetzung aus festen und flüchtigen Bestandteilen folgende Arten von Kohlen:

TORF; hellfarbig-faserig oder schwarz-braun und fest. Die jüngste Kohlenart, bildet sich heute noch im Moor.

BRAUNKOHLE; erdig oder mit noch sichtbarer Holzfaserung.

GASFLAMMKOHLE; mit 37–45 %,

GASKOHLE; mit 33–37 %,

FETTKOHLE; mit 20–33 %,

MAGERKOHLE (Anthrazit); mit 5–20 % flüchtigen Bestandteilen.

GRAPHIT (das Schwarze des Bleistifts); fast reiner Kohlenstoff.

DIAMANT; der reinste Kohlenstoff in kristallisierter Form.

Die Kohlenflöze, welche ursprünglich eine ebene Fläche bildeten, sind im Laufe der Zeit durch den Druck der Erde und die Bildung der Gebirge allmählich gedrückt und geschoben worden, als ob eine Riesenfaust sie zusammengepresst hätte; dadurch kamen sie aus ihrer ursprünglichen Lage und verlaufen jetzt wie Berg und Tal (Sattel und Mulde): manchmal ist sogar ihr Zusammenhang zerrissen (Verwerfungen).

Wie groß sind die Kohlenvorräte in unserem Revier? Es wird mitunter die Befürchtung laut: sie könnten in absehbarer Zeit zu Ende gehen. Doch damit hat es noch gute Weile. Das Kohlengebirge hat bei uns eine Tiefe bis 4.000 Meter. An Ausdehnung erstreckt es sich von Ruhr und Rhein bis zur Nordsee hinauf. Durch Schächte ist bisher aufgeschlossen (nach den Berechnungen der Bergassessoren Kukuk und Mintrop in Bochum) ein Gebiet von etwa 1.532 Quadratkilometer, durch Bohrungen ermittelt 1.728, noch nicht aufgeschlossen 2.910 Quadratkilometer. Im ganzen schätzt man den hiesigen Kohlenvorrat auf 282 Milliarden Tonnen. Es reicht dann die rheinisch-westfälische Kohle bei einer Jahresförderung von 100 Millionen Tonnen bis zu einer Tiefe von 2.000 Meter etwa 1.433 Jahre; bei gründlichem Abbau sogar 2.116 Jahre. Man bedenke auch, dass es außer unserem Revier noch viele andere auf der Erde, gibt, und dass vielleicht auch noch manche Kohlenschätze im Schoße der Erde ruhen, von deren Vorhandensein wir noch nichts wissen.

Aber wenn wirklich mal die Kohle zu Ende ginge? Wäre es dann mit unserer Kultur, mit Licht und Wärme vorbei? Nein, das ist nicht zu befürchten. Dann wird die Wissenschaft längst andere Kraft- und Lichtquellen aufgeschlossen haben, z. B. Nutzbarmachung der Sonnenwärme, der Meeresbewegung, der chemischen Kräfte usw. Gott wird ihr die Wege schon rechtzeitig weisen. Inzwischen wird die Menschheit auch wohl gelernt haben mit den ihr anvertrauten, Kohlenschätzen haushälterischer umzugehen (restlose Ausnutzung des Kohlenrauchs, allgemeinere Anwendung der elektrischen Kraft u. a.).

Wir haben einen kleinen Einblick in die Schöpferwerkstatt tun können. Einst mussten üppige Vegetationen untergehen. Wenn damals Menschen auf Erden gelebt hätten, könnte wohl einer im Anblick der untergehenden Waldherrlichkeit zweifelnd gefragt haben: »Wenn es einen Schöpfer gibt, der seine Schöpfung liebt: wie kann er jetzt alles, was lebt und wächst, so rücksichtslos vernichten?« Wir Menschen des 20. Jahrhunderts wissen: warum? Was wollten wir heute wohl anfangen, wenn der Schöpfer einst die Wälder der Urzeit nicht hätte untergehen und die Kohle nicht hätte entstehen lassen? Frühere Geschlechter konnten sich mit dem Holz, das wuchs, begnügen; es gab ihnen Licht und Wärme, die sie brauchten. Unsere Zeit käme damit nicht aus. In absehbarer Zeit wären alle Holzvorräte der Welt verbraucht und was dann? Aber nun sind uns rechtzeitig die Bodenschätze aufgedeckt. Da liegen sie in Massen in der Erde, die schwarzen Diamanten. Was einst durch das Sonnenlicht in den Pflanzen aufgespeichert wurde, kommt jetzt wieder ans Licht und ist augenblicklich unser größter Schatz: die Kohle und mit ihr all die wertvollen Brennstoffe, Chemikalien, Farbstoffe, Arzneimittel, die sie birgt.

Was im Sonnenstrahl erwuchs,

Und verschüttet ward ins starre Grab der Erde,

Wird heraufgeholt aus tausendjährger Nacht,

Welch eine weise Fürsorge des Schöpfers! Es bestätigt sich auch hier – wie auf vielen anderen Gebieten – das, was ein altes Studentenlied singt: »Und Gott hat es gelitten; wer weiß, was er gewollt!« Die Kohlenflöze der Erde sind die Sparkasse des Schöpfers, die er einst zum Segen des Menschengeschlechts angelegt hat. Unserer Zeit ist es vergönnt, davon Gebrauch zu machen, und der Bergmann ist dazu berufen, die Schätze zu heben. »Er ist der Herr der Erde, der ihre Tiefen nutzt.« Er ist der Schatzgräber.

Das ist des Bergmanns Erdenlos

manch reichen Schatz zum Licht zu heben,

der unten tief im Erdenschoß

verborgen ruht von Nacht umgeben.

Wenn er nun über die Entstehung der Kohle Bescheid weiß, dann wird er seinen sonst so schweren und gefahrvollen Beruf vielleicht ein klein wenig auch von einer anderen Seite ansehen können; nicht nur als eine Arbeit in Gefahr, Schmutz und Staub, sondern auch als eine Arbeit in einer interessanten Wunderwerkstatt und Sparkasse Gottes, wo jedes Stückchen Kohle und jede Versteinerung verkündet: »Herr, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weislich geordnet und die Erde ist voll deiner Güte.«

In des Berges Gründen Gottes Spur zu finden

Ist des Bergmanns Pflicht,

Der auf steilen Wegen für die Welt zum Segen

Kluft und Gang durchbricht.

Nicht allein in Lüften, auch in öden Klüften

Strahlt des Schöpfers Ruhm;

In der Erde Teufen, wo die Kohlen reifen,

Ist sein Heiligtum.

Heil’ge Heimaterde.

O heil’ge Heimaterde,

Ich bin ein Stück von dir;

Ich trage deinen Odem

Und herben Duft in mir.

Die Stille deiner Wälder

In ihrer grünen Flut,

Das Dunkel deiner Schächte

Singt leise mir im Blut.

Die Feuer deiner Essen

Glüh’n mir im Herzen tief,

Und deiner Hämmer Schallen

mich wie dein Herzschlag rief.

Und deiner Menschen Wehe,

Und deiner Menschen Glück,

Das ist von meinem Leiden,

Von meiner Luft ein Stück.

Dein Odem weht von ferne

Mir stark und heilend zu.

An deiner Brust lass legen

Mein Herze mich zur Ruh.

Geschichtliches

Aus der Geschichte des Steinkohlenbergbaus

Der Steinkohlenbergbau wurde am frühesten von der ehemaligen Abtei Klosterrath im jetzigen Wurmrevier betrieben und schon 1113 erwähnt, während die Steinkohlengewinnung bei Schüren, unweit Aplerbeck, 1302 urkundlich bezeugt wird. Die ältesten Nachrichten über den Steinkohlenbergbau bei Bochum aber stammen erst aus dem 16. Jahrhundert von dem rührigen Kirchenrat Jan Teile, der die Seele beim Wiederaufbau der 1517 abgebrannten Probsteikirche war. Er verzeichnet gewissenhaft jedes Faß Kohlen, das Johann Bongarden u. a. für 2 ½ Groschen 1537 geliefert haben, um das Bleidach zu dichten und den Braukessel zu heizen. Brunstein zu Rechen holt in demselben Jahre eine Karre Kohlen aus Langendreer. Für die Heizung des Rathauses und der beiden Schulen lieferte Klewinkhaus zu Weitmar 1659 ein Fuder Holz zum Preise von ¾ Taler. Die Wachtstube unterm Rathause aber hatte Steinkohlenfeuerung. 1650 kostete eine Karre Kohlen ¾ Taler. Vereinzelt hat man Steinkohlen verbraucht, ehe eine Nachricht davon sich erhalten hat. Das war in den Gegenden, wo die Kohle ohne Schwierigkeit zu heben war und fast zu Tage trat, nämlich in dem produktiven Steinkohlengebirge, dem die Kohlenflöze eingelagert sind und das nur mit Ton-, Geröllablagerungen und Humus bedeckt ist. Es breitet sich aus zwischen der Südgrenze der Kreide (Duisburg, Steele, Bochum, Hörde, Holzwickede, Frömern) und der Nordgrenze des flözleeren Sandsteins (südlich von Frömern, Schwerte, Wetter, Volmarstein, Haßlinghausen, Herzkamp) Das Kohlenhacken war hier eine Nebenbeschäftigung, von den Landwirten auch in der Bochumer Gegend ausgeübt, so von Stratman und Ostermann zu Wiemelhausen 1634. Bergleute im Nebenberuf hießen Köller (Köhler), daher stammt der noch heute bekannte Name Köllermann. Der Betrieb in den Stollen war auf regellosen Raubbau eingestellt, so dass der Kohlberg manchmal einstürzte, wie es damals auch in Wiemelhausen vorkam und Stratmann Kohlen aus der Weitmarer Mark holen musste.

Der Bergbau blieb unbedeutend, da die Kohlen nur für den Hausbrand verwendet wurden, und das geschah nicht einmal allgemein; denn die Markgenossen bezogen Holz kostenlos aus den Markenwaldungen. Auch in der Industrie feuerte man meistens mit Holz. Zum Schmelzen des Roheisens im offenen Feuer, zum Kalkbrennen, in den ausgedehnten Bleichereien konnten nur Holzkohlen bzw. Holzasche verwendet werden. Auch beim Bierbrauen bevorzugte man Holz, um nicht durch Verwendung von Steinkohlen den Geschmack des Bieres zu beeinträchtigen. Schmiede und Salzsieder aber gebrauchten Steinkohlen mit großem Nutzen.

1735 wurde von Heinrich Decker im Auftrage des Staates eine Besichtigung der Bergwerke vorgenommen. Er fand vor:

  • im Amte Bochum 25 Bergwerke mit 49.108 Ringeln1 Förderung.
  • im Amte Blankenstein 30 Bergwerke mit 62.888 Ringeln Förderung.
  • im Gerichte Herdecke 7 Bergwerke mit 8.530 Ringeln Förderung.
  • in der ganzen Mark 105 Bergwerke mit 467.968½ Ringeln Förderung.