Ich danke meinen Freunden, deren Erlebnisse und Erfahrungen in dieses Buch eingeflossen sind. Außerdem allen Korrekturlesern, die mir eine sehr große Unterstützung waren!
Impressum
© 2021 Anja Weiß
Herstellung und Verlag BoD – Books on Demand GmbH; Norderstedt
ISBN: 9783753411187
Fotografie: Anja Weiß
Manchmal ist das Leben grausam und gemein. Die einen verlieren einen lieben Angehörigen durch ein Unglück, andere bekommen eine schlimme Krankheit oder werden in der Schule oder am Arbeitsplatz gemobbt, als wären all die Probleme nicht schon schwer genug. Wie soll ein Mensch das bitte ertragen?
Eigentlich bin ich ein positiver und energiegeladener Mensch gewesen. Aber mein Umfeld hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich jetzt bin. Und manchmal weiß ich selbst das nicht – wer bin ich, wo geht mein Leben noch hin?
Gedanken, die immer wieder in meinen Kopf aufblitzen und sich schwer verdrängen lassen. Meine Freunde sagen, dass ich eine starke Persönlichkeit habe und eines der liebenswertesten Geschöpfe bin, die sie kennen. Und ich weiß, dass sie das ehrlich meinen, aber ich kann es oft nicht annehmen – vor allem, wenn mein Selbstwertgefühl so sehr am Boden ist. Schon als ich noch zur Schule gegangen bin, hat mir der Leistungsdruck stark zugesetzt. Meine Leistungen waren nicht wirklich gut, obwohl ich sehr viel gelernt habe. Zuhause hackten meine Eltern auf mir herum, dass ich mich mehr anstrengen soll, mehr lernen soll, nicht so faul sein soll. Nicht selten habe ich die Lüge geglaubt, dass ich dumm sei. Erst als ich die Schule gewechselt habe, vom Gymnasium auf die Realschule ging es bergauf. Sogar meine Ausbildung, die zwar sehr anstrengend war, habe ich mit einem guten Schnitt bestanden. Aber selbst zu diesen Zeiten hatte ich Einbrüche. Ich war immer wieder emotional und kräftemäßig am Boden.
Gedanken, dass man nicht mehr kann, man einfach nur noch sterben möchte.
Der Glaube an Gott hat mir damals jedoch geholfen und auch heute hilft er mir noch, weiter zu kämpfen. Das Problem bei psychischen Erkrankungen ist ja leider, dass man sie einem nicht ansieht. Nach außen strahlen und lächeln wir, während innen das Herz schreit und weint. Erst wenn man alleine ist, kann man seinen Gefühlen freien Lauf lassen.
Umso ausgelaugter man ist, desto weniger kann man sich zusammenreißen und heult auf einmal los. Man kann sich nicht mehr verstecken - verstecken vor dem Gefühl, hoffnungslos zu sein, dem Gefühl, nicht zu wissen, warum man so fühlt. Nicht selten denke ich, ich sei verrückt oder fehl am Platz. Dabei kann man selbst nichts für die Krankheit. Wie gesagt, das Umfeld prägt einen, aber auch die Gene.
Das Klingeln meines Handys reißt mich aus meinen Gedanken, denen ich schon viel zu lange nachgehe. „Ja?“ frage ich in das Smartphone. „Hallo Laura, ich würde in 10 Minuten vorbeikommen und dir Kuchen bringen. Hättest du Lust darauf?“
Meine Freundin Marle ist ein echter Schatz. Sie ist immer um mich besorgt und kümmert sich um mich, wie eine Mutter. Auch ihr Mann hat ein großes Herz und teilt seine Frau gerne mit mir.
Das ist ein großer Segen, den ich erleben darf und darüber bin ich auch sehr dankbar.
„Hey Marle, das ist ja total lieb von dir! Sehr sehr gerne. Ich bin zu Hause“, antworte ich freudig. Ich liebe Süßigkeiten und vor allem Kuchen. Am liebsten Himbeer- oder Schokoladenkuchen. Oder diese kleinen Kuchen, in denen in der Mitte ein flüssiger, warmer Schokoladenkern ist. Oh himmlisch! Und gerade heute kann ich Kuchen sehr gut gebrauchen. Mein Tag war sehr anstrengend und entmutigend. Ich bin noch nicht lange in meiner neuen Arbeitsstelle. Bei meiner vorherigen wurde ich gemobbt und war psychisch nicht in der Lage, mich zu wehren. Kurzerhand habe ich die Stelle gekündigt. Und dann war ich erst einmal Arbeitslos. Ich wusste jedoch, dass es genau das Richtige für mich ist. Nur ein paar Monate später habe ich durch einen Freund eine andere Stelle angeboten bekommen. Diese hat mir von Anfang an sehr viel Spaß gemacht. Alle waren so nett zu mir und auch untereinander herrschte ein sehr gutes Betriebsklima.
Aber man sollte sich ja bekanntlich nicht zu früh freuen. Die Wochen vergingen und die Streitereien unter den Kollegen flammten auf. Alle meine Alarmglocken fingen an sich zu melden. Bloß weg hier!
Nur raus aus dem Raum! Wieso kann ich mich nicht bewegen? Wieso kann ich nicht einfach flüchten?
Irgendwann habe ich es geschafft dem Herd der negativen Gefühle zu entkommen. Aber diese hatte dennoch Auswirkungen auf mich. Panikattacken fingen wieder an, ich bekam kaum noch Luft. Meine Ärzte haben mich sofort krankgeschrieben, wofür ich ihnen sehr dankbar bin. Ich will gar nicht wissen, was passiert wäre, wenn ich noch länger dort gewesen wäre. Obwohl man weiß, dass es das Beste für einen war, hat man dennoch immer Schuldgefühle.
Schuldgefühle die anderen Kollegen im Stich gelassen zu haben, die ganze Arbeit nun an ihnen haftet und auch die Angst nie wieder für irgendeine Arbeit stabil zu sein. Und dabei bin ich erst 23 Jahre alt!
In der Blüte der Jugend, in der man Bäume ausreißen kann. Tja, ich nicht. Ich bin froh, wenn ich überhaupt ein Grashalm noch ausreißen kann. Es gibt sogar Tage, an denen ich es nicht einmal schaffe, den Grashalm zu berühren.
Traurig aber war. Dennoch: Selbstmitleid bringt ja auch nichts. Und gerade heute tut ein Kuchen sehr gut. Mein Arbeitgeber hat mir heute die Kündigung vorbeigebracht. Auf der einen Seite habe ich es schon erwartet, weil man mit mir zur Zeit nicht planen kann, aber auf der anderen Seite hat es mich doch mitgenommen. Ich wurde gekündigt! Das Erste mal in meinem Leben! Was habe ich nur falsch gemacht? Aber ich versuche mir bewusst zu machen, dass es nicht meine Schuld ist. Die Kündigung ist nicht gegen mich, sondern wegen der Firma – die ja irgendwie weiter laufen muss.
Es klingelt an der Türe. Marle ist da! Ich freue mich ja so! Ich öffne die Türe und Marle grinst mich an. „Na, süße! Wie geht’s dir?“ „Hey, heute eigentlich gut.
Ich hänge nur gerade mal wieder meinen Gedanken und Gefühlen nach“
„Liebe Laura, du weißt, dass ich immer für dich da bin, wenn du reden willst, oder?“
„Danke, Marle, aber mir ist nicht danach. Ich will heute einfach alleine sein und mich in meinem Bett verkriechen.“