»Rute« Gottes und »Beschiß« des Teufels
»Rute« Gottes und »
Beschiß « des Teufels
Theologische Magie- und Hexenlehre
an der Universität Tübingen
in der frühen Neuzeit
Zum Titel:
Matthäus Alber und Wilhelm Bidembach bezeichneten 1562 in einer Predigt Hagelunwetter als »eine scharpffe, doch Väterliche Rute« Gottes; Jakob Gräter sah 1589 Hexerei als »Beschiß / Betrug und Blendwerck« des Teufels.
(c) 2019 Thomas Hilarius Meyer
Jahnstraße 7
66453 Rubenheim
thomas.hilarius.meyer@gmail.com
thomas-hilarius-meyer.blogspot.com
Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie der Philosophischen Fakultät der Universität des Saarlandes Dekan: Prof. Dr. Heinrich Schlange-Schöningen
Berichterstatter: Prof. Dr. Wolfgang Behringer, Prof. Dr. Johannes Dillinger Tag der letzten Prüfungsleistung: 12. April 2019
Verlag und Druck:
Halenreie 40–44
22359 Hamburg
Typographie: LATeX und KOMA-Script
ISBN 978-3-7323-5023-0 (Paperback)
ISBN 978-3-7323-5024-7 (Hardcover)
ISBN 978-3-7482-5264-1 (e-Book)
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Meiner Frau
Vorwort
Das Projekt, das mit der vorliegenden Arbeit zu einem Abschluss gekommen ist, hatte eine ungewöhnlich lange Lebensdauer. Dass es doch noch zu einem guten Ende gekommen ist, verdanke ich der Tatsache, dass ich während seiner Bearbeitungszeit einer ganzen Reihe von sehr besonderen Menschen begegnen durfte, die mir, jede[r] auf seine Weise, geholfen haben:
Prof. Dr. Sönke Lorenz hat mich als Erster für das Thema »Hexenforschung« begeistert, indem er im Sommersemester 2001 an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen zusammen mit Dr. Jürgen Michael Schmidt und Dr. Andreas Schmauder ein Hauptseminar zu diesem Thema angeboten hat. Aus einem Seminaraufsatz wurde eine Zulassungsarbeit zum ersten Staatsexamen und das Angebot einer Promotion. Sönke Lorenz verstand es in hervorragender Weise, Menschen von den offenen Fragen der Geschichte zu faszinieren und zu eigenen Leistungen anzuregen, indem er den dazu nötigen Freiraum ließ und gleichzeitig großzügig Hilfe leistete, wo diese gebraucht wurde.
Das gilt in gleicher Weise für Prof. Dr. Paul Sappler, bei dem ich gleichzeitig im Deutschen Seminar arbeiten konnte und der mich für die Themen Editionsphilologie und geisteswissenschaftlichen EDV-Einsatz begeisterte. Seine Freundlichkeit und Großzügigkeit waren geradezu legendär.
Bei beiden studiert haben zu dürfen, wird mir zeitlebens eine Ehre sein. Leider sind beide gläubige Christen – der eine norddeutscher Protestant, der andere Allgäuer Katholik – viel zu früh verstorben.
Während sich mein Leben vom Hexenthema weg und ganz anderen Dingen zuwandte, fand ich doch die einmal aufgeworfene Frage nach den theologischen Hintergründen der Hexenverfolgung immer wieder faszinierend genug, die Baustelle am Leben zu halten. Dabei haben in den verschiedenen Stadien verschiedene weitere Menschen auf ihre individuelle Art Beiträge geleistet, ohne die die Sache längst eingeschlafen wäre:
Susanne Borgards hat bereits ganz früh geholfen, die Themen zu schärfen, den Stil zu glätten, die Hoffnung nicht zu verlieren und die Arbeit nicht aufzugeben. Frau Margot Lucas hat meinem Verständnis der neulateinischen Quellen nachhaltig auf die Beine geholfen. Die jährlichen Treffen des AKIH – geprägt von der Gastfreundschaft und Empathie Dr. Dieter Bauers – waren ein immer wiederkehrender Quell von Motivation und Inspiration – und Jahr für Jahr ein Stachel im Fleisch. Dr. Marianne Sauter und Anita Bindner gaben von der Perspektive ihrer hochinteressanten Forschungsprojekte aus entscheidende Tipps und weiterführende Anregungen. Sascha Kessler hat wesentliche Teile des entstehenden Textes in großer Wachheit gelesen und zahlreiche luzide Kommentare geliefert. Dr. Justus Nipperdey hat v. a. bei der Fokussierung der Endergebnisse maßgebliche Hilfe geleistet. Frau Maria Dambauer hat den Text mit großartiger Akribie auf Fehler durchgekämmt – und ungezählte gefunden. Catherine Dosch und Ulf Schwartz haben zahllose Hinweise zu argumentativen Bruchstellen und stilistischen Unglücksfällen geliefert.
Ohne den permanenten Austausch mit Julia Meyer wäre sowieso alles undenkbar.
Dass aus dem Privatvergnügen dieser Arbeit nach fast 15 Jahren wieder ein offizielles Dissertationsprojekt – jetzt an der Universität des Saarlandes – werden durfte, verdankt sich der Offenheit und liebenswürdigen Hilfsbereitschaft von Prof. Dr. Wolfgang Behringer und Prof. Dr. Johannes Dillinger.
Ein besonderes Verdienst um diese Arbeit hat sich Prof. Dr. H. C. Erik Midelfort erworben: Er hat 1972 das Grundlagenwerk verfasst, ohne das die vorliegende Studie – wie so manches andere im Bereich der Hexenforschung – nicht denkbar gewesen wäre. Im Frühjahr 2019 hat er sich intensiv und akribisch mit meinem Manuskript befasst und ebenso wertvolle wie wohlwollende Hinweise gegeben. Dafür gebührt ihm meine aufrichtigste Dankbarkeit und Bewunderung.
Allen Genannten verdanke ich – im Kontext dieser Arbeit und weit darüber hinaus – unendlich viel. Selbstverständlich liegt die Verantwortung für alle Fehler und Unzulänglichkeiten allein bei mir.
Rubenheim, im April 2019
thm
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Die Frage nach dem Teufel – ein vergessenes Fundament?
1.2 Überblick über die Forschungsgeschichte
1.3 Das Forschungsvorhaben
2 Voraussetzungen
2.1 Die frühe Neuzeit – eine Krisenzeit
2.2 Hexenverfolgungen in Württemberg
2.3 Zur Geschichte der theologischen Fakultät
2.4 Zwei Diskursfelder und ihre Textgattungen: lateinische Traktate und deutsche Predigten
3 Ebene I: systematische Theologie
3.1 Quellengrundlage
3.2 Systematischer Durchgang
3.2.1 Quellen: Die Grundlagen theologischer Auseinandersetzung mit Magie
3.2.2 Zur Entwicklung der magiologischen Diskussion im 16 und 17. Jahrhundert – ein ›who is who‹
3.2.3 Der theologische Ort / Kontext der Magielehre
3.2.4 Präsenz und Relevanz des Magiethemas im theologischen Diskurs
3.2.5 Was kann der Teufel? – Die Elemente des Hexereiverbrechens vor dem Hintergrund der Tübinger Dogmatik
3.3 Chronologischer Durchgang: Tübinger Beiträge zur Magiologie
3.3.1 Die letzte katholische Position: Martin Plantsch
3.3.2 Exkurs - ein früher Dissens: Ambrosius Blarer gegen Wolfgang Reichart
3.3.3 Jakob Heerbrand
3.3.4 Theodor Thumm
3.3.5 Tobias Wagner
3.3.6 Johann Adam Osiander
3.4 Zwischenbilanz: Profile einer ›Tübinger gelehrten Magiologie‹
3.4.1 Definition eines Feindbildes: das implizierte Bild der Hexe / des Magiers
3.4.2 Eine Frage des Ziels: Die Diskussion des Strafmaßes
3.4.3 Bekämpfung der Magie als Kampf um theologische Reinheit
3.4.4 Und am Ende? Nichts als Schweigen
4 Ebene II: katechetische Strenge
4.1 Quellengrundlage
4.2 Predigten zum Hexenthema von Tübinger Ordinarien – chronologisch
4.2.1 Johannes Brenz
4.2.2 Jakob Heerbrand
4.2.3 Jakob Andreae
4.2.4 Johann Georg Sigwart
4.2.5 Tobias Wagner
4.3 Pastorale Habitualisierung und Wirkung in die Breite – die »württembergische Predigttradition«
4.4 Exkurs: Katechetische Einflussnahmen ohne gedruckte Quellen – Wilhelm Friedrich Lutz in Nördlingen
4.5 Kodifizierung und Popularisierung konfessionellen Wissens – Felix Bidembach
4.6 Die ›andere‹ Schule: Lutherischer Verfolgungseifer
4.7 Zwischenbilanz: Profile einer »württembergischen Predigttradition«
5 Ebene III: Drei ›echte‹ Tübinger Teufelspakte
5.1 David Lipsius 1596
5.2 Georg Friedrich Haim 1698
5.3 Heinrich Jacob Amend 1707
6 Resümee
Anhang
1 Lebensdaten der Tübinger Ordinarii
2 Stammbaum der Familie Osiander
Bibliographische Angaben
Abbildungsverzeichnis
3.1 Jakob Heerbrand
3.2 Matthias Hafenreffer
3.3 Lukas Cranach, Abb. zu Wider das Papsttum zu Rom vom Teufel gestift
3.4 Seite aus Martin Plantsch, Opusculum de sagis malificis
3.5 Seite aus Theodor Thumm, Tractatus theologicus de sagarum impietate
3.6 Johann Adam Osiander
4.1 Johannes Brenz
4.2 Jakob Andreae
4.3 Die Apotheose des hl. Benedikt (Weingarten)
4.4 Detail aus der Apotheose des hl. Benedikt
5.1 Teufelspakt des David Lipsius