Inhaltsverzeichnis
XI
Sinclair kommt im Mai, ihn abzuholen. Nach Stuttgart zunächst, wo die politische Krise mit der Auflösung des Landtags durch den Kurfüsten Friedrich ihren Höhepunkt erreicht hat. Er und der Lotteriebetrüger Blankenstein sind Zeugen der Gespräche, die Sinclair mit den Häuptern der Opposition führt. Blankenstein denunziert ihn Januar 1805, als Sinclair seine Machenschaften entdeckt. Auf dessen Lotteriepresse gedruckt wird eine obskure Zeitschrift Tiresias oder Germanische Annalen. In ihr die Sinclair und Hölderlin meinende Sottise Einfall: Die neueren philosophischen Systeme haben weit mehr Narren gemacht als die älteren miteinander gescheide Menschen. Er schreibt ins Homburger Folioheft:
Bei Thebe und Tiresias! Mir will der Boden zu kahl seyn.
Zum Sophokles erschienen ellenlange, schreckliche Rezensionen. Eine vom jüngeren Voß, der Schiller und Goethe
recht damit regaliert. Er liest ihnen vor:
Geist der Liebe, dennoch Sieger
Immer, in Streit, Du Friedensgeist, der über
Gewerb einniket, und über zärtlicher Wange bei
Der Jungfrau übernachtest …
Und schreibt einem Freund: Du hättest Schiller sehen sollen, wie er lachte.
Sinclair und Seckendorf werden verhaftet und schließlich mangels Beweisen freigelassen. Er schreit in jenen Tagen, daß es jeder hören kann: Ich will kein Jacobiner seyn, vive le Roi! Wer fragt schon bei dem Wort, das sie, die Binde vor den Augen, von der Guillotine riefen, mit wem Jakob rang, und wie er danach eine Geschichte lang hinkte, entweder auf der rechten Seite oder auf der linken.
Andere werden kommen, in Deutschland, wie die Stare im Frühling. Die athmen Othem der Gesänge. Doch unter den Sohlen regen sich Schatten der Hölle.
Zu Wilmans Taschenbuch bemerkt ein Rezensent: Den dunkeln und höchst sonderbaren Gedichten von Hölderlin wäre ein Commentarius Perpetuus der Göttinger Schule sehr zu wünschen … Er gewinnt der hochmütigen Bemerkung das denkbar Beste ab und schreibt neun Pindar-Kommentare, die zugleich auch den neun Nachtgesängen gelten. Sie sind das andere Vermächtnis – während der Arbeit an den segmentierten Gesängen ins reine geschrieben. Einsame Schule für eine Jugend, die über die öffentliche hinaus will. Plant dann noch Hyperions letzte Erinnerungsreise, hinaus an die Grenze des Orbis. Spricht mit der Stimme des Ajax.
Jene Gesänge aber sind das gewaltige Gut, das die Zeit an den Strand warf. In Wahrheit aber Bäume, beiderseits des Wegs oder Flusses, lichtvoll schattige in der Drangsal.
1804
Fortsetzung, Briefe und Dokumente.
12. März. An Leo von Seckendorf. Unter dem Datum der Vermerk Seckendorfs: mündlich beantwortet.
Nürtingen d. 12 März 1804.
Mein Theurer!
Ich habe dich neulich besuchen wollen; konn teaber dein Haus nicht finden. Ich besorge also den Auftrag, der mir diesen Besuch nothwendig machte, schriftlich und schike dir eine Ankündigung von pittoresken Ansichten des Rheins; es ist dir möglich, Theil daran zu nehmen und dafür Theilnehmer zu finden. Der Fürst hat sich schon dafür interessirt. Ich bin begierig, wie sie ausfallen werden; ob sie rein und einfach aus der Natur gehoben sind, so daß an beiden Seiten nichts Unzugehöriges und Unkarakteristisches mit hineingenommen ist und die Erde sich in gutem Gleichgewicht gegen den Himmel verhält, so daß auch das Licht, welches dieses Gleichgewicht in seinem besonderen Verhältniß bezeichnet, nicht schief und reizend täuschend seyn muß. Es kommt wohl sehr viel auf den Winkel innerhalb des Kunstwerks und auf das Quadrat außerhalb desselben an.
Die Antiquen in Paris haben besonders mir ein eigentliches Interesse für die Kunst gegeben, so daß ich mehr darin studiren möchte.
Ich bitte dich auch, dich für eine Übersezung der Sophokleischen Tragödien zu interessiren, die mir derselbige Verleger, Herr Willmans in Frankfurt in Verlag genommen hat, und die auf Ostern herauskommen wird.
Die Fabel, poëtische Ansicht der Geschichte, und Architektonik des Himmels beschäfftiget mich gegenwärtig vorzüglich, besonders das Nationelle, sofern es von dem Griechischen verschieden ist.
Die verschiedenen Schiksaale der Heroen, Ritter und Fürsten, wie sie dem Schiksaal dienen, oder zweifelhafter sich in diesem verhalten, hab ich im Allgemeinen gefaßt.
Ich wünschte dich wirklich einmal in Stutgard zu sehen und Gespräch mit dir zu haben. Ich schäz es eigentlich, daß wir einen Mann, der so gebildet ist und so menschlich, unter uns haben. Herrn von Sinklair habe ich es geschrieben.
Ich glaube dir noch vieles mittheilen zu können. Das Studium des Vaterlandes, seiner Verhältnisse und Stände ist unendlich und verjüngt.
Daß uns die gute Zeit nicht leer von Geiste werde, und wir uns wieder selber finden mögen!
Ich denke einfältige und stille Tage, die kommen mögen. Beunruhigen uns die Feinde des Vaterlands, so ist ein Muth gespart, der uns vertheidigen wird gegen das andre, das nicht ganz zu uns gehört. Ich empfehle mich dir unterthänig.
Hölderlin.
Drukfehler in Ödipus. Die Sendung der von Wilmans am 28. Januar angekündigten Aushängebogen treffen vmtl. erst in der zweiten Märzhälfte ein – und zwar nur die des Ödipus. Hölderlins 41 Korrekturen und Änderungen wurden nicht mehr eingearbeitet. Am Schluß der ohne Autorkorrektur gedruckten Antigonä werden, unter der Überschrift
Verbesserungen, nur zwei Fehler verzeichnet: Nenökeus,
Kraon – Menökeus, Kreon, leiden – laden. Zur Diskussion der zusätzlichen, zumeist verfälschenden Emendationen in früheren Ausgaben siehe DES
Hydra in Text/Kritische Beiträge 3, 1996
Drukfehler im Ödipus.
p. 3. | welcher Weiser. welcher Weise. |
p. 4 | Im Koth der fruchtbarn Erd. in Bechern der fruchtbarn Erd. |
p. 5 | Und daß von uns. und das von uns. |
p. 6 | den Sohn Nenökus Kraon. den Sohn Mönekeus Kreon. |
... | |
p. 16. | nicht leiden soll man. nicht laden soll man. |
28. März. Johanna Christiana Gock an Friedrich Wilmans, während Hölderlin die
Oedipus-Fahnen durchsieht.
Nürtingen d. 28 Merz 1804
Mein Herr
Verzeihen Sie mir, daß ich Sie als Mutter vom M. Hölderlin auch mit diesen Zeilen incomodiere Die HE. Buchführer F.u W. in Franckfort haben vor Bücher an meinen Sohn eine Forderung von 32. fl. u ich bin deswegen so frei wan mein l. Sohn Ihnen auf das was Er bey Ihnen zu erheben hat, nicht selbst eine Anweisung sendet, die gewogenheit zu Haben die Herren zu befried. warum mein l. Sohn es so lange stehen ließ, kan ich mir nicht erklären bitte Sie deswegen auch recht herzlich in dem Brief an meinen l. Sohn nicht gerade zu melden daß ich Sie darum gebethen habe.
Vor das meinem l. Sohn erwiesene Zutrauen, bezeuge ich Ihnen meinen gehorsamsten Danck, u. empfehle Ihn noch ferner in Ihre Gewogenheit. u habe die Ehre mit der vollkomensten Hochschäzung zu seyn.
Euer wohlgeborn
gehorsamste Dienerin
J. C. Gockin
verwittibte Cammerräthin.
N. S.
Da die Sume durch die daraufgelegte Zinse so erhöth worden ist. welches doch bey Bücher oder KauffmansConti ungewöhnlich ist, so bitte ich Sie gehorsamst die Herren zu disponiren daß Sie auch etwas von Ihrer Forderung abgehen.
Verzeihen Sie mir daß ich Sie mit diesem unangenehmen Auftrag belästige, u. nehmen Sie zum voraus meinen gehorsamsten Danck hievor an.
2. April. An Friedrich Wilmans. Auf der letzten, von Hölderlin nicht beschriebenen Seite Wilmans’ Vermerks:
Hölderlin d 14 Apr 1804. Nach der Kritik an den feinen Seriphen der neuen klassizistischen Walbaum-Antiqua wurden die letzten Bogen der Antigonä stärker gedruckt. vgl. DES,
144 fliegende Briefe, p. 591-600 (mit Abbildungen.)
Nürtingen bei Stutgard. d. 2 Apr. 1804.
Verehrungswürdiger!
Ich habe die Drukfehler des Ödipus durchgegangen.
Der rohe Druk hat mir fast besser gefallen, wahrscheinlich, weil die Züge, welche an den Buchstaben das Veste anzeigen, gegen das Modificirende so gut aushalten in dieser Typographie, und dieses im rohen Druk noch bemerkbarer war, als im gefeilten. Der Erfinder ist oft verschämt gegen sein Publikum, und verlieret über der Galanterie dann das Eigentümliche überhaupt, besonders das Veste, was diese Typographie karakterisirt. Übrigens hat die Typographie in diesem Vorzug nur mehr dem Scheine nach verloren, als der Wirklichkeit.
Ist sie bekannter, so geben sie ihr vieleicht das Rohe des ersten Druks, und lassen es oder geben ihm eine Feile.
Ich sage diß, um ihnen zu bezeugen, wie weit ich diese Vortreflichkeit verstehe. Diese allzustrenge Feile schwächet auch nur das Veste dem ersten Scheine nach, und wenn man sich gerad, oder mit einer reinen Richtung zu den Seiten davor sezt, so sieht man die vesteren Züge gut.
Ich erwarte nur die Exemplare, um sie an Herrn von Göthe und Herrn von Schiller zu schiken, und an einige andre, die vieleicht eine Theilnahme daran haben.
Der Prinzessin von Homburg möcht’ ich ein besonderes Exemplar schiken. Ich weiß nicht, ob sSie dazu besonderes Papier wählen wollen.
Ich glaube durchaus gegen die exzentrische Begeisterung geschrieben zu haben und so die griechische Einfalt erreicht; ich hoffe auch ferner, auf diesem Prinzipium zu bleiben, auch wenn ich das, was dem Dichter verboten ist, kühner exponiren sollte, gegen die exzentrische Begeisterung.
Ich freue mich, Ihnen nächstens etwas zu schiken, worauf ich jezt einen eigentlichen Werth seze.
Ich wünsche, daß die Ideen und Berührungspuncte, welche dieses Buch in Umlauf bringen, so schnell, wie möglich sich berühren mögen.
Leben Sie indeß wohl, mein Theurer!
Ihr
Freund
Hölderlin.
14. April. Von Friedrich Wilmans. Auf dem Umschlag:
Mit 1 Pack. Bücher / in bl. Pappe gew. / HvH. / Nürtingen
Frankfurt d. 14 Apr. 1804
Verehrungswürdiger Herr u. Freund!
Morgen mit Tages Anbruch reise ich nach Leipzig zur Messe – und vor einer Stunde ist der 2. Bd des Sophokles fertig geworden und Danck den Himmel schon unterwegs nach Leipzig. -
In Eile, die Sie sich denken können, sende ich Ihnen anbei 6 Ex. auf Velin Papier und 6 Ex. auf das gewöhnliche Papier als Honorar-Ex., die Sie Ihren Freunden mittheilen können.
Brauchen Sie noch einige zu diesem Behufe, so geschieht es gerne.
Mit dem besten Willen, ist es mir jetzt nicht möglich Ihnen das Honorarium beizulegen, so wie ich aber von Leipzig zurückkehre, geschieht es ohne Aufschub, darauf können Sie sich verlassen.
Leider sind in dem ersten Theile viele Druckfehler, ich halte es aber für nöthig, sie nicht anzuhängen, wozu theils die Zeit zu spät ist, theils der geringste Theil der Leser darauf achtet. Ihnen werden sie nicht zur Last gelegt, sondern den Buchdruckern. Wünschen Sie sie angezeigt zu haben, so senden Sie mir eine Liste von beiden Bänden, die ich das Intelligenzblatt der Jenaer Litteratur Zeitung abdrucken lassen will.
Meine große Eile erlaubt mir nur noch Ihnen meine Verehrung zu versichern
Fr. Wilmans
Um den 18. April. Randberkungen Hölderlins. Zunächst unter der Anrede
Verehrungswürdiger Herr u.Freund (wegen der stehengebliebenen Druckfehler):
doch am meisten dem Pöbel exponirt,
Sodann die Empfänger der Freiexemplare am linken und unteren Rand.
HE. von / Sekendorff. / HE. Haug. / HE. Hegel. / HE. von Göthe. / HE. Bahn- / maier / HE. Schmidt / in Erlang. / HE. Heinze / in Aschaffen- / burg. / HE. Hartmann / HE. Matthison. / HE. Schelling. / HE. Lepique / in Heidelberg. / HE. von Sinklair
Über HE. Schmidt HE. Heinze HE. von Sinklair werden die Widmungszeilen bzw. der Titel der diesen gleichzeitig zugedachten Gedichte nachgetragen. Siegfried Schmid sollte demnach die ihm gewidmete Elegie Stutgard bzw. Die Herbstfeier erhalten; der schon am 22. Juni 1803 verstorbene Wilhelm Heinse vmtl. die ihm gewidmete Version II des Gesangs Der Rhein; Sinclair den im Entwurf vmtl. schon vorliegende Gesang Der Einzige I.
an Schmidt. / He Schmidt / in Erlang.
an Heinze. / He. Heinze / in Aschaffenburg.
Der Einzige. / HE. von Sinclair.
An Prinzessin Auguste von Hessen-Homburg. Regest Gustav Schlesiers, mit der Einleitung: Unbeendigtes Briefconzept an die Prinzessin von Hessen-Homburg und dem Nachsatz Alles aber in offenbarer Geistesverwirrung.
Fängt an: Durchlauchtige Prinzessin. Ich schicke Ihnen den ersten Band der Übersetzung der Sophocleischen Tragödien. „Er spricht darin von der Größe der Alten, aber auch von dem „unbegreiflich Göttlicheren unserer heiligen Religion in seiner Originalität, u. dem Werth des Vergleichens der antiken u. unserer Zustände”
8. Mai. Isaak von Sinclair an den Homburger Lotteriebeauftragten Alexander Blankenstein in München
Vor Anfang des künftigen Monaths kann ich wegen eingefallener Geschäfte schlechterdings nicht abreisen; kommen Sie also früher nach Studtgardt, so treffen Sie uns nicht. … Wenn Sie über Nürtingen kommen, vergessen Sie nicht Hölderlin zu besuchen u. zu Studtgardt Batz.
24. Mai. Johanna Christiana Gock an Isaak von Sinclair, vmtl. mit einem Brief Höllderlins.
Hochwohlgeborner Herr
Gnädiger Herr!
Verzeihen Sie mir daß auch ich so frei bin Sie mit diesen Zeilen zu incomodieren, ich kan aber dem Wunsch nicht wiederstehen, Ihnen vor die herablassende Gewogenheit mit welcher Sie wiederholt meinen l. unglücklichen Sohn beehrten, meinen unterthänigsten Dank abzustatten. Der Reiche Vergelder im Himel wolle es Ihnen ersehn. besonders fordert dieses mich zu dem devotesten Dank gegen Sie auf daß Euer Hochwohlgeborn auch auf diese Art sich vor ihn verwenden wollen. (nach der äußerung meines l. Sohns) daß Sie ihm eine Bibleotheecariat Stelle vorgeschlagen, u. seine Arbeiten ihm verschliesen wolten. so groß hieriber meine Dankbarkeit ist, so muß ich laider besorgen, wan Euer Hochwohlgeborn durch Ihre vielvermögende Empfehlung die Stelle vor den guten unglücklichen erhielten, die so ganz nach dem Wunsch meines l. Sohn wäre, u. wan er im Stand wäre solche anzunehmen, also auch nach meinem Wunsch, aber laider muß ich als Mutter mit den bittersten Empfindung. der Wehmuth meine Besorgnisse mitteilen, daß er vorjetzt nicht im Stand wäre, diese Stelle anzunehmen, nach meiner geringen Einsicht erfortert solche doch einen geortneten Verstand, u. laider ist mein l. Sohn so unglücklich daß seine Verstandes Kräften sehr geschwächt sind, welche mich besorgen liese Euer Hochwohlgeborn dan unannehmlichkeit ziehen, wan er sein Amt nicht mit gehöriger Aufmerksamkeit versehen könnte, u. eine baldige Entlassung zu befürchten wäre, würde seinem zu grosem Ehrgefühl, welches ich als Mutter gestehen muß seine schwache Seite ist, auf neue wieder einen zu harten Stoß geben, u. ich bey der weiten Entfernung in der grösten Sorge seyn, auf welche Art er in solchen unglücklichen Umständen wieder die Reise zurück machen könnte; Wahrscheinlich hat der bedauerungswürdige aus Freude über Euer Wohlgeborn Gegenwart, u. die ihm erwiesene Ehre all seiner Besinnungs Kraft aufgebothen, daß Ihnen sein zerrütteter Verstand Ihnen nicht so sehr auffiel, ich kan es mir freilich nicht erklären wie es möglich ist in diesem Fall noch zu arbeiten. Doch sehe ich mit Betrübnis daß es ihn außerordentlich viel anstrengung kostet, welches ihn dan imer mehr schwächt, u. deswegen sagen auch die Aerzte, daß bey ihm alle Curart u. Arzneymittel nicht anschlagen könnten weil er sich nicht dahin bringen läßt, sein Lieblings Studium aufzugeben oder mit maaß zu behandeln.
ich überlasse es aber Ihren besern Einsichten, vieleicht ist der l. Gott so gnädig ihm doch auch wieder seine traurige umstände bald zu besern, u. er dan eher fähig ist von Ihrer gnädigen Vorsorge gebrauch zu machen.
erlauben Sie daß ich es ganz zu schäzen weiß ob ich schon nicht im Stand bin so wie ich wünschte mich gegen Sie auszudrücken. auch gereicht es mir zum Trost, daß mein l. unglücklicher Sohn noch so Edle Freunde hat, die ihm mit Rath und Tath beystehen. Der Herr wird es Euer Hochwohlgeborn gewiß zum Segen anschreiben. Darf ich aber bitten daß Sie von dem was ich genöthigt war Ihnen zu melden, gegen meinen l. Sohn nicht berühren, ich hielt es auf diese Art vor besser, als ihm als Mutter sagen zu müssen, daß es in seinen umständen nicht angehe, u. der gute glaubt daß es nicht fehlen werde, u. spricht von seiner Equibirung als ob es schon richtig wäre. wie gern u. mit Vergnügen würde ich ihm auch hierin seine Wünsche erfüllen, u. ist traurig genug vor mich daß ich mir so wenig Hoffnung machen kan, daß er ein Amt anzunehmen im stande ist.
Euer Hochwohlgeboren empfehle ich mich nebst meinem l. Sohn in dero fernere Gewogenheit u. habe die Ehre in der vollkomendsten Hochachtung zu verharren
Euer Hochwohlgeborn
Nürtingen d. 23. Mai 1804.
27. Mai. Von Friedrich Wilmans. Regest Gustav Schlesiers.
Die beiden Bände des Sophocles sind erschienen; Wilmans sendet das Honorar (222 fl. 45 x. für 2 Thle oder 13 1/2 Bogen à 1 1/2 Carolin).
28. Mai; Carl Gock heiratet Marie Eberhardine Blöst in Adelshofen (dem Geburtsort der Mutter) und erhält sein väterliches Erbe, rund 1655 fl.;
als Voraus 100 fl.
vom Vermögen der Mutter.
29. Mai. Isaak von Sinclair an Alexander Blankenstein.
Wenn ich von Ihnen nicht bestimmt erfahre inzwischen daß Sie noch lang in München bleiben, so gehe ich zu Anfang der nächsten Woche circa den 4ten d. n. M. nach Studtgardt wohin ich vielleicht den 6ten oder 7ten kommen werde, wenn nichts neues vorfällt. Ein 8 Täge werde ich dort bleiben, u. auf die Brief-Post meine addresse geben, und nach der ihrigen fragen. Sie müßen dann wohl über Nürtingen unserer Abrede nach reisen, um Hölderlin kennen zu lernen, u. ihn mitzubringen.
10. – 22. Juni. Während des Aufenthalts Sinclairs und Blankensteins in Stuttgart erreicht die Auseinandersetzung zwischen Kurfürst Friedrich II. und dem auf Napoleons Drängen einberufenen Landtag ihren Höhepunkt. Hauptstreitpunkt ist die vom Landtag unterstützte Erhöhung der Apanage des nach Paris geflohenen Erbprinzen Wilhelm, der sich der Kurfürst widersetzt. Ob der am 10. eintreffende Blankenstein Hölderlin mitbrachte und dieser vielleicht zunächst bei Landauer und erst am 12. im Logis Sinclairs übernachtete ist niht festzustellen. Sinclair und Blankenburg speisten am Abend des 11. bei dem schon einmal seiner oppositionellen Haltung wegen inhaftierten Landschaftsassors Christiam Friedrich Baz. Mglw. übergab Hölderlin dem als Regierungsrat bei Hofe tätigen Seckendorf die in dessen
Taschenbuch für das Jahr 1807 erschienenen Gedichte Die Herbstfeier, Die Wanderung und Die Nacht (erste Strophe von Brod und Wein). Am 13. Juni begleitet Sinclair Hölderlin zurück nach Nürtingen und nächtigt am 14. wieder im
Römischen Kaiser. Am 18. Juni kommt Sinclair nochmals nach Nürtingen und Hölderlin abzuholen. Sie reisen am 19. über Tübingen nach Stuttgart. Am 20. oder 21. (Auflösung des Landtags durch den Kurfürsten) im
Römischen Kaiser Abendessen von Sinclair, Blankenstein und Hölderlin mit dem Juristen Jacob Friedrich Weißhaar. Am 22. Juni Abreise nach Homburg. Zunächst nach Offenau bei Heilbronn, dort Treffen mit Johann August von Kalb, Bruder des Majors Heinrich von Kalb, am 23. Juni. Am 24. nach Ansbach und von dort nach Würzburg, wo sie Schelling aufsuchten.
14. Juni. Johanna Christiana Gock an Isaak von Sinclair.
Hochwohlgeborner Herr!
Allerverehrungswürdigster Herr Regierungs-Rath!
Sie werden mir verzeihen, daß ich schon jezt gebrauch von Ihrer Gewogenheit mache, u. beschwerlich fallen muß. ich wolte so frei sein, Sie unterthänig zu bitten, ob ich wohl die anbey mitfolgende kleine Summe von 50 fl. nicht Ihnen mitgeben, u. zur Pflege des l. Hölderlins in Ihre Hände übergeben darf, ich weiß wohl daß es lästig ist unterwegs Geld bey sich zu haben u. zu … ich gestehe aber aufrichtig daß wan ich gegenwärtig eine größere Suma vorräthig gehabt hätte, solche absichtlich jezt da ich allein bin es gern gethan hätte, den guten auf einige Zeit zu berathen. meine l. tochter hat zwar alle Liebe vor ihren unglücklichen Bruder. Da aber der l. Hölderlin vor ihr schon so viel empfing, u. sie Wittwe ist u. Kinder hat, glaubt sie aber auch vor ihre Kinder sorgen zu müssen. ich wolte gern mehr mit Ihnen gesprochen haben, da aber der l. Hölderlin imer gegenwärtig war, muß ich es jezt schriftlich thun. ich berge nicht, daß die unterhaltung vor dem guten auch mit Ursache war, daß mich wegen seinem weggehen sorglich machte, weil er so mancherley Bedürfnisse hat. Er ist kein Verschwender, aber hat es auch auf alle meine Bitten u. Vorstellungen nicht so weit gebracht, an Kleinigkeiten die unterbleiben könnten zu spahren, an Zins aus seinem Vermögen, wo ihm aber vor dem vielen das er schon gebraucht, nicht abgerechnet werden därfte, hat er jährlich 125 fl. einzunehmen, ich kan ihm also ohne seinen Geschwister zu schaden weiter nicht als 150 fl. jährlich geben, sein Erbguth müßte bey stärkerer Gabe angegriffen werden, welches ich freilich als Mutter aus Pflicht vor sein Bestes nicht gerne thue, da ich nicht weiß wie lange er nach mir lebt, u. seine beyde Geschwister nicht im Stand sind, viel vor ihn zu thun, mein l. jung. Sohn hat wenig Vermögen von seinem l. s. Vater, u. auch von seiner Frau, die er nur ihres vorzüglich guten Caracthers willen, vorgezogen. sehr wenig Vermögen bekomen. Dieses melde ich Euer Wohlgeborn aus dem grund daß Sie die Gewogenheit vor den unglücklichen haben, ihn manchmahl zu erinnern, unnöthige ausgaben zu erstehn. Mangel soll er keinen leiden, aber ich besorge mir, er werde wie schon mehrmahlen der Fall war, aus Nachlässigkeit, da er alles als kleinigkeit ansieht, um vieles komen, da er kein Geld, u. noch viel weniger Kleidungsstücke und Wäschzeug einschließt. ich bin deswegen so frei nochmahls die unthertänige Bitte zu wiederholen. Darauf besonders Rücksicht zu nehmen, daß er zu treuen Leuten in das Haus u. wo möglich auch in die Kost kome die ihm auch frühstück Abendthee u. seine Wasch besorgten daß er so wenig als möglich ist, Veranlassung bekomt Zahlungen zu leisten, weil er nichts berechnen kan u. da bey unehrlich Gesind oder Handwerks Leuten, um vieles käme. sein vorräthig Geld an 170 fl. wird er ganz mit bekomen, u. wan ich ihn dahin bringen kan, das bitten, daß er den grösern theil in das Fehleisen thut, solte er auf der Reise weiter brauchen so haben Euer Gnaden von den 50 fl. welches mir aber lieber wäre, wan er es nicht wüßte, daß ich solche Ihnen zu gestellt. Er würde sich weniger einschränken, wan er glaubt einen so großen Vorrath von geld zu haben. wan das Fehleisen wie ich selbst glaube auf der Reise lästig wäre, so könnte solches auch geradenwegs nach Homburg geschickt werden. ich hoffe es werde sicher laufen. wan er auch einen gut geschlosenen Comod u. in dem Comod ein kleines geschlosenes trühle oder Catul zu seinem Geld zur Miehte bekomen könnte, vor jezt schon einige Möbel anzuschaffen, hielte ich nicht vor räthlich, da ich laider besorge seine umstände werden sich nicht bessern u. auf diese Art würde u. müßte er Ihnen in die Länge lästig werden. Könnten Sie ihm nur von seinem Geld zum aufheben u. dan zur Berichtigung seines Kostgeldes etwas abnehmen, eine Vorstellung daß es ihm könnte gestohlen werden, würde vielleicht ihn leicht bewegen. auf meine Bitten, in derley nöthig sachen in der Wart u. pflege seines Leibes die Reinlichkeit u. ordnung betreffend, wird laider nicht viel befolgt werden weil er in seinen beständigen Gedanken, nicht darauf achtet. ich muß also auch es wagen, in diesem Punkt die unterthänig Bitte an Sie Edler Menschen Freund zu thun, auch hierin Mutter u. Brudersstelle zu vertreten. ich kann es Ihnen nicht genug ausdrücken wie sehr ich es bedaure daß ich so viel auf sie hinlegen muß. auch das wird mir viel Kumer machen, daß er bey seinen Spaciergängen sich so vergißt u. so gern erst in der nacht nach Hause komt. u. auch dieses beunruhigt mich daß ich sorge, er könne Ihnen u. Ihrem H. Reise Gefährden die Erholungsreise erschweren u. unangenehm machen, ich als eine sehr gebeugte unglückliche Mutter laß mich Ihren Freunden empfehlen u. um gnädig nachsicht u. Liebe vor meinen l. Sohn bitte. wan Sie die Gnade vor mich haben nach vollbrachter Reise durch jemand von dem unglücklichen mir nur eine kleine nachricht geben zu lassen, so bin ich so frei unterthänig zu bitten mir nur in 2 Worten melden zu lassen, ob Sie dieses schreiben u. die 50 fl. empfang. haben, weil der Brief in Ihrer Abwesenheit in andre Hände komen könnte, u. ich dan noch eher wegen dem geld nachfragen könnte. Nun will ich Euer Hochwohlgeborn nicht länger mit Lesung dieser trauer Zeilen ermüden. empfangen Sie auf meinen Knien nochmals meinen gehorsamsten Dank vor alle die viele viele Beweise von Großmuth u. Gewogenheit, die Sie mir, u. dem l. unglücklich. bewiesen haben, u. auf sich zu nehmen die Gnade hatten, der Reiche Vergelder im Himel wird es Ihnen in der Ewigkeit belohnen u. empfehle mich, besonders aber den l. unglücklichen, der l. Gott unterstüze Sie, mit seiner Schwachh. Geduld zu tragen. aus eignen kräften könnten Sie nicht vor einem vor den Sie ganz keine Verbündlichkeit haben nicht so viel thun. // Auch dero verehrungswürdigste Fr. Mutter empfehle ich mich u. den l. Hölderlin unterthänig, u. habe die Ehre mit der vollkomensten Hochachtung zu verharren
Euer Hochwohlgeborn
unthertänige u. gehorsamste
Dienerin J. C. Gockin.
Nürtingen d. 14. Juni 1804.
16. Juni. Christian Landauer an Johanna Christiana Gock. Regest Gustav Schlesiers.
Auf ihren Brief antwortet er, er sei mit H.’s Freunden sämmtlich der Meinung, daß seine Abreise von Nürtingen u. seine Anstellung in Homburg für seinen Gemüthszustand, wo nicht eine sehr glückliche, doch wenigstens keine nachtheiligen Folgen haben werde, besonders da er an Hern v. Sinclair einen Freund habe, der ihm immer zur Seite sei, Bekannte, die ihn schätzen, u. daß er mit einem Wort in einen Cirkel von Menschen komme, wo er im Gegentheil in Nürtingen nur immer in sich verschlossen gewesen u. nur immer seinen litterarischen Arbeiten nachhing, während er in Homburg doch in einem Amt stehe, das ihm wenigstens einige Beschäftigung außer seinen Privatarbeiten gebe. – Zudem komme nächstens die Reihe an ihn, ein Amt im Lande bekommen zu sollen. Das Consistorium könne ihm aber bei seinem Zustande doch ganz unmöglich eine Predigerstelle geben, u. sobald er dies merke, was ihm ja nicht entgehen könne, müsse dies auf ihn äußerst nachtheilig wirken. – Er glaube, daß gerade jetzt noch der glücklichste Augenblick für ihn sei, u. daß er jetzt noch weiter hergestellt werden könne, als später hin. – HE. v. Sinclair, der diesen Morgen bei ihm war, läßt sich ihr empfehlen.
Die nachgetragene Jahreszahl irrtümlich. 1803. bey des L Holderles Abreis nach homburg zu Reisgeld geben / 50.
28. Juni. Tagebuch Johann Isaak von Gernings.
Sinclair brachte mir Hölderlin, der Bibliothekar geworden, aber ein armer Schlucker ist und trübsinnig.,quantum distat ab illo’ schrieb mir Haug von ihm.
Georg Schudt, Hölderlin und Sinclair in Der Taunusbote, 18. Juni 1865.
Er wohnte zuerst bei Uhrmacher Calamme in der Dorotheenstraße … dann zog er in die Haingasse zu einem Sattlermeister (im jetzigen H. Schick’schen Hause). Sein zeitweise eintretender Irrsinn steigerte sich manchmal zu Wuthanfällen, während welcher er schrecklich auf sein Clavier, ein Geschenk der Prinzessin Auguste, loshämmerte. Es kam auch vor, daß er in einem solchen Anfalle nach dem Mond schoß.
In der Frankfurter Zeitung, Abendblatt, 6. Februar 1894.
Hölderlin bewohnte in dem Hinterhause des Grundstückes Haingasse 8, im ersten Stock, ein einfensteriges Zimmer. Er phantasirte daselbst Tag und Nacht auf einem Klavier, als sich Spuren von Geistesstörung bei ihm zeigten, griff er nicht selten zu Holzscheiten und bearbeitete die Tasten seines Instruments. Er belästigte die Nachbarschaft sehr, aber man wußte, wie unglücklich er war, und ließ ihn ruhig gewähren.
Bettina von Arnim, Die Günderode, Grünberg und Leipzig 1840.
… die Prinzeß von Homburg hat ihm einen Flügel geschenkt, da hat er die Saiten entzwei geschnitten, aber nicht alle, so das mehrere Klaves klappen, da fantasirt er drauf … Der St.Clair sagte mir …Dieses Klavier, wo er die Saiten zerrissen, das ist ein wahrer Seelenabdruck von ihm, ich hab auch den Arzt darauf aufmerksam machen wollen, aber einem Dummen kann man noch weniger begreiflich machen als einem Wahnsinnigen.
7. Juli. Isaak von Sinclair an den Landgrafen von Hessen-Homburg:
Unterthänigstes ProMemoria
Da S.mus meine unterthänigste Bitte den Magister Hölderlin aus Wirttemberg zu HöchstDero Bibliothecar zu ernennen gnädigst geruht haben zu willfahren, so füge ich die weitere unterthänigst an; daß ich ihm diejenigen zweihundert Gulden meiner Besoldung Kraft dieses überlassen dürfe, welche ich vor zwei Jahren als Zulage erhalten, blos aber in Rücksicht seiner angenommen auch demselben meiner vielen gegen ihn habenden Verbindlichkeiten wegen seitdem abgegeben hatte. Bei dieser kleinen Besoldung für den Mag. Hölderlin wäre eine gnädigste Verfügung dahin zu wünschen, daß sie jedesmahl wenn sie fällig ganz ausgezahlt werde, damit derselbe zu seinem Unterhalt darauf rechnen könne. Ich zweifle nicht, daß sich Herr Hölderlin der Fürstlichen Gnade durch den Ruf seiner Talente u. Gelehrsamkeit, so wie durch eine vollkommene Anhänglichkeit an S.mum und HöchstDero Durchlauchtigste Familie würdig machen werde.
Homburg den 7ten Juli 1804
I. v. Sinclair
Vermerk desLandgrafen.
Ich genehmige gänzlich dieses arrangement, wie auch die richtige Zahlung. /
F. L.
Mitte Juli. Im Intelligenzblatt der Hallischen Allgemeinen Literatur-Zeitung, der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung und im Reichs-Anzeiger erscheint Wilmans’ Anzeige der Trauerspiele des Sophokles.
14. Juli. Fr. Wilh. Joseph Schelling an Georg. Wilh. Fr. Hegel.
Vor ohngefähr 4 Wochen überraschte mich Sinclair, es kam mir vor, daß mit den schnell zusammengerafften noch Fichtischen Ideen er sich dann übrigens so ziemlich in die Plattheit begeben hat. Er war auf dem Wege nach Schwaben, Hölderlin dort abzuholen, mit dem er dann auch hieher zurückkam. Dieser ist in einem besseren Zustand als im vorigen Jahr, doch noch immer in merklicher Zerrüttung. Seinen verkommenen geistigen Zustand drückt die Übersetzung des Sophocles ganz aus. Er sagte mir, daß er Bibliothekar des Landgrafen zu Homburg geworden sei, und ging mit S. dahin.
16. Juli. Tagebuch Johann Isaak von Gernings.
Heute ißt Hölderlin mit mir; dann soll es hoffentl. gen Kronberg und vielleicht Soden gehn.
Vmtl. letztes Julidrittel. Johanna Christiana Gock an Isaak von Sinclair.Vmtl. mit einem Brief an Hölderlin.
Hochwohlgeborner Herr.
Gnädiger Herr.
Verzeihen Sie mir, daß ich so frei bin das erste schreiben an meinen l. Sohn an Sie zu adressieren. da ich aber nicht weiß, ob er schon in Homburg bekannt ist, u. in welchem Haus er wohnt so mache ich eben schon gebrauch von dero gnädige Erlaubnis u. Gewogenheit auch nehme ich mir zugleich die Freiheit Euer Gnaden gehorsamst zu bitten meinen l. Sohn bey übersendung meines Briefs, an ihn die Erinerung geben zu lassen, daß er mir wan noch kein schreiben von ihm unterwegs seyn solte, mir doch recht bald zu schreiben, ich berge nicht, daß mir die Verzögerung eines Briefs, auf den ich mit Sehnsucht schon mehrere Wochen warte, das schlimste befürchten liese. u. euer Gnaden beruhigende Nachricht, die Sie uns durch die 3te Hand mittheilen liesen „daß mein l. Sohn glücklich in Homburg angekomen, u. seine Gemüthsstimmung erträglich seye“habe ich es allein zu danken daß ich vor Kumer nicht ganz erlegen.
Nehmen Sie also vor diesen Brief von Gewogenheit, u. Andenken meinen unterthänigsten herzlichsten Dank wie auch vor alle die Freundschaft, Liebe u. Vorsorge die Euer Hochwohlgeboren, meinen l. sohn während der weiten Reise, u. seinem Aufenthalt in Homburg schon erwiesen haben. Worte sind unvermögend Ihnen meinen inigen Dank auszudrücken.
Laider beförchte ich, daß sein langes Stillschweigen ein trauriger Beweis ist, daß seine Gemüths Stimung sich noch nicht gebesert hat, u. bedaure es um so mehr, weil solche Ihre unendlich viel Bemühung, u. gütig Vorsorge vermehren würde. welches mir meinen Kumer vergrösert, daß Sie so auserordentlich viel auf sich genommen, und ich u. die meinigen nichts im Stande seyn als vor Ihre Gewogenheit, u. mehr als Bruderliebe unsern inigsten Dank zu bezeugen. Ich empfehle den Lieben unglüklichen, in Ihre Gewogenheit u. gnädige Vorsorge. ohne Ihren Beystand wäre er ja ganz verloren, u. ich könnte seinetwegen keine ruhige Stunde mehr haben, seinen Coffer kan ich ihm so lange nicht senden biß ich nachricht habe, ob mein l. Sohn durch seinen Aufenthalt in Homburg Euer Hochwohlgeborn nicht lästig wird. u. weiß ja auch nicht, ob er seine Bücher u. alle seine Kleider, u. weißzeug nöthig hat, haben Sie die Gnade meinem Sohn zu sagen was er deswegen mir zu schreiben hat, wan ich nur so glücklich wäre recht bald eine beruhigende Nachricht zu erhalten. Der l. Gott wird doch auch so gnädig sein meine Gebethe, vor Ihr u. meines l. Sohns wohl zu erhören. in dieser hoffnung habe ich die Ehre nebst meinem unterthänigsten Respekt in der vollkomensten Hochachtung zu verharren
Euer Hochwohlgeborn.
unterthänigste Dienerin
J. C. Gockin
Verwittibte Camerräthin.
29. Juli. Hessen-Homburgisches Dekret.
Nachdem bei Serenissimo der Herr RegierungsRath von Sinclair um die Erlaubniß gebeten hat, auf die demselben vom 1ten Octbr 1802. an verabreichte jährliche Besoldungszulage von zwei Hundert Gulden entsagen und solche dem fürstl. Bibliothekär Hoederlin unter der Bedingung überlassen zu dürfen, daß solche an diesen zu seinem Unterhalt quartaliter, und zwar vom 1ten huj: an mit funfzig Gulden richtig ausgezahlet werde, Serenissimus auch dieses arrangement gnädigst zu genehmigen und zu befehlen geruhet haben, daß sothaner Gehalt richtig ausgezahlet werden soll; als wird dieser höchste Befehl fürstl. Rentei zur Nachachtung hiermit bekannt gemacht.
Decretum Homburg d. 29 Jul: 1804.
Fürstl. Hessen Homb. Rentkammer/
W. Mosengeil