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Der einfacherer Lesbarkeit wegen verwendet dieses Lehrbuch das generische Maskulinum und damit die verallgemeinernde, grammatikalisch männliche Bezeichnung. Diese ist als geschlechtsneutral zu verstehen, es sind alle Menschen – unabhängig vom Geschlecht – angesprochen.
Anke Niederau
Das große Buch der Nagelerkrankungen
eISBN 978-3-95409-808-8
4. überarbeitete und erweiterte Auflage 2020
Layout/Umschlaggestaltung: Martina Stolzmann
Titelbilder: © AdobeStock (3), Anke Niederau, Sonja de Wilde (1)
Lektorat: Ulrich Bartel/Dr. Martina Kliem
Druck: Neografia, a. s., Martin-Priekopa, Slowakei
Einleitung |
Warum ist das Wissen um die Ursachen, Diagnostik und Behandlung von Nagelerkrankungen so wichtig?
Sowohl für Podologen und Fußpfleger als auch die anderen Heilberufe ist es wichtig, das Auftreten von krankhaften Nägeln sowie Nagelwachstumsstörungen zu erkennen. Denn von den Patienten selbst werden die Nagelveränderungen oftmals als störend empfunden. Mitunter tragen sie aus Scham keine Sandalen oder laufen nicht barfuß, woraus sich depressive Verstimmungen und soziale Isolation ergeben können. Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, ist es notwendig, eine einfühlsame aber auch fundierte Anamnese und Diagnostik in Zusammenarbeit mit dem Arzt oder Heilpraktiker zu entwickeln und durchzuführen.
Für die Diagnostik sind folgende Punkte zu beachten:
•Alter
•Vorerkrankungen (z. B. Durchblutungsstörungen, Diabetes mellitus)
•Ernährungsgewohnheiten
•angeborene oder erworbene Fuß- und Zehendeformitäten
•Geschwindigkeit des Wachstums
•mechanische Belastung des Nagels
•Strümpfe und Schuhe (Passgenauigkeit ist wichtig, da anderenfalls dadurch schon erste Deformitäten herbeigeführt werden können)
•Fußstatik: Um eine gute Fußstatik zu erzielen, ist es besonders wichtig, dass wir uns die Gesamtstatik des Menschen ansehen. Fehl- und Schonhaltungen führen zu Statikveränderungen am gesamten Körper, insbesondere auch an den Füßen, und wirken sich damit auf die Nägel aus. Die Ganganalyse des Patienten lässt oftmals ebenfalls sehr gute Rückschlüsse auf Fuß- und Nagelbelastungszonen zu.
•genaue Betrachtung der Nägel (hierbei ist auf gute Lichtverhältnisse zu achten)
•Befall eines oder mehrerer Nägel
•asymmetrischer Befall (kann lokal bedingt sein)
•symmetrischer Befall (kann Hinweis auf eine allgemeine Störung geben)
•die Inspektion der Nägel sollte mit der Lupe durchgeführt werden
•den Nagel kann man mittels einer Untersuchungslampe durchleuchten, um z. B. eine Nagelspitze im Sulcus oder einen subungualen Clavus zu lokalisieren
•ärztlicherseits mikroskopische Untersuchung
•bei Pilzen/Bakterien ist häufig das Anlegen einer Kultur erforderlich
Weiter sind Lokalisation und genaue Beschreibung wichtig:
•Wann und wo hat der Prozess angefangen?
•Wie äußern sich die Beschwerden?
•Wie sieht der Nagel im Vergleich zum gesunden Nagel aus?
Ursachen von Nagelveränderungen und Wachstumsstörungen:
•anlagebedingt (angeborene Fuß- und Zehendeformitäten)
•Folge von Krankheitsprozessen (Durchblutungsstörungen) oder Traumata
•schädigende Substanzen (Chemikalien, Medikamente, Gifte)
•Infektionen des Nagels (Onychomykose)
Weiterführende Ursachen sind in Kapitel 9 und 10 mit Erläuterungen zu möglichen Ursachen bei Nagelveränderungen zu finden.
Bei der Untersuchung sollte auf den charakteristischen Glanz des gesunden Nagels geachtet werden. Des Weiteren beurteilen wir Form, Farbe und Nageldicke mit besonderem Augenmerk auf Eponychium und Nagelfalz. Hierfür setzen wir am besten einen Exkavator (Doppelinstrument oder eine andere, aber stumpfe Sonde) ein. Bei vorsichtigem Sondieren können wir Verhornungen,
Abb. 1.1Ein Nagel, mehrere Nagelerkrankungen: Verdacht auf Onychomykose, Onychoauxis, Onychorrhexis, beginnendes Pterygium
Clavi oder eingewachsene Ecken ertasten. Häufig stellen wir mehrere Veränderungen am Nagel fest. Diese sollten mit Foto oder einer Zeichnung dokumentiert werden. Mithilfe der PodoCam-Kamera der ehemaligen Firma Becker (mittlerweile übernommen von der Firma Anton Gerl, Köln) ist eine sehr genaue Darstellung der Veränderungen an Nagel und Haut möglich. Sie ist eine Ergänzung zu Ihrer hochwertigen Arbeitsweise am Patientenfuß.
Die Kamera ist ein kompatibles System für alle Praxen mit EDV und hat eine intuitiv gestaltete Benutzeroberfläche für gestochen scharfe Bilder. Eine automatische Zuordnung zum Patienten sowie die multimediale Versendung der Bilder sind möglich. Die Kamera liefert eine zentrale Schnittstelle zur Bilddokumentation und interdisziplinären Kommunikation direkt an den Arbeitsplatz des Podologen. Die PodoCam verfügt über eine schmale Optik mit eigener LED-Lichtquelle, die auch für schwer zugängliche SteIlen geeignet ist. Die Bilder sind automatisch immer scharf. In der Wundtherapie können Sie aus 1 cm Entfernung an den Wundrand blicken oder in den Nagelfalz hineinsehen. Die PodoCam ist hygienisch aufbereitbar. Dank USB ist sie an jedem Arbeitsplatz mit PC/Laptop einsetzbar. Sie ermöglicht eine bis zu 200-fache Vergrößerung via iPad, Bildschirm oder Smartphone. Die virtuelle Bildübertragung führt über ein intensives Wahrnehmungserlebnis, beispielsweise trotz Neuropathie, zu einer neuen Compliancefähigkeit des Patienten. Dank dieses archaischen Empfindens von Sehen und Verstehen kann man weitergehende Maßnahmen wie Spangentherapien aktiv vorstellen. Bei notwendigen interdisziplinären Zuweisungen können Bilder mit kurzem Text verschickt und die Behandlungen rechtlich nachgewiesen werden.
Abb. 1.2Die PodoCam
Abb. 1.3Die PodoCam im Praxiseinsatz
Abb. 1.2 und 1.3: © ehem. Fa. Becker
In einem arbeitsreichen Podologenalltag ist die PodoCam ein revolutionäres Multifunktionstool für präzise Diagnostik, Dokumentation und Kommunikation, auf das ein Profi nicht mehr verzichten sollte.
Ein weiteres Hilfsmittel stellt die Wood-Lampe dar. Diese Schwarzlichtlampe, vom US-amerikanischen Physiker Robert Williams Wood im Jahr 1903 entwickelt, gibt v. a. langwellige Ultraviolettstrahlung ab. In der Dermatologie dient sie der Früherkennung verschiedener Haut- und Nagelerkrankungen, denn sie macht im abgedunkelten Raum fluoreszierende Krankheitsherde und Pigmentveränderungen auf der Haut sichtbar. Bei bestimmten Dermatophyten verursachen deren Tryptophan-Metaboliten eine gelbgrüne Fluoreszenz. Auch bakterielle Erreger wie Pseudomonaden und Propionibacterium acnes leuchten, das Corynebacterium minutissimum bspw. korallenrot. Selbst wenn wir nicht diagnostizieren dürfen, so können wir doch wichtige Hinweise geben, indem wir die Lampe (im Blaubereich von 425 nm des sichtbaren Lichts) mit Schutzbrille einsetzen.
Abb. 1.4Ohne Licht mit Verdacht auf Mykose
Abb. 1.5Mit einer Lampe (im Blaubereich von 425 nm des sichtbaren Lichts) Erhärtung des Verdachtes auf Mykose (Gelb)
Abb. 1.6Verdacht auf bakterielle Infektion (Orange)
Abb. 1.7Beurteilung der Haut und Nägel mittels Wood-Lampe
Abb. 1.8Farben der Wood-Lampe
Abb. 1.9Beurteilung der Nägel mittels Wood-Lampe
Abb 1.7 bis 1.9: © Margarita Zdor
Mit dieser Dokumentation kann im Bedarfsfall eine optimale Therapieabsprache interdisziplinär in Zusammenarbeit mit Ärzten und anderen Berufsgruppen erfolgen.
Abb. 1.10Diagnostik mit der LED-Lampe von Onyfix oder Blue Light und orangener Schutzbrille
Abb. 1.11bis 1.13 Erhärtung des Verdachts auf Mykose
Dieses Buch soll eine Hilfestellung bei der Diagnostik und Therapie für die Praxis sowie im Bereich der Prophylaxe ein wichtiger Beitrag zur Fußgesundheit sein, denn viele Nagelveränderungen könnten mit einer guten patientenorientierten Prophylaxe vermieden werden.
Das Buch ist ein Nachschlagewerk für die bereits in der Praxis tätigen Kollegen und für diejenigen, die sich mit dem Beruf auseinandersetzen. Ich hoffe, mit diesem Buch einen Beitrag zum besseren Verstehen der Nagelerkrankungen leisten zu können, sowie die therapeutischen Möglichkeiten für uns Podologen und Fußpfleger aufzuzeigen. Es werden nicht alle Nagelerkrankungen sowie deren Therapie erfasst. Ich lade Sie ein, sich mit mir in Verbindung zu setzen, um sich über Therapiemöglichkeiten, Erfahrungen, Anregungen und das notwendige Fundament zu den Behandlungsverfahren auszutauschen.
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Gruppen wie Ärzten, Heilpraktikern, Orthopädieschuhtechnikern, Physiotherapeuten und Pflegepersonal ergibt neue Entwicklungsmöglichkeiten und berufliche Chancen.
Somit nehmen wir im interdisziplinären Behandlungsnetzwerk eine unverzichtbare Position ein. Insbesondere kann dadurch die Behandlungsdauer verkürzt und für schnellere Therapieerfolge gesorgt werden.
Die vorliegende Arbeit ist nicht das Werk von mir allein. Mein Dank gilt hier besonders Karl Ziebolz, der meine Ausbildung zur medizinischen Fußpflegerin wesentlich geprägt hat.
Mein besonderer Dank gilt meinem Mann Bruno und meinen Kindern, die durch produktive Kritik zum Gelingen dieses Werkes beigetragen haben.
Um das Fachbuch schreiben zu können, waren der Rat und die Anregungen von Berufskollegen sehr wertvoll. Hier gilt mein Dank besonders allen Kolleginnen und Kollegen national und international, die Bilder zur Verfügung gestellt und viele Impulse gegeben haben. Dr. Adalbert Strasser, Chirurg und Wundheilungsspezialist (www.wundmed.com) in Wien, danke ich für zahlreiche Informationen und Abbildungen für das neue Kapitel „Diabetisch-neuropathische Onychopathie (DNO)“.
Die Firmen Ocean Pharma, Bernd Stolz, Remmele’s Propolis, Hellmut Ruck, Eduard Gerlach, 3TO, Greppmayr, VHO, Erkodent, Brigitte Rathenow und Süda haben mir freundlicherweise einige in diesem Buch veröffentlichte Fotografien und Texte aus ihrem Archiv zur Verfügung gestellt. Regine Richard und Susanne Bender waren mir bei den Zeichnungen eine große Hilfe.
Anke Niederau
Vorwort
Einleitung
Der Aufbau des Nagels
Nagelerkrankungen
3.1 Diabetischneuropathische Onychopathie (DNO)
3.2 Unguis incarnatus
3.3 Paronychie/Panaritium (Nagelumlauf)
3.4 Unguis convolutus (Zangennagel, Rollnagel)
3.5 Onychomykose
3.6 Chloronychie
3.7 Yellow-Nail-Syndrom
3.8 Psoriasisnägel
3.9 Koilonychie
3.10 Leukonychie
3.11 Terry-Nagel
3.12 Mees-Streifen
3.13 Muehrcke-Bänder
3.14 Onychauxis
3.15 Onychogryposis
3.16 Pachyonychie
3.17 Onychodystrophie
3.18 Unguis inflexus
3.19 Unguis retroflexus
3.20 Onychorrhexis/Onychoklasie
3.21 Onychoschisis
3.22 Onychoatrophie
3.23 Onychomadese (Nagelverlust)
3.24 Onycholyse
3.25 Onychophosis
3.26 Beau-Reil-Querfurchen
3.27 Subunguales Hämatom
3.28 Onychia
3.29 Subunguales Granulationsgewebe/Ulcera
3.30 Subunguale Exostosen
3.31 Subungualer Clavus
3.32 Subunguale Hyperkeratose
3.33 Trachyonychie
3.34 Pterygium
3.35 Brachyonychie
3.36 Sklerodermie
3.37 Tumoren im Nagelbereich
3.38 Skleronychie
3.39 Dyschromie
3.40 Halb-und-Halb-Nagel
3.41 Papageienschnabelnagel
3.42 Alopecia areata/Alopecia totalis
3.43 Der Kindernagel
Verbände
Orthonyxie
5.1 Geschichte der Orthonyxie
5.2 Tipps für alle Spangen – Kontraindikationen!
5.3 Fraser-Spange mit Omegaschlaufe
5.4 NASPAN-Platinium, selbstregulierende Spange
5.5 Die physikalischen Kräfte aller drei teiligen Spangen
5.6 3TO-Spange
5.7 Ortogrip-Spange
5.8 SSO4U-Spange
5.9 VHO-Osthold-Spange
5.10 ORa-Spange
5.11 Corectio-Titan-Spange
5.12 3TO PLUS+
5.13 COMBIped-Spange
5.14 Nickel-Titanium-Spange NiTi Uno
5.15 Goldstadt professional Voll- und Halbspange
5.16 Goldstadt professional Classic
5.17 Goldstadt professional Klebespange
5.18 BS-Spange Classic
5.19 BS-Spange Classic+
5.20 BS-Spange mit Magnetapplikator
5.21 BS-Quick-Spange
5.22 Onyclip
5.23 podofix-Aktiv-Klebespange
5.24 Erki-Technik
5.25 PODOSTRIPE-Klebespange
5.26 Unguisan Blue Light
5.27 Onyfix-Nagelkorrektursystem
5.28 Übersicht der Werkzeuge zur Herstellung einer Drahtspange
5.29 Übersicht Klebespangen
5.30 Fehler und Folgen nicht fachgerechter Anfertigung von Nagelkorrekturspangen
Nagelprothetik
6.1 Aufgussverfahren
6.2 VIVANIE-Nagelplattenprothetik
6.3 Aufgussverfahren mit Rhodoid
6.4 Plattenprothetik
6.5 Plattenprothesen mit Unguisan
6.6 Impro-System
6.7 Nagelprothetik mit Glasfasergewebe
6.8 Nagelprothetik durch Lichthärtung
6.9 Nagelmasse
6.10 Unguisan-Verfahren
6.11 Mit dem Pinsel auftragbare Kunststoffe
Tamponaden und Taping
7.1 Copoline
7.2 Copoline – mit Wirkstoffen getränkte Gazen und Kompressen
7.3 Tamponieren mit Ligasano
7.4 Smig
7.5 Guttaperchamasse als Platte
7.6 Orthosen-Silikone
7.7 Sulci-Protectoren
7.8 Präparate, mit denen man gut tamponieren kann
7.9 Taping bei Nagelerkrankungen
Instrumente zur Nagelbearbeitung
8.1 Instrumente und ihre Anwendung
8.2 Vorbereitung und Durchführung der Fußbehandlung
8.3 Anwendung der rotierenden Instrumente
Kurzzusammenfassung
Differenzialdiagnosen von Nagelveränderungen
Literatur- und Adressenverzeichnis Internetquellen
Der Aufbau des Nagels |
Der Nagel (lat.: Unguis, griech.: Onyx) ist ein Hautanhangsgebilde und besteht aus 100 bis 150 unregelmäßig übereinander geschichteten Lagen von Hornzellen, die üblicherweise zwischen zwischen 0,05 mm (Nagel eines Babys) und 0,75 mm stark sind.
Die Nagelbildung (Onychisation) ist eine Verhornung tief hinter dem Nagelfalz. Gebildet werden die Hornzellen aus hartem Keratin mit einem hohen Anteil an Schwefeldoppelverbindungen sowie einer regelmäßigen Anordnung der Keratinfilamente (Bestandteile des Keratins). Der wesentliche Anteil der Hornsubstanz besteht aus Eiweißmolekülketten, den Polypeptidketten. Der Nagel wächst kontinuierlich: die Fingernägel ca. 1 mm pro Woche und die Fußnägel ca. 1 mm pro Monat (siehe Tabelle 2.1).
Die Nagelbildung ist eine Verhornung tief hinter dem Nagelfalz ohne Bildung der Zwischenstufe Keratohyalin. Letzteres ist ein Eiweiß, das bei der Verhornung im Stratum granulosum von Epithelien in Form kleiner Körnchen innerhalb der Zellen angesammelt wird. Im Zuge der weiteren Verhornung wird es in Eleidin (halbflüssige, fett- und eiweißreiche azidophile Substanz) und schließlich zu Keratin umwandelt. Das Keratin wird in das Stratum lucidum befördert, weshalb diese Schicht als sehr dünner Strich erscheint. Es dient dem Schutz vor Wasserverlust.
In der Keimschicht (Nagelmatrix) bildet sich die Nagelplatte. Die Hornsubstanz wird zu 1/3 vom Stratum granulosum (Körnerschicht) des Nagelbetts gebildet. Der Rest der Nagelplatte wird durch die Lunula gebildet. Der Nagel besteht aus drei Schichten: die dorsale Schicht (Dorsalnagel), die aus hartem Keratin besteht, die intermediäre Schicht (Intermediärnagel), die aus Keratin mit Zellstrukturen und Zellkernresten besteht und die palmare Schicht (Ventralnagel), die aus weichem Keratin besteht und mit dem Nagelbett durch longitudinale (längs verlaufende) Leisten verbunden ist. Die Nagelplatte schiebt sich aus der Keimschicht auf dem Nagelbett nach distal. Das Nagelbett weist spezielle leistenartige Strukturen auf, durch die Nagelplatte und Nagelbett miteinander verbunden sind.
Die Nagelplatte wölbt sich in zwei Richtungen (Längs- und Querrichtung). Durch diese Form bekommt die Nagelplatte eine erhöhte Stabilität.
Verschiedene Faktoren bewirken eine spezielle Farbgebung der Nagelplatte:
•das Kapillarnetz des Nagelbetts (d. h. die von feinsten Blutgefäßen durchzogene Fläche, auf der der Nagel ruht)
•das Keratin (Hornsubstanz), welches von gelblicher bis grauer Farbe ist
•pigmentbildende Zellen (Melanozyten) im Bereich der Matrix sowie des Nagelbetts
Die Dicke der Nagelplatte nimmt zum distalen Ende hin zu, im Bereich der Keimzone ist sie dünner.
Die Nagelmatrix (Keimzone) produziert fortlaufend Zellen, die sich in ihrer weiteren Entwicklung abflachen und zur Nagelplatte werden. Die halbmond- oder sichelförmig ausgebildete weißlich durchscheinende Basis des Nagelbetts bezeichnet man als Lunula (lat.: kleiner Mond). Die Lunula ist der sichtbare Teil der Nagelmatrix.
Das Nagelbett ist der Bereich von der Lunula bis zum Hyponychium. Es besteht aus in Längsrichtung parallel angeordneten epidermalen Leisten, die mit den Dermalleisten verzahnt sind. Hier findet in den Basalzellen keine Mitose mehr statt. Da diese ihre Zellkerne verlieren, werden sie zu Nagelbetthornzellen umgebildet.
An das Nagelbett schließt sich das Hyponychium an, das bis zur distalen Furche reicht. Pilzinfektionen nehmen meist hier ihren Anfang.
Abb. 2.1 |
Abb. 2.2 |
Abb. 2.1 bis 2.4 Beschriftung 1 Corpus unguis, Nagelplatte 2 Margo liber, freier Nagelrand 3 Lunula, Nagelmond 4 Radix unguis, Nagelwurzel 5 Matrix, Keimschicht 6 seitlicher Margo liber, seitlicher freier Nagelrand 7 Cuticula, Nagelhäutchen 8 Hyponychium – Solum unguis, Nagelbett 9 Sulcus unguis, Nagelfalz 10Intermediärnagel mit Papillenleisten 11Hyponychium – Solum unguis, Nagelbett mit Papillenleisten 12Perionychium – Vallum unguis, Nagelwall 13Sohlenhorn 14Knochen, Zehenendglied |
Abb. 2.3
Abb. 2.4
Abb. 2.5Die drei Hornschichten des Nagels
Abb. 2.6Distale Sicht auf den ventralen Nagel am Übergang zum Sohlenhorn (PodoCam)
Abb. 2.7Nagel distal. Im Bereich der Matrix sind keine Lamellenleisten vorhanden, hier ist der Nagel bis zum Ende der Lunula zweischichtig.
Die Nagelplatte wird durch die seitliche und proximal liegende Hautfalte begrenzt. Der sichelartige proximale Teil des Nagels mit der darunterliegenden Matrix wird vom Perionychium und durch die epitheliale Cuticula (Nagelhäutchen) abgedeckt.
Der Sulcus unguis stellt die Übergangszone der Nagelplatte zum Nagelwall dar.
Das Nagelhäutchen befindet sich am proximalen Perionychium (Nagelwall). Es verschließt so die Nageltasche und liegt auf dem Nagelrücken wie eine feine, dichte Lippe. Eine Verletzung des Nagelhäutchens kann zu schweren Nagelwachstumsstörungen (z. B. infolge einer Infektion mit Bakterien oder Pilzen) führen.
Das Sohlenhorn liegt unter dem distalen freien Nagelende. Hierbei handelt es sich um eine verhornte Struktur, die verhindert, dass sich der Nagel vom Nagelbett ablöst und dadurch Fremdkörper oder Keime unter die Nagelplatte gelangen könnten.
Die Hauptaufgabe des Nagels besteht in seiner Schutzfunktion. Der Nagel schützt das empfindliche Finger-/Zehenendglied und unterstützt die Kuppe von Fingern und Zehen bei der Erfassung feinster Berührungsreize. Mit dem Finger greifen wir und heben kleine Objekte auf. Die Nägel von Daumen und Zeigefinger wirken dabei wie eine feine Pinzette.
Der Mensch kann sich mithilfe des Nagels kratzen.
Das Nagelwachstum erfolgt kontinuierlich. Es beträgt bei Fingernägeln ca. 1 mm/Woche, die Nagelerneuerungszeit beträgt ca. sechs Monate. Fußnägel wachsen langsamer, die Erneuerungszeit beträgt ca. zwölf Monate und sie sind dicker.
Beschleunigtes Wachstum | Vermindertes Wachstum |
Sommer tagsüber Schwangerschaft Bagatellverletzungen Nagelbeißen Nagelschneiden Nägel der rechten Hand (bei Rechtshändern) Nägel der linken Hand (bei Linkshändern) jugendliches Alter Männer Finger Mittelfinger Ringfinger Zeigefinger |
Winter nachts Nägel der linken Hand (bei Rechtshändern) Nägel der rechten Hand (bei Linkshändern) fortgeschrittenes Alter Frauen Zehen Daumen und kleine Finger |
Tab. 2.1 Nagelwachstum
Die Bildung des fötalen Nagels beginnt gegen Ende des dritten Schwangerschaftsmonats. Es bildet sich ein leicht vertieftes, primäres Nagelfeld. Es wird durch einen bogenförmigen Wulst begrenzt. Aus Körnerzellen entwickelt sich langsam der Nagel, er wächst von distal nach proximal. Ende des fünften Monats bildet das Eponychium und das Hyponychium eine Tasche, die Matrix. Nach dem sechsten Monat beginnt das Nagelwachstum von proximal nach distal.
Bei der Nagelbildung kann es durch zahlreiche äußere und innere Einflüsse zu einem verzögerten Wachstum kommen. Je nach Ursache unterscheidet man verschiedene Formen der Nagelbildungsstörungen.
Nagelbildungsstörungen durch
•exogene (äußere) Faktoren (Abb. 2.8)
Die exogenen Nagelwachstumsstörungen sind physikalische Traumata, die durch Verletzungen, chemische Gifte, Medikamente sowie Fuß- und Zehendeformitäten hervorgerufen werden.
•endogene (innere) Faktoren (Abb. 2.9)
Bei dieser Form betrifft die Nagelbildungsstörung in den meisten Fällen nicht nur einzelne, sondern alle Nägel. Hauterkrankungen und viele weitere Grunderkrankungen können diese Form der Nagelbildungsstörung auslösen. Ein Mangel an Mineralstoffen und Vitaminen kann auch die Ursache sein.
•Vererbung
Bei der sogenannten Dystrophia unguium mediana canaliformis ist der Nagel in der Mitte längs gespalten. Auch Sandpapiernägel beruhen auf erblichen Faktoren.
Abb. 2.8Zehendeformitäten (Hallux rigidus, Krallenzehen D2 bis D4, Digitus superductus D2)
Abb. 2.9Psoriatrischer Nagel
Abb. 2.10Patientin: „Die Schuhe waren früher so schön und ich wollte doch meinem Mann bis zu Schulter gehen … Heute weiß ich es besser und würde es nicht mehr machen, denn jetzt kann ich nicht mehr richtig laufen.“
Abb. 2.11Patientin, auch heute noch Trägerin von Pumps mit 5 cm Absatz
Podologen und Fußpfleger dürfen keine Diagnostik durchführen, sollten aber die Hintergründe und Erscheinungsformen der Nagelerkrankungen erkennen, um eine frühzeitige Abklärung und eine darauffolgende Therapie durch den Arzt zu veranlassen.
Um eine wichtige Ursache für Nageldeformitäten zu beseitigen, sollte eine genaue Beratung für den Kauf der Schuhe und Strümpfe erfolgen. Dabei habe ich in meiner Praxis gute Erfolge erzielt, sodass die Patienten in Zukunft Strümpfe passend kauften und beim Schuhkauf nicht nur die richtige Länge berücksichtigten, sondern auch die Breite des Schuhs und Höhe des Obermaterials. Worauf zu achten ist, verdeutliche ich immer unter Zuhilfenahme der Innenschuhmessung mit dem Messgerät 12plus (Abb. 2.14 bis 2.18) und einer Schieblehre. Mit dem 12plus werden nicht nur Kinderfüße, sondern auch Erwachsenenfüße und die Innenlänge gemessen (in Millimetern, von Größe 18 bis Größe 45). Man misst die Länge der Füße. Das Messgerät fügt automatisch 12 mm Fußlänge als Spielraum für den Bewegungsablauf hinzu, damit die passenden Schuhe zu den Füßen ausgesucht werden können.
Abb. 2.12Zehenmessung
Mit der Schieblehre messe ich die Höhe der Zehen sowie die Breite des Fußes und vergleiche sie dann mit dem Schuh. Hier stellt sich oftmals eine mangelnde Passgenauigkeit des Obermaterials in Höhe und Breite heraus.
Warum ist eine solche Prüfung für Erwachsene genauso wichtig wie für Kinder? Da sich die mediale und laterale Längswölbung des Fußes unter statischer Belastung und Bewegung um ca. 4 mm absenkt, wird der Fuß bis zu 17 mm länger und ca. 12 mm breiter. Wenn wir dies nicht beachten, kommt es zu Fuß-, Zehen- und Nagelveränderungen. Zusätzlich verändern sich die Statik und das Abrollmuster der Patienten. Es kommt zu Gang- und Standunsicherheit und zu einem erhöhten Sturzrisiko.
Abb. 2.13Schuhhöhenmessung abzüglich Stärke von Obermaterial und eventuellen Einlagen
Abb. 2.14Innenschuhmessung
Abb. 2.15Innenschuhmessung
Abb. 2.16Das Messgerät aus dem Schuh entfernen, ohne die Messskala zu verschieben
Abb. 2.17Richtiges Innenmaß des Schuhs
Bei der Schuhberatung sollten wir daran denken, dass unsere älteren Patienten die meiste Zeit zu Hause in Hausschuhen laufen. Diese sind meist noch ausgetretener als ihre normalen Schuhe. Daher empfehle ich, dass die Patienten auch ihre Hausschuhe zur Schuhberatung mitbringen, damit die Beratung vollständig ist.
Auch die Kontrolle der Strümpfe ist ein sehr wichtiges Thema. Denn häufig wird daran nicht gedacht, schließlich dehnen sich die Strümpfe ja. Aber was bedeutet das? Wenn der Strumpf eigentlich zu kurz ist, aber gedehnt wird, will er immer in die Ausgangsstellung zurück (siehe Abb. 2.22 bis Abb. 2.27).
Abb. 2.18Kontrolle, nachdem das Messinstrument den Schuh am Patienten ausgemessen hat
Abb. 2.19Zu kleiner Schuh
Abb. 2.20Gestauchter Nagel durch zu kleine Schuhe
Abb. 2.21Plantaransicht eines zu kleinen Schuhs
Abb. 2.22Strumpf neben Fuß legen
Abb. 2.23Strumpfmessung an der Hand. Dafür eine lockere Faust machen
Abb. 2.24Strumpfmessung, einen Fingerbreit über den Knöcheln der Mittelhand
Abb. 2.25Beispiel für zu kleine Strümpfe
Abb. 2.26Zehenfehlstellung und Nagelverformung durch zu kleine Strümpfe
Abb. 2.27Zehenfehlstellung durch zu kleine Strümpfe
Abb. 2.28Fuß barfuß und in Alltagssocke © kinderfuesse.com
Abb. 2.29Pes transversus mit Hallux valgus und Digitus flexus
Abb. 2.30 Passender, richtig angelegter Strumpf
Abb. 2.31 Richtig angelegter Strumpf
Bei den Strümpfen halte ich den Strumpf ohne zu ziehen medial (innen) am Fuß. Wenn der Strumpf nicht passt, erkläre ich, worauf beim Einkauf neuer Strümpfe geachtet werden sollte.
Wenn man die Hand zu einer lockeren Faust macht und den Strumpf von der Ferse bis zur Zehenspitze, ohne zu ziehen, locker um die Fingergrundgelenke legt, sollte der Strumpf fingerbreit übereinander liegen, dann passt er auch (Abb. 2.22 bis 2.25).
Ähnliches gilt für die Kontrolle von Kompressionsstrümpfen (Abb. 2.32 bis 2.35).
Abb. 2.32Kompressionsstrumpfkontrolle
Abb. 2.33Kompressionsstrumpf mit Softspitze
Abb. 2.34Richtig ausgemessener Kompressionsstrumpf
Abb. 2.35Nicht passende Kompressionsstrumpfhose
Kompressionsstrümpfe und Strumpfhosen müssen richtig ausgemessen werden. Hier ein paar Tipps, worauf die Patienten beim Ausmessen in Fachgeschäften achten sollten:
Die möglichen Messpunkte für Kompressionsstrümpfe sind genormt, genauso wie ihre Bezeichnung:
•cB = Fesselumfang: Gemessen wird an der dünnsten Stelle oberhalb des Knöchels.
•cC = Wadenumfang: Gemessen wird an der dicksten Stelle der Wade.
•cD = Unterknieumfang: Gemessen wird ca. zwei Fingerbreit unterhalb der Kniekehle.
•cG = Oberschenkelumfang: Gemessen wird ca. 5 cm unterhalb des Schritts. Diese Messung ist nur für Schenkelstrümpfe und Strumpfhosen erforderlich.
Die Länge wird stets an der Beininnenseite gemessen, wobei die Messung immer im Stehen unter Belastung vorgenommen werden muss. Denn unter Belastung wird der Fuß mindestens um 1 bis 3 cm länger, da sich die Längswölbung des Fußes unter Belastung senkt.
•lD = Länge von Kniestrümpfen: Gemessen wird vom Boden bis zwei Fingerbreit unterhalb der Kniekehle.
•lG = Länge von Schenkelstrümpfen und Strumpfhosen: Gemessen wird vom Boden bis 5 cm unterhalb des Schritts.
Abb. 2.36Zu kleiner Kinderstrumpf. Wenn die Strümpfe bei Kindern einfach angezogen werden, ohne auf eine gute Passform zu achten, kommt es schon im Kleinkindalter zu Zehen- und Nageldeformitäten.
Abb. 2.37Gebogene Zehen durch zu kleine Strümpfe
Hier (Abb. 2.38) wurde über eine dünne Nagelplatte geschliffen, nur weil durch zu kleines Schuhwerk Querrillen entstanden sind. Das sollten wir unterlassen, da wir sonst für Statikveränderungen des Nagels sowie die Öffnung des Nagels für Mikroorganismen und hier in erster Linie für Mykosen verantwortlich sind. Wenn der Patient passende Strümpfe und Schuhe trägt, wachsen die Querrillen von selbst heraus.
Häufig bitten die Patienten aus ästhetischen Gründen darum, die Nagelhaut zu entfernen. Da die Nagelhaut (Cuticula) aber eine Schutzfunktion hat (Verhinderung von Infektionen der Matrix durch Bakterien, Pilze und Viren), darf sie nicht entfernt werden.
Sollte die Nagelhaut den Nagel langsam überwachsen, erweichen wir die Nagelhaut z. B. mit ProntoMan, schieben sie vorsichtig mit einer Sonde, einem Doppelinstrument oder einem Excavator zurück und entfernen dann die überstehende Nagelhaut mit der Hautzange oder der Hautschere. Wichtig ist dabei, dass anschließend noch ein Abschlusshäutchen vorhanden ist.
Abb. 2.38Schäden durch das Beschleifen einer dünnen Nagelplatte
Abb. 2.39Nagelschädigung durch Entfernung der Nagelhaut mittels eines Fräsers
Es ist keine sinnvolle Therapie, den tief im Nagelfalz liegenden medialen sowie lateralen Nagelrand nur wegzuschneiden oder abzufräsen. Es kommt zu einer Verschmälerung des Nagelbettes, was zu einem Teufelskreis führt: Denn der vorwachsende Nagel drückt gegen das verengte Nagelbett und verformt sich weiter, die Beschwerden nehmen zu. Hier muss eine Nagelkorrekturspange gesetzt werden.
Abb. 2.40Onychorrhexis mit zerstörter Cuticula
Abb. 2.41Falscher Nagelschnitt
(griech.: s-chísis = Spaltung)
Lamellenartiges Abblättern der dorsalen Nagelschicht, die grundsätzlich vom freien Nagelrand ausgeht (Abb. 3.228 bis 3.233).
Abb. 3.228
Abb. 3.229
Abb. 3.230
Abb. 3.231Onychoschisis
Abb. 3.232Onychoschisis nach Traumata
Abb. 3.233Onychoschisis mit einer klaren Prothetik, um eine Überwulstung zu verhindern
Schädigung durch chemische Einflüsse (z. B. Laugen, Spülmittel), auch Mineralstoffmangel und Stoffwechselstörung
Chemische Einflüsse: fettlösende und erweichende Wirkung lassen die Hornschicht leichter Wasser aufnehmen. Sie quillt damit auf.
Wechsel zwischen Wasseraufnahme und -abgabe in den oberen Hornzelllagen des Nagels führt zur Beeinträchtigung der interlamellaren Bindungen. Es kommt zur Ablösung der einzelnen Nagelschichten.
Psoriasis
•Unguis incarnatus
•Überwulstung des Nagelwalls
•Callositas des Nagelwalls
•Clavusbildung
•Onychomadese
Den distalen Nagel mit feinem Diamantschleifer oder Korundstein glätten und mit Nagelprothetik ausgleichen, aber nur, wenn keine Onychomykose vorhanden ist. Dies kann nur durch eine Kultur diagnostiziert werden. Eine Mykoseprophylaxe ist vor Auftragen einer Nagelprothetik notwendig.
Beseitigung des Mineralstoffmangels durch den Arzt. Regelmäßiges Auftragen von Nagelöl oder Olivenöl zur besseren Regeneration des Nagels.
•Stoffwechselerkrankungen: Abklärung durch Arzt
•gesunde Ernährung
•Vermeidung von fettlösenden und erweichenden, alkalischen Mitteln
•Schuh-/Strumpfberatung
•Handschuhe tragen beim Umgang mit Laugen
•Förderung des Nagelwachstums durch Gaben von organischem Silizium (besonders hoher Gehalt in Ackerschachtelhalm und Bambus), Vitamin B6, Zink, Mangan (Wachstum der Knochen und Bindegewebe), Kalzium (Stärkung von Haaren und Nägeln, Knochen und Bindegewebe)
Dünne, im Längen- und Dickenwachstum verzögerte Nagelplatte (Abb. 3.234 bis 3.238).
Abb. 3.234
Abb. 3.235
Abb. 3.236Onychoatrophie mit Onychorrhexis
Abb. 3.237Onychoatrophie
Abb. 3.238Onychoatrophie
Zur Ursache gibt es keine genauen Aussagen.
Die Nagelplatte ist papierdünn und sehr brüchig. Sie tritt vor allem bei älteren Patienten und Patienten mit Herzinsuffizienz sowie arterieller Durchblutungsstörung auf.
Onychomadese, Onychomykose
Vorsichtig alle losen Nagelteile mit einer Eckenzange oder einem feinen Diamantschleifer entfernen, um ein Hängenbleiben an den Strümpfen zu verhindern. Dies überprüft man am besten, indem man mit dem Finger von distal nach proximal über die Zehenkuppe und den Nagel streicht. Ist keine Kante mehr zu spüren, haben auch Strumpf und Schuh keine Gelegenheit mehr, eine Onycholyse oder andere Verletzungen zu verursachen.
Sollte kein Mykosebefall vorliegen, kann man den Nagel mittels Nagelprothetik (z. B. Nagelmasse, BS-Nagel oder Lichthärtetechnik) verstärken.
Ablösung des Nagels (Abb. 3.239 bis 3.250).
Abb. 3.239Freiliegendes Nagelbett
Abb. 3.240Abgelöster Nagel beim Diabetiker
Abb. 3.241Onychomadese nach mehrfacher chirurgischer Nagelentfernung
Abb. 3.242
Abb. 3.243
Abb. 3.244Onychomadese nach mehrfachen Operationen
Abb. 3.245Onychomadese nach Arbeitsunfall
Abb. 3.246Der abgetrennte Nagel mit Teilen vom Nagelbett
Abb. 3.247Beginnende Heilung, zusätzlich mit Spirularin-Nagelserum versorgt
Abb. 3.248Der nachwachsende Nagel mit Spangenbesorgung
Abb. 3.249Nachgewachsener Nagel
Abb. 3.250VIVANIE-Nagelplattenprothetikversorgung bei Onychomadese nach mehrfacher Nageloperation
Die Onychomadese wird gelegentlich als Alopecia unguium bezeichnet.
•Entzündung des Nagelepithels, Traumata, arterielle Veränderungen, fieberhafte Infekte, Scharlach, Sepsis, Grippe, Pneumonie, blasenbildende Erkrankungen, Chemotherapie, Alopecia areata, Psoriasis. Arzneimittelinduzierte, toxisch-epidermale Lyse, bullöse Dermatose, Arzneiexantheme, intensive Röntgenbestrahlung, akute Paronychie oder schwere psychische Belastungen, aber auch idiopathisch.
•(Dominante) Erbkrankheit (z. B. mit einer fehlerhaften Schmelzbildung der Zähne assoziiert).
•Proximal nach distal fortschreitende Ablösung des Nagels. Der Nagel hat keine Verbindung zur Nagelmatrix. Bei der erblichen Krankheit kommt es zu einem Nagelverlust. Der Nagel wird wieder ersetzt, was zur Verkümmerung des Ersatznagels führt. Es können mehrere Nägel gleichzeitig betroffen sein.
•Totaler Nagelverlust mit Vernarbung des Nagelbetts, kann auf einer permanenten Matrixschädigung (z. B. nach Trauma, im Spätstadium bei Lichen ruber planus unguium, bei Epidermolysen, bullösen Dermatosen oder bei schwerer pAVK) beruhen.
Onychomykose, subunguale Hämatome
Bei jeder Wunde muss immer eine Wunddokumentation angelegt werden. Das Nagelbett sollte immer steril verbunden werden, z. B. mit Ligasano weiß. Zusätzlich ist der Arzt zu informieren. Nach dem Abheilen der Infektion sowie zum Schutz des Nagelbettes und des nachwachsenden Nagels sollte ein Kunstnagel hergestellt werden. Der Ersatznagel kann jedoch nicht auf der Haut, sondern nur auf einem neu gewachsenen oder noch vorhandenen Nagel halten (siehe Kapitel 6).
•Vermeidung von Traumata durch falsches Schuhwerk, Strümpfe
•Stärkung des Immunsystems
Die Nagelplatte löst sich vom Nagelbett (Abb. 3.251 bis 3.255).
Abb. 3.251
Abb. 3.252Onycholyse durch zu flaches Obermaterial am zu kleinen Schuh
Abb. 3.253Onycholyse durch zu kleinen Schuh und massives Reinigen mit einer Sonde
Abb. 3.254Onycholyse mit Onychorrhexis
Abb. 3.255Onycholyse durch zu kleine Schuhe
Tritt meist mit anderen Nagelerkrankungen auf, aber auch bei systemischen, die inneren Organe betreffenden Erkrankungen.
Onycholyse tritt z. B. auf bei Onychia, Onychomykose, Onychogryposis und Psoriasis, Verletzungen des Nagelbetts (z. B. durch Stress und Druck). Die Lyse kann mit Blutungen und serösen Absonderungen begleitet sein. Siehe: Onychomadese.
•arterielle Durchblutungsstörungen
•Schilddrüsenerkrankungen
•allgemeine Stoffwechselerkrankungen
•Hauterkrankung (weniger häufig), z. B. Kontaktdermatitis
•medizinisch bedingter Hautausschlag
•partiell abgelöste Nagelplatte
•teilweise unterschiedliche Traumata
•lokal chemische Faktoren, alkalische Lösungsmittel, Kosmetika
•Statikprobleme, z. B. Fußdeformitäten wie der Spreizfuß. Daraus resultierende Zehendeformitäten wie Hammer- und Krallenzehen sowie Digitus subductus (Reiterzeh liegt unter der nächsten Zehe), Digitus superductus (Reiterzeh liegt über dem nächsten Zeh), Hallux valgus, daraus resultierender Druck auf die Nägel
Die abgelösten Nagelanteile erscheinen weißlich verfärbt. Unterhalb der abgehobenen Nagelplatte sind häufig übermäßige Verhornungen erkennbar.
Eine Sonderform ist die Onycholysis semilunaris. Hierbei löst sich der Nagel halbmondförmig am distalen Ende. Dies zeigt sich insbesondere nach lang anhaltender Einwirkung von Wasser oder Seifenlösung.
Tritt meistens mit anderen Nagelerkrankungen auf, z. B. Mykose, Onychogryposis, Psoriasis.
Mykose, Nagelwachstumsstörung oder ein verdickter Nagel können entstehen. Nach Entfernen des gelösten Nagels bildet sich das Nagelbett zurück.
•Man muss alles tun, um den Kontakt zwischen Nagel und Nagelbett zu fördern. Durch Behebung der Ursachen (z. B. Drucktrauma) heilt die Onycholyse manchmal von selbst aus.
•Um die Ursache (Onychomykose, subungualer Clavus, subunguales Granulationsgewebe) der Lyse zu beseitigen, kann es notwendig sein, den abgelösten Nagelanteil vollständig abzutragen. Dafür eignen sich am besten Nagelschere oder Nagelzange und für die Feinarbeit der Diamantfräser. Falls ärztlicherseits keine Bedenken bestehen, kann eine entsprechende Nagelprothetik angepasst werden.
•bei Fußdeformitäten Druckentlastung
•Die Onycholyse mithilfe einer Einmalspritze und einer Knopfkanüle mit einem Antimykotikum oder einer Desinfektionslösung vorsichtig ausspülen. Nicht mit dem Excavator oder einer anderen Sonde weit unter den Nagel gehen, da sich sonst die Lyse vergrößern kann.
•durchblutungsfördernde Maßnahmen, z. B. Gymnastik, Bäder, Cremes
•keine engen Schuhe und Strümpfe tragen
•Mykoseprophylaxe
•Säureschutzmantel verbessern
•Durchblutung anregen
•Druckentlastung bei Deformitäten
•Orthosen
•Zwischenzehenkeil
•keine Spange
•fachgerechte Fußbehandlung
•Gymnastik
(griech.: -phos = hell, Licht + -osis = Zustand)
Allgemein glasige Verhornung des Nagelfalzes (Abb. 3.256 bis 3.258).
Abb. 3.256
Abb. 3.257
Abb. 3.258
Durch zu enges Schuhwerk Überlagerung von anderen Zehen. Ursache hat nur sekundär mit dem Nagel zu tun. Alle Bereiche des Nagelfalzes können betroffen sein. Die Verhornungsstruktur der Epidermis ist deutlich von Clavi und Callositas zu unterscheiden. Sie ist verhärtet und erinnert an narbiges Gewebe.
Clavi im Sulcus
•Entfernung der Hornhaut, ggf. mit harnstoffhaltigen oder salicylsäurehaltigen Präparaten
•Druckentlastung
•Die Behandlung ist sehr langwierig. Es ist wichtig, die Ursachen zu beseitigen.
Ursachen beseitigen.
Transversal verlaufende Querfurchen (Abb. 3.259 bis 3.262)
Abb. 3.259
Abb. 3.260
Abb. 3.261
Abb. 3.262
Die Ursachen können vielfältig sein:
Traumatische Ursachen:
•Maniküre
•Onychotillomanie
•schwere körperliche Arbeit
•Operationen
•zu kleine Schuhe und Strümpfe
Dermatologische Ursachen:
•Kontaktdermatitis
•Erythrodermie
•Entzündung der Nagelhaut
Systemische Ursachen:
•plötzliche schwere Erkrankung
•antiblastische Chemotherapie
•Dysmenorrhoe
•Hyperpyrexie
•periphere Ischämie
•psychische Belastung
•Zinkmangel
•Mees-Linien
•Halb-und-Halb-Nägel
•Onychomykose
•Lyse
•Onychomykose aufgrund der teilweisen Aufsplitterung des Nagels
•Ursachen beseitigen
•Die Querfurchen nicht wegschleifen, da sonst die Statik des Nagels aufgehoben wird, denn die oberste Schicht des Nagels ist die härteste. Wird diese entfernt, bricht die Statik zusammen und es kann zu Unguis convolutus sowie zum Eindringen von Mikroorganismen (z. B. Mykosen) kommen
•Kanten beschleifen und glätten, damit der Patient nicht an Strümpfen oder der Decke hängenbleibt
•Eventuell Nagelprothetik anfertigen
•Schuh- und Strumpfberatung
Auch Nagelhämatom genannt. Bluterguss unter einem Finger- oder Zehennagel (Abb. 3.263 bis 3.272).
Abb. 3.263
Abb. 3.264Subunguales Hämatom
Abb. 3.265
Abb. 3.266
Abb. 3.267Subunguales Hämatom bei Pachyonychie
Abb. 3.268Tumor oder Hämatom – es ist nicht zu unterscheiden
Abb. 3.269Älteres subunguales Hämatom nach Marathonlauf
Abb. 3.270Ablösung des Nagels
Abb. 3.271Neuer Nagel schon vorgewachsen
Abb. 3.272Neuer Nagel mit Nagelprothetik verstärkt
Es entsteht in der Regel durch einen traumatischen Druck (z. B. Quetschung des Fingers in der Autotür, Anstoßen eines Zehs am Türrahmen, Wandern mit falschem Schuhwerk).
Schädigung der Matrix und des Nagelbetts. Dadurch entsteht eine Onychodystrophie und dauerhafte Onycholyse. Hierdurch kann es dann zu einem Mykosebefall kommen.
Tumor unter dem Nagel
Es handelt sich um eine ungefährliche, meist stark schmerzhafte Verletzung, deren Heilungsverlauf durch Nageltrepanation beschleunigt werden kann, die aber von einem Arzt durchgeführt werden muss.