Prof. Stefan Heijnk lehrt Print- und Onlinejournalismus an der Hochschule Hannover und gehört zu den Pionieren des Onlinejournalismus in Deutschland. 1997 baute er an der Akademie für Publizistik in Hamburg das erste deutsche Aus- und Weiterbildungsprogramm für Online-Journalist*innen auf. Heijnk ist ausgebildeter Redakteur, war als Vorstand, Chefredakteur, Redaktionsleiter und Projektmanager in Führungspositionen namhafter Digitalredaktionen tätig und schrieb als freier Journalist für viele renommierte Medienhäuser, u. a. für Spiegel.de und Stern.de. In der Journalistik forscht und publiziert er unter anderem zur Evolution journalistischer Darstellungsformen.
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Das Handbuch für Online-Journalismus,
Digital Storytelling und Content Marketing
3., überarbeitete und erweiterte Auflage
Stefan Heijnk
heijnk@t-online.de
Die Website zum Buch:
www.texten-fuers-web.de
Lektorat: René Schönfeldt
Copy-Editing: Heike Heijnk
Satz: Ulrich Borstelmann, www.borstelmann.de
Herstellung: Stefanie Weidner, Frank Heidt
Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN:
Print 978-3-86490-528-5
PDF 978-3-96910-009-7
ePub 978-3-96910-010-3
mobi 978-3-96910-011-0
3., überarbeitete und erweiterte Auflage 2021
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69123 Heidelberg
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Der Umwelt zuliebe verzichten wir auf die Einschweißfolie.
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Vorwort
1Planen fürs Web
Das Nutzer-Hirn am Haken
Dreh- und Angelpunkt: Content mit Haftkraft
Wann ist Content attraktiv?
Googles Qualitäts-Checkliste
Das Muss-Tool für die Qualitätssicherung
Der Geduldsfaden: So ticken die Nutzer
Die Ladephase am Desktop
Die Scan-Phase am Desktop
Vertiefende Rezeption am Desktop
Lesen auf dem Smartphone – was läuft da anders?
Die Ladephase auf Mobile Sites
Die Scan-Phase auf Mobile Sites
Die Rezeptionsphase auf Mobile Sites
Exkurs: Responsive Design
Was folgt daraus fürs Website-Layout?
Positionserwartungen für Desktop-Sites
Positionserwartungen für Mobile Sites
Mehr Haftkraft auf Desktop-Startseiten
Maßnahme 1: Glasklare Übersicht
Maßnahme 2: Der Platz an der Sonne
Maßnahme 3: Flugplan für scannende Blicke
Mehr Haftkraft auf mobilen Startseiten
Maßnahme 1: Glasklare Übersicht – aber anders
Maßnahme 2: Vorsicht vor Hamburgern
Maßnahme 3: Das Wichtigste ins erste Viertel
Maßnahme 4: Testen und messen
Exkurs: Die Gestaltgesetze – und was sie für die Navigation bedeuten
2SEO ist kein Hexenwerk
SEO-Wissen, das bleibt
Der erste Schritt: Die Keywords
Der zweite Schritt: Attraktive Themen erkennen
Der Kniff mit dem KAFE
Den Aufhänger kontrollieren
Die Onpage-SEO-Stellschrauben
Kurzcheckliste Title-Tag
Kurzcheckliste Überschrift
Kurzcheckliste Bilder
Kurzcheckliste Linktexte
Kurzcheckliste Meta-Tag »Description«
Kurzcheckliste Canonical Tag
SEO-Strategie
Die Pflicht: Das SEO-Audit
Die Kür: WDF*IDF-Analyse
SEO-Strategie I: Auf in die Nische
SEO-Strategie II: Die Textlänge
SEO-Strategie III: Evergreen Content
3Schreiben fürs Web
Die Grundlagen
Den roten Faden finden
Der Küchenzuruf
Die richtigen Wörter
Die richtigen Sätze
Die 4K-Formel für bessere Texte
Exkurs: Wie Wörter wirken
Der perfekte Teaser
Die optimale Überschrift
Checkliste für die Überschrift
Das optimale Foto
Der optimale Teaser: So kurz wie ein Minirock
Und wie steht’s mit der Redundanz?
Knackpunkte: Die Extra-Portion Teaser-Handwerk
Originell formulieren
An den Nutzen für die Nutzer denken
Teaser-Varianten
Und wohin mit dem Hyperlink?
Vom Teaser zur Artikelseite
Tipps für mehr Teaser in kürzerer Zeit
Exkurs: Clickbait ist Clickbäbä, oder?
Die perfekte Artikelseite
Das Scannen unterstützen
Die Zwischenüberschrift
Und wohin mit den Hyperlinks?
Linksetzmuster entlasten die Nutzer
Mobile und Desktop: Das optimale Seitenlayout
Mit Bildern binden
Standard: Das Breitbildformat als Aufmacher
Mit Advance Organizern binden
Redigier-Tools für den Feinschliff
Schreiben für die Unternehmens-Website
So treffen Sie beim Kunden ins Schwarze
Ein wenig Sprach-Knigge
Verkaufsfreundliche Produktseiten texten
Das optimale Layout für die Produktseite
Klickkontext: Länger binden für mehr Konversion
Die Pressemitteilung im Web
Schreiben für den Newsletter
Die Betreffzeile
Das Editorial schreiben. Oder: Mach doch mal den Wetterfrosch?!
Das Inhaltsverzeichnis
Die Texte: Teaser oder mehr?
Von Wellen und Tälern: Content-Dramaturgie im Newsletter
Die Landing Pages
Schreiben fürs Blog
Das Kochrezept fürs Bloggen
Schreiben für Social Media
Schreiben für Alexa, Siri und Co.
Print-Material fürs Web adaptieren
Wie adaptiert man einen Print-Text fürs Web?
Wie viele Textportionen dürfen es sein?
Linear oder nonlinear portionieren?
4Digital Storytelling
Erzählen auf neue Weise
Was geht? Die Matrix der multimedialen Möglichkeiten
Schrift: Schlank, schnell und prägnant
Schrift und Echtzeitaktualität
Schrift und Interaktivität
Schrift und Hypermedialität
Schrift und Dreidimensionalität
Schrift und Multidirektionalität
Schrift und Geocodierung
Foto: Das Blick-Bindemittel
Foto und Echtzeitaktualität
Foto und entgrenzter Raum
Foto und Interaktivität
Foto und Hypermedialität
Foto und Dreidimensionalität
Handwerk: Zwanzig Profi-Tipps für bessere Fotos
Bildaufbau
Bauwerke
Landschaften
Menschen
Audio: Authentisch und emotional
Audio und Echtzeitaktualität
Audio und Interaktivität
Audio und entgrenzter Raum
Audio und Hypermedialität
Audio und Multidirektionalität
Handwerk: So gelingen erstklassige Audio-Aufnahmen
Video: Nah sehen statt Fernsehen
Video und Echtzeitaktualität
Video und Interaktivität
Video und Hypermedialität
Video und entgrenzter Raum
Video und Dreidimensionalität
Video und Multidirektionalität
Handwerk: Der Fünf-Punkte-Plan für das perfekte Video
1. Vor-Recherche
2. Drehplan
3. Ablaufplan (Treatment)
4. Drehen
5. Schnitt
Animation: Wenn der Blick verwehrt ist
Animation und Echtzeitaktualität
Animation und Interaktivität
Animation und Hypermedialität
Animation und entgrenzter Raum
Animation und Dreidimensionalität
Und was heißt das ganz praktisch?
Neue Digitalformen: HMP, Themenpaket & Co.
Das Hypermedia-Patchwork: Artikel mit Multimedia garniert
Die interaktive Grafik: Visualisierte Daten als Erzählform
Selbst gemacht: Daten visualisieren in sechs Schritten
Die Slideshow: Nicht nur Klickmaschine
Das Themenpaket: Mehr als nur ein Haufen Artikel
Die Multiperspektiven-Story: Das Ganze in seinen Teilen
Exkurs: Gamification und Interactive Storytelling
Das Web-Special: Multimediales Meisterstück
Selbst gemacht: So organisieren Sie ein Web-Special
Die Longform-Story: Linear erzählen im nonlinearen Medium
Selbst gemacht: Spannungsbögen für die Langform
Digital Storytelling: Eine fast perfekte Bauanleitung
Dekonstruiert: Die Snowfall-Story der New York Times
5Content Marketing
Strategie: Ziele und Zielgruppen
Ausgangspunkt: Die Customer Journey
Welcher Content für welchen Kontaktpunkt?
Storytelling I: Wenn Helden reisen
Storytelling II: Alternativen zur Heldenreise
Touchpoint-Management
Komplexität reduzieren
Kontaktpunkte mit Wow-Effekt
Dekonstruiert: Die Desktop-Longformseite fürs Branding
Dekonstruiert: Die Mobilseite für den Verkauf
Dekonstruiert: Der Content Hub für Branding und Verkauf
Das Publizieren nach dem Publizieren
Touchpoints sauber orchestrieren
Controlling: Hat’s funktioniert?
Epilog
Index
Medienwebsites
Firmenwebsites
Literaturverzeichnis
Die erste Auflage dieses Buches erschien Anfang der Nullerjahre, im Jahr 2002. Praktische Anleitungen zum journalistischen Texten fürs Web gab es damals kaum, schon gar nicht in Buchform. Es war ein Pionierprojekt. In Fachmagazinen hatte ich da bereits seit einigen Jahren über den aufkommenden Online-Journalismus publiziert, in der Online-Redaktion des STERN das neue Handwerk auch selbst praktisch erprobt. Die Idee für das Buch kam mir schließlich in den Sinn, als ich Ende der Neunziger an der Akademie für Publizistik in Hamburg das erste Aus- und Weiterbildungsprogramm zum Online-Journalismus im deutschsprachigen Raum aufbauen durfte. Ein Handbuch wurde einfach dringend benötigt. Und der Verlag hatte den Mut, es komplett farbig zu drucken. Fast zwanzig Jahre liegt das jetzt zurück.
Heute ist das digitaljournalistische Handwerk komplexer denn je. Für die Neuauflage dieses Buches habe ich mir deshalb vor allem die Frage gestellt: Aus welchen Bausteinen fügt sich die digitaljournalistische Kompetenz in absehbarer Zukunft zusammen? Was genau müssen Journalistinnen und Journalisten können, wenn sie professionell für Online-Redaktionen tätig sein wollen? Welche Kompetenz-Bausteine sind unabdingbar? Was wird bleiben?
Systematisch beantworten lassen sich diese Fragen aus meiner Sicht dann, wenn man sich vor Augen führt, worum es im Digitaljournalismus letztlich geht: Alles Publizieren zielt im Web auf Verweilzeit und Engagement – und der Ort, an dem sich entscheidet, ob diese Ziele erreicht werden, ist die Webseite. Dort steht dann entweder eine Shortform oder eine Longform, also ein kurzer oder ein langer Text, der inhaltlich und förmlich idealerweise so attraktiv ist, dass Menschen gebannt auf ihre Displays schauen. Damit das gelingen kann, braucht es mindestens fünf Teilkompetenzen, zu denen sich in Zukunft wahrscheinlich noch weitere Teilkompetenzen hinzugesellen werden. Ich nenne diesen Kompetenzkreis den Digital Journalism Competence Cycle (siehe Grafik):
Digital Journalism Competence Cycle
Digitaljournalisten benötigen Kenntnisse mindestens in den Feldern Usability, SEO, Distribution sowie im narrativen Einsatz hypermedialer Content-Komponenten.
Diese dritte Auflage greift alle diese Teilkompetenzen auf, in den fünf Kapiteln: Planen, SEO ist kein Hexenwerk, Schreiben fürs Web, Digital Storytelling und Content Marketing. Die Reihenfolge der Kapitel ist dabei natürlich nicht zufällig gewählt: Planen steht am Anfang, weil jede Content-Produktion letztlich nur dann zielgerichtet angegangen werden kann, wenn klar ist, wie die Nutzerinnen und Nutzer »da draußen« im Normalfall mit Web-Inhalten interagieren. Was machen die Leute, wenn sie auf Desktop-Monitoren oder Smartphone-Displays auf die angebotenen Webseiten schauen? Was genau passiert da? Welche Stimuli sind attraktiv? Wo sollten sie auf den Seiten platziert werden? Das Kapitel gibt wissenschaftlich fundierte Antworten.
Kapitel 2 trägt den Titel SEO ist kein Hexenwerk – und genau so ist das auch gemeint. Wer zum Stichwort »SEO« (für »Search Engine Optimization«) oder zu »Suchmaschinenoptimierung« googelt, wird von der schieren Zahl der Suchergebnisse förmlich erschlagen. Schlimmer noch: Oft stellt sich das Gefühl ein, dass sich SEO-Analysten zu widersprechen scheinen. Gerade für Einsteiger wird’s da schnell unübersichtlich. Das Kapitel möchte deshalb vor allem eines erreichen: die Auffassung zertrümmern, SEO sei wahnsinnig kompliziert. Im Detail mag das sicherlich stimmen. Im Grundsatz ist das alles aber überhaupt nicht so schwierig. Wichtig ist, sich vor Augen zu führen, dass SEO permanent im Fluss ist. Was gestern noch galt, kann heute schon veraltet sein. Wer sich in Suchmaschinenoptimierung fit machen will, braucht aus meiner Sicht deshalb vor allem das passende Mindset, also einen gedanklichen Rahmen, damit das, was sich ändert, schneller eingeordnet und bewertet werden kann. Dieses Kapitel liefert genau diesen Rahmen. Es liefert ein SEO-Wissen, das auf Sicht bleiben wird. Und es zeigt, an welchen Stellschrauben gedreht werden kann, welche Tools es gibt und wie Sie sich in Sachen SEO auf dem aktuellen Stand halten.
In Kapitel 3 geht es dann ums Schreiben fürs Web, vor allem für die kleinen Formen – von der Überschrift über den Teaser bis zu den Kleintexten für Social Media. Es ist das ausführlichste Kapitel, weil Schrifttext nach wie vor der dominante Darstellungsmodus im Web ist und es auch in näherer Zukunft bleiben wird. In meinen Lehrveranstaltungen und Workshops weise ich immer wieder gern darauf hin, dass dieses Buch ganz bewusst unterscheidet zwischen den Begriffen »schreiben« und »texten«: Schreiben bedeutet, allein Schriftzeichen einzusetzen. Texten hingegen bedeutet, in der Content-Produktion mit allen Darstellungsmodi zu arbeiten, Schrift, Fotos, Audios, Videos, Grafiken und Animationen also sinnvoll miteinander zu verknüpfen und zielgerichtet narrativ aufeinander abzustimmen. Kapitel 3 liefert also nicht mehr und nicht weniger als einen Kompetenz-Baustein für das umfänglicher verstandene Texten fürs Web.
Kapitel 4 ist dem Digital Storytelling gewidmet: Hier wird skizziert und anhand zahlreicher Beispiele illustriert, welche narrativen Möglichkeiten das WWW als Erzählraum anbietet und was man aus diesen Möglichkeiten alles machen kann. Welche Stärken und welche Schwächen haben die einzelnen Medienmodi, also Schrift und Foto, Audio und Video, Grafik und Animation? Wann ist beispielsweise Schrift als Vermittlungsmodus für ein Thema besser geeignet als Audio? Wann ist ein Foto oder eine Bilderstrecke besser geeignet als ein Video? Und wann ist es genau umgekehrt? Worauf ist zu achten, wenn ein Artikel mit Audiokomponenten ergänzt wird? Muss die Audiodatei dann den Text wiederholen oder muss sie ihn ergänzen? Diese Fragen werden detailliert unter die Lupe genommen und beantwortet. Im Weiteren geht es dann um die narrative Dramaturgie längerer Webseiten, der sogenannten Longforms. Dabei ist mir ein Hinweis wichtig: Der Begriff »Longform« wird in der Praxis immer wieder als Synonym für »Reportage« verwendet. Letztlich ist das Quatsch: Eine Longform ist keine Darstellungs form, sondern zunächst einmal nichts anderes als ein langer Webtext. Eine Reportage beispielsweise ist im Web automatisch eine Longform, sie bleibt aber auch im Web eine Reportage. Auch wenn der Begriff »Longform« nicht mit »Reportage« gleichgesetzt werden sollte, im digitalen Storytelling hat er einen zentralen Rang: Er stellt die Redakteurinnen vor allem vor die Aufgabe, über narrative Spannung nachzudenken und Neugier motivierende Spannungsbögen zu konstruieren. Dieses Kapitel zeigt, wie das geht, in linear ebenso wie in nonlinear arrangierten Langtexten.
In Kapitel 5 schließlich geht es ums Content Marketing – und damit um ein Anwendungsfeld für das Wissen aus den vorangegangenen vier Kapiteln. Content Marketing ist so etwas wie ein Zwischending aus Journalismus und Marketing: Usability-Wissen, SEO-Kenntnisse, Schreibhandwerk und Storytelling-Expertise werden hier eingesetzt, um definierte Marketingziele zu erreichen, also beispielsweise Marken-Images aufzubauen oder den Abverkauf von Produkten zu unterstützen. Das Kapitel hat im Buch eine Sonderstellung, weil die engere journalistische Perspektive verlassen wird. Aufgenommen habe ich es vor allem aus zwei Gründen: Es soll verdeutlichen, dass Content-Marketing-Storys im Prinzip zwar wie Journalismus aussehen, gleichzeitig aber ein anderes Denken erfordern. Und es soll zeigen, was dieses andere Denken für die praktische Arbeit ganz konkret bedeutet. Für Digitaljournalistinnen und -journalisten ist die damit verbundene Distributions-Kompetenz künftig unabdingbar, weil es auch für sie darum geht, die eigenen Geschichten im Web weitestmöglich an verschiedensten Kontaktpunkten sichtbar werden zu lassen.
Das Buch richtet sich dabei an alle, die in Redaktionen, in der Unternehmenskommunikation, in Presseabteilungen von Behörden und Organisationen oder in Content-Marketing-Agenturen beruflich damit befasst sind, attraktive und bindungsstarke Inhalte fürs World Wide Web zu schaffen. Wenn Sie also zu diesem Kreis von Content-Kreativen zählen, dann sind Sie hier genau richtig.
Konzipiert ist es als Handbuch, das nicht nur Empfehlungen ausspricht, Tipps gibt und Checklisten für die tägliche Praxis bereitstellt, sondern all dies auch erläutert, empirisch begründet und in die längerfristigen Trends einordnet. Sie können es also von A bis Z durchlesen. Sie können aber auch einfach punktuell darin stöbern und es gelegentlich immer mal wieder in die Hand nehmen. Einsteiger will es darin unterstützen, sich im digitalen Journalismus möglichst flott zurechtzufinden. Profis werden hoffentlich so manches finden, was die eigene Sicht auf die tägliche Arbeit ergänzt oder erweitert, neue Perspektiven eröffnet und kreative Ideen anregt. Die vorherige Auflage wurde komplett durchgesehen, manches wurde gestrichen, vieles hinzugefügt, alles auf den neusten Stand gebracht. Wenn Sie das Buch lesen, wird Ihnen auffallen, dass ich manchmal ausschließlich ein generisches Maskulinum (»die Nutzer«), manchmal ausschließlich ein generisches Femininum (»die Nutzerinnen«) und manchmal beides verwende. Das ist beabsichtigt, um im Schriftbild ein unschönes »Nutzer*innen« zu vermeiden. Für Menschen diversen Geschlechts gibt es leider (noch) kein generisches Diversinum, sonst hätte ich es gern eingesetzt. Entsprechend bitte ich um Nachsicht und möchte versichern: Menschen jeglichen Geschlechts sind mir als Leser*innen herzlich willkommen.
Danken möchte ich an dieser Stelle natürlich allen, die zum Werden dieses Buches beigetragen haben. Da ist natürlich meine Familie, mein Sohn Henrik und meine Frau Heike, die das Buch auch dieses Mal wieder Korrektur gelesen hat. Und da sind Anja Weimer und René Schönfeldt vom dpunkt.verlag, die wieder ebenso kompetent wie geduldig mitgewirkt haben. Tausend Dank für alles!
Ihnen, liebe Leser*innen, wünsche ich eine hoffentlich ebenso nützliche wie vergnügliche Lektüre.
Stefan Heijnk, Hamburg, im Januar 2021
Planen fürs Web |
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Aufmerksamkeit auf Webseiten zu binden ist eine echte Herausforderung. Wer Menschen über digitale Kanäle für seine Inhalte begeistern möchte, sollte deshalb wissen, wie die Nutzer an den Bildschirmen ticken: Wohin schauen sie zuerst? Wann beginnen sie mit dem Scrollen? Wann steigen sie ins Lesen ein? Wie viele Sekunden investieren sie ins Überfliegen von Startseiten oder inneren Seiten? Und vor allem: Was genau ist in ihren Augen eigentlich attraktiver Content? Wer die Antworten auf diese Fragen kennt, kann seine Webseiten zielgerichtet layouten und mit Inhalten füllen. In diesem Kapitel geht es deshalb um die Psychologie der Nutzerinnen und Nutzer. Vorgestellt werden die zentralen Befunde der User-Experience-Forschung zum Blick- und Leseverhalten auf mobilen und auf Desktop-Webseiten. Und es wird gezeigt, was daraus für die Praxis folgt.
Beim Texten fürs Web geht es letztlich um zwei Dinge: um die Inhalte und um die Form multimodaler Webseiten, auf denen sie unterbreitet werden. So weit, so simpel. Komplexer wird es durch den dritten Faktor, der im Spiel ist: die Menschen. Wer Content fürs Web plant und produziert und damit Menschen erreichen will, sollte deshalb zumindest im Groben wissen, wie sie mit Webseiten interagieren. Davon handelt dieses Kapitel.
Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, wie Facebook, Instagram und andere Social-Media-Plattformen es schaffen, jeden Tag Milliarden meist junger Menschen für viele, viele Stunden an kleine und große Monitore zu fesseln? Oder wie es den großen Online-Games Minecraft, Fortnite oder Grand Theft Auto gelingt, ihre Nutzer täglich so tief in den Bann zu ziehen, dass sie ihre Freizeit mehr oder weniger zwanghaft an Bildschirmen verbringen? Zufall ist das jedenfalls nicht. Dahinter steckt vielmehr eine ausgefeilte psychologische Maschinerie, ein wohldurchdachtes, fein gesponnenes Netz aus Anreizen, Aufgaben, Cliffhangern und Belohnungen.
Der US-amerikanische Kognitionspsychologe Nir Eyal hat sich die Mechanismen dieser Maschinerie genau angesehen – und enthüllt, wie Menschen damit subtil beeinflusst und psychologisch gewissermaßen an den Haken genommen werden. Moralisch-ethisch ist das Ganze sicherlich nicht unproblematisch, schließlich geht es letztlich um Manipulationstechniken. Auf der anderen Seite wird durch seine Analyse erst transparent und damit auch diskutabel, wie Unternehmen das Verhalten von Menschen für ihren Geschäftserfolg gezielt beeinflussen. Seine Beobachtungen hat er in einem Modell beschrieben, das er sinnbildlich als »Haken-Modell« bezeichnet. Auch fürs Web-Publishing lässt sich daraus lernen.
Eyals Haken-Modell besteht aus vier Elementen beziehungsweise Phasen: Auslöser, Aktion, variable Belohnung und Investition. Ein Auslöser ist der psychologische Ausgangspunkt für ein bestimmtes Verhalten. Das ist immer so, denn ohne Stimulus gibt es keine Reaktion. Unterschieden wird zwischen inneren und äußeren Auslösern. Produkte, die zur Gewohnheit werden sollen, müssen zunächst durch äußere Auslöser auf sich aufmerksam machen. Das kann ein Call-to-Action in einer E-Mail sein, ein geteilter Link auf Twitter, eine Push-Notification auf dem Smartphone oder eine klitzekleine Zahl an einem App-Icon, die auf wartende Mitteilungen oder neue Inhalte hinweist. Folgt ein Nutzer immer wieder dem gleichen äußeren Auslöser, dann wird das Verhalten zur Gewohnheit. Es wird also nicht mehr darüber nachgedacht, ob man etwas tut – es wird einfach gemacht. Das ist das Ziel. Damit sich das tatsächlich so einstellt, muss der äußere Auslöser regelmäßig stark genug sein und sich möglichst rasch in einen inneren Auslöser wandeln. Das wiederum gelingt dann, wenn Gefühle und Wünsche berührt sind, beispielsweise Langeweile zerstreut oder Frust aufgelöst wird oder soziale Bindungen aufgebaut werden. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Aufgabe von Produktdesignern ist es zu erkennen, welches Gefühl angesprochen werden soll, wie also der anzusprechende innere Auslöser aussieht: Welches Problem wird gelöst? Welcher Schmerz wird gelindert? Welches Bedürfnis wird befriedigt?
Im Anschluss an das Wahrnehmen eines äußeren und eines inneren Auslösers findet dann ein Handeln statt, eine Aktion. Hier ist absolut entscheidend, dass das, was getan werden soll, auch wirklich mühelos getan werden kann. Es geht also um Nutzerfreundlichkeit, es geht darum sicherzustellen, dass das aktuelle Bedürfnis störungsfrei befriedigt werden kann. Hier geht es um Usability.
Was das Haken-Modell dann von einer herkömmlichen Feedbackschleife unterscheidet, ist die dritte Komponente: die variable Belohnung. Eyal beschreibt das so: »Die wenig überraschende Reaktion Ihres Kühlschranks, beim Öffnen der Tür immer das Licht im Inneren einzuschalten, treibt Sie nicht dazu, ihn immer und immer wieder aufzumachen, oder? Wenn Sie (…) jedoch eine gewisse Variabilität hinzufügen – zum Beispiel, indem wie durch Zauberhand bei jedem Öffnen ein anderer Leckerbissen in Ihrem Kühlschrank auftaucht –, kommt im Handumdrehen Faszination ins Spiel. Variable Belohnungen sind eines der machtvollsten Werkzeuge, die Unternehmen einsetzen, um Nutzer an den Haken zu bekommen.« Hier geht es also um Wow-Effekte.
In der letzten Phase muss der Nutzer schließlich ein bisschen arbeiten, er muss investieren – mit Zeit, Daten, Mühe, sozialem Kapital oder Geld. Es geht nicht darum, dass nur flott das Portemonnaie geöffnet wird: »Vielmehr impliziert die Investition eine Handlung, die den Service für die nächste Runde verbessert: Freunde einladen, Vorlieben angeben, virtuelle Guthaben einrichten (…).« Das Produkt wird mit Persönlichem angereichert und auf diese Weise immer wertvoller. Wer dann beispielsweise die Herausforderungen des nächsten Levels in einem Online-Game erahnt und sich deshalb neues Zubehör zulegt, der wird es schon bald auch einsetzen wollen. Vor allem: immer wieder einsetzen wollen. Und: Wenn sich das Zubehör als nützlich erweist, wird noch mehr Zubehör gewollt. Es können also permanent neue Auslöser angeboten werden, die dazu führen, dass immer neues Zubehör gewollt ist. Der Kreis schließt sich.
Den Bogen vom Hakenmodell zum Web-Publishing zu schlagen ist relativ einfach. Auch hier dreht sich letztlich alles um diese eine Frage: Mit welchen Inhalten können wir, kann ich unsere oder meine Zielgruppe begeistern und binden? Wie lässt sich per Content eine Haftkraft aufbauen, die gegen andere Möglichkeiten, Zeit zu verbringen, gewinnt?
Leider gibt es keine einfache Antwort auf diese Frage, kein Patentrezept. Es kommt darauf an. Aber worauf genau? Auslöser sind im redaktionellen Tagesgeschäft im Überfluss vorhanden. Alles, was neu und relevant ist, kann ein Auslöser für Kontakt sein. Sicher ist: Inhaltliche Haftkraft entsteht nur dann, wenn die Qualität der Auslöser stimmt. Sie stößt Aktion an, sie ist Belohnung und Triebkraft für weitere Zeitinvestition. Im Zentrum jeder Content-Strategie steht deshalb immer das Nützlich-Sein für eine bestimmte Gruppe von Menschen. Helmut Markwort, Gründungs-Chefredakteur des Magazins Focus, hat für seine Redaktion einmal die Leitlinie festgelegt: »Fakten, Fakten, Fakten – und immer an die Leser denken«. Fürs digitale Publizieren würde ich das abwandeln in: »Nutzen, Nutzen, Nutzen – und immer an die User denken«. Überall, wo Inhalte fürs Web produziert werden, sollte diese Leitidee in großen Buchstaben an der Wand hängen. Nur über zielgruppengerechten Nutzwert entsteht Stickyness, also Haftkraft.
Das Nützlich-Sein ist dabei breit gefächert zu denken. Nützlich sein kann nicht nur das Kochrezept für Pannacotta mit Minz-Pesto und Erdbeersauce oder eine Checkliste für vorbeugende Maßnahmen gegen Bettwanzen oder auch ein Ratgeber für die perfekte Rasenpflege im Schrebergarten. Nützlich kann im Prinzip alles sein: Witze sind nützlich als Lachstoff. Nachrichten sind nützlich zur politischen Meinungsbildung. Katzenvideos sind nützlich als Schmunzelzeitvertreib. Hauptsache ist, dass sich der Nutzwert der angebotenen Inhalte den Nutzern schnell und überzeugend erschließt. Als Content-Anbieter sollten Sie also immer glasklar vor Augen haben, wen Sie ansprechen wollen und warum. Das »Womit?« klärt sich dann fast von selbst. Halten wir an dieser Stelle deshalb fest: Für erfolgreiches Web-Publishing braucht es vor allem inhaltliche Qualität als Engagement-Auslöser, für eine Website insgesamt und für jede einzelne Seite.
Qualität allerdings ist ein schillernder Begriff und alles andere als leicht zu definieren. Es ist ähnlich wie mit der Schönheit: Sie liegt nicht nur, aber doch zu einem guten Teil im Auge des Betrachters. In der Journalistik beispielsweise gibt es in dieser Frage inzwischen den Konsens, dass die Debatte über Qualität faktisch nicht abgeschlossen werden kann. Nicht heute. Nicht morgen. Nie. Der Kommunikationswissenschaftler Stephan Ruß-Mohl hat dazu einmal formuliert, Qualität zu definieren sei so, als versuche man einen Pudding an die Wand zu nageln. Auf eine Standardformel müssen wir also verzichten.
Auf der anderen Seite finden sich durchaus Faktoren, mit denen die Qualität eines Inhalts unabhängig von der jeweiligen Betrachterin eingestuft werden kann, zumindest näherungsweise. Die Zahl der Basiskriterien für die Qualität informierender Inhalte ist dabei relativ überschaubar: Das, was publiziert wird, sollte 1.) aktuell, 2.) faktisch richtig und 3.) relevant sein und zudem 4.) eine angemessene Form haben. In diesen vier Aspekten deutet sich bereits an, dass die individuell unterschiedlichen Erwartungen auf Nutzerseite immer schon im Qualitätsbegriff eingeschlossen sind – »relevant« bedeutet schließlich für jeden etwas anderes. Was für den einen relevant ist, kann für den anderen völlig uninteressant sein. Qualität ist also stets – auch – etwas Relatives. Ein Jugendlicher an einer Stadtteilschule wird eine Webseite der FAZ möglicherweise ganz anders beurteilen als eine berufstätige Erwachsene mit abgeschlossenem Hochschulstudium. Relevant ist ein bestimmter Inhalt also in aller Regel nie für alle Menschen, sondern immer nur für eine Teilgruppe. Auch die Frage, wann eine Form »angemessen« ist, lässt sich nicht für alle Menschen pauschal beantworten. Zudem sind die beiden Faktoren Aktualität und Richtigkeit negativ miteinander gekoppelt: Wenn es schnell gehen muss, unterlaufen halt auch schneller Fehler. Und umgekehrt gilt: Wer Fehler ausschließen will, braucht dazu mehr Zeit. Gut Ding will Weile haben. In der Content-Produktion fürs Echtzeitmedium WWW ist das allerdings oft unmöglich.
Die generellen Qualitätsmerkmale sind also nur bedingt hilfreich. Immerhin lässt sich ableiten: Sei flott. Sei korrekt. Sei nützlich. Und wähle eine passende Form. Um inhaltliche Qualität für praktische Planungen greifbarer einschätzen zu können, braucht es anwendungsnähere Merkmale. Nicht ganz zufällig finden sie sich bei Google. Der Suchmaschinenanbieter kümmert sich seit vielen Jahren darum, inhaltliche Qualität im Web zu fördern. Letztlich aus purem Eigeninteresse, denn qualitativ schwache Inhalte bedeuten minderrelevante Suchergebnisse als Auslöser – und das wäre nicht gut fürs Geschäft. Um Qualität erkennen zu können, braucht das Unternehmen zwingend eine eigene, möglichst genaue Vorstellung davon, was ein guter Inhalt ist, oder besser noch: wie inhaltliche Qualität festgestellt werden kann.
Der Dreh, den die Google-Macher von Beginn an genutzt haben, um diese Frage treffsicher beantworten zu können, ist dabei ebenso simpel wie genial: Inhaltliche Qualität wird nicht absolut erfasst, weil das schlicht nicht geht. Erfasst wird vielmehr, wie die User sich im Kontakt mit einem Inhalt verhalten. Qualität wird also mittelbar festgestellt. Ausgewertet werden dazu vor allem Verweilzeiten und Engagement-Indikatoren. Google ist so gesehen in erster Linie eine Instanz, die Nutzerreaktionen erfasst. Alle maßgeblichen Rankingfaktoren beleuchten letztlich, ob es den Nutzern gefallen hat oder nicht.
Vor ein paar Jahren hat Google im Zuge eines Algorithmus-Updates dazu einen Katalog mit 23 Fragen zur Qualitätsselbstkontrolle veröffentlicht. Dieser ist bis heute gültig und wird auf Sicht auch weiter gültig bleiben. Es lohnt sich, diesen Fragenkatalog zur eigenen Orientierung einzusetzen. Von Anfang an. Er sieht so aus:
Bedeutet praktisch: Die Site sollte transparent kommunizieren, wer der Anbieter ist und wo beziehungsweise wie er im realen Leben erreicht werden kann. Alles, was Seriosität vermittelt und betont, ist Trumpf. Anschrift, Anfahrt-Informationen, Park-Informationen, Ansprechpartnernamen, Telefonnummern, E-Mail-Adressen, Öffnungszeiten, Fotos des Geschäfts von innen und von außen sind Standard. Jeder Webnutzer weiß inzwischen, dass es im Zweifel besser ist, in einem Online-Shop einzukaufen, hinter dem ein echtes Ladengeschäft steckt. Dazu gehören auch Impressum, Datenschutz-Erklärung, eine »Wir über uns«-Seite, Testimonials, Informationen zur Firmengeschichte, Gütesiegel branchenbekannter Prüfstellen, eine angemessene Sprache, eine angemessene Bebilderung oder sinnvolle, inhaltlich plausible Verlinkungen zu einschlägigen Websites.
Abb. 1:Wenn es ums Bezahlen geht, sind Sicherheit und Vertrauen zentrale Attribute. Gütesiegel sind Signale, über die Vertrauen aufgebaut werden kann – so wie hier auf der Website einer Online-Parfümerie. Quelle: flaconi.de, eigener Screenshot.
Bedeutet praktisch: Die Site sollte transparent kommunizieren, wer da eigentlich schreibt. Für jeden längeren Text sollten die Autorinnen und Autoren mit Namen genannt und gegebenenfalls auch für die Nutzer erreichbar sein. Eine gute Idee ist es, die inhaltliche Kompetenz eines Autors sichtbar zu machen. Es muss nicht gleich ein Autorenprofil auf einer eigenen Seite sein. Eine Autorenzeile reicht üblicherweise aus, solange sie kurz und knapp auf die jeweilige Expertise eingeht. Inhaltlich bedeutet das auch, dass alle zentralen Aussagen nachprüfbar belegt werden. Überlegen Sie immer, ob Verlinkungen sinnvoll sind, die den inhaltlichen Hintergrund eines Artikels und grundlegendere Informationen zum Thema zugänglich machen.
Abb. 2:Darf ich mich vorstellen? Online-Marketing-Guru Neil Patel macht vor, wie es geht. Quelle: neilpatel.com, eigener Screenshot.
Bedeutet praktisch: Sollte das der Fall sein, dann ändern Sie es und lassen Sie künftig die Finger davon. Wiederholen Sie sich nicht. Wiederholungen verwässern die Substanz und die Autorität Ihrer Website. Wer sich oft wiederholt, vermittelt den Eindruck, nicht viel zu sagen zu haben. Anders als von SEO-Agenturen immer mal wieder behauptet wird, führt mehrfach wiederholter Inhalt zwar nicht direkt zu einer Abstrafung im Ranking. ABER: Google sucht und findet Anzeichen für einzigartigen Inhalt (im Unterschied zu Füllmaterial) und belohnt Anbieter von »Unique Content« tendenziell mit Top-Rankingpositionen. Umgekehrt gilt auch: Wer unnötigerweise duplizierte Inhalte anbietet (Duplicate Content), verringert seine Chancen auf die Plätze an der Sonne in den Suchergebnisseiten.
Bedeutet praktisch: Besonders sensibel sind Menschen immer dann, wenn es ums Geld und/oder um die Gesundheit geht. Die Frage, ob jemand einer Site seine Kreditkartendaten anvertrauen würde, geht deshalb ans Eingemachte. Sie ist vor allem für all jene Website-Betreiber absolut zentral, die ihren Nutzerinnen etwas verkaufen wollen. Welche Standardsignale es für den Aufbau von Vertrauen braucht, wurde ja schon unter Frage 1 benannt. Hier ist zusätzlich eines besonders wichtig: Achten Sie auf interaktive Meta-Kommunikation. Bedeutet: Seien Sie zur Stelle, wenn es im Bestellprozess irgendwo hakt. Denken Sie beispielsweise an einen Live-Chat mit Ihren Kundenberatern, an Pop-ups mit kurzen Hilfetexten, an eine Service-Hotline oder an FAQ-Seiten. Flankierend auch an die Bewertungen zufriedener Kunden. Bieten Sie verkaufsfördernde Hilfe überall dort an, wo es angebracht erscheint oder wo Ihre Nutzungsdaten auf unschöne Kontaktabbrüche hinweisen. Übertreiben Sie es aber nicht, sonst verkehrt sich Ihr Bemühen ins Gegenteil. Im Zweifel sollte als Alternative zur Online-Bestellung immer auch eine telefonische Bestellung möglich sein. Schon allein der Hinweis, dass eine solche Option offeriert wird, steigert die Vertrauenswürdigkeit.
Bedeutet praktisch: Erst prüfen, dann veröffentlichen. Wer’s mit der Rechtschreibung nicht so genau nimmt, muss zwangsläufig damit rechnen, dass er nicht wirklich ernst genommen wird. Weder von den Nutzern noch von Google. Stellen Sie sich einfach mal vor, Sie bieten einen Artikel an zum Thema »Immobilienfinanzierung«. Und dieser Artikel enthält mehrere Fehler. An einer Stelle wird die Kreditanstalt für Wiederaufbau als Kreditbank für Wiederaufbau bezeichnet. An anderer Stelle gibt es einen Zahlendreher: Statt 100.000 Euro Fördersumme werden 10.000 Euro genannt. So etwas ist schnell passiert, als Immobilienberater wären Sie damit aus dem Rennen. Wie gesagt: Erst prüfen, dann veröffentlichen. Klingt zwar wie eine Binse, ist es aber nicht. Und: Im Zeitverlauf ist immer mal wieder neu zu prüfen, ob das, was Sie publiziert haben, faktisch noch stimmt. Dauerhaft relevante Artikelseiten benötigen gewissenhafte Pflege und müssen von Zeit zu Zeit in einem sinnvollen Rhythmus auf den neuesten Stand gebracht werden (siehe SEO-Kapitel).
Abb. 3:Vorbildlich: Die grauen i-Punkte im Bestellformular auf 1und1.de können angeklickt werden und liefern auf Wunsch eine genauere Erklärung zu den Datenabfragen. Quelle: 1und1.de, eigener Screenshot.
Bedeutet praktisch: Artikel, die den Nutzern keinen wirklichen Nutzen bieten, purzeln im Google-Ranking tendenziell immer weiter nach unten – das kann man nicht deutlich genug betonen. Versetzen Sie sich für die Content-Planung deshalb immer in die Situation Ihrer Leserinnen oder Ihrer Kunden und fragen Sie sich zuallererst, was Sie anbieten können, um den Menschen in Ihrer Zielgruppe bei Alltagsaufgaben zu helfen, um ihnen Arbeit abzunehmen, Irrwege zu ersparen, Vermögen aufzubauen, Kindererziehung zu erleichtern etc. Orientieren Sie sich an den naheliegenden Interessen Ihrer Kunden im jeweiligen Themengebiet. Und schreiben und veröffentlichen Sie auf keinen Fall irgendwelche Artikel, nur um relevante Keywords in die Seite zu stopfen. Das hat mit SEO nichts (mehr) zu tun und kann überaus schädlich für Ihr Ranking sein. Auf keinen Fall darf das so aussehen wie in diesem fiktiven Negativ-Beispiel für einen Krawatten-Onlineshop: »Krawatten gibt es in den unterschiedlichsten Krawatten-Farben und Krawatten-Mustern. Es gibt graue Krawatten, blaue Krawatten, rote Krawatten, geblümte Krawatten, Krawatten mit Firmen-Logos. Welche Krawatte Sie sich auch wünschen, wir bieten Ihnen genau die Krawatte, die Sie sich als Krawatte vorstellen. Die beste Krawatte sieht aber nicht gut aus, wenn die Krawatte nicht richtig gebunden ist. Als Krawattenspezialist empfehlen wir Ihnen, den Krawattenknoten immer folgendermaßen zu binden: Sie nehmen die Krawatte, legen die Krawatte zuerst um den Nacken, ziehen die Krawatten-Enden vor dem Oberkörper dann so, dass …« usw. Sie haben es verstanden: So sieht ein SEO-Text aus. Nicht vollkommen sinnfrei, aber doch offensichtlich nicht für echte Leser verfasst. So machen Sie das bitte nicht. Nie.
Bedeutet praktisch: Glänzen können Sie im Web durch eigene, kompetente Aussagen, Ideen, Schlussfolgerungen – denn wer nur zitiert, liefert eher Weißbrot. Schreiben Sie nicht ab. Bieten Sie Ihre Sicht der Dinge an, Ihre eigenen Gedanken – solange Sie die Interessen der Kundinnen dabei nicht aus dem Blick verlieren. Die Personalpronomina setze ich hier bewusst kursiv. Im Prinzip ist das Schreiben eines attraktiven Textes immer eine Art vorausgedachter Dialog mit den Lesern: Sie ahnen als Autor, welche Fragen ein Leser hat – und geben darauf die bestmögliche Antwort. Und diese Antwort sollte Ihre eigene Antwort und idealerweise nur von und bei Ihnen zu bekommen sein. Immer wieder neu. Wenn Sie das verinnerlichen und umsetzen, machen Sie sich unverwechselbar. Und alles wird gut. Zumindest im Web-Publishing.
Bedeutet praktisch: Sie müssen Ihre Konkurrenten beobachten. Permanent. Wenn Sie ein erstklassiges Ranking auf den organischen Google-Suchergebnisseiten erreichen wollen, dann geht das nur über relativ bessere, attraktivere Inhalte. Schauen Sie sich deshalb genau an, was die Konkurrenz macht. Analysieren Sie, an welchen Stellschrauben zu drehen ist. Und dann gehen Sie die Sache an. Möglichkeiten gibt es viele: bessere Fotos, bessere Überschriften, bessere Teaser, bessere Artikel, bessere Videos, bessere Podcasts, bessere Newsletter, bessere Whitepaper – und nicht zuletzt: bessere Themen.
Bedeutet praktisch: Websites sind Dauerpublikationen. Das heißt, alle Inhalte sind permanent öffentlich – und sie altern deshalb auch öffentlich. Eine Qualitätskontrolle braucht es deshalb nicht nur vor und direkt nach der Veröffentlichung einer Einzelseite, sondern in regelmäßigen Abständen auch später noch. Natürlich geht es dabei auch um technische Qualitätskontrolle: Sieht eine Seite auf den gängigen Endgeräten gut aus? Ist das Layout einwandfrei? Stehen Fotos, Überschriften, Videos genau dort, wo sie zu sehen sein sollten?
Abb. 4:Das spendenfinanzierte Recherchebüro Correctiv steht für originären, eigenständigen Journalismus. Das Web-Special über die Eigentumsverhältnisse auf dem Hamburger Immobilienmarkt wurde 2019 mit einem Grimme Online Award ausgezeichnet. Quelle: correctiv.org, eigener Screenshot.
Abb. 5:abendblatt.de