Impressum
Marcel Auktun / Carsten Christier
Fahrzeuge der Hamburger U-Bahn
Der DT2
1962 - 2015
1. Auflage 2016
Herstellung und Verlag:
BOD - Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-74120-245-2
Über 53 Jahre oder genau 19464 Tage vom 15.08.1962 bis zum 28.11.2015 durften die Fahrgäste der Hamburger U-Bahn ihn im Einsatz erleben: Den DT2. Wie viele Fahrgäste ihn im Laufe dieser Zeit benutzt haben, lässt sich gewiss nicht mehr nachvollziehen, jedoch kann kaum einer dieser Fahrgäste behaupten, ihn im Laufe der Jahre nicht kennen gelernt zu haben.
372 Wagen oder 186 Doppeltriebwagen wurden in den Jahren 1960 bis 1966 von der Hamburger Hochbahn AG beschafft.
Viele Fahrgäste erinnern sich bestimmt noch an die harten Kunstoffsitze der ersten Serien, die den Fahrzeugen den Beinahmen Plastikbomber verliehen, andere werden sich an die letzten Fahrten auf den Verstärkerkursen auf der Linie U1 zurück erinnern.
Wir wünschen jedem Leser dieses Buches viel Vergnügen beim Stöbern in alten Erinnerungen.
Bedanken möchten wir uns an dieser Stelle besonders bei den Herren Guus Gugelot, Hans-Peter Martin, Manfred Schwanke, Chris Mangelsdorff, Andreas Lignow, Christian Linow, Bernd Freimann, Thorsten Sojka, Carsten Kossow, Jens Ode, Dr. Holger Christier und Stefan Benecke, die mit Rat, Tat, wertvollen Daten und Fotomaterial ausgeholfen haben. Außerdem herzlichen Dank an die Hamburger Hochbahn AG sowie an die Firma Vossloh Kiepe GmbH.
Hamburg im März 2016
Marcel Auktun und Carsten Christier
Museumszug 220 – Foto: Marcel Auktun
In den ersten Jahren setzte die HOCHBAHN auf einzelne Wagen mit nur einem Führerstand. In insgesamt 15 Lieferserien wurden so 397 T-Wagen gebaut, wovon nur einzelne für den Betrieb auf dem Rothenburgsorter Zweig mit einem zweiten Führerstand ausgestattet. Mit den beiden letzten Serien, der 14. und 15. Lieferung testete die HOCHBAHN sowohl neue Antriebe als auch Hersteller. Nach dem Krieg entschied man sich, die inzwischen bis zu vierzig Jahre alten Fahrzeuge neu aufzubauen, zunächst entstanden zwischen 1947 und 1954 118 sogenannten B-Wagen (heute TU1), wovon die letzten acht (176, 91, 192, 182, 77, 199, 193 bzw. Wg 8914 – 8920) Versuchsfahrzeuge für den DT1 waren. Von den T-Wagen sind heute noch die Wagen 11, 18 (nicht aufgearbeitet) und 220 erhalten, ebenso wie der TU1 8838 und der TU2 8762.
DT1 in der Haltestelle Kellinghusenstraße im Ursprungslack – Foto: Archiv HOCHBAHN
Die DT1 – die ersten Doppeltriebwagen – wurden von Mai 1958 bis Juli 1959 geliefert, insgesamt wurden 50 Einheiten (=100 Wagen) von der Waggonfabrik Uerdingen (in Zusammenarbeit mit SSW, AEG und Knorr) gebaut. Die Züge hatten aufgrund ihres hohen Gewichts einen hohen Stromverbrauch, sodass ein leichteres Fahrzeug entwickelt werden sollte, mehr dazu im nächsten Kapitel. Aus diesem Grund nahm man Abstand von einer Nachbestellung über 50 weitere Einheiten. Von den bis 1991 eingesetzten Zügen sind noch drei Stück im Netz der HOCHBAHN: Der Alstermilch-DT1 9030/31 (EDV: 516) als Gesellschaftszug „Hanseat“ sowie 9022/23 und 9034/35, welche allerdings nicht aufgearbeitet sind.
TU2 mit Testlack an der Front – Foto: Archiv HOCHBAHN
Insgesamt 102 zur HU anstehende T-Wagen – alle noch im Auslieferzustand befindlichen Wagen der 9. bis 13. Lieferung – wurden in den Jahren 1960/61 umgebaut. Die Fahrzeuge erhielten die Typbezeichnung TU2 und waren Hamburgs erste Silberlinge. Das Design der DT2 und DT3 mit ihrer gesickten Außenhaut kam hier bereits zur Ausführung. Seit 2008 fährt einer dieser Züge als Museumszug (8762).
Nachdem man mit der ab Mitte der 50er Jahre konzipierten Baureihe DT1 in Bezug auf Stromverbrauch unzufrieden war, versuchte man als nächste Serie ein leichteres Fahrzeug auf die Schienen zu stellen, welches auf wirtschaftliche Art und Weise die noch zahlreich vorhandenen Vorkriegsfahrzeuge ablösen sollte.
Zusammen mit dem Hersteller der Fahrzeuge, der Firma Linke-Hoffmann-Busch in Salzgitter und der renommierten Hochschule für Gestaltung in Ulm wurde ein neuer Fahrzeugtyp entwickelt, der in technischer Hinsicht alles revolutionieren sollte. Für das Design zeichneten sich die Designer Hans Gugelot, Herbert Lindinger und Helmut Müller Kühn verantwortlich, die Farbgestaltung übernahmen die Herren Otl Aicher und Peter Croy.
Sitzmodelle in Bau – Foto: Archiv Gugelot
DT2-Skizze von 1959 – Quelle:
Archiv HOCHBAHN
Schon 1959 gab es Planungen zum DT2, wie diese Skizze zeigt. Damals waren noch zwei
Bestuhlungstypen untersucht worden, die später gewählte (links) sowie eine DT1-Ähnliche Kombination aus Längs- und Quersitzen (rechts).
Auch interessant ist die unebene Front von der man sich allerdings verabschiedet hat
Fahrzeugmodell – Foto: Archiv Gugelot
Designtechnisch wurde Wert daraufgelegt, dass das Fahrzeug mehr Sitzplätze als bisher haben sollte und die Türen und Einstiegsräume einen ausreichenden Platz bieten sollten, um ein angenehmes Aus- und Einsteigen zu erleichtern. Außerdem sollte in den Fahrzeugen durch den Verzicht auf Holzverkleidungen eine angenehme, freundliche und moderne Atmosphäre geschaffen werden. Darüber hinaus sollten mehrere Einheiten im Verbund einen geschlossenen freundlichen Gesamteindruck beim Fahrgast hinterlassen.
Der Hamburger Hochbahn wurde vor Anlieferung der Prototypen ein Holzmodell von LHB zur Verfügung gestellt, welches sowohl die Außenansicht demonstrierte, als auch einen Teil des Innenraums zeigte.
Hier waren die gezeigten Außenwände der Designstudie noch ohne Sicken ausgeführt.
1:1-Fahrzeugmodell– Fotos: Archiv HOCHBAHN
Fahrzeuge 9100-9103
DT2.0 9100/01 in Barmbek – Foto: Archiv Vossloh Kiepe
Die Außenhaut der Seitenwände wurde bei den fertigen Prototypen dann aus gesicktem Nirosta-Stahlblech gefertigt, die Fronten waren ebenfalls aus Nirosta hergestellt. Die Seitenwand wies unterhalb der Fenster 23 feine Sicken auf, oberhalb waren dies elf. Die erste Einheit 9100/01 verfügte in den Bereichen zwischen den Fenstern über blankes Nirostablech, die zweite Einheit 9102/03 wies an dieser Stelle bereits das charakteristische Pfauenaugenmuster auf, das später auch die Serienfahrzeuge erhielten.
Auf der technischen Seite wurde insbesondere Wert auf die Gewichtseinsparung gelegt, außerdem sollten die technischen Bauteile des Fahrzeuges leicht zugänglich verbaut werden, um schnell und einfach im Falle eines Fehlers, defekte Teile austauschen zu können.
Schützensteuerung – Foto: Archiv Vossloh Kiepe
DT2.0 bei Barmbek als Ringzug – Foto: Archiv Gugelot
Eine große Besonderheit stellte die elektrische Ausrüstung der Firma Kiepe dar, die einen völlig neuen Weg im Bau von U-Bahn-Fahrzeugen bestritt und das Fahrzeug als sogenanntes All-Electric Car ausführte. Anstelle von Fahrkommandos über Handfahrschalter oder Fahr- und Bremshebel erfolgten die Fahrkommandos im DT2 ausschließlich mit Fußpedalen, links für Fahren mit zwei Beschleunigungsstufen, rechts für Bremsen mit drei Verzögerungswerten. Die obere und untere Endlage dieses Pedals dienen außerdem der Totmann-Einrichtung zur Fahrer-Überwachung.
Ein Programm-Schaltwerk steuert in jedem Doppeltriebwagen mit differential-angetriebenen Fahr- und Bremsprogrammwalzen elektro-magnetisch die Fahrstromschütze.
Die Federspeicher-Bremsanlage wurde von der Firma Hanning & Kahl geliefert.
Der Stromabnehmer war bei den Prototypen an den Einachs-Laufgestellen in der Mitte eines Doppeltriebwagens angebracht.
Das Fahrzeug verfügt über insgesamt sechs Achsen, von denen vier angetrieben sind. Die vier angetriebenen Achsen jeweils unter den Fahrzeugenden verfügen jeweils über einen Motor. Die Triebdrehgestelle verfügen über einen Radstand von 2,1 Metern. Die kurzgekuppelten Fahrzeugenden verfügen jeweils ein Einachslaufgestell, welches über eine Verbindung mit dem zugehörigen Wagen verbunden wird und dann einen Radstand von 2,4 Metern aufweist.
Laufgestell eines DT2.0 – Foto: Archiv HOCHBAHN
Vier Garbe-Lahmeyer Hohlwellenmotoren von zusammen 320 kW haben dem DT2 eine Anfahrbeschleunigung von 1 bis 1,2 m/s2bei einer Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h. Im Gegensatz zum DT1 waren diese Fahrzeuge nicht so spurtstark, man ging allerdings davon aus, dass man bei einem städtischen U-Bahnsystem mit den nun erreichten Werten auskommt.
Das Fahrzeug verfügte über einen Vorwahlschalter, um die Dauerfahrstufen 10, 30, 45 oder 70 km/h einzustellen.
Der Fahrerraum erstreckt sich über die gesamte Fahrzeugbreite und ist vom fahrgastrum über eine mittige Schiebetür zugänglich. Links und rechts verfügt er über jeweils ein Übersetzfenster.