Inka Loreen Minden
Nate
Beast Lovers 1
Extended Edition! Enthält vier neue Kapitel!
Achtung:
Hier gibt es keine weichgespülten Wolfswandler, sondern waschechte Alphas und ihre taffen Gefährtinnen. Sie reagieren naturgemäß zuweilen animalisch, archaisch und besitzergreifend.
Es gibt jede Menge explizite Szenen, direkte Sprache und ein Happy End.
Warnung:
Sie sollten dieses Buch nicht lesen, wenn Sie sich an einem etwas derberen Umgangston, viel Erotik und polygamen Strukturen stören, die unter Wolfswandlern völlig normal sind.
Diese Geschichte erschien bereits 2015 als Kurzversion!
Auf Wunsch vieler Leser wurde aus der Novelle eine etwas längere Fassung.
Eine heiße Gestaltwandlerstory über zwei verfeindete Rudel und eine verbotene Liebe.
ca. 110 Seiten Hauptstory
Als Wolfswandlerin Hazel nach zehn Jahren zurück in ihre Heimatstadt gerufen wird, trifft sie unerwartet auf Nate. Er war nicht nur ihre erste große Liebe, sondern ihr Gefährte. Als Jugendliche mussten sie ihre Beziehung geheim halten, da ihre Rudel verfeindet sind. Doch das war nicht das Schlimmste für Hazel. Nate hat ihr Herz sowie ihre heilige Verbindung in tausend Stücke gerissen, und das kann sie ihm niemals verzeihen. Trotzdem hat sie ihn nie vergessen können, und beide fühlen sich sofort wieder zueinander hingezogen, als sie sich nach all der Zeit erneut begegnen.
Wird Nate seine Gefährtin zurückgewinnen können?
Jeder Teil kann auch für sich gelesen werden, doch um in den vollen Genuss der Hintergrundgeschichte zu kommen, ist es empfehlenswert, die Bücher der Reihe nach zu lesen.
Teil 1: Nate
Teil 2: Gabriel
Teil 3: Nicolas
Teil 4: Rune
Teil 5: Shane
Nate verfolgt mich – mal wieder. In seiner Wolfsgestalt jagt er hinter mir her und hat mir nur zwei Minuten Vorsprung gelassen. Er weiß doch, dass das viel zu wenig ist!
Meine Wölfin liebt es allerdings, von ihm verfolgt zu werden, und freut sich bereits auf den Moment, wenn sich Nates Zähne in das Fell meines Nackens graben. Ich recke die Schnauze in die Luft und heule übermütig. Hier draußen hört uns niemand, hier sind wir frei. Ich bin frei!
Die Gegend um Norwich ist ideal für uns Wandler – hügelig und stark bewaldet. Stundenlang können wir laufen, ohne dass uns jemand in die Quere kommt. Nate und ich nutzen das immer aus, wenn wir uns nach der Highschool heimlich treffen. Denn nicht nur die Menschen dürfen nichts von uns erfahren – auch die anderen Wandler dürfen uns niemals zusammen sehen. Nate und ich gehören verschiedenen Rudeln an, und die sind leider verfeindet.
Ich kann Nate bereits hinter mir hören, sein Schnaufen, das Knacken dünner Zweige unter seinen Pfoten und das leise Grollen in seiner Kehle. Außerdem spüre ich seine Nähe auch auf andere Art, tief in mir drin.
Hab dich gleich, glaube ich seine Stimme in meinem Kopf zu hören, weshalb ich noch einmal alles gebe und schnell wie der Wind durch das Gras renne. Die feinen Halme schlagen gegen meine Schnauze, aber das nehme ich kaum wahr, sondern fühle mich einfach nur glücklich und frei, beinahe schwerelos.
Die Sonne kitzelt mein Fell und lässt die hellbraune Farbe golden schimmern, bevor ich in die Schatten einer Baumgruppe tauche. In diesem Moment wirft sich Nate auf mich, und ich lege eine Bauchbremsung hin. Mit aller Kraft strampele ich mich frei, rolle mich auf den Rücken und sehe nur noch sein schwarz-weißes Fell über mir, rieche seinen vertrauten, animalischen Duft und seine Lust.
Der Lauf hat uns beide erregt. Sofort verwandeln wir uns zurück, und jetzt liegt kein Wolf mehr auf meiner nackten Menschengestalt, sondern ein wunderschöner junger Mann mit schwarzem Haar und funkelnden eisblauen Augen. Die Arbeit auf der Farm seines Vaters hat Nates Muskeln geformt. Mit seinen achtzehn Jahren hat er den Körper eines richtigen Mannes: breite Schultern, einen flachen Bauch und kraftvolle Arme, die mich mit Leichtigkeit unter ihm halten. Ich habe keine Chance, ihm zu entkommen.
»Hab ich dich, Hal«, raunt er und leckt provozierend über meine Lippen.
Ich mag es, wenn er mich Hal und nicht Hazel nennt. Nur Nate sagt »Hal« zu mir.
Während er meine Arme neben meinem Kopf in das weiche Moos drückt, schnuppert er an meinem Hals und leckt auch dort meine Haut ab. »Ich stehe total auf deinen Geschmack, Hal.«
Tief atme ich den Geruch seines maskulinen Schweißes ein und reibe meinen Unterkörper an seiner beginnenden Erektion. Wie immer kann ich es kaum erwarten, mit Nate zu verschmelzen, doch er lacht nur dunkel an meinem Hals und beißt mich spielerisch.
»Nicht so ungeduldig, Kätzchen.«
»Ich bin kein Kätzchen!« Vehement versuche ich, mich unter ihm aufzubäumen, aber Nate ist zu stark. Immer noch hält er mich einfach nur fest und schnuppert und leckt an meinem Hals. Ich will jedoch mehr! Aber Nate ist ein Spieler und Genießer. Er liebt es, mich zappeln zu lassen.
Seine dominante Art gibt mir auf seltsame Weise Sicherheit und ein Gefühl von Geborgenheit. Nate lässt mich alles Schlimme vergessen. Nur seinetwegen ertrage ich mein Leben. Er würde auch nie etwas tun, was ich nicht möchte, mich nie zu etwas drängen oder zwingen. Er weiß genau, was ich brauche.
Nur eines kann er mir … uns … nicht ermöglichen: dass wir offiziell zusammen sein können. Er ist eben ein Porter und ich eine Burton.
Verfluchte Fehde! Was hat diese alte Geschichte denn mit uns zu tun?
Nate fühlt offenbar, dass mich etwas beschäftigt, denn er lässt meine Arme los und rollt sich neben mir auf den Bauch. »Du hast den Kopf nicht frei, Hal. Wie soll ich dich da ficken?«
»Seit wann stört es dich, was ich beim Ficken denke?« Schmunzelnd setze ich mich auf, um seine heiße Rückansicht zu betrachten. Solche knackigen Pobacken gehören verboten! Ich werde schon ein bisschen eifersüchtig, wenn die Mädchen in der Schule ständig auf seinen heißen Arsch gaffen. Doch wenn sie wüssten, dass nur ich ihn in natura sehen darf …
»Ah, jetzt bist du wieder bei der Sache.« Verrucht grinsend dreht er sich auf den Rücken und verschränkt die Arme hinter dem Kopf, sodass ich erkennen kann, wie sehr er bereits bei der Sache ist. Dann lässt er seine hungrigen Blicke über meine nackte Gestalt wandern, und mein Körper prickelt. Ich liebe sein unwiderstehliches Lächeln und die süßen Grübchen, die sich dabei in seinen Wangen bilden. Ich liebe Nate so sehr. Wir sind füreinander bestimmt; ich weiß es einfach. Wenn wir uns doch bloß nicht mehr verstecken müssten!
»Ich werde eine Lösung finden, wie wir zusammen sein können«, verspricht Nate und streckt einen Arm nach mir aus. »Für immer.«
»Für immer«, murmele ich und schmiege mich an seinen heißen Körper.
Ich bin zuversichtlich und spüre tief in mir, dass Nate eines Tages Anführer des Porter-Rudels wird. Er wird es besser machen als unsere Eltern. Er wird für Frieden zwischen unseren Rudeln sorgen und danach … wird alles gut.
Wenn das jemand schafft, dann Nate. Mein Held.
Wenn meine Mutter nicht gestorben wäre, wäre ich niemals in dieses Kaff in Vermont zurückgekehrt. Mit Norwich verbinde ich zu viele schlechte Erinnerungen. Doch Mum ist tot, und ich muss mich um den Verkauf ihres maroden Hauses kümmern. Es ist wohl besser, ich lasse es abreißen und veräußere nur das Grundstück. Viele Millionäre besitzen Wochenendhäuser in der Nähe, da die Green Mountains und der Lake Champlain beliebte Erholungsgebiete sind. Es wird sicher nicht lange dauern, und ich habe es zu einem guten Preis vom Hals.
Bevor ich allerdings den Ort des Grauens aufsuche, muss ich noch einkaufen. Daher parke ich den gemieteten Mini Cooper unter einer großen Birke neben dem Musikpavillon, und schon rieseln Blätter auf die Windschutzscheibe. Der Herbst ist eingezogen, die Wälder rund um die Stadt leuchten in bunten Farben. Der Indian Summer ist mir ein wenig abgegangen, muss ich gestehen. In New York bekommt man vom Herbst nicht so viel mit.
Als ich aussteige, rieche ich sofort Fleisch und Würste, die die Einwohner auf der großen Wiese über Grills zubereiten. Es ist Samstag, die Kinder toben über den Rasen, Hunde bellen – oder sind das … Ich kneife die Lider hinter der Sonnenbrille zusammen und schaue mir die Tiere genauer an. Ich wittere Wolfswandler, doch sie sind in Menschengestalt unterwegs, auch wenn ich sie nicht sehen kann. Es sind Mitglieder des Porter-Rudels. Nur die stinken nach den Schafen, die sie auf ihrer Farm halten.
Bilder von Nate tauchen in meinem Kopf auf. Sein unwiderstehliches Lächeln und die süßen Grübchen in der Wange, sein dichtes schwarzes Haar, die eisblauen Augen, seine breite Brust … Fuck, dieses Arschloch verfolgt mich noch immer!
Wird Zeit, dass ich meine Einkäufe erledige und zum Haus meiner Mutter fahre. Ich habe keine Lust, jemandem aus dem verfeindeten Porter-Rudel zu begegnen. Weder Nate Porter noch seinem Bruder noch sonst jemandem. Das würde nur düstere Erinnerungen hochkochen lassen, doch mit meiner Vergangenheit in Norwich habe ich abgeschlossen. Ich bin kein Mitglied des Burton-Rudels mehr und will auch nie wieder eines werden. Insofern bin ich raus aus der Schusslinie, aber bei den Porters weiß man nie. Die haben sich hier schon immer wie Könige aufgeführt.
Ich sperre den Wagen ab und wische meine vor Nervosität feuchten Hände an der Jeans ab. Dann gehe ich auf das große, weiß getünchte Haus zu. Josey’s Gemischtwarenhandlung bildet neben einem Gasthaus, der Kirche, dem Rathaus und der Grundschule den Stadtkern. In Norwich hat sich nichts verändert. Dieses Kaff ist wirklich kein Vergleich zum hektischen New York. Sehr idyllisch ist es hier, doch der Schein trügt. Mein Leben hier war die Hölle. Nur Nate hat mich alles durchstehen lassen – bis er mir die schlimmste Wunde zugefügt hat, die noch immer nicht ganz verheilt ist.
Wir wollten es besser machen als unsere Eltern, wollten für Frieden zwischen unseren Rudeln sorgen und haben uns ewige Liebe geschworen – bis er vor meinen Augen mit der Kellnerin aus der Cotton Bar herumgeknutscht hat.
Als ich den Laden betrete, ertönt ein Glöckchen über meinem Kopf. Es ist dasselbe wie vor zehn Jahren. Auch an der Einrichtung hat sich nichts geändert, meterlange Regalreihen mit Lebensmitteln und anderen Gebrauchsgütern durchziehen das Geschäft. Nur Mr. Wesdon hinter der Kasse ist älter geworden. Sein einst graues Haar ist fast weiß und bloß noch spärlich vorhanden.
Sofort steht er auf, schiebt mit dem Zeigefinger die Hornbrille auf seinem Nasenrücken nach oben und kommt humpelnd auf mich zu. »Kann ich Ihnen helfen, Miss?«
Offenbar erkennt er mich nicht mehr. Gut. Ich habe keine Lust auf Erklärungen, warum ich mit blutjungen achtzehn Jahren regelrecht aus der Stadt geflohen bin.
»Nein, vielen Dank, ich komme klar.«
»Sind Sie auf der Durchreise?«, ruft er mir nach, während ich zwischen den Regalen verschwinde.
»Äh … ja!«
Er murmelt: »Unfreundliches Pack, diese Touristen«, und ich höre, wie er sich wieder in den quietschenden Drehstuhl hinter der Kasse setzt.
Seine Laune ist offenbar auch noch dieselbe.
Ich ziehe eine Packung Toastbrot und Käsescheiben aus dem Regal, danach mache ich mich auf die Suche nach Milch, Orangensaft und Obst. Ich werde nur das Nötigste kaufen, da ich nicht vorhabe, länger als eine, maximal zwei Nächte zu bleiben. Morgen früh treffe ich mich mit dem Makler, der alles Weitere für mich übernimmt, und sobald alles geregelt ist, fahre ich zurück nach New York, wobei ich einen Zwischenstopp bei Tante Rose und Onkel Chris einlegen möchte. Sie wohnen ein Stück außerhalb der Stadt.
Mum ist letzte Woche beerdigt worden, und ich bin immer noch froh, dass ich nicht bei der Einäscherung dabei war. Chris und Rose haben alles gemanagt. Warum sie nicht den Hausverkauf übernommen haben, verstehe ich nicht. Von mir aus hätten sie auch das Geld behalten können. Ich will nichts von dem, was meiner Mutter gehört hat. Ich komme allein klar, verdiene längst mein eigenes Geld als Chemielabortechnikerin und bin von niemandem abhängig.
Oder … Haben sie vielleicht einen Grund gebraucht, damit ich einmal in ihre Nähe komme? Ständig haben sie mich in den letzten Jahren gefragt, ob ich sie nicht besuchen möchte.
Wo ist denn jetzt die verdammte Milch?
Als ich das Bimmeln des Glöckchens an der Ladentür vernehme, zucken meine Ohren unwillkürlich. Meine Instinkte scheinen in diesem Kaff besser zu funktionieren als in der lärmenden und stinkenden Großstadt. Oder ich halluziniere, denn ich bilde mir ein, Nate zu riechen. Seinen animalischen, urigen Duft nach maskulinem Schweiß und wildem Wolf.
Ein wohliges Schaudern durchläuft mich, meine Brustwarzen ziehen sich zusammen.
»Nate, was brauchst du?«, höre ich Mr. Wesdon.
»Ich suche meinen Autoschlüssel.«
Seine Stimme, leicht dunkel und rauchig. Genau wie früher.
Mein Herz beginnt zu rasen, und ich bleibe stocksteif hinter dem Regal stehen. Bitte, er darf mich nicht entdecken!
»Hier ist kein Schlüssel abgegeben worden, Junge«, sagt Mr. Wesdon.
Junge? Ich bin mir sicher, dass Nate alles andere als ein Junge ist. Er wirkte damals schon so erwachsen und war ein richtiger Mann … und ein leidenschaftlicher Liebhaber. Ich hatte nie wieder so guten Sex wie mit ihm.
»Darf ich ihn suchen?«, fragt Nate.
»Natürlich, such nur. Ich bleibe sitzen, wenn es recht ist, meine Arthritis macht mir heute besonders zu schaffen.«
Bitte, lieber Gott, mach mich unsichtbar! Gibt es hier keine verdammte Hintertür?
Panisch blicke ich mich um, doch da ist bloß die Tür zum Lagerraum.
Erneut höre ich Nate: »Ich werde Tara sagen, dass sie Ihnen noch mal ihre Spezialkräutermischung vorbeibringen soll.«
»Du bist ein guter Junge«, murmelt Mr. Wesdon. »Ich wünschte, in unserer Stadt gäbe es mehr Männer wie dich.«
Ich kotze gleich. Warum schleimt sich der Alte bei Nate ein? Er ist alles andere als ein Engel. Wenn Mr. Wesdon wüsste, in was sich Nate verwandeln kann … Aber die Menschen haben keine Ahnung. Sie würden uns jagen, töten und sezieren.
Plötzlich steht Nate vor mir und knurrt leise. »Verdammt, Hal, was machst du hier?«
Natürlich hat er mich längst gewittert. Groß und bedrohlich baut er sich vor mir auf.
Verflucht, dieser Kerl sieht sogar noch besser aus als früher. Sein Haar ist länger und reicht ihm fast bis zum Kinn. Der Bartschatten lässt seine Augen heller erscheinen, und eine feine Narbe zieht sich durch eine Braue. Er trägt tief auf den Hüften sitzende Jeans, die kaum verbergen können, wie gut er bestückt ist, und ein eng anliegendes blaues T-Shirt. Wow, der Kerl hat tatsächlich noch mehr Muskelmasse zugelegt.
»Ich freue mich auch, dich zu sehen«, antworte ich in einem sarkastischen Tonfall und drücke mich an ihm vorbei, um blindlings etwas aus einem Regal zu holen. »Und für dich Mrs. Burton.«
»Hazel«, zischt er und packt meinen Arm. »Du hättest nicht herkommen sollen.«
Ich reiße mich von ihm los und starre ihn finster an. »Ich kann hingehen, wo ich will!«
»Nicht … hierher«, knurrt er.
Warum ist er so feindselig? Schließlich war er derjenige, der mich betrogen und dabei noch gelacht hat, als wäre alles zwischen uns nur ein Spiel gewesen. »Ich musste herkommen. Meine Mutter ist gestorben.«
Sofort wird sein angespanntes Gesicht weicher. »Das habe ich gehört. Es tut mir leid.«
»Muss es nicht.« Er weiß schließlich, was sie mir angetan hat. »Ich habe nicht damit gerechnet, dass du dich noch hier rumtreibst. Sonst hätte ich mir in der letzten Raststätte was zu essen gekauft.« Mich wundert es wirklich, dass Nate nach wie vor in diesem Kaff lebt. Ob er immer noch auf der Farm seines Vaters arbeitet?
Ich versuche, unauffällig an ihm zu schnüffeln, um noch mehr Informationen über ihn zu erhalten, doch er kommt mir so nah, dass mich allein seine Präsenz völlig durcheinanderbringt.
Eindringlich mustert er mich von oben bis unten, und sein Blick bleibt am V-Ausschnitt meines T-Shirts hängen. »Erledige deine Angelegenheiten und verschwinde.«
Offenbar war der verlorene Schlüssel nur ein Vorwand. Er muss gesehen haben, wie ich angekommen bin. »Keine Sorge, das hatte ich vor. Hier hält mich nichts.«
Kurz flackert sein Blick. Verdammt, diese blauen Augen sind immer noch so faszinierend wie früher. Und seine sinnlichen Lippen befinden sich viel zu nah an meinem Mund. Beinahe kann ich mich erinnern, wie sie sich angefühlt und wie sie geschmeckt haben. Wie kann ein derart attraktiver Mensch nur solch einen hässlichen Charakter haben?
Als das Glöckchen ein weiteres Mal bimmelt, reißt er die Augen auf und drückt mir den Daumen auf die Lippen. Dann legt er den Kopf schief, und ich lausche ebenfalls.
»Zac!«, sagt Mr. Wesdon. »Suchst du deinen Bruder?«
»Nein.«
Nates Augen verengen sich, und er zerrt mich weiter nach hinten, auf die Tür des Lagers zu. Im Vorbeigehen holt er ein Deodorant aus dem Regal und sprüht mich und alles um uns herum damit ein.
Ich unterdrücke ein Niesen und wundere mich, was diese Aktion soll. Trotzdem halte ich den Mund. Ich kenne diesen düsteren Ausdruck in Nates Augen. Er ist eine Mischung aus Furcht und Entschlossenheit.
Hat er Angst vor seinem zwei Jahre jüngeren Bruder? Okay, der Kerl ist ebenfalls ein halber Schrank, aber Nate konnte er niemals das Wasser reichen.
»Ich wollte fragen, ob Sie meine Lieferung bekommen haben«, vernehme ich Zacs Stimme.
Fast geräuschlos öffnet Nate die Lagertür, drängt mich in den finsteren Raum und schließt hinter uns ab.
»Was soll das?«, zische ich und lege meine Einkäufe in einem leeren Regal ab.
Nate stellt das Deodorant daneben. »Mein Bruder oder jemand anderes aus meinem Rudel braucht dich nicht zu sehen.«