Der Chemiker Dr. Lassar Cohn (1858 – 1922) war Professor an der Universität Königsberg. Er wurde bekannt durch Fachbeiträge zu den Arbeitsmethoden in organisch-chemischen Laboratorien und seinen populären, praxisorientierten Darstellungen der Chemie.
Der Biochemiker Dr. Walther Löb (1872 – 1916) war Leiter der chemischen Abteilung am Rudolf-Virchow-Krankenhaus in Berlin. Seiner Zeit weit voraus, führte er bereits 1913 Experimente zur chemischen Evolution durch und erzeugte über blitzähnliche Funkenentladung Abkömmlinge lebenswichtiger Aminosäuren. Erst vierzig Jahre später stellte Stanley Miller seine berühmt gewordenen Experimente an, die zu gleichartigen Ergebnissen kamen.
Der Naturwissenschaftler Dipl.-Math. Klaus-Dieter Sedlacek, Jahrgang 1948, studierte in Stuttgart neben Mathematik und Informatik auch Physik. Nach fünfundzwanzig Jahren Berufspraxis in der eigenen Firma widmet er sich nun seinen privaten Forschungsvorhaben und veröffentlicht die Ergebnisse in allgemein verständlicher Form. Darüber hinaus ist er der Herausgeber mehrerer Buchreihen unter anderem der Reihen „Wissenschaftliche Bibliothek“ und „Wissenschaft gemeinverständlich“.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.ddb.de abrufbar.
Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN 978-3-7412-7866-2
Dieses Buch enthält den verständlich dargestellten Stoff der Chemie und Biochemie in einem Umfang, der ohne besondere Vorkenntnisse noch bequem durchgearbeitet werden kann. Bei dem Reichtum besonders der Biochemie an Einzeltatsachen musste deshalb vielfach auf das Spezielle zugunsten des Allgemeinen verzichtet werden. Die Grundlinien sind aber ausgezogen: einführende Kapitel der allgemeinen, anorganischen und organischen Chemie und die chemische Tätigkeit der Zelle in den Assimilations- und Dissimilationsvorgängen. Ich denke, so ist das riesige Gebiet übersichtlich auch für breitere Leserkreise, die gerne an den Errungenschaften unserer Naturwissenschaft Anteil nehmen wollen, ohne gleich ein ganzes Studium absolvieren zu müssen.
Stuttgart, Sommer 2016
Klaus-Dieter Sedlacek
Tabelle 1: Aktuelles Periodensystem der Elemente.
Chemie umfasst jenen Teil der gesamten Naturwissenschaft, welcher alles körperlich Vorhandene untersucht. Der Chemie ist für diese Untersuchung kein Gegenstand zu gering, keiner zu kostbar. Ihre Wissbegier muss selbstverständlich damit beginnen, herausbekommen zu wollen, woraus denn alles körperlich Vorhandene besteht? Sie muss alles Körperliche zu analysieren versuchen, wie man diesen Teil ihrer Tätigkeit bezeichnet.
Die zum Analysieren nötigen Methoden sind bereits auf das Beste ausgebildet, und beim analytischen Arbeiten muss man schließlich auf Spaltungsprodukte des zu untersuchenden Materials stoßen, welche allen weiteren Zerlegungsversuchen widerstehen. Solche unzerlegbaren Bestandteile der Materie nennen die Chemiker Elemente. Das wunderbare Ergebnis aller jemals ausgeführten Analysen ist nun, dass bis heute, obgleich jetzt schon so ziemlich alles, was überhaupt analytisch durchforscht werden kann, durchforscht ist, nur 94 Elemente in der Natur aufgefunden worden sind. Dazu kommen noch ein paar künstlich erzeugte Elemente, sodass insgesamt 118 bekannt sind. Danach hätte die Natur alles körperlich Vorhandene nur aus diesen 94 Bausteinen aufgebaut, ja wir werden uns weiterhin überzeugen, dass die gesamten uns für gewöhnlich umgebenden Dinge einschließlich der biologischen Moleküle des Lebens sich aus kaum mehr als 25 Elementen zusammensetzen, die weiteren also nur den Spürsinn des Chemikers interessieren.
Was nun dem Ruf der Chemie hinsichtlich ihrer Verständlichkeit in der Allgemeinheit so besonders abträglich ist, ist die Gewohnheit der Chemiker, sich nicht allein der gewöhnlichen Schriftsprache zu bedienen, sondern vieles durch Einzelbuchstaben und Formeln auszudrücken. Diese, wie wir später sehen werden, für die Chemiker absolut notwendige Art ihrer Aufzeichnungen kann natürlich nur nach Abgabe der nötigen Erklärung verstanden werden, die aber höchst einfach ist. Ohne diese Vorkenntnis haben, wie nicht zu leugnen ist, die Formeln etwas Fremdartiges, Geheimnisvolles, den Nichtchemiker Abschreckendes.
Doch liegt der heutigen Chemie nichts ferner als Geheimniskrämerei, und die Benutzung der paar Einzelbuchstaben, aus die man in Chemiebüchern stößt, ist lange Zeit nichts anderes als eine Bequemlichkeit gewesen. Wenn ich nämlich in einer chemischen Abhandlung z. B. vom Element Brom spreche und dafür nur Br schreibe, so verfahre ich dabei nicht anders, wie wenn ich auf einer Briefadresse Th. Müller statt Theodor Müller schreibe. Bei den häufigen Vornamen, weiß schon jeder, dass Th. hier Theodor bedeutet, und bei den wenigen chemischen Elementen, die es gibt, weiß man auch schon in den Kreisen der Chemiker aus den Anfangsbuchstaben der Namen der Elemente, welches Element mit dieser Abkürzung gemeint ist. Da aber die Chemie schon zu Zeiten ausgebildet wurde, wo das Lateinische noch die Schriftsprache der Gelehrten war, hat man die Anfangsbuchstaben der altbekannten Elemente ihrem lateinischen Namen entlehnt. So kürzt man Eisen nicht Ei, sondern Fe, vom lateinischen Ferrum, ab, und für Blei schreibt man, von Plumbum her, Pb. Brom dagegen, das erst 1826 entdeckt wurde, hat gleich von seinem Entdecker den international angenommenen Namen Brom erhalten, und so ist seine Abkürzung Br. Ebenso geht es mit J als Abkürzung für das 1811 entdeckte Jod und mit Ge als Abkürzung für das 1886 entdeckte Germanium.
Wir kennen nunmehr die Namen der 118 Elemente nebst den für sie eingeführten Abkürzungen. Aber noch gilt für uns: Der Name ist Schall und Rauch. Aufgabe dieses Abschnitts wird deshalb sein, die wichtigsten Elemente und ihre wichtigsten Verbindungen untereinander, die also in ihrer Gesamtheit die uns umgebende Welt repräsentieren, so zu besprechen und klarzustellen, dass wir zu einem Gesamtüberblick gelangen. Dieses wieder wird uns ermöglichen, jene glänzenden Schlüsse von allgemeinstem Wert zu verstehen und uns zu eigen zu machen, die die wissenschaftliche Chemie aus ihrer Tätigkeit zu ziehen vermocht hat und die so vielfach das Staunen der Welt erregen.
Die Aufgabe der Chemie bezeichnen wir hier zu Anfang am besten so, dass wir sagen, ihre Aufgabe ist die Erforschung von Naturerscheinungen, mit welchen wesentliche Substanzänderungen verbunden sind. Das Wort „wesentlich“ ist durchaus nötig, wenn ich z. B. Wasser im offenen Gefäß zum Kochen erhitze, so verschwindet es, wie wir das von jeder Küche her kennen. Es muss also etwas anderes geworden sein. Wir wissen, dass es dabei als Dampf in die Luft entwichen und als sog. Feuchtigkeit von der Luft fortgeführt worden ist. Kühle ich jedoch den Dampf ab, so bekomme ich das Wasser wieder. So ist denn bei der Destillation des Wassers keine wesentliche Änderung eingetreten. Das Wasser ist Wasser geblieben.
Fig 1: Destillationsapparat
Als Apparat kann eine Retorte a dienen, die in eine Vorlage b hineinreicht, die ihrerseits teilweise in kaltem Wasser liegt, wie Fig. 1 zeigt, wenn auch das Rohwasser und sein Destillat Wasser sind, ist aber dennoch jener Unterschied zwischen ihnen feststellbar, den bereits der Ausdruck Rohwasser andeutet. Wasser vermag ja vieles auszulösen, denken wir an Salz oder Zucker, und so löst es geringe Mengen von den Gesteinen auf, mit welchen es in Berührung kommt, sei es, dass es Quell- oder Flusswasser ist. Bei der Destillation bleiben die gelösten Substanzen, weil sie mit dem Wasserdampf nicht mit in die Vorlage fliegen können, in der Retorte zurück. Gut hergestelltes destilliertes Wasser ist deshalb chemisch rein.
A. Synthese und Analyse
Jetzt werden wir unser erstes chemisches Experiment ausführen. Dazu wollen wir Schwefel mit Eisenfeilspänen mischen. Eine Einwirkung tritt dabei nicht ein. Wir schütten das Gemisch in ein einseitig zugeschmolzenes Glasrohr von etwa 8 cm Länge. Solche Röhren nennen die Chemiker Reagenzröhren, und sie brauchen dieses billige Gerät zu unzähligen kleinen Versuchen, denn wenn es auch dabei zugrunde geht, so hat das nichts zu bedeuten, wir können uns für unseren Versuch, wenn wir nicht über eine Leuchtgaseinrichtung verfügen, der einfachen Einrichtung, wie sie Fig. 2 zeigt, bedienen. Bemerkt sei ein für allemal, dass man beim Experimentieren stets vorsichtig zu verfahren hat. Erhitzen wir unser Gemisch an einer Stelle, so wird es bald an dieser ins Glühen geraten, und plötzlich wird sich das Glühen durch den Gesamtinhalt des Gläschens fortsetzen. Wir sehen eine chemische Reaktion vor sich gehen. Zerschlagen wir nach dem Erkalten das bereits geplatzte Röhrchen vollends, so haben wir einen braunen Körper vor uns, der jetzt weder Schwefel noch Eisen ist, so wird er z. B. vom Magneten nicht angezogen. Die Elemente Schwefel und Eisen haben sich zu Schwefeleisen verbunden.
Fig 2: Erhitzen von Schwefel und Eisenspänen im Reagenzglas.
Eisen und Schwefel geben Schwefeleisen oder:
Fe + S = FeS
Die abgekürzten Bezeichnungen der Elemente gestatten uns, die chemische Reaktion mit wenigen Buchstaben zu schreiben. Dazu setzt man zwischen die zur Einwirkung aufeinander gebrachten Stoffe ein +_Zeichen, und das bei der Einwirkung Entstandene hinter ein =_Zeichen.
Wir haben hier aus zwei uns bekannten Stoffen einen dritten neuen Körper gebildet. Das nennt man eine Synthese. Sind wir aber in der Beziehung neugierig, dass wir einen Körper aus den ihn zusammensetzenden Bestandteilen prüfen, ihn in diese zerlegen wollen, so nennen wir das, wie wir schon wissen, eine Analyse. Auch für die Ausführung der Analyse, die wir hier als Nächstes zeigen wollen, müssen wir noch kenntnislosen Leute einen Stoff auswählen, dessen Analyse ganz leicht verständlich und ausführbar ist. Dazu wählen wir das in manchen Drogerien oder in Chemikalienhandlungen käufliche rote Quecksilberoxid.
Sauerstoff -Gas führt auch den Fremdnamen Oxygenium, und die Abkürzung Oxid bedeutet daher, dass es sich um eine Verbindung mit Sauerstoff handelt. Also Quecksilberoxid heißt nichts anderes als Quecksilbersauerstoff, und wie Schwefeleisen aus Schwefel und Eisen besteht, besteht Quecksilberoxid aus Quecksilber Hg und Sauerstoff O. Seine chemische Formel ist somit HgO.
Unsere Analyse des Quecksilberoxids lässt sich glücklicherweise allein unter Zuhilfenahme höherer Temperatur ausführen. Da bei der Zerlegung unseres Oxids aber Sauerstoff-Gas frei wird, müssen wir vorher kennenlernen, wie man mit gasförmigen Stoffen umgehen kann, zumal fast alle Gase farblos sind, wir sie also ebenso wenig wie Luft sehen können.
Wir müssen die Gase auffangen, und dazu dient folgende sehr einfache Vorrichtung, die auf dem Luftdruck basiert, den dieser auf Flüssigkeiten ausübt. Füllt man eine Flasche mit Wasser und stellt die gefüllte verschlossene Flasche mit dem Hals nach unten ins Wasser, so kann man jetzt ihren Verschluss fortnehmen, und sie wird doch nicht leerlausen, weil eben der auf dem Wasserspiegel des offenen Gefäßes lastende Luftdruck das Leerlaufen hindert. Leitet man aber durch den Hals Luft, die man etwa mit einem Glasröhrchen hineinpustet, oder leitet man ein Gas in die Flasche, so werden die Luft oder das Gas sich in der Flasche oberhalb der Flüssigkeit ansammeln, wir können, also auf diese einfache Art Luftarten auffangen, mit luftförmigen Körpern in Glasgefäßen experimentieren.
Bedienen wir uns des in Fig. 3 abgebildeten Apparates, so schütten wir für unsere Analyse in das Reagenzglas Quecksilberoxid und erhitzen es. Nach kurzer Zeit schon sehen wir Blasen in der Flasche aufsteigen, während am oberen kälteren Teil des Reagenzglases sich Quecksilber als spiegelnder Belag absetzt. Im Quecksilberoxid sind also Quecksilber und ein Gas vorhanden.
Wenn wir jetzt die Flasche unter Wasser schließen, sei es, dass wir dazu unseren Finger oder eine Glasplatte benutzen, sie herausnehmen und aufrecht hinstellen, so haben wir in ihr den zweiten gesuchten Bestandteil. Nehmen wir einen nur noch glimmenden langen Holzspan und tauchen ihn rasch in die eben geöffnete Flasche, so flammt er sogleich wieder auf. Sauerstoff unterhält nämlich jede Verbrennung aufs Beste, worüber wir später Näheres hören, und hier erkennen wir daran seine Gegenwart, dass glimmendes Holz sogleich in ihm zu brennen anfängt. Unsere Analyse ist beendet, wir haben das Quecksilberoxid in seine Bestandteile zerlegt.1 Ihre Fortsetzung würde sie im Weiteranalysieren des Quecksilbers und Sauerstoff-Gases finden. Hier scheitert aber alle analytische Kunst des Chemikers. Quecksilber sowohl wie Sauerstoff erweisen sich als nicht weiter zerlegbar, wir müssen sie deshalb beide als Elemente ansehen.
Fig 3: Darstellung von Sauerstoff aus Quecksilberoxid.
Nunmehr gehen wir zur Betrachtung einzelner Elemente nebst ihrem Verhalten über. Wir wollen mit dem Wasserstoff-Gas beginnen. Es gehört zu den Halbmetallen, wozu man alle Elemente rechnet, die nicht wie Metalle aussehen und sich nicht wie Metalle verhalten.
1 Wichtiger Hinweis: Quecksilber ist ein Schadstoff. Schadstoffe dürfen nicht im Hausmüll entsorgt werden. Bei der Entsorgung von Schadstoffen sind deshalb unbedingt die gesetzlichen und örtlichen Bestimmungen zu beachten, die man im Internet findet.
Fig 4: Zerlegung von Wasser durch den galvanischen Strom
Wasserstoff ist 14½-mal leichter als Luft, während ein Liter Luft 1,2928 g wiegt, ist diese Zahl für das Wasserstoff-Gas daher nur 0,09004 g. Schon sein Name deutet auf sein Vorkommen im Wasser hin, und dieses besteht denn auch, wie dessen Analyse ergeben hat, aus Wasserstoff-Gas und Sauerstoff-Gas. Nun gibt es ein Agens, das chemische Verbindungen direkt in die sie zusammensetzenden Elemente zu spalten vermag, dieser mächtigste Herrscher im Reich der Analyse ist die Elektrizität.
Die Zerspaltung des Wassers in seine beiden Bestandteile führt man auf diesem Wege etwa so aus, dass man den von einer galvanischen Batterie gelieferten Strom in das gebogene Glasrohr A leitet, in dem sich die Pole B und C befinden. Nach Stromschluss steigen an ihnen beide Gase aus, und zwar am negativen Pol Wasserstoff, am positiven Sauerstoff, die man mittels der pneumatischen Wanne, so bezeichnet man die bereits beschriebene Vorrichtung, jedes in einer Flasche auffängt.
Zur Darstellung von Wasserstoff-Gas aus Wasser auf rein chemischem Wege, wobei man aber das Sauerstoff-Gas nicht zugleich zu sehen bekommt, gibt es eine Unzahl von Methoden. Eine der ältesten von ihnen ist die Zerlegung von Wasserdampf durch glühendes Eisen. Glühendes Eisen hat nämlich eine solche Luft sich mit Sauerstoff zu verbinden, eine solche Affinität zum Sauerstoff, dass es ihn aus dem Wasserdampf herausholt, sodass dadurch das Wasserstoff-Gas als solches in Freiheit gesetzt wird, freier Wasserstoff entsteht. Die Apparatur hierfür ist eine recht einfache.
Fig 5: Zerlegung des Wassers durch Eisen.
In alter Zeit füllte man einen Ofen von der abgebildeten Form (siehe Fig. 5) mit glühender Holzkohle — heutzutage benutzt man Gasöfen. Durch den Ofen führt ein eisernes Rohr, das man zur Vermehrung der Oberfläche des Eisens mit Eisenspänen gefüllt hat. Ist das Rohr glühend geworden, so bringt man Wasser in der Retorte, unter der sich dieses Mal kein Spiritus-, sondern ein Gasbrenner befindet, zum Kochen. Dem durchströmenden Wasserdampf entzieht jetzt das glühende Eisen den Sauerstoff, mit dem es sich zu Eisensauerstoff, also kürzer Eisenoxid genannt, verbindet, während der gasförmige Wasserstoff weiterwandert und in einem Zylinder aufgefangen wird.
Nun kann man den Wasserstoff mittels Eisen aus dem Wasser aber noch auf weit bequemerem Wege gewinnen. Man braucht nämlich Eisen nur mit Wasser zu übergießen und etwas Säure zuzugießen, dann entwickelt sich schon aus der kalten Flüssigkeit Wasserstoff-Gas. Bevor wir dieses experimentell ausführen, müssen wir aber den Ausdruck Säure erklären.
A. Säuren, Basen und Salze, Kristalle
Fig 6: Bergkristalldruse. CC-BY-SA 4.0 Diedier
Was sauer schmeckt, lehrt uns die Zunge, und so sind für die Chemiker der Essig, die Salzsäure usw. schon immer Säuren. Sind Säuren giftig, so darf man sie nicht schmecken, und wird Essig in viel Wasser gegossen, sodass die Zunge ihn nicht mehr erkennt, so bleibt er natürlich deswegen doch im chemischen Sinne eine Säure, weit empfindlicher als die menschliche Zunge sind nun gewisse Farbstoffe gegenüber Säuren, so z. B. der uralt bekannte Lackmusfarbstoff. Lackmus ist eine in Südfrankreich gedeihende Pflanze. Er ist für gewöhnlich blau, aber jede Spur Säure färbt ihn rot. Was nun Lackmus rot färbt, ist für die Chemiker Säure. Aber es gibt auch Stoffe, welche roten Lackmus wieder blau färben. Sie sind von laugenhaftem Geschmack, und die Chemiker haben für sie höchst überflüssigerweise sogar zwei Namen, sie bezeichnen sie nämlich als Alkalien oder Basen. Gießt man nun Lösungen von Säuren mit Alkalien zusammen, so wird dadurch die Wirksamkeit auf Lackmus aufgehoben, es entsteht eine Flüssigkeit, die sich dem Lackmus gegenüber neutral verhält, und was jetzt vorhanden ist, ist die Lösung eines neutralen Salzes, was bei der Vereinigung einer Säure und einer Base entsteht, heißt also Salz. Daher kennen die Chemiker nicht nur Kochsalz oder Glaubersalz, sondern die Zahl der Salze, die es für sie geben kann, ist unzählig.
Fig 7: Kristall von Kochsalz. CC-BY-SA 3-0 Vassia Atanassova - Spiritia
Gewohnheitsmäßig glaubt der Laie, eine Säure müsse eine Flüssigkeit sein. Davon ist ja aber in obiger Auseinandersetzung keine Rede gewesen, und so verstehen wir jetzt, dass der Hauptbestandteil der Stearinkerzen die Stearinsäure sein kann, und weshalb die Chemiker z. B. den Sand Kieselsäure nennen, wenn wir noch erfahren, dass sich Sand mit der Base Kali zu kieselsaurem Kali — im gewöhnlichen Leben Kaliwasserglas genannt — vereinigt, und weshalb sie von Kohlensäure, die doch ein Gas ist, sprechen. Ebenso können Basen feste, flüssige oder gasförmige Körper sein.
Fig 8: Schneekristalle. CC0
Hat man z. B. Essig durch Zusatz von Kali in essigsaures Kali verwandelt, und dampft die Flüssigkeit stark ein, so scheidet sich beim Abkühlen das essigsaure Kali aus, aber nicht in pulvriger Form, sondern in kristallisierter Form, also mit glitzernden Flächen und Kanten. Das kommt daher, dass die Natur den chemischen Verbindungen nicht nur eine bestimmte Zusammensetzung, sondern auch eine bestimmte Kristallform ein für allemal mitgegeben hat. Wir lassen hier die Abbildungen von kristallisierter Kieselsäure, die man Quarz zu nennen pflegt, kristallisiertem Kochsalz und kristallisiertem Wasser, wie es als Schnee herabfällt, folgen.
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Nunmehr kehren wir wieder zum Wasserstoff zurück und haben hinsichtlich der Säuren weiter zu bemerken, dass alle Säuren Wasserstoff enthalten, welcher durch Metall ersetzbar ist. Dieser Ersatz kann so leicht vor sich gehen, dass man, wie schon erwähnt, manche Metalle nur mit verdünnter Säure zu übergießen braucht, damit sie Wasserstoff-Gas austreiben, indem die Metalle in der Säure an seine Stelle treten. Dazu bringen wir in eine Flasche mit 2 Öffnungen (Fig. 9) Eisenspäne, gießen darauf Wasser und sodann durch den Trichter Salzsäure. Sogleich tritt starkes Aufbrausen ein, und durch das in der zweiten Öffnung mittels Kork befestigte Glasrohr entweicht Wasserstoff, während sich in der Flasche salzsaures Eisen bildet. Das Wasserstoff-Gas sehen wir noch durch ein weiteres Rohr strömen. In ihm liegt eine Substanz, die so begierig nach Wasser ist, dass sie selbst aus den Luftarten die Feuchtigkeit an sich zieht. Solcher Substanzen gibt es eine ganze Anzahl, sehr beliebt ist das Chlorkalzium für diesen Zweck. Dieser Apparat liefert also trockenes Wasserstoff-Gas. Lässt man den trocknen Wasserstoff in einen Ballon (z. B. Kollodiumballon), wie er im Fachhandel erhältlich ist, strömen, indem man ihn über das Ende des Gasableitungsrohres schiebt, und hernach zubindet, so steigt er als Luftballon an die Decke des Zimmers.
Fig 9: Entwicklung von Wasserstoff-Gas
Fig 10: Knallgasgebläse
Die Eigenschaften des Wasserstoff-Gases sind folgende: Es ist brennbar und verbrennt, indem es sich mit dem Sauerstoff der Luft verbindet, wieder zu Wasser. Mischt man Wasserstoff mit Luft, indem man z. B. einen zu einem Drittel etwa mit Wasserstoff gefüllten Zylinder aus der pneumatischen Wanne heraushebt, so entzündet sich das Gemisch mit scharfem Knall. Hat man zu 2 Teilen Wasserstoff statt Luft 1 Teil Sauerstoff-Gas zugemischt, so hat man das Knallgas, weil beim Verbrennen von Wasserstoff und Sauerstoff eine Temperatur entsteht, die höher ist, als man sie durch Verbrennen von Kohle überhaupt herzustellen vermag, findet die Knallgasflamme technische Verwendung. Zur Sicherung vor Explosionen hat das „Knallgasgebläse“ folgende einfache Einrichtung:
Durch W strömt das Wasserstoff-Gas, welches beim Austritt an der Spitze entzündet wird. Jetzt lässt man durch S das Sauerstoff-Gas in die Wasserstoffgasflamme treten. Die Verbrennung findet hier somit statt, ohne dass eine vorherige Mischung beider Gasarten, welche die Explosion veranlassen würde, möglich ist, und ist deshalb gefahrlos.
Der Wasserstoff steht unter den Elementen für sich allein da, während wir bei den anderen Elementen oft bemerken, dass gerade vier von ihnen eine Gruppe bilden, d. h., dass diese Vier hinsichtlich ihres chemischen Verhaltens große Ähnlichkeit untereinander zeigen. Wenn wir jetzt schon eine Gruppe folgen lassen, deren Namen uns recht fremd anmuten, und nicht etwa über Eisen oder Kohle sprechen, so geschieht es, weil wir uns, sobald wir sie außer dem Wasserstoff kennengelernt haben, zu Betrachtungen ausschwingen können, die die Grundlage allen wissenschaftlichen Arbeitens auf dem Gebiet der Chemie bilden, nämlich zur Atom- und Molekulartheorie nebst Feststellung der Gewichte der Atome und Moleküle.
Das Element Chlor ist ein Gas von gelbgrüner Farbe (das griechische Wort chloros bedeutet gelbgrün). Es ist außerordentlich giftig, erzeugt Blutspeien usw., und so kann man mit ihm nur im Freien arbeiten, wenn man kein für Arbeiten mit giftigen Gasen eingerichtetes Laboratorium zur Verfügung hat. Ausgangsmaterial für alle Chlorgewinnung ist Kochsalz, welches die Chemiker Chlornatrium nennen. Man führt es in Salzsäure über, wozu wir die Methode später kennenlernen, und diese besteht aus Chlor und Wasserstoff, heißt deshalb auch Chlorwasserstoff. Nun brauchen wir bloß noch ein Mittel zu suchen, welches dem Chlor den Wasserstoff entreißt, um freies Chlorgas zu haben, wir kennen den Wunsch des Wasserstoffs, sich mit Sauerstoff zu Wasser zu verbinden, und so werden wir auf die Salzsäure nur ein Oxid, welches sehr reich an Sauerstoff ist, wirken lassen zu brauchen, um zum Chlor zu kommen. Solche sehr sauerstoffreichen Oxide nennt man Superoxide. Namentlich ein Superoxid, nämlich das des Metalls Mangan, kommt massenhaft als Mineral vor, ist daher sehr billig, und heißt wegen seiner Farbe Braunstein, wir werden somit, wenn wir Salzsäure mit Braunstein erhitzen, Chlor-Gas bekommen. Nun ist Chlorgas leicht in kaltem Wasser löslich. Folglich bekommen wir, wenn wir es mithilfe des Apparates in Fig. 11 darzustellen versuchen, sogleich gelbliches Chlorwasser, aber kein gasförmiges Chlor, weil das Wasser das Chlorgas verschluckt.
Wollen wir aber Zylinder mit dem Gas füllen und die gelbliche Farbe des Gases sehen, so leiten wir das Chlor, vom Entwicklungsgefäß aus, durch eine Reihe von leeren Flaschen, bevor wir es schließlich in Wasser auffangen (Fig. 12). Der Chlorgasstrom wird in den Flaschen A, B, C die Luft vor sich hertreiben und sie schließlich ganz verdrängen. Öffnen wir eine solche mit Chlorgas gefüllte Flasche einen Moment und werfen eine Rose hinein, so verliert sie ihre Farbe, ebenso ergeht es einem feuchten bunten Stück Baumwollstoff. Chlor wirkt also bleichend nach Art der Sonnenstrahlen, nur besorgt das seine chemische Energie momentan, wozu Sonnenlicht lange Zeit braucht. Daher ist Chlor das Bleichmittel geworden, dessen sich alle Fabriken bedienen, die viel zu bleichen haben, um unabhängig vom Sonnenschein zu sein, weil aber gasförmiges Chlor zu gefährlich für den Fabrikbetrieb im Allgemeinen ist, leiten es chemische Fabriken über Kalk und verkaufen den entstehenden Chlorkalk (nicht zu verwechseln mit Chlorkalzium) als Bleichmittel an die Textilindustrie. (Die Gleichung, nach welcher aus Salzsäure und Braunstein Chlor entsteht, lernen wir beim Mangan kennen.)
Fig 11: Entwickeln von Chlorgas.
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Das Brom ähnelt dem Chlor außerordentlich, nur ist es kein Gas, sondern eine allerdings schon bei 58° siedende Flüssigkeit von dunkelroter Farbe. Sein Name bedeutet vom griechischen bromos her Gestank, wonach man seinen Geruch ermessen kann. Aufgefunden wurde es im Meerwasser. Um das Mittelmeer herum lässt man nämlich Meerwasser im Sommer in flachen Gruben (Salzgärten) verdunsten, hat die Sonnenwärme es durch lebhafte Verdunstung stark konzentriert, so kristallisiert aus ihm Kochsalz als Verkaufsprodukt aus. Was über Kristallen als Flüssigkeit stehen bleibt, nennt man Mutterlauge. In dieser Mutterlauge ist nun ziemlich reichlich Bromnatrium vorhanden, verwandelt man es in Bromwasserstoff und erhitzt ihn mit Braunstein, so bekommt man das Brom somit in der, mit der im Vorangehenden beschriebenen Gewinnung des Chlors, vollständig identischen Art und Weise. In Form von Bromnatrium und Ähnlichem wird es in der Medizin verwendet, und seine außerordentlich lichtempfindliche Silberverbindung bildet die Freude aller Liebhaberfotografen als maßgebender Bestandteil der Bromsilbergelatine-Emulsionsplatten.
Fig 12: Füllen von Flaschen mit Chlorgas.
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Auch das Jod findet sich im Meerwasser, aber in so geringer Menge, dass seine direkte Gewinnung aus ihm nicht möglich ist. Doch müssen manche Meerespflanzen besonderen Bedarf an Jod haben und ziehen es daher an sich. Trocknet und verascht man sie, so ist ihre Asche daher ziemlich reich daran. Aus dem in der Asche vorhandenen Jodnatrium stellt man Jodwasserstoff dar, aus dem durch Erhitzen mit Braunstein nun wieder das Jod in Freiheit gesetzt wird, wie wir es vom Chlor und Brom schon kennen. Jod ist ein fester Körper von schwarzer Farbe. Erhitzt man ihn, so schmilzt er nicht, sondern verwandelt sich sogleich in Dampf von veilchenblauem Aussehen (das griechische Wort jodes bedeutet diese Farbe). Der Dampf schlägt sich beim Abkühlen in Form von glitzernden Kristallen an den Wänden des Kühlgefäßes nieder. Dazu können wir z. B. den Apparat in Fig. 13 benutzen. Das Sublimieren des Jods, so nennt man den Vorgang, vollzieht sich hier so, dass das in die Retorte gegebene Jod beim Erhitzen in die Flasche sublimiert, aus deren durch ein Glasrohr gebildete zweite Öffnung die sich beim Erhitzen ausdehnende Luft entweichen kann.
Fig 13: Sublimieren von Jod.
Das Jod findet in Form von Jodnatrium usw. seine Hauptverwendung in der Medizin. Ab etwa 1820 dient es zur Behandlung der Kropfbildung der am Hals sitzenden Schilddrüse2 . Auch enthalten die erwähnten fotografischen Trockenplatten außer Bromsilber etwas Jodsilber.
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Das Fluor findet sich hauptsächlich in dem Mineral Flussspat, das aus Fluor und Kalzium besteht und deshalb als zweiten Namen Fluorkalzium führt. Fluor ist ein Gas von etwas hellerer Farbe als Chlor. Es greift fast alles sogleich an, d. h., es verbindet sich mit fast allem, mit dem es in Berührung kommt. Nur Gefäße aus Flussspat, sowie die Legierung Platiniridium lässt es in Ruhe. Seine Darstellung in freiem Zustand ist denn auch erst Ende des 19. Jahrhunderts geglückt, als man Fluorwasserstoff in einem kostbaren Platiniridiumapparat mittels des elektrischen Stromes in die beiden es zusammensetzenden Elemente zerspaltete, die getrennt aufgefangen wurden, sodass nun das Fluor nichts vorfand, mit dem es sich hätte gleich wieder verbinden können (Fig. 14).
Fig 14: Darstellung von Fluor.
Lange bekannt ist dagegen die Fluorwasserstoffsäure, auch Flusssäure genannt, die man auf dem Weg, den wir bald bei der Darstellung der Chlorwasserstoffsäure kennenlernen, leicht aus Flussspat gewinnen kann. Die Flusssäure greift Glas an und wird deshalb in Bleigefäßen, denen sie nichts anzuhaben vermag, dargestellt und erfahrungsgemäß am bequemsten in Kautschukflaschen ausbewahrt, will man mit ihr Glas ätzen, so gießt man sie z. B. in eine Bleischale.
Diese deckt man mit einer Glasplatte zu, die mit Wachs überzogen ist, in welches man eine Zeichnung eingekratzt hat. Schmilzt man nach einiger Zeit den Wachsüberzug ab, so befindet sich die Zeichnung im Glas, indem die aufsteigenden Dämpfe der Fluorwasserstoffsäure die Ätzung vollzogen haben (Fig. 15). Fluor findet sich spurenweise in unseren Zähnen.
Fig 15: Glasätzen mit Fluorwasserstoffsäure.
Die vier Elemente Chlor, Brom, Jod und Fluor bezeichnet man auch im Anschluss an das griechische Wort hals, das Salz bedeutet, als die Gruppe der Halogene, was also die Salzbildner bedeutet.
A. Atome und Moleküle
Versuchte man auf dem Wege des Denkens sich darüber klar zu werden, ob die körperlichen Dinge, wie wir sie um uns sehen, den Raum vollständig erfüllen oder dieses nicht tun, eines von beiden kann doch nur der Fall sein, so führte diese Frage, zu der schon die allgriechischen Philosophen — ohne auch nur das Wort Chemie und die jetzt damit bezeichnete Wissenschaft zu kennen — Stellung genommen haben, bereits vor mehr als 2000 Jahren zur Anschauung, dass der Raum durch die körperlichen Dinge nicht absolut erfüllt wird. Vielmehr befinden sich in jedem Körper eine Unzahl kleinster Teilchen, aus welchen er sich zusammensetzt. Diese kleinsten Teilchen, zwischen welchen also noch Platz vorhanden ist, sind aber so klein, dass sie nicht mehr zerteilt, also z. B. auch nicht mehr zerschnitten werden können. Diese letztere Annahme prägt sich speziell in dem von diesen alten Philosophen überkommenen und von der exakten Naturwissenschaft übernommenen Wort Atom aus, das zu deutsch unzerschneidbar bedeutet, wofür unteilbar zu sagen gegenwärtig allgemeiner Brauch ist.
Zum leichteren Verständnis des Folgenden ist es nun wünschenswert, bevor wir fortfahren, noch eine Darstellung des Wasserstoff-Gases, sowie die Darstellung der Chlorwasserstoffsäure kennenzulernen.
dass Kochsalz aus Chlor und Natrium besteht, wissen wir bereits. Natrium ist nun ein Metall von ganz besonderen Eigenschaften. Es ist so begierig nach Sauerstoff, dass man es gar nicht an der Luft liegen lassen kann, denn hier wäre es bald in Natriumsauerstoff, also Natriumoxid, übergegangen. Man bewahrt es deshalb unter Flüssigkeiten, die frei von Sauerstoff sind, auf. Dazu gehört z. B. das Erdöl. Kommt Natrium an Wasser, so zersetzt es dieses momentan, indem es sich mit seinem Sauerstoff verbindet, sodass der Wasserstoff frei wird. Man umwickelt dazu Natriumstückchen mit Drahtnetz und hält sie in der pneumatischen Wanne unter den mit Wasserstoff-Gas zu füllenden Zylinder (Fig. 16).
Zur Chlorwasserstoffsäure oder kürzer Salzsäure genannt, kommen wir durch Übergießen von Kochsalz mit Schwefelsäure. Die Schwefelsäure als die stärkere treibt hier die Salzsäure aus. Und führen wir die Darstellung der Salzsäure wirklich durch, so bemerken wir, dass die Salzsäure ein Gas ist. Aber das salzsaure Gas oder Chlorwasserstoff ist im Wasser außerordentlich löslich, wir können es daher gar nicht über Wasser auffangen, sondern müssen als Sperrflüssigkeit Quecksilber verwenden. Dass wir das Chlorgas nicht auf diese Art aufgefangen haben, liegt daran, dass Chlor sich sogleich mit Quecksilber zu Chlorquecksilber verbindet, während Chlorwasserstoff dem Quecksilber nichts tut.
Das Chlorwasserstoff-Gas ist farblos und so außerordentlich in Wasser löslich, dass 1 l Wasser bei 0° 503 l oder 825 g Chlorwasserstoff aufzulösen vermag. Die Salzsäure des Handels ist denn auch Wasser, in dem so viel Chlorwasserstoff wie möglich aufgelöst ist. Sie raucht an der Luft, weil aus ihr abdunstendes Chlorwasserstoff-Gas sich mit der Feuchtigkeit der Luft zu Bläschen von flüssiger Salzsäure vereinigt.
Bromwasserstoff-Gas, Jodwasserstoff-Gas und Fluorwasserstoff entsprechen ganz dem Chlorwasserstoff-Gas. Auch diese Drei sind Gase, welche in Wasser ganz erstaunlich löslich sind, und ebenso sind Bromnatrium, Jodnatrium und Fluornatrium dem Chlornatrium sehr ähnlich.
Fig 16: Gewinnung von Wasserstoff mittels Natrium.
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Unsere bisherigen Unterhaltungen über Chemie ragen nicht gerade über das hinaus, mit dem man sich in den beschreibenden Naturwissenschaften zu begnügen pflegt, aber Chemie und
Fig 17: Darstellung von Chlorwasserstoff-Gas.
Namen, abgekürzte Bezeichnungen und Atomgewichte (Atommassen) der Elemente
Element | Symbol | Atommasse | Element | Symbol | Atommasse |
Actinium | Ac | 227,00 | Meitnerium | Mt | 268,00 |
Aluminium | Al | 26,98 | Mendelevium | Md | 258,00 |
Americium | Am | 243,00 | Molybdän | Mo | 95,94 |
Antimon | Sb | 121,76 | Natrium | Na | 22,99 |
Argon | Ar | 39,95 | Neodym | Nd | 144,24 |
Arsen | As | 74,92 | Neon | Ne | 20,18 |
Astat | At | 210,00 | Neptunium | Np | 237,00 |
Barium | Ba | 137,33 | Nickel | Ni | 58,69 |
Berkelium | Bk | 247,00 | Niob | Nb | 92,91 |
Beryllium | Be | 9,01 | Nobelium | No | 259,00 |
Bismut | Bi | 208,98 | Osmium | Os | 190,23 |
Blei | Pb | 207,21 | Palladium | Pd | 106,42 |
Bohrium | Bh | 264,00 | Phosphor | P | 30,97 |
Bor | B | 10,81 | Platin | Pt | 195,08 |
Brom | Br | 79,90 | Plutonium | Pu | 244,00 |
Cadmium | Cd | 112,41 | Polonium | Po | 209,00 |
Caesium | Cs | 132,91 | Praseodym | Pr | 140,91 |
Calcium | Ca | 40,08 | Promethium | Pm | 145,00 |
Californium | Cf | 251,00 | Protactinium | Pa | 231,04 |
Cer | Ce | 140,12 | Quecksilber | Hg | 200,59 |
Chlor | Cl | 35,45 | Radium | Ra | 226,00 |
Chrom | Cr | 52,00 | Radon | Rn | 222,00 |
Cobalt | Co | 58,93 | Rhenium | Re | 186,21 |
Copernicium | Cn | 277,00 | Rhodium | Rh | 102,91 |
Curium | Cm | 247,00 | Roentgenium | Rg | 272,00 |
Darmstadtium | Ds | 281,00 | Rubidium | Rb | 85,47 |
Dubnium | Db | 262,00 | Ruthenium | Ru | 101,07 |
Dysprosium | Dy | 162,50 | Rutherfordium | Rf | 261,00 |
Einsteinium | Es | 252,00 | Samarium | Sm | 150,36 |
Eisen | Fe | 55,85 | Sauerstoff | O | 16,00 |
Erbium | Er | 167,26 | Scandium | Sc | 44,96 |
Europium | Eu | 151,96 | Schwefel | S | 32,07 |
Fermium | Fm | 257,00 | Seaborgium | Sg | 266,00 |
Fluor | F | 19,00 | Selen | Se | 78,96 |
Francium | Fr | 223,00 | Silber | Ag | 107,87 |
Gadolinium | Gd | 157,25 | Silicium | Si | 28,09 |
Gallium | Ga | 69,72 | Stickstoff | N | 14,01 |
Germanium | Ge | 72,64 | Strontium | Sr | 87,62 |
Gold | Au | 196,97 | Tantal | Ta | 180,95 |
Hafnium | Hf | 178,49 | Technetium | Tc | 98,00 |
Hassium | Hs | 277,00 | Tellur | Te | 127,60 |
Helium | He | 4,00 | Terbium | Tb | 158,93 |
Holmium | Ho | 164,93 | Thallium | Tl | 204,38 |
Indium | In | 114,82 | Thorium | Th | 232,04 |
Iod | I | 126,90 | Thulium | Tm | 168,93 |
Iridium | Ir | 192,22 | Titan | Ti | 47,87 |
Kalium | K | 39,10 | Uran | U | 238,03 |
Kohlenstoff | C | 12,01 | Vanadium | V | 50,94 |
Krypton | Kr | 83,80 | Wasserstoff | H | 1,01 |
Kupfer | Cu | 63,55 | Wolfram | W | 183,84 |
Lanthan | La | 138,91 | Xenon | Xe | 131,29 |
Lawrencium | Lr | 262,00 | Ytterbium | Yb | 173,04 |
Lithium | Li | 6,94 | Yttrium | Y | 88,91 |
Lutetium | Lu | 174,97 | Zink | Zn | 65,41 |
Magnesium | Mg | 24,31 | Zinn | Sn | 118,71 |
Mangan | Mn | 54,94 | Zirconium | Zr | 91,22 |
Atomgewichtstabelle |
Physik werden ja im Gegensatz zu ihnen als die exakten Naturwissenschaften bezeichnet.
Wollen wir jedoch exakte Naturwissenschaft treiben, so müssen wir in der Chemie die Waage zu Hilfe nehmen, dürfen uns nicht mehr damit begnügen, wie wir es eingangs getan haben, festzustellen, dass Schwefeleisen aus zwei Elementen besteht, sondern müssen feststellen, wie viel Schwefel und Eisen sich miteinander verbinden, ohne dass von einem Element etwas unverbunden übrig bleibt, aus wie viel Sauerstoff-Gas und Wasserstoff-Gas sich das Wasser zusammensetzt oder, wie man zu sagen pflegt, aus wie viel Prozent Quecksilber und wie viel Prozent Sauerstoff z. B. das ja von uns auch schon in Betracht gezogene Quecksilberoxid besteht.
Wollen wir nun z. B. l g Wasserstoff-Gas durch Eintauchen von Natriummetall in Wasser darstellen, so finden wir, dass dazu 23 g Natrium nötig sind. Chlorwasserstoff-Gas besteht natürlich aus Chlor und Wasserstoff, und bestimmen wir in ihm mithilfe der Waage, wie viel Chlor hier mit 1 g Wasserstoff verbunden ist, so finden wir 35,5 g Chlor, im Bromwasserstoff finden wir, dass es 80 g Brom sind, im Jodwasserstoff l27 g Jod. Chlor und Natrium vereinigen sich auch direkt zu Chlornatrium (Kochsalz), und dessen Analyse ergibt, dass hier auf 23 Teile Natrium 35,5 Teile Chlor kommen, ebenso finden wir im Bromnatrium auf 23 Teile Natrium 80 Teile Brom und im Jodnatrium 127 Teile Jod.
Wie wir sehen, kleben an den einzelnen Elementen, sobald wir die Waage zu Hilfe nehmen, sozusagen Zahlen, und das findet sich auch bei allen anderen Elementen, für die wir natürlich den Beweis aus Platzmangel hier nicht führen können, aber auch zu führen wohl nicht nötig haben. Bis jetzt bewegen wir uns ganz und gar auf dem Boden der Wirklichkeit, denn etwas Zuverlässigeres als die Waage, deren Zahlenergebnisse jeder jeden Tag von neuem aus ihre Richtigkeit prüfen kann, kann es ja gar nicht geben. Jetzt fragt es sich nur, ist der menschliche Geist imstande, sich darüber plausible Vorstellungen zu machen, weshalb wohl an jedem Element unter den angeführten Bedingungen sozusagen eine Zahl klebt. Das gelingt ihm nun mithilfe der Vorstellung von Atomen und Molekülen. Die Atom- und Molekulartheorie stellt sich dazu folgendermaßen:
Zwischen Chlor und Wasserstoff gibt es nur eine Verbindung, das Chlorwasserstoff-Gas. Dabei haben die Chemiker gerade hier ihren →