Rebekka Reinhard
WÜRDE
PLATON
PRADA
TRAGEN?
© Kay Blaschke
Dr. Rebekka Reinhard studierte Philosophie, Amerikanistik und Italianistik und promovierte über amerikanische und französische Gegenwartsphilosophie. Heute ist sie als philosophische Beraterin in eigener Praxis tätig. Auch arbeitet sie im klinischen Bereich sowie als Referentin, unter anderem in der ärztlichen Fortbildung und mit Führungskräften von Unternehmen. Ihr erstes Buch Die Sinn-Diät, erschienen 2009 im Ludwig Verlag, war ein Bestseller. Zuletzt erschien bei Ludwig Odysseus oder Die Kunst des Irrens.
Rebekka Reinhard
WÜRDE
PLATON
PRADA
TRAGEN?
Philosophische Überlebenstipps
für den Lifestyle-Dschungel
Mit Illustrationen der Autorin
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Ein Teil der Texte erschien bereits in der Zeitschrift
Madame und wurde für die Buchfassung überarbeitet.
Lektorat: Regina Carstensen, München
Copyright © 2011 by Ludwig Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München.
www.ludwig-verlag.de
Innenillustrationen: Rebekka Reinhard
Satz: Leingärtner, Nabburg
ePub-ISBN: 978-3-641-06332-0
V002
Vorwort
Apropos Schuhe
Apropos Männer
Apropos Faulheit
Apropos Technik
Apropos Unruhe
Apropos Familie
Apropos Schönheit
Apropos Zeitdruck
Apropos Ehe
Apropos Selbstliebe 1
Apropos Selbstliebe 2
Apropos Lebenssinn
Apropos Stil
Apropos Neinsagen
Apropos Anfang
Apropos Small Talk
Apropos Begierde
Apropos schlechtes Gewissen
Apropos Freundinnen
Apropos Glück
Apropos Lügen
Apropos Ungeduld
Apropos Birthday Party
Apropos gesunde Ernährung
Apropos Eifersucht
Apropos Verzeihen
Apropos Schnäppchen
Apropos Sehnsucht
Apropos Schenken
Apropos Hypochonder
Apropos Missverständnisse
Apropos Gelassenheit
Apropos Reisen
Apropos Vorfreude
Apropos Komplimente
Apropos Schwächen
Apropos Schüchternheit
Apropos Kunst
Apropos Genie
Apropos Zweifel
Apropos Rache
Apropos Muße
Apropos Hochmut
Apropos Menschenkenntnis
Apropos recht haben
Apropos Lust
Apropos Sport
Apropos Eitelkeit
Apropos Staunen
Apropos Zorn
Apropos Mode
Apropos Internet
Apropos Feigheit
Apropos Neid
Apropos Meditation
Apropos Selbstwertgefühl
Apropos Hoffnung
Webadressen
Danksagung
Die Autorin
I never think that people die.
They just go to department stores.
Andy Warhol
Sind Sie die perfekte Ehefrau, Freundin oder Mutter? Pendeln Sie schwerelos zwischen Kind und Karriere? Arbeiten Sie hart, auch an Ihrem Äußeren? Besitzen Sie Nerven aus Stahl? Haben oder hätten Sie gern eine Prada-Tasche? Wenn Sie mindestens zwei Fragen mit Jein beantwortet haben, gehören Sie dazu. Zu den modernen Frauen, die im Lifestyle-Dschungel ums Überleben kämpfen. Wo es von Plateau-Pumps und Lippenstiften nur so wimmelt. Wo sich hinter jedem Palmblatt ein launischer Vorgesetzter, ein unleidliches Kind oder eine permanent quasselnde Freundin verbirgt. Wo an jeder Ecke tausend Termine einzuhalten sind, vom Elternabend zur Telefonkonferenz, vom Business-Trip zum Kaffeekränzchen. Lassen Sie sich nicht einschüchtern. Setzen Sie Ihre Pilotenbrille auf und kämpfen Sie sich durchs Dickicht. Platon, Konfuzius und Co. helfen Ihnen, den Überblick zu behalten – und Ihren Sinn für Heiterkeit nicht zu verlieren.
Dieses Buch liefert Ihnen philosophische Gebrauchsanweisungen für jede Lebenslage. Profitieren Sie von den ewig gültigen Erkenntnissen legendärer Philosophen. Lernen Sie, gelassener zu werden – ob beim Schuhkauf oder in Gegenwart eines hypochondrischen Mannes. Üben Sie sich in der Kunst der Freundschaft, des Neinsagens oder des Hoffens. Erwerben Sie philosophische Lizenzen zum Faulsein, zur Schüchternheit und zum Ausrauben von Pralinenschachteln!
Männliche Leser finden in diesem Buch ein ideales Navigationssystem für die verschlungenen Pfade sogenannter Frauenthemen. Sie können die rätselhaften weiblichen Bedürfnisse, Ansprüche und Sehnsüchte aus nächster Nähe betrachten und dabei völlig unbemerkt bleiben. Und nebenher erfahren, was Prada mit Platon zu tun hat …
Zum Schluss verrate ich Ihnen noch ein Geheimnis: Philosophie muss keine schwer verdauliche Kost sein. Sie darf manchmal auch Spaß machen und sogar ein ganz kleines bisschen glamourös sein. Sie brauchen keinerlei Voraussetzungen, um von diesem Buch zu profitieren. Fangen Sie einfach von vorne, von hinten oder in der Mitte an zu lesen. Lesen Sie alle Seiten auf einmal oder eine Seite pro Tag, ganz wie Sie wünschen. Schon nach kurzer Zeit werden Sie Ihre Lust an der Philosophie entdecken.
Apropos Schuhe
Für die moderne Frau, die zwischen einem Paar Louboutins und dem Nichts natürlich die Louboutins wählt, bedeutet das Wort »Schuh« nichts anderes als »Habenwollen«. Ist die Idee des Habenwollens einmal in ihrem Kopf verankert, kennt sie kein Halten mehr. Die moderne Frau gürtet ihren Trenchcoat und stürmt die Boutiquen. Schuh um Schuh schmiegt sich an ihre zarten Fußsohlen, während der Verkäufer ihr ins Ohr haucht: »Tod’s … Lanvin … Jimmy Choo …« Zu Hause potenziert sich die Anzahl der Paare … 30, 88, 220 …, bis der begehbare Kleiderschrank unbegehbar wird. Die moderne Frau legt die frisch erstandenen Manolos beiseite und fängt an zu rechnen: »100 Paar sind mehr als 50 – aber 200 sind mehr als 100. 100 sind nichts im Vergleich zu 1000, und 1000 …« Hat sie erkannt, dass »mehr« immer »noch mehr« zur Folge hat, sammeln sich Tränen in ihren Augen. Die moderne Frau ist nicht dumm. Sie erinnert sich an Epikurs Worte: Wem wenig nicht genügt, dem genügt nichts. Sie setzt ihre Pilotenbrille auf und bringt die Manolos zurück. Das, was sie nun hat, ist tatsächlich wenig im Vergleich zu dem, was sie haben könnte …
Epikur (341 v. Chr.–270 v. Chr.) wählte einen Gewürz- und Gemüsegarten außerhalb Athens als Ort für seine Philosophieschule, zu der auch Sklaven und Frauen, darunter sogar ein paar Prostituierte, Zutritt hatten – ein damals revolutionärer Akt. Mit seiner Philosophie der Freude inspirierte er berühmte Römer wie Cicero, Horaz, Vergil oder Seneca. Allen, die schon immer wissen wollten, wie man sich von der Abhängigkeit von Äußerlichkeiten befreien kann, empfehle ich seine Spruchsammlung.
Apropos Männer
Was für Männer und Frauen allgemein gilt, gilt für die moderne Frau und den modernen Mann im Besonderen: Sie sind ziemlich gegensätzlicher Natur. Der moderne Mann verbringt seine Nächte am Wickeltisch – die moderne Frau stabilisiert den Aktienmarkt. Der moderne Mann glänzt mit weitschweifigen Schilderungen seines Innenlebens – die moderne Frau mit einem SUV. Der moderne Mann träumt von Romantik – die moderne Frau vom Erwerb eines Waffenscheins. Männer sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Sie beeindrucken uns nicht durch das, was sie haben. Sondern durch das, was sie nicht haben. Eine weithin sichtbare Oberarmmuskulatur. Macho-Allüren. Hohe Cholesterinwerte durch unausgewogene Ernährung. Zweit- und Drittehen. Die Männer von heute machen keinen Terror, wenn wir einmal ein Wochenende ganz für uns allein brauchen. Zwar wissen sie Eau de Toilette und Eau de Cologne nicht immer zweifelsfrei zu unterscheiden. Dafür braten sie uns ohne Murren ein ausgezeichnetes Schnitzel, wenn wir müde von der Arbeit kommen. Wir lieben sie für Eigenschaften, die den unseren widersprechen. Ist das logisch? David Hume sagt: Das Herz des Menschen ist so angelegt, dass es Widersprüche miteinander vereint.
David Hume (1711–1776), schottischer Philosoph und Politiker, ist der Hauptvertreter des englischen Empirismus. Im Gegensatz zu René Descartes vertrat er die These, dass unser Verhalten nicht vom Verstand regiert wird, sondern von unseren Leidenschaften gesteuert ist. All unsere Vorstellungen basieren nach Hume auf Sinneswahrnehmungen. Humes Schriften weckten Immanuel Kant aus seinem »dogmatischen Schlummer« und waren auch für Charles Darwin essenziell.
Apropos Faulheit
Sie glauben von sich, Sie seien faul? Sie glauben, ein Faulpelz zu sein, weil Ihre liebste Tätigkeit das Nichtstun ist? Weil es Sie größte Überwindung kostet, die von kuscheligen Nachmittagen übrig gebliebenen Schokoflocken von Ihrem Cardigan zu pusten? Weil Sie Ihre Pullover weder in die Reinigung bringen noch selbst waschen, sondern lieber fleckig m Schrank liegen lassen? Ihr Verdacht könnte begründet sein. Der Schlummer der Faulheit lähmt zwar die Tatkraft, befreit jedoch die Gedanken. Es könnte sein, dass Sie zwar faul sind, dafür aber eine große Denkerin. Gibt es etwas Bequemeres, als im Zustand der Faulheit über ein anstrengendes Thema nachzudenken – zum Beispiel über das Thema Arbeit? Die Gedanken über die Arbeit, die Sie auf Ihrem Kanapee ausbrüten, könnten zur Menschheitsgeschichte viel beitragen. Theoretisch. Ist ein fauler Mensch denn ein schlechter Mensch? Ein fauler Mensch ist zwar faul, aber gemütlich … Und ist gemütlich zu sein schlecht? Was ist denn überhaupt schlecht an der Faulheit? Schlecht ist, dass alle Faulheit ein Ende hat. Faulheit ist die Furcht vor der bevorstehenden Arbeit, sagt Marcus Tullius Cicero. Er hat nicht unrecht: Faulheit ist fein – Arbeit ist Pein!
Marcus Tullius Cicero (106 v. Chr.–43 v. Chr.) war Politiker, Schriftsteller und einer der glanzvollsten Redner Roms. Seine besondere Leistung liegt darin, das griechische Denken an die römische Welt vermittelt zu haben. Ciceros philosophische Schriften hatten eine außerordentliche Wirkungsgeschichte. »Cicero hat uns denken gelehrt« – so Voltaire. Allen von der Midlife-Crisis Geplagten empfehle ich seine Schrift Über das Alter, eine wertvolle Orientierungshilfe zum Thema »sinnerfülltes Leben«.