Gottfried Keller

Dietegen

Novelle

Gottfried Keller

Dietegen

Novelle

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019
1. Auflage, ISBN 978-3-962812-90-4

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Inhaltsverzeichnis

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Dietegen

An den Nor­d­ab­hän­gen je­ner Hü­gel und Wäl­der, an wel­chen süd­lich Seld­wy­la liegt, flo­rier­te noch ge­gen das Ende des fünf­zehn­ten Jahr­hun­derts die Stadt Rue­chen­stein im küh­len Schat­ten. Grau und fins­ter war das ge­dräng­te Kor­pus ih­rer Mau­ern und Tür­me, schlecht und recht die Rät und Bür­ger der Stadt, aber streng und mür­risch, und ihre Na­tio­nal­be­schäf­ti­gung be­stand in Aus­übung der ob­rig­keit­li­chen Au­to­ri­tät, in Hand­ha­bung von Recht und Ge­setz, Man­dat und Ver­ord­nung, in Er­lass und Voll­zug. Ihr höchs­ter Stolz war der Be­sitz ei­nes ei­ge­nen Blut­ban­nes, groß und dick, den sie im Ver­lauf der Zei­ten aus ver­schie­de­nen zer­streu­ten Blut­ge­rich­ten von Kai­ser und Reich so eif­rig und op­fer­freu­dig an sich ge­bracht und ab­ge­run­det hat­ten, wie an­de­re Städ­te ihre See­len­frei­heit und ir­di­sches Gut. Auf den Fels­vor­sprün­gen rings um die Stadt rag­ten Gal­gen, Rä­der und Richt­stät­ten man­nig­fa­cher Art, das Rat­haus hing voll ei­ser­ner Ket­ten mit Hals­rin­gen, ei­ser­ne Kä­fi­ge hin­gen auf den Tür­men, und höl­zer­ne Dreh­ma­schi­nen, worin die Wei­ber ge­drillt wur­den, gab es an al­len Stra­ßen­e­cken. Selbst an dem dun­kelblau­en Flus­se, der die Stadt be­spül­te, wa­ren ver­schie­de­ne Sta­tio­nen er­rich­tet, wo die Übel­tä­ter er­tränkt oder ge­schwemmt wur­den, mit zu­sam­men­ge­bun­de­nen Fü­ßen oder in Sä­cken, je nach der fei­ne­ren Un­ter­schei­dung des Ur­teils.

Die Rue­chen­stei­ner wa­ren nun nicht etwa ei­ser­ne, ro­bus­te und schreck­haf­te Ge­stal­ten, wie man aus ih­ren Nei­gun­gen hät­te schlie­ßen kön­nen; son­dern es war ein Schlag Leu­te von ganz ge­wöhn­li­chem, phi­lis­ter­haf­tem Aus­se­hen, mit run­den Bäu­chen und dün­nen Bei­nen, nur dass sie durch­weg lan­ge gel­be Na­sen zeig­ten, eben die­sel­ben, mit de­nen sie sich ge­gen­sei­tig das Jahr hin­durch be­schnarch­ten und an­herrsch­ten. Nie­mand hät­te ih­rem küm­mel­spal­te­ri­schen Leib­li­chen, wie es er­schi­en, so der­be Ner­ven zu­ge­traut, als zum An­schaun der un­auf­hör­li­chen Hochnot­pein­lich­keit er­for­der­lich wa­ren. Al­lein sie hat­ten’s in sich ver­bor­gen.

So hiel­ten sie ihre Ge­richts­bar­keit über ih­rem Weich­bil­de aus­ge­spannt gleich ei­nem Netz, im­mer auf einen Fang be­gie­rig; und in der Tat gab es nir­gends so ori­gi­nel­le und selt­sa­me Ver­bre­chen zu stra­fen wie zu Rue­chen­stein. Ihre un­er­schöpf­li­che Er­fin­dungs­ga­be in neu­en Stra­fen schi­en die­je­ni­ge der Sün­der or­dent­lich zu rei­zen und zum Wett­ei­fer an­zu­spor­nen; aber wenn den­noch ein Man­gel an Übel­tä­tern ein­trat, so wa­ren sie dar­um nicht ver­le­gen, son­dern fin­gen und be­straf­ten die Schel­men an­de­rer Städ­te; und es muss­te ei­ner ein gu­tes Ge­wis­sen ha­ben, wenn er über ihr Ge­biet ge­hen woll­te. Denn so­bald sie von ir­gend­ei­nem Ver­bre­chen, in wei­ter Fer­ne be­gan­gen, hör­ten, so fin­gen sie den ers­ten bes­ten Land­läu­fer und spann­ten ihn auf die Fol­ter, bis er be­kann­te oder bis es sich zu­fäl­lig er­wies, dass je­nes Ver­bre­chen gar nicht ver­übt wor­den. Sie la­gen we­gen ih­ren Kom­pe­tenz­kon­flik­ten auch im­mer im Streit mit dem Bun­de und den Or­ten und muss­ten öf­ter zu­recht­ge­wie­sen wer­den.

Zu ih­ren Hin­rich­tun­gen, Ver­bren­nun­gen und Schwem­mun­gen lieb­ten sie ein wind­stil­les, freund­li­ches Wet­ter, da­her an recht schö­nen Som­mer­ta­gen im­mer et­was vor­ging. Der Wan­de­rer im fer­nen Fel­de sah dann in dem grau­en Fel­sen­nest nicht sel­ten das Auf­blit­zen ei­nes Richt­schwer­tes, die Rauch­säu­le ei­nes Schei­ter­hau­fens, oder im Flus­se wie das glän­zen­de Sprin­gen ei­nes Fi­sches, wenn etwa eine ge­schwemm­te Hexe sich em­por­schnell­te. Das Wort Got­tes hät­te ih­nen übel ge­schmeckt ohne min­des­tens ein Lie­bespär­chen mit Stroh­krän­zen vor dem Al­tar und ohne Ver­le­sen ge­schärf­ter Sit­ten­man­da­te. Sons­ti­ge Freu­den, Fest­lich­kei­ten und Auf­zü­ge gab es nicht, denn al­les war ver­bo­ten in un­zäh­li­gen Man­da­ten.

Man kann sich leicht den­ken, dass die­se Stadt kei­ne wi­der­wär­ti­ge­ren Nach­ba­ren ha­ben konn­te als die Leu­te von Seld­wy­la; auch sa­ßen sie die­sen hin­ter dem Wal­de im Na­cken wie das böse Ge­wis­sen. Je­der Seld­wy­ler, der sich auf Rue­chen­stei­ner Bo­den be­tre­ten ließ, wur­de ge­fan­gen und auf den zu­letzt ge­ra­de vor­ge­fal­le­nen Fre­vel in­qui­riert. Da­für pack­ten die Seld­wy­ler je­den Rue­chen­stei­ner, der sich bei ih­nen er­wi­schen ließ, und ga­ben ihm auf dem Markt ohne wei­te­re Un­ter­su­chung, bloß weil er ein Rue­chen­stei­ner war, sechs Ru­ten­strei­che auf den Hin­tern. Dies war das ein­zi­ge Bir­ken­reis, was sie ge­brauch­ten, da sie sich selbst un­ter­ein­an­der nicht weh zu tun lieb­ten. Dann färb­ten sie ihm mit ei­ner höl­li­schen Far­be die lan­ge Nase schwarz und lie­ßen ihn un­ter schal­len­dem Ju­bel­ge­läch­ter nach Hau­se lau­fen. Des­halb sah man zu Rue­chen­stein im­mer ei­ni­ge be­son­ders mür­ri­sche Leu­te mit ge­schwärz­ten, nur lang­sam ver­blei­chen­den Na­sen her­um­ge­hen, wel­che wort­karg nach Ar­men­sün­der­blut schnup­per­ten.

Die Seld­wy­ler aber hiel­ten jene Farb­tun­ke stets be­reit in ei­nem ei­ser­nen Top­fe, auf wel­chen das Rue­chen­stei­ner Stadt­wap­pen ge­malt war und wel­chen sie den »freund­li­chen Nach­bar« be­nann­ten und samt dem Pin­sel im Bo­gen des nach Rue­chen­stein füh­ren­den To­res auf­hän­gen. War die Bei­ze auf­ge­trock­net oder ver­braucht, so wur­de sie un­ter när­ri­schem Auf­zug und Ge­la­ge er­neu­ert zum Scha­ber­nack der ar­men Nach­ba­ren. Hier­über wur­den die­se ein­mal so er­grimmt, dass sie mit dem Ban­ner aus­zo­gen, die Seld­wy­ler zu züch­ti­gen. Die­se, noch recht­zei­tig un­ter­rich­tet, zo­gen ih­nen ent­ge­gen und grif­fen sie un­er­schro­cken an. Al­lein die Rue­chen­stei­ner hat­ten ein Dut­zend grau­bär­ti­ge ver­wit­ter­te Stadt­knech­te, wel­che neue Stri­cke an den Schwert­ge­hän­gen tru­gen, ins Vor­der­tref­fen ge­stellt, wor­über die Seld­wy­ler eine sol­che Scheu er­griff, dass sie zu­rück­wi­chen und fast ver­lo­ren wa­ren, wenn nicht ein gu­ter Ein­fall sie ge­ret­tet hät­te; denn sie führ­ten spa­ßes­hal­ber den »freund­li­chen Nach­bar« mit sich und statt des Ban­ners einen lan­gen un­ge­heu­ren Pin­sel. Die­sen tauch­te der Trä­ger voll Geis­tes­ge­gen­wart in die schwar­ze Wich­se, sprang mu­tig den vor­ders­ten Fein­den ent­ge­gen und be­strich blitz­schnell ihre Ge­sich­ter, al­so­dass alle, die zu­nächst von der ver­ab­scheu­ten Schwär­ze be­droht wa­ren, Reiß­aus nah­men und kei­ner mehr der vor­ders­te sein woll­te. Dar­über ge­riet ihre Schar ins Schwan­ken; ein un­be­stimm­ter Schreck er­griff die hin­te­ren, wäh­rend die Seld­wy­ler er­mu­tigt wie­der vor­dran­gen un­ter wil­dem Ge­läch­ter und die Rue­chen­stei­ner ge­gen ihre Stadt zu­rück­dräng­ten. Wo die­se sich zur Wehr setz­ten, rück­te der ge­fürch­te­te Pin­sel her­bei an sei­nem lan­gen Stie­le, wo­bei es kei­nes­wegs ohne ernst­haf­ten Hel­den­mut zu­ging; schon zwei­mal wa­ren die ver­we­ge­nen Pin­sel­trä­ger von Pfei­len durch­bohrt ge­fal­len, und je­des Mal hat­te ein an­de­rer die selt­sa­me Waf­fe er­grif­fen und von neu­em in den Feind ge­tra­gen.

Am Ende aber wur­den die Rue­chen­stei­ner gänz­lich zu­rück­ge­schla­gen und flo­hen mit ih­rem Ban­ner in hel­lem Hau­fen durch den Wald zu­rück, die Seld­wy­ler auf den Fer­sen. Sie konn­ten sich mit Not in die Stadt ret­ten und das Tor schlie­ßen, wel­ches ihre Ver­fol­ger samt der Zug­brücke so lan­ge mit dem ver­wünsch­ten Pin­sel schwarz be­klecks­ten, bis jene sich et­was ge­sam­melt und die lär­men­den Ma­ler mit Kalk­töp­fen be­war­fen.

Weil nun ei­ni­ge an­ge­se­he­ne Seld­wy­ler in der Hit­ze des An­dran­ges in die Stadt ge­ra­ten und dort ab­ge­schlos­sen, da­für aber auch ein Dut­zend Rue­chen­stei­ner von den Sie­gern ge­fan­gen wor­den wa­ren, so ver­glich man sich nach ei­ni­gen Ta­gen zur Aus­wechs­lung die­ser Ge­fan­ge­nen, und hieraus ent­stand ein förm­li­cher Frie­dens­schluss, so gut es ge­hen woll­te. Man hat­te sich bei­der­sei­tig et­was aus­ge­tobt und emp­fand ein Be­dürf­nis ru­hi­ger Nach­bar­schaft. So wur­de ein freund­nach­bar­li­ches Be­neh­men ver­hei­ßen; zum Be­ginn des­sel­ben ver­spra­chen die Seld­wy­ler den ei­ser­nen Topf aus­zu­lie­fern und für im­mer ab­zu­schaf­fen, und die Rue­chen­stei­ner soll­ten da­ge­gen auf je­des ei­gen­mäch­ti­ge Straf­ver­fah­ren ge­gen spa­zie­ren­de Seld­wy­ler fei­er­lich Ver­zicht leis­ten so­wie die dies­fäl­li­gen Rech­te über­haupt sorg­fäl­tig aus­ge­schie­den wer­den.

Zur Be­stä­ti­gung sol­chen Übe­rein­kom­mens wur­de ein Tag an­ge­setzt und die Ber­g­lich­tung zur Zu­sam­men­kunft ge­wählt, auf wel­cher das Haupt­tref­fen statt­ge­fun­den hat­te. Von Rue­chen­stein fan­den sich ei­ni­ge jün­ge­re Rats­her­ren ein; denn die Al­ten brach­ten es nicht über sich, in Min­ne mit den Leu­ten von Seld­wy­la zu ver­keh­ren. Die­se er­schie­nen auch wirk­lich in zahl­rei­cher Ab­ord­nung, brach­ten den »freund­li­chen Nach­bar« mit lus­ti­gem Auf­wand und führ­ten ein Fäss­chen ih­res äl­tes­ten Stadt­wei­nes mit, nebst ei­ni­gen schö­nen sil­ber­nen und ver­gol­de­ten Ehren­ge­schir­ren. Da­mit be­tör­ten sie denn die jun­gen Rue­chen­stei­ner Her­ren, de­nen ein un­ge­wohn­ter Son­nen­blick auf­ging, so glück­lich, dass sie sich ver­lei­ten lie­ßen, statt un­ver­weilt heim­zu­keh­ren, mit den Ver­füh­rern nach Seld­wy­la zu ge­hen. Dort wur­den sie auf das Rat­haus ge­lei­tet, wo ein ge­hö­ri­ger Schmaus be­reit war; schö­ne Frau­en und Jung­frau­en fan­den sich ein, im­mer meh­re­re Stäuf­fe, Köp­fe, Scha­len und Be­cher wur­den auf­ge­setzt, so­dass über all dem Glän­zen der feu­ri­gen Au­gen und des ed­len Me­tal­les die ar­men Rue­chen­stei­ner sich selbst ver­ga­ßen und ganz gu­ter Din­ge wur­den. Sie san­gen, da sie nichts an­de­res konn­ten, einen la­tei­ni­schen Psalm um den an­dern zwi­schen die Zech­lie­der der Seld­wy­ler und en­de­ten höchst leicht­sin­nig da­mit, dass sie die­se drin­gend ein­lu­den, ih­rer Stadt mit ih­ren Frau­en und Töch­tern einen Ge­gen­be­such zu ma­chen, und ih­nen den freund­lichs­ten Empfang ver­spra­chen. Hier­auf er­folg­te die ein­mü­ti­ge Zu­sa­ge, hier­auf neu­er Ju­bel, kurz, die Ge­schäfts­her­ren von Rue­chen­stein ver­ab­schie­de­ten sich in voll­stän­di­ger Se­lig­keit und hiel­ten sich, Schnipp­chen schla­gend, dazu noch für glück­li­che Ero­be­rer, als die la­chen­den Da­men ih­nen bis zum Tore das Ge­leit ga­ben.

Frei­lich ver­zog sich das lieb­li­che Ant­litz der Sa­che, als die fröh­li­chen Her­ren am an­dern Tage in ih­rer fins­te­ren Stadt er­wach­ten und nun Be­richt er­stat­ten muss­ten über den gan­zen Her­gang. We­nig fehl­te, als sie zum Punk­te der Ein­la­dung ge­die­hen, dass sie nicht als Be­hex­te in­haf­tiert und un­ter­sucht wur­den. In­des­sen fühl­ten sie auch ob­rig­keit­li­ches Blut in ih­ren Adern, und ob­gleich sie das Ding selbst schon ge­reu­te, so blie­ben sie doch fest bei der Stan­ge, ihr ge­ge­be­nes Wort zu lö­sen, und stell­ten den Al­ten vor, wie die Ehre der Stadt es schlech­ter­dings er­for­de­re, die Seld­wy­ler gut zu emp­fan­gen. Sie ge­wan­nen einen An­hang un­ter der Bür­ger­schaft, vor­züg­lich durch ihre Be­schrei­bung des rei­chen Stadt­ge­rä­tes, wo­mit die Seld­wy­ler so her­aus­for­dernd ge­prahlt hät­ten, so­wie durch das Heraus­strei­chen ih­rer Frau­en und de­ren zier­li­cher Klei­dung. Die Män­ner fan­den, das dür­fe man sich nicht bie­ten las­sen, man müs­se den ei­ge­nen Reich­tum da­ge­gen auf­ti­schen, der in den ei­ser­nen Schrän­ken funkle, und die Frau­en juck­te es, die stren­gen Klei­der­man­da­te zu um­ge­hen und un­ter dem Deck­man­tel der Po­li­tik sich ein­mal tüch­tig zu schmücken und zu put­zen. Denn das Zeug dazu hat­ten sie alle in den Tru­hen lie­gen, sonst wä­ren ih­nen die stren­gen Ver­ord­nun­gen längst un­er­träg­lich ge­we­sen und durch ihre Macht ge­stürzt wor­den.

Der Empfang der neu­en Freun­de und al­ten Wi­der­sa­cher ward also durch­ge­setzt, zum großen Ver­druss der Be­jahr­te­ren. Auch be­schlos­sen die­se so­gleich, den är­ger­li­chen Tag durch eine vor­zu­neh­men­de Hin­rich­tung zu fei­ern und da­mit eine zu leb­haf­te Fröh­lich­keit heil­sam und wür­dig zu dämp­fen. Wäh­rend die jün­ge­ren Her­ren mit den Zu­rich­tun­gen zum Fes­te be­tä­tigt wa­ren, tra­fen jene in al­ler Stil­le ihre An­stal­ten und nah­men einen ganz jun­gen, un­mün­di­gen ar­men Sün­der beim Kra­gen, der ge­ra­de im Net­ze zap­pel­te. Es war ein bild­schö­ner Kna­be von eilf Jah­ren, des­sen El­tern in krie­ge­ri­schen Zeit­läuf­ten ver­schol­len wa­ren und der von der Stadt er­zo­gen wur­de. Das heißt, er war ei­nem nie­der­träch­ti­gen und bö­sen Bet­tel­vogt in die Kost ge­ge­ben, wel­cher das schlan­ke, wohl­ge­bil­de­te und kraft­vol­le Kind fast wie ein Haus­tier hielt und da­bei an sei­ner Frau eine wa­cke­re Hel­fe­rin fand. Der Kna­be wur­de Die­te­gen ge­nannt, und die­ser Tauf­na­me war sein gan­zes Hab und Gut, sein Mor­gen- und Abend­se­gen und sein Rei­se­geld in die Zu­kunft. Er war er­bärm­lich ge­klei­det, hat­te nie ein Sonn­tags­ge­wand be­ses­sen und wür­de an den Fei­er­ta­gen, wo al­les bes­ser ge­klei­det ging, in sei­nem Jam­mer­ha­bit­chen wie eine Vo­gel­scheu­che aus­ge­se­hen ha­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­