Über dieses Buch
Tan-Dom basiert auf dem schamanische Heilwissen der mongolischen Nomaden. Tan bedeutet Arznei, Dom Behandlung – in der Kombination bedeutet es Heilung. Ojuna Altangerel-Wodnar integriert diese alte Weisheit in die moderne Schulmedizin und verbindet dadurch die Seelenebene mit der Körperebene.
Wie eine Brücke zwischen diesen beiden Welten zeigt sie einen ganz neuen Weg im Umgang mit Krankheiten auf: Jede Krankheit hat in diesem Heilverständnis ihren Sinn. Sie ist keine Strafe, kein Zufall und kein Pech, sondern eine Art Wegweiser. Denn sie macht uns auf Dinge aufmerksam, die wir ohne sie nicht bemerkt hätten.
»Ich schaue hinter die Generationen. Ich sehe, wo Krankheit entstanden ist, warum sie ausgerechnet jetzt und bei diesem Patienten ausbricht, und ich weiß, wie er sich davon befreien oder wenigstens gut damit leben kann.« Ojuna Altangerel-Wodnar
Über die Autorin:
Ojuna Altangerel-Wodnar ist approbierte Ärztin und Schamanin. Sie stammt aus dem Stamm der Burjaten, einem Nomadenvolk am Baikalsee. Die erste einer Reihe großer schamanischer Lehrer war ihre Großmutter, ebenfalls Schamanin, bei der die Autorin ihre Kindheit und Jugend in der Steppe verbrachte. Medizin studierte sie an der Universität in Halle an der Saale. Auf Basis ihrer nomadischen Wurzeln und ihrer wissenschaftlichen Ausbildung verbindet Ojuna Altangerel-Wodnar in ihrer Arbeit Elemente der schamanischen Mystik mit Erkenntnissen der westlichen Schulmedizin.
Lange Jahre betrieb sie eine sehr erfolgreiche Praxis in Tübingen, wo sie auch vier Kinder aufzog. Mit ihrem heutigen Mann, dem Österreicher Michael Wodnar, lebt und arbeitet sie nun in der Schweiz und pendelt zwischen ihren zwei Praxen am Bodensee und in Wien. Eine andere Art von Nomadenleben.
https://www.tan-dom.com/
Ojuna Altangerel-Wodnar
––––– Tan-Dom-Medizin –––––
Wie die Seele
durch den Körper
spricht
Ein neuer Blick auf Krankheit und Heilung
von einer mongolischen Schamanin und Ärztin
Aufgeschrieben von
Andrea Fehringer und Thomas Köpf
Haftungsausschluss
Die in diesem Buch vorgestellten Informationen und Empfehlungen sind nach bestem Wissen und Gewissen geprüft. Dennoch übernehmen die Autorin und der Verlag keinerlei Haftung für Schäden irgendwelcher Art, die sich direkt oder indirekt aus dem Gebrauch der hier beschriebenen Anwendungen ergeben. Bitte nehmen Sie im Zweifelsfall bzw. bei ernsthaften Beschwerden immer professionelle Diagnose und Therapie durch ärztliche oder naturheilkundliche Hilfe in Anspruch.
Hinweis: Der besseren Lesbarkeit wegen wird in diesem Buch das generische Maskulinum verwendet, dennoch beziehen sich die Angaben in der Regel immer auf beide Geschlechter. Die Namen in den Fallbeispielen sind aus personenschutzrechtlichen Gründen geändert, was jedoch keinerlei Einfluss auf die Authentizität der angeführten Fälle hat.
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Copyright © 2021 by Integral Verlag, München,
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München
Alle Rechte sind vorbehalten. Redaktion: Ralf Lay, Mönchengladbach
Umschlaggestaltung: Guter Punkt GmbH & Co. KG, München
unter Verwendung eines Fotos von Michael Wodnar
Projektleitung: Michael Wodnar
Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering
ISBN 978-3-641-27008-7
V002
www.Integral-Lotos-Ansata.de
www.facebook.com/Integral.Lotos.Ansata
Bis zu diesem Buch durfte ich nicht über mein Wissen reden. Es ist eine Kraft, die nicht gefährdet werden darf. Heute habe ich die Erlaubnis, dieses Wissen weiterzugeben. An jeden, der bereit ist, über die Grenzen des Sichtbaren hinauszudenken und eine größere Ordnung hinter den Dingen anzuerkennen.
Dieses Buch ist ein Appell an die Mütter.
Ich widme es meinen drei geliebten Brüdern Altangerel Orgilgerel (1956–2005), Altangerel Odgerel (1957–1999) und Altangerel Chuluunbat (1961–1984). Sie stehen hinter mir gemäß den Bedeutungen ihrer Namen: Orgilgerel wie der Gipfel des höchsten Berges in der Mongolei, Odgerel wie das Licht des leuchtenden Sterns und Chuluunbat fest und sicher wie ein Stein. In Liebe stehen sie mir bei und begleiten mich auf allen meinen Wegen.
Inhalt
Teil 1
Meine Welt
Meine Anfänge
Meine Ausbildung
Mein Wissen
Mein Wollen
Mein Können
Teil 2
Meine Erkenntnisse
Meine Therapie
Meine Basis
Geburt, Leben, Tod
Meine Fälle
Angst und ihre Folgen
Plötzliche Depression
Rheuma, Ausdruck von Kummer und Gram
Diabetes, Symptom der Heimatlosigkeit
Notkaiserschnitt: Geburt ist Frauensache
Weisheitszähne, Symbol für den Biss im Leben
Drogensucht, Sehnsucht nach der Vaterliebe
Waisenschicksal, ein Wiederholungsmuster
Impfungen, Für und Wider
Morbus Parkinson, eine schicksalhafte Krankheit
Krebs, Bumerang für die nächste Generation
Psychose, Seelentreffen im Gehirn
Meine Arbeit mit der Pandemie
Ein Weltverbesserer namens Corona
Mein Dank
Meine Vita
Bildnachweis
Teil 1
Meine Welt
Tan-Dom. Ich vermute, Sie haben noch nie davon gehört. Die Worte sind aus dem Mongolischen, und über das, was sie bedeuten, ist hier in Westeuropa kaum etwas bekannt. Wie in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) geht es um jahrtausendealtes Wissen, teilweise sogar mit denselben Mitteln oder Methoden. Auch wir kennen die Puls- und Zungendiagnose, auch wir helfen mit Kräutern und Pflanzenstoffen.
Es hat auch bei der TCM lange gedauert, bis man sich bei der Akupunktur ohne mulmiges Gefühl Nadeln in den Körper stechen ließ und sich nicht mehr vorkam wie ein Igel, wenn man damit zwanzig Minuten lang, ohne sich zu bewegen, auf einer Liege lag. Das alte chinesische Wissen hat sich im Westen nun durchgesetzt und ist als Alternativmedizin anerkannt. Über das alte Wissen der Mongolen hingegen hört man im Westen nichts. Nichts über ihre Kultur, ihre Lehren, ihre Geheimnisse. Irgendwo weit hinten galoppiert vielleicht noch der Name Dschingis Khan durchs Gedächtnis, und das war’s dann.
Gut, Tan-Dom also.
Das Prinzip ist fast so alt wie der Ayurveda, der mit seinen Wurzeln bis ins sechste Jahrtausend vor Christus als die älteste aller überlieferten Heilkünste gilt. So gesehen ist die Schulmedizin ein junges Gemüse gegen die ayurvedische, tibetische, koreanische, chinesische, mongolische und auch die griechische Medizin, obwohl auch schon die Kelten über die Kräuterheilkunde Bescheid wussten. Hier im Westen mussten diese Heilmethoden zurücktreten, damit sich die moderne Medizin entwickeln konnte. Nun kann das Wissen aus allen Richtungen wieder zusammenkommen. Globalisierung auf Medizinisch sozusagen. Vielleicht gelingt es mit diesem Buch, einen Beitrag dazu zu leisten.
Tan-Dom. Zwei Worte, hinter denen sich eine ganz neue Welt auftut. Die Welt der Traditionellen Mongolischen Medizin, wenn Sie so wollen, obwohl es diesen Begriff offiziell nicht gibt. Die Welt, die sich hier öffnet, ist meine Welt. Ich darf mich vorstellen: Mein Name ist Ojuna Altangerel-Wodnar, ich bin approbierte Ärztin mit jahrzehntelanger Praxiserfahrung und Schamanin mit mongolischen Wurzeln.
Mit diesem Buch möchte ich die Wissenslücke schließen. Ich möchte mit einer Art des Heilens bekannt machen, die die Schulmedizin nicht ausschließt oder ersetzt, sondern bereichert.
Es ist also ein heilsames Buch.
Tan-Dom ist eine Nomadenmedizin. Als Mongolin habe ich über meine Ahnen und in meinen Genen ein ganz bestimmtes Wissen mitgebracht. Dieses Wissen integriere ich in die westliche Medizin. Es ist also nichts Besseres, es ist nur eine andere Dimension, findet auf einer anderen Ebene statt.
Der Begriff Tan-Dom kommt von Arznei, dem Tan, und Behandlung, dem Dom. In der Kombination bedeutet es Heilung. Die Worte stammen aus dem Mongolischen, wie ich. Ich wende diese Heilkunst in Kombination mit der Schulmedizin an, die eine Tan-Medizin ist, eine Behandlungsmedizin. Als Ärztin arbeite ich auf Körperebene, mit meinem Wissen aus den schamanischen Traditionen auf Seelenebene. Ich bin sozusagen die Brücke zwischen diesen beiden Welten und zeige einen gänzlich neuen Weg im Umgang mit Krankheiten auf.
Allem voran: Krankheit ist nichts Böses.
Jeder, der schon einmal Schmerzen gelitten, vielleicht sogar um sein Leben gefürchtet hat, wird mir vermutlich nicht auf Anhieb recht geben. Aber so eindimensional wortwörtlich meine ich das auch nicht. Natürlich empfindet man Krankheit nicht als Wohltat, wenn der Körper schmerzt und nicht mehr so funktioniert, wie er sollte. Selbstverständlich ist Freude nicht das aufdringlichste Gefühl, wenn die Psyche verletzt und durcheinander ist.
Trotzdem hat jede Krankheit ihren Sinn. Sie ist kein Zufall, sie ist kein Pech und schon gar keine Strafe. Sie ist eine Art Wegweiser. Sie macht auf Dinge aufmerksam, die man ohne sie nicht bemerkt hätte.
Deshalb gibt es nicht nur den einen Umgang mit ihr: sie auszutreiben, wegzupeitschen und loszuwerden, schnell, brachial und mit allen Mitteln. Das ist nicht mehr, als den Körper zu reparieren. Heilen ist etwas Umfassendes. Heilen, um es kurz zu machen, geht anders.
Heilen ist nicht Sache der Ärzte, sondern der Patienten. Die beiden helfen zusammen. Die Ärzte erledigen, was mit den Wundern der Technik und des Fortschritts möglich ist, aber ohne die eigene Heilkraft des Menschen sind sie letztlich machtlos. Diese Heilkraft zu wecken, hat die Schulmedizin noch nicht wirklich geschafft. Sie weiß, dass die Psyche mithilft, wenn der Körper angegriffen ist, aber von der Seele versteht sie noch wenig. Viele Schulmediziner lassen nicht gelten, dass es überhaupt eine gibt; immer mehr von ihnen beginnen allerdings zu zweifeln; und einige sind schon dabei, die Wissenschaft mit dem Unsichtbaren bekannt zu machen.
Meine Erfahrung ist: Um geheilt zu werden, muss man auf die Krankheit zugehen. Ihr die Hand reichen: Guten Tag, du bist mein Rückenleiden, was möchtest du mir denn sagen?
Die Antwort kann einen überraschen. Denn es geht sehr oft nicht um einen selbst. Eigentlich nie.
Das liegt daran, dass in meiner Welt niemand allein ist, niemand ist eine Insel. Und auch hier meine ich nicht unbedingt das, was in der Esoterikszene damit gemeint ist: Jeder ist mit jedem verbunden. In gesundheitlicher Hinsicht muss die Verbindung innerhalb des familiären Gebäudes intakt und niemand darf ausgeschlossen sein. Und dieses Gebäude ist riesengroß.
Stellen wir uns das einmal vor wie eine klassische Familienvilla gigantischen Ausmaßes. Ein Haus der Generationen, und zwar so vieler, wie es eben gibt. Sämtliche Ahnen dieser jahrhundertelangen Reihe haben noch Zimmer in diesem Haus, alle Seelen leben unter einem gemeinsamen Dach. Wenn jetzt keiner aus den späteren Generationen weiß, wer im Mansardenkämmerchen 1294 oben fast unterm Dach wohnt und warum er nie daheim ist, tut das der Gesundheit nicht gut. Man fühlt sich nicht vollständig, es fehlt einem was. Vielleicht hat man auch jemanden unten im dritten Kellergeschoss vergessen und aus der Gemeinschaft ausgesperrt, das tut auch weh.
Es mag ein einfaches Bild sein, aber es ist das, worauf es ankommt. Die Ahnenreihe muss vollständig und in Ordnung sein. Und Ordnung ist dabei das entscheidende Wort. Es ist eine höhere Ordnung, es ist die Ordnung, der ich diene.
Tan-Dom ist kein Hokuspokus einer selbst ernannten Therapeutin, es ist kein Herumrühren in der Esoterik, und es hat auch keinen spirituellen Hintergrund. Meine Arbeit fußt auf Empirie und damit auf den Grundlagen der Wissenschaft.
Ich gebe Einblicke in die Traditionen eines uralten Volkes und in die Arbeit einer modernen Frau, die sie heute anwendet. Ich habe in Halle an der Saale Medizin studiert. Und ich wurde von Schamanen in der mongolischen Heilkunst ausgebildet. Ich bin das Bindeglied von der schamanischen Mystik zur westlichen Schulmedizin. Ich beherrsche die Skills aus beiden Welten und wende sie beide in der Praxis an. Tan-Dom ist meine Art, hinter die Krankheiten zu schauen und Menschen zu helfen, sich selbst zu heilen.
Tan, die Arznei, und Dom, die Behandlung. Klingt wie das, was unsere praktischen Ärzte nebenan auch machen. Und doch ist es vollkommen anders. Tan-Dom ist nachhaltige Gesundheit und passt damit genau in unsere Zeit. Minimalistisch leben, möglichst wenig tun, nicht über Gebühr in die Natur eingreifen, auch in der Medizin.
Tan-Dom ist individuelle Medizin, eine Handwerksmedizin, maßgeschneidert auf jeden Patienten. Ich arbeite am Leib und an der Seele der Patienten. Und ich arbeite mit Leib und Seele. Meine Hände sind meine Körperscanner. Puls-, Zungen-, Iris-, Handlinien- und Gesichtsdiagnose sind meine Werkzeuge, die Seele ist mein Stethoskop.
Tan-Dom befolgt keine vorgegebenen Leitsätze, es diagnostiziert nicht nach Laborwerten, eigentlich diagnostiziere ich gar nicht. Denn Diagnose und Krankheit sind zweierlei. Zwischen diesen beiden Worten liegt der Weg in eine gesunde Zukunft. Die Diagnose hilft nicht aus der Krankheit, es ist die Krankheit, die zur Gesundheit führt.
Die Diagnose ist nur ein Name. Aber es ist egal, wie die Krankheit heißt.
Um zu verstehen, was Tan-Dom wirklich ist, was es tatsächlich bewirkt, lasse ich mir über die Schulter schauen. Genau das mache auch ich bei meinen Patienten, ich schaue ihnen über die Schulter auf die Krankheit, auf deren seelischen Ursprung. Ich schaue hinter die Generationen, entlang der Ahnenreihe. Ich sehe, wo Krankheit entstanden ist, ich kann erkennen, warum sie ausgerechnet jetzt und bei diesem Patienten ausbricht, und ich weiß, wie er sich davon befreien oder wenigstens gut damit leben kann. Das ist es, was ich den Menschen beibringen will.
Im Westen sprechen wir manchmal von Krankheit als Chance. Nach schamanischem Verständnis ist Krankheit sogar ein Geschenk. Sie ist eine Energie, die sich umwandeln lässt, um die Dinge von der Wurzel an zum Besseren zu wenden.
Das Rezept dafür heißt: dahinterschauen und annehmen.
Was man dahinter sieht, ist faszinierend. Kinder nehmen Krankheiten stellvertretend für ihre Eltern auf sich. Familiengeheimnisse sind Grund für Leiden, sie nicht zu lüften macht noch Generationen später krank. Es geht um Entscheidungen, zu denen man stehen, um Fehler, die man verantworten muss. Es geht um Tote, die keinen Frieden finden, und Ahnen, die keinen Platz in den Herzen ihrer Nachfahren haben. Es geht darum, vergessene Seelen ins Herz zu nehmen und sich mit allen zu versöhnen, ungeachtet ihrer Schuld und ihrer Schwächen. Versäumt man das, erinnert eine Krankheit an diese höhere Ordnung.
Dass sie so oft Kinder trifft, liegt nicht daran, dass die Familienordnung gemein und ungerecht ist, sondern daran, dass Krankheiten an Kindern am meisten auffallen. In so jungen Jahren muss ein Mensch an nichts leiden außer an den Kinderkrankheiten. Aus ihnen lernt er das, was er braucht. Erkranken Kinder an etwas anderem, hat das nichts mit ihnen zu tun, sondern immer mit jemandem aus der Familienvilla.
Dahinterschauen und annehmen, das ist die wahre Prophylaxe.
Aus westlichem Blickwinkel ist mein Ansatz revolutionär, ja, so möchte ich es in aller Bescheidenheit nennen. Um ihn ganz zu begreifen, muss man sich einer unbekannten Kultur und einer neuen Sichtweise öffnen. Die Brillengläser dafür gibt es nicht im Handel. Es ist der Blick, den mich die Steppe der Mongolei gelehrt hat, das Nomadenleben, das ich in den ersten acht Jahren meines Lebens und in vielen Sommermonaten meiner Kindheit und Jugend im Stamm der Burjaten am Baikalsee, dem meine Familie entstammt, geführt habe. Meine Großmutter brachte mir das alte Wissen bei. Sie war Heilerin, die erste einer langen Kette von Lehrern. Als sie mich einmal dabei ertappte, wie ich mit ein paar zusammengeklaubten Utensilien Arzt spielte, sagte sie: »Arzt spielt man nicht, zum Arzt wird man geboren.«
Heilerin zu sein ist ganz einfach, erklärte sie mir: »Du gehst den Weg für deine Patienten vor und schaust, ob von rechts oder links ein Tiger kommt oder eine Schlange vor dir rennt. Wenn nicht, gehst du weiter und schaust, ob ein Wolf lauert. Wenn nicht, kannst du diesen Weg empfehlen. Es hilft nichts, wenn du einen Menschen an den Füßen reißt, wenn sein Kopf im Tigermund steckt. So muss ein Schamane sein, du musst den Weg vorher erst selbst gehen. Ich würde dir das gern ersparen, aber das geht nicht. Auch du musst durch schwere Krankheit hindurch.«
Pest, Cholera, Typhus, Syphilis oder Tuberkulose (Tbc) sind der Menschheit schicksalhaft gegeben. Sie sind vielfach Ursprünge der vielen Krankheiten und Diagnosen, mit denen wir es heutzutage zu tun haben. Krebs tritt, um ein Beispiel zu nennen, oft in Tbc-vorbelasteten Familien auf. Auf diese Ursprünge müssen wir schauen. Es ist wie eine tiefer gehende Anamnese bis zurück in die Eingeweide der Ahnen und deren Ahnen und deren … Sofort mit dem »Gesundmachen« loszulegen ist nicht Heilung. Der Arzt muss lernen, sich zurückzuziehen und vorerst nur die Angst vor der Krankheit zu behandeln. Die Angst darf er eliminieren, die Krankheit nicht.
Die Krankheit kommt nicht zum Arzt, sondern zu den Patienten. Sie sollten sie nicht nur begrüßen, vor ihr müssen sie sich verneigen. Darum geht es. Und damit ist schon alles gesagt. Eigentlich brauchte das Buch nicht mehr als zehn Seiten.
Als Arzt diene man den Menschen in Demut, sagte meine Oma, man diene mutig, man sei niemals geizig in der Hingabe und niemals gierig beim Heilen.
Sätze wie diese haben mich zu der Ärztin gemacht, die ich heute bin. Die Schulmedizin engstirnig zu sehen ist dabei nicht meine Sache. Ist eine Chemotherapie nötig, rate ich dazu. Ist eine Operation unumgänglich, überweise ich an die Kollegen in der Chirurgie. Ist ein Antibiotikum ratsam, verschreibe ich es. Ist eine Impfung hilfreich, empfehle ich sie.
Seit drei Jahrzehnten praktiziere ich nach der Tan-Dom-Methode. Ich habe Tausende Patienten behandelt, viele davon haben sich von ihren Krankheiten befreit, viele davon leben besser mit ihnen. Nun möchte ich mein Wissen seitenweise weitergeben. Schwarz auf weiß zeigen, wie man seine innersten Heilkräfte entdeckt. Es sind körpereigene Kräfte, die man aktiviert, aber es ist die Seele, die heilt.
Mit diesem Buch ist es wie mit Tan-Dom. Die Leser schauen hinter die Dinge. Durch meine Augen. In eine neue Welt.