„Die hemmungslosen Sieben (7)“ von Benjamin Larus
herausgegeben von: Club der Sinne®, Allee der Kosmonauten 28a, 12681 Berlin, April 2013
zitiert: Larus, Benjamin: Die hemmungslosen Sieben (7), 1. Auflage
© 2013
Club der Sinne®
Inh. Katrin Graßmann
Allee der Kosmonauten 28a
12681 Berlin
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Stand: 01. April 2013
Gestaltung und Satz: Club der Sinne®, 12681 Berlin
Coverfoto: © vishstudio, www.shutterstock.com
Covergestaltung: Tatjana Meletzky, www.imprintdesign.de
ISBN 978-3-95527-323-1
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Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Erfundene Personen können darauf verzichten, aber im realen Leben gilt: Safer Sex!
Benjamin Larus
Die hemmungslosen Sieben
Teil 7: Flamur
Guido und seine Familie, das ist so ein Thema für sich!
Die Mutter ist, wenn auch seit bestimmt dreißig Jahren in Deutschland lebend, Italienerin, wie ich wahrscheinlich schon des Öfteren erwähnt habe. Ich merke das jetzt einfach nur noch einmal wertfrei an, ohne daraus irgendwelche Begründungen für ihr Rollenverhalten innerhalb der Familie ableiten zu wollen und damit nationale Vorurteile zu bedienen, denn wahrscheinlich ist es bis zu einem gewissen Grad für jede Mutter auf dieser Welt ganz natürlich, wenn sie den Zusammenhalt der Familie und deren Versorgung als ihren Lebensinhalt sieht und sich dabei bisweilen auch mal, wenn sie das vernünftige Maß aus den Augen verliert, als Glucke gebärdet. Dass ich dies so aus der eigenen Kindheit nicht kenne, mag meiner besonderen Situation als Nachkömmling in wirtschaftlich schwierigen Zeiten geschuldet sein.
Guido war bei sich zu Hause ebenfalls immer der Jüngste (wenn der Altersabstand zu seinen beiden Schwestern auch denkbar gering ist), wie er auch sonst stets alle Voraussetzungen dafür erfüllt hat, der Augenstern seiner Mutter zu sein. Und nicht nur seiner Mutter: Anstatt ihm seinen Sonderstatus zu neiden, schienen Alisa und Sabina ihren Bruder bedingungslos anzuhimmeln, und wer könnte das besser verstehen als ich? Sabina wohnt sogar noch zu Hause, und auch die mittlerweile verheiratete Alisa sitzt Guidos Erzählungen zufolge öfter bei ihren Eltern am Tisch als in ihrer eigenen, ohnehin nicht weit entfernten Wohnung.
Am Tisch gesessen, ja, das hatte auch ich manches Mal in jenem großem Haus direkt am Waldrand – in der ersten, zwar heißen, aber noch lockereren Phase unserer Bekanntschaft vor etwa zwei Jahren allerdings häufiger und wesentlich entspannter als in den letzten Monaten. Ich hatte mich immer sehr wohl gefühlt im Kreise dieser Familie, wahrscheinlich, weil ich hier eine so selbstverständliche Herzlichkeit und einen stärkeren Zusammenhalt gespürt hatte, als ich es von unseren eigenen, immer etwas angespannten, selten einmal vollständigen Familientreffen kannte. Meine vier Geschwister und ich liegen altersmäßig weit auseinander und sind beinahe unabhängig voneinander aufgewachsen, aber das ist nicht der einzige Grund, warum es mir, seit ich die Matterns kenne, heute manchmal sehr widerstrebt, auf uns jenes viel strapazierte Wort anzuwenden, das mir früher so unbekümmert von den Lippen kam: Familie.
Vor allem von Mamma war ich schon damals sogleich mit offenen Armen empfangen und ins Herz geschlossen worden, und als ich Ende letzten Jahres unvermittelt wieder auftauchte, hatte sie mich im Kreise ihrer Lieben willkommen geheißen wie einen verlorenen Sohn. Bei einem Freund ihres vergötterten Guido fiel ihr das im Gegensatz zu irgendwelchen Mädchen, in denen sie stets eine potentielle Gefahr sehen musste, sicherlich leicht. Hätte sie gewusst, welche Schlange sie mit meiner Person an ihrem Busen nährte, dass ich mich anschickte, ihr Schwiegersohn zu werden und ihr somit ihren Augenstern zu entreißen – sie wäre wohl in die nächste Kirche geeilt und hätte mich mit einem Bannfluch belegen lassen! Aber das gehörte zu den Dingen, die sie sich gewiss nicht einmal im Traume vorstellen konnte: dass ihr prachtvoller Sprössling auch auf Jungs stand!
Ich gebe zu, das ist von einem Menschen mit traditionellem Horizont in Guidos Fall wohl auch etwas viel verlangt. Dieser dunkelhaarige Hüne erfüllt nun einmal alle Klischees des romantischen Herzensbrechers südländischer Prägung, und da es in seinem jungen Leben immer und zu jeder Zeit Mädchen gegeben hat, scheint der Fall ohnehin klar. Trotzdem ich selbst von meinem ganzen Wesen her sicher schon eher unter Verdacht geraten konnte, hatte ich ebenfalls in dieser Hinsicht meistens Ruhe – nicht nur, weil sich in meiner Familie mit Ausnahme meiner Oma nie jemand besonders um mich gekümmert hat, sondern weil man eben auch mich immer wieder mit dem einen oder anderen weiblichen Geschöpf im Arm herumziehen sah. Und da in einer Provinzstadt wie der unseren in diesen Angelegenheiten selten etwas geheim bleibt, bestanden aufgrund diverser Beobachtungen auch allgemein nie Zweifel daran, dass diese Kontakte über das Platonische hinausgingen. Am Rande einer Party im Burggraben mit dem begehrtesten Mädchen der Schule in voller Aktion im Gebüsch erwischt zu werden, war insofern damals zunächst sehr peinlich; im Nachhinein hat mir das aber gewiss auf Jahre hinaus Ruhe vor etwaigen Verdächtigungen verschafft, die es vorher durchaus hier und da gegeben hatte, sei es aufgrund meines Desinteresses für Fußball, meiner schon damals erkennbaren Vorliebe für schöne Klamotten oder weswegen auch immer.
Was ich damit sagen will: Es ist recht bequem, einen gewissen Ruf zu haben und somit seinen Neigungen zum eigenen Geschlecht relativ unbekümmert nachgehen zu können, aber das Trügerische ist, dass einem ein Comingout auf diese Weise nicht gerade erleichtert wird – im Gegenteil, man gibt sich der Illusion hin, ein solches sei schlichtweg unnötig. Dabei spürt wohl jeder von uns, dass irgendwann eben doch der Tag kommt, da es unausweichlich wird, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen und dazu zu stehen – spätestens dann, wenn wir unserer großen Liebe begegnen!
Das Ganze bleibt ein sehr kompliziertes Thema, und zumindest jetzt ist hier nicht der Raum, dieses in aller Gründlichkeit auszubreiten – zumal ich noch immer weit davon entfernt bin, sagen zu können, welche Vorgehensweise richtig oder falsch ist. Tatsache ist jedenfalls, dass auch zwischen meinem Geliebten und mir in dieser Hinsicht noch viel Diskussionsbedarf besteht. Und auch mit Blick auf die Ereignisse des nun anstehenden, letzten Kapitels innerhalb meiner Schilderungen rund um die berühmte Jack-Off-Party kann es nicht schaden, noch einmal darauf hinzuweisen: Guido hat mit seiner Familie einen Hort und Rückhalt, um den ich ihn einerseits beneide – diesem jedoch gegebenenfalls zu entfliehen, um eigene Wege zu gehen, ist für ihn andererseits auch um ein Vielfaches schwieriger!
Der Auszug von zu Hause war eigentlich nur ein halber und als solcher erst dann erfolgt, nachdem Frau Mattern alle Mittel eingesetzt hatte, um diesen zu verhindern oder zumindest so lange wie möglich hinauszuzögern. Die lauschige Dachwohnung in dem alten Verwaltungsgebäude der familieneigenen Firma war wohl für beide Seiten eine praktische und kostengünstige Lösung; bis es dazu kam, war allerdings alles versucht worden, um ein Verbleiben im heimischen Nest so verlockend wie möglich erscheinen zu lassen.
Guido selbst lässt das zwar in dieser Konsequenz nie so ganz gelten, aber ich führe die großen, kostspieligen Umbauten, welche die Matterns vor gut fünf Jahren in ihrem ohnehin nicht gerade ärmlichen Haus am Wald haben vornehmen lassen, vor allem auf diese Absichten zurück. Schön, die hübsche Einliegerwohnung kommt nun auch Sabina zugute, und die kleine Sauna im Keller mag zumindest anfangs sogar von den Eltern selbst genutzt worden sein. Ob die von Natur aus eigentlich eher bescheidenen Matterns jedoch nur für eigene Bedürfnisse jenes kleine, aber eben doch mit großem Aufwand installierte Schwimmbecken im Keller hätten bauen lassen? Der angrenzende Fitnessraum mit Hantelbank, beeindruckendem Seilzugturm und Sprossenwand jedenfalls war eindeutig auf Guido zugeschnitten. Dass dieser deswegen trotzdem nicht davon abging, mindestens drei Mal die Woche seine Tasche zu schultern und in sein geliebtes Studio zu fahren, war Mamma gewiss mit am schwersten zu vermitteln gewesen. Er hatte es ihr gegenüber nicht ganz zu Unrecht damit begründet, dass auch die vier oder fünf besten Heimgeräte nie auch nur annähernd die individuellen Möglichkeiten eines gut ausgestatteten Studios bieten können, aber ich weiß natürlich selbst am besten, dass dies nicht der einzige Grund war. Ich erwähnte es bereits: Wer einmal erleben könnte, in welcher Stimmung Guido nach einem abendlichen Training gut durchblutet bei mir aufzukreuzen pflegt, würde keine weiteren Fragen mehr stellen …
Vor zwei Jahren war ich einige wenige Male in den Genuss jenes hauseigenen Wellnessbereichs gekommen – wer sich jetzt in seiner Fantasie atemlose Szenen in Sauna und Pool ausmalt, in welchen Guido und ich keuchend übereinander hergefallen wären, den muss ich jedoch enttäuschen. Die Atmosphäre zwischen uns war natürlich permanent erotisch aufgeladen gewesen, das schon, das war sie immer, aber ein lebendiges Familienleben zeichnet sich eben auch dadurch aus, dass man oft und gerne zu Hause ist, was natürlich vor allem für Frau Mattern gilt. Gegen neugierige Blicke von außen sind der Schwimmbadbereich wie das ganze Haus bestens geschützt, aber innerhalb seiner Mauern konnte man weder vor Guidos Mutter noch vor den immer ausgesprochen munter und beschwingt hereinschneienden Schwestern jemals sicher sein. Mehr als übermütig-erregende Balgereien im Pool, verstohlene Zärtlichkeiten in versteckten Winkeln oder kühne Handreichungen beim gemeinsamen Duschen waren kaum möglich gewesen, allenfalls unter der Wasseroberfläche hatten wir uns getraut, mit wachsamem Blick auf die Tür auch mal direkter zuzugreifen. Hier hatte man auch bei einer plötzlichen Störung noch die Chance, eine allzu offensichtliche Erregung zunächst abklingen zu lassen, bevor ein plötzlich hinzukommender Beobachter diese entdeckt hätte.
Trotz des kürzlichen Erwerbs jenes schönen Hauses in Ligurien, in dem wir uns im letzten Sommer mit Sandra verlustiert hatten, waren Guidos Eltern wohl erst ein einziges Mal zusammen dort unten gewesen – es sah also nicht danach aus, als sei das hiesige Anwesen deswegen in Zukunft öfter sturmfrei! Jetzt allerdings hatte ein an sich trauriger Anlass dafür gesorgt, dass dieser seltene Zustand unverhofft und unmittelbar bevorstand: Wenn ich es richtig verstanden hatte, war es einer der zahlreichen Onkel von Guidos Mutter, den man vor ein paar Tagen plötzlich tot in seinem Lieblingssessel im Garten gefunden hatte. Es handelte sich dabei allerdings nicht nur um deren erklärten Lieblingsonkel, auch schien er innerhalb der Familie zuletzt einen gewissen, wodurch auch immer begründeten Patriarchenstatus eingenommen zu haben. Jedenfalls hatte Frau Mattern mit außergewöhnlicher Hartnäckigkeit die Überzeugung vertreten, ein komplettes Erscheinen ihrer ganzen Familie zur Trauerfeier sei nicht nur das Mindeste an Ehre, das man dem Verstorbenen erweisen könnte, sie selbst würde sich vielmehr auf alle Zeiten vor dem Rest der Verwandtschaft unmöglich machen, wenn sie nicht an der Seite ihres Ehemannes und ihrer glaubwürdig trauernden Kinder dort auftauchte. Es muss wohl größere Auseinandersetzungen über mehrere Stunden gegeben haben (just an dem Tag, da Guido mich zu Sven anschaffen geschickt hatte), und alles, was Herr Mattern im Interesse der Firma hatte erreichen können, war, dass wenigstens der Junior für Notfälle zurückbleiben würde. Nachdem Mamma dies widerwillig zugestanden, hatte sie diesen Umstand allerdings auch gleich wieder im Interesse der Familie zu nutzen gewusst, indem diesem gleichzeitig das Hüten des Hauses übertragen wurde, welches sie in ihrer naturgegebenen Fürsorge stets durch Einbrecher, Feuersbrünste und andere Unwägbarkeiten gefährdet sah.
Guido gab sich verständnis- und aufopferungsvoll, was ihm insgeheim sicherlich nicht schwerfiel. Nach eigener Aussage hatte er besagten zio vor über zehn Jahren das letzte Mal gesehen und wohl nicht wesentlich mehr ins Herz geschlossen als andere Mitglieder der weitläufigen Verwandtschaft – und wir kamen durch seinen Tod in den unerwarteten Genuss eines ungestörten Wochenendes in luxuriöserer Umgebung als in unserem gemütlichen, aber doch eher bescheiden ausgestatteten Dachdomizil.
Als ich an jenem Abend, da ich gerade frisch gefickt von Sven kam, all diese Neuigkeiten erfuhr, hatte Guido es ja nicht für nötig befunden, eine Diskussion über die Gestaltung dieses Wochenendes zu führen. Er war so überzeugt und begeistert von seinem Plan, es gemeinsam mit Flamur, unserem Pectoralis-Wunder zu verbringen, dass er anscheinend nicht im Entferntesten auf die Idee gekommen wäre, ich könnte Einwände haben – und wer konnte ihm das verdenken? Hatte nicht ich in den letzten Wochen immer wieder gedrängelt, dem jungen Albaner gemeinsam endlich die höheren Weihen der Männerliebe zu erteilen, und hatte ich mich dann nicht immer wieder von Guido mit der Begründung bremsen lassen müssen, er sei „noch nicht so weit“?
Ich gebe zu, ich habe vielleicht etwas schlucken müssen, weil mein Schatz nicht als Erstes ein kuscheliges Wochenende zu zweit vorgeschlagen hatte, denn ein solches hatten wir lange entbehrt – aber wenn man es genau nahm, trug natürlich ich die Schuld daran.
Von jenem Erlebnis mit dem kleinen Gabriel ganz abgesehen (das hatten wir immerhin gemeinsam genossen), war ich es schließlich gewesen, der sich für den denkwürdigen Besuch bei Patrice und Caroline und später dann für den ausufernden Opernbesuch mit Sebastian abgesetzt hatte. Wenn man bedenkt, wie großzügig und bereitwillig mein Schatz mir dafür freigegeben hatte, so musste ich jetzt allemal dankbar sein, dass er das Wochenende im Hause seiner Eltern nicht gleich ganz alleine mit Flamur verbringen wollte. Zweifellos wäre es nur recht und billig gewesen, wenn ich ihm das als Ausgleich für meine Eskapaden der letzten Wochen zugestanden hätte!
Wie auch immer, streichen wir lieber Begriffe wie Ausgleich oder Freigeben, in einer echten Liebesbeziehung wie der unseren sollten solche nichts zu suchen haben! Aber ich bin eben doch nur ein Mensch mitsamt seinen Unsicherheiten und nicht immer beherrschbaren Gefühlen …
Ich gebe zu, manchmal ist es ganz bequem, wenn diejenigen Gefühle, welche aus meinem Unterleib heraus gesteuert zu werden scheinen, die eher in Herz oder Kopf angesiedelten rücksichtslos verdrängen. Und so war es auch diesmal wieder: Erste, eifersüchtig-zickige Befindlichkeiten schwanden schnell, als ich mir ausmalte, wie es sein würde, den wundervollen Körper dieses jungen Athleten nach Strich und Faden zu verwöhnen, dabei zu sein, wenn mein starker Geliebter ihn souverän auf die Höhen männlicher Lust geleitete, dabei bewundert und begehrt von den schönen, schwarzen, so unschuldigen Augen des ehrfürchtig zu ihm aufschauenden Götterknaben!
Nach wie vor war ja die Jack-Off-Party bei Sven bislang unser einziges Zusammentreffen gewesen. Aber erstens hatten sich die berückenden Bilder jenes unvergesslichen Abends tief in mein Gedächtnis eingebrannt, waren in den letzten Wochen immer wieder von mir abgerufen und verfestigt worden, zweitens kam mir dieser bezaubernde Jüngling durch Guidos detaillierte Berichte über seine schrittweise Erweckung erstaunlich vertraut vor. Schon alleine die Aussicht, diese Vertrautheit nun in einem derart intimen Rahmen, gleichsam abgeschottet von der Außenwelt, zu vertiefen, ließ mich ungeduldig und voll der gespannten Erregung jenem Freitagabend entgegenfiebern!
Ebenso sicher, wie sich Guido in Bezug auf mein Einverständnis gewesen war, schien er davon auszugehen, dass auch Flamur selbst zu dieser Unternehmung bereit war. Auf meine sofortige Nachfrage, ob er ihn denn schon gefragt habe, hatte er nur kurz den Kopf geschüttelt, jedoch sogleich grinsend hinzugefügt: „Der kommt, verlass dich drauf!“
Das ließ tief blicken! Mein Geliebter schien sich keinen Zweifeln hinzugeben, was seinen Einfluss auf diesen jungen Mann, anders gesagt: sein Geschick in der Vorbereitung einer solchen Verführungsaktion betraf.
Das war auch noch so eine Sache. Als mir Guido am nächsten Abend, in der üblichen, wohlig-erregten Stimmung vom Training kommend, mitteilte, mit unseren Plänen für das nächste Wochenende sei alles klar, schilderte er mir unbekümmert, wie er das Ganze Flamur gegenüber dargestellt hatte, um es diesem schmackhaft zu machen. Er hatte ihm von dem heimischen Fitnessstudio, von Schwimmbecken und Sauna erzählt und das Bild eines regelrechten Intensiv-Workouts unter Männern von Freitag- bis Sonntagabend gemalt: gezieltes Muskeltraining mit optimal begleitender Ernährung, Waldläufe, Schwimmen, Schwitzen. Unausgesprochen, aber eindeutig hatten mit Sicherheit auch die ausgedehnten Trainingseinheiten anderer Art im Raum gestanden, welche wir unseren erhitzten Körpern angedeihen lassen wollten.
„Was verziehst du die Brezel?“, hatte mein Schatz plötzlich gefragt, seine Schilderungen unterbrechend und mir einen unsanften Klaps an die Schulter versetzend. Offensichtlich stand mir mein verhaltener Unwille ins Gesicht geschrieben. „Keine Angst, wir werden nicht von morgens bis abends unter Hanteln ächzen!“, suchte er mich zu beruhigen.
„Das ist es nicht“, seufzte ich mit einem mürrischen Schulterzucken. „Ich wundere mich nur, dass ihr nach allem, was war, immer noch diese Sport-Scheiße als Alibi braucht!“ Die Wortwahl war vielleicht etwas provokativ, gab meine spontanen Gedanken aber angemessen wieder. Ist doch wahr!
Sicher, Flamur war ein sensibler Typ, und man musste behutsam vorgehen, um ihn nicht zu verschrecken. Möglich auch, dass dieser ganze Fitnessstudio-Bodybuilding-Kram für ihn in ähnlicher Weise wie für meinen Liebsten eine Art Fetisch darstellte, über den man ihn besonders leicht herumkriegen konnte. Aber mittlerweile konnte er sich doch keinen Illusionen mehr hingeben, wie Guido und ich gestrickt waren. Was hatte er sich auf Svens Party nicht alles angesehen, ja, schon bereitwillig mitgemacht! Mein Schatz aber schüttelte auf meine Bemerkung hin nur nachsichtig grinsend den Kopf.
„Ich verstehe schon, was du meinst“, sagte er geduldig und streichelte mir über die Wange, „aber glaub mir: Ich weiß, wie ich vorgehen muss. Italien ist nicht Albanien, aber ich weiß nur zu gut, was es auf sich hat mit diesem Verständnis von Männlichkeit im südeuropäischen Kulturkreis. Das ist eine ganz kitzlige Sache, ich hab da selbst lange gebraucht, um zu mir zu stehen!“ Ein intensiver Kuss beendete jede weitere Diskussion. Vielleicht muss man auch nicht alles verstehen.
Der Einstieg in das denkwürdige, hier nun endlich zu schildernde Wochenende gestaltete sich für uns beide etwas hektisch. Ich selbst hatte meine Chefin unverhofft zu einem auswärtigen Besichtigungstermin begleiten müssen (was sich, nebenbei bemerkt, in geschäftlicher Hinsicht ausgezahlt hatte, denn dass es überhaupt zu einem Abschluss kam, darf wohl bei aller Bescheidenheit ich mir auf die Fahnen schreiben), ich war also gerade erst in meiner Wohnung eingetroffen, als Guido mich abholen kam. Dabei hatte er selbst sich auch schon verspätet, war die Familie doch gerade erst in üblicher Hektik gen Italien aufgebrochen und würde nun bis tief in die Nacht unterwegs sein. Somit konnte ich mir nicht mehr so viel Zeit nehmen fürs Schrubben, für die Auswahl der Kleidung und andere Vorbereitungen, wie es mir lieb gewesen wäre. Als ich meinen Schatz im Auto darauf hinwies, winkte er jedoch ab.
„Wenn Flamur gleich kommt“, – er warf einen raschen Blick auf die Uhr und trat dann nachdrücklich aufs Gas –, „werden wir sowieso gleich die erste Trainingseinheit absolvieren, was solltest du dich also vorher groß putzen? Reine Zeitverschwendung!“ Mein enerviertes Aufstöhnen als Reaktion auf das Wort Trainingseinheit quittierte er mit einem wohlwollenden Augenaufschlag in meine Richtung. „Und Klamotten brauchst du auch nicht viele. Wir werden die meiste Zeit nackt oder halbnackt rumlaufen, ich hab die Heizung schon hochgedreht!“ Er grinste dreckig und schlug mir so fest gegen den Schenkel, dass es schmerzte.
„Au! Müssen wir noch was einkaufen?“
„Nö. Kennst doch meine Mutter! Hat für eine Großfamilie vorgekocht, und von dem, was in den Kühlschränken ist, könnten wir gut und gerne eine Woche überleben! Schöne Grüße übrigens!“ Ich bedankte mich mit einem Nicken.
„Sie weiß also, dass ich dir Gesellschaft leiste?“
„Klar. Ist ihr sehr recht, so bleib ich wenigstens im Haus und komme nicht auf dumme Gedanken – denkt sie!“ Er brach in beinahe höhnisches Gelächter aus, und ich konnte nicht umhin, verhalten einzustimmen. Die gute Frau, für sie würde Guido wohl ewig der kleine Junge bleiben!
„Dass noch ein Gast kommt, hast du auch erzählt?“
„Si, certo! Ich hab doch keine Geheimnisse vor meiner Mamma!“ Er trommelte vergnügt auf den Lenkradkranz. „Ich hab ihr gesagt, wie's ist – ein Trainingswochenende unter drei jungen Sportlern, ganz entspannt, ohne Ablenkung durch Mädchen oder sonstige schädliche Einflüsse!“
„Du Miststück!“ Ich fuhr ihm grinsend durch die dunkle Mähne, und er bedankte sich für das Kompliment, als das er meine Titulierung offensichtlich und nicht ganz zu Unrecht empfand.
„Jetzt ist sie natürlich doppelt beruhigt, dass das Haus so gut bewacht ist“, fügte er mit völlig unschuldiger Miene hinzu und blinzelte aus großen Augen zu mir herüber. „Dann wünschen wir euch ein schönes Männerwochenende, hat sie bei der Abfahrt auf Deutsch gesagt. Ist das nicht nett?“
Im Hause Mattern war es tatsächlich mollig warm. Zwar hatte ich bei mir daheim die Heizperiode bereits für beendet erklärt, seit zwei Tagen jedoch war das Wetter noch einmal ungemütlich geworden, nasskalt, richtig eklig. Und welche Gründe Guido außerdem noch bewogen hatten, für eine höhere Temperierung zu sorgen, hatte er ja soeben angedeutet. Am liebsten hätte ich mich gleich mindestens bis auf die Unterhose ausgezogen, aber wir wollten unseren gewiss bald eintreffenden Besuch nicht gleich zu Beginn überfordern. Außerdem gefiel ich mir in dem, was ich anhatte.
Bei aller Eile hatte ich daran gedacht, mir ein hübsches, langärmeliges Oberteil anzuziehen, das mich nicht nur, wie ich fand, gut kleidete, sondern auch noch mit einer besonderen Bedeutung behaftet war: Ich hatte es mir gewissermaßen erschlafen – gehörte es doch zu den drei Sachen, die mir Guido von dem Geld gekauft, das er von Sven dafür bekommen hatte, dass ich diesem zu Diensten gewesen war. So befriedigte es mich doppelt, den petrolfarbenen Stoff auf meiner bloßen Haut zu tragen. Der V-Ausschnitt war unverschämt groß, brachte meine Sportlerbrust ziemlich aufreizend zur Geltung, und wenn ich daran dachte, wie Flamur darin ausgesehen hätte, bekam ich augenblicklich einen knochenharten Ständer!
„Du siehst einfach geil aus!“, rief Guido mir zu, indem er hinter mir durch den Flur huschte, als ich mich gerade im Spiegel betrachtete – wieder mal wie aufs Stichwort, als könne er meine Gedanken lesen! Nun ja, ich war glücklich, und ich glaube, jeder hätte mir das in diesem Moment angesehen.
Während mein Liebster noch mit einigen Vorbereitungen beschäftigt war, vertiefte ich mich im Wohnzimmer in die dort zu bestaunende, stattliche CD-Sammlung. So, wie Flamur zurzeit seine Erweckung in erotischer Hinsicht erfuhr, stand ich ja dank Sebastian ebenfalls am Tor zu einer faszinierenden, für mich nicht minder sinnlichen Welt. Mein Mentor hatte mich in den letzten zwei Wochen immer wieder häppchenweise mit zugeschickten MP3s bei Laune zu halten und für weitere Erfahrungen zu interessieren gewusst, und so hielt ich auch jetzt Ausschau nach bereichernden Entdeckungen musikalischer Art.
Frau Matterns Vorliebe für die italienische Oper war unübersehbar. Mit eifrigem Interesse zog ich die eine oder andere Box hervor, aber als ich gerade eine Aufnahme von Puccinis Turandot aufgelegt hatte (einem Werk, das mir Sebastian unter so vielen anderen ans Herz gelegt hatte), jagte das Läuten der Türglocke meinen und gewiss auch Guidos Puls augenblicklich in die Höhe. Unser Gast war da!
Ich weiß nicht, warum ich so überrascht war, als ich die Tür aufriss und Flamur direkt vor mir stehen sah. Seinen hellblauen Micra hatte er vor der Garage geparkt, wie Guido es ihm gesagt hatte, und natürlich war er dann gleich die paar Stufen direkt zum Hauseingang heraufgekommen. Jedenfalls muss ich mich für einige Sekunden in einer Art Erstarrung befunden und ihn gewiss ziemlich dümmlich angestrahlt haben, denn seine zunächst eher schüchtern geweiteten, dunklen Augen verengten sich plötzlich in einem belustigten Grinsen, und er fragte mit der üblichen Teenager-Stimme: „Hi, Benjamin! Darf ich auch reinkommen, oder …?“
Ich trat hastig zur Seite, den Kopf über mich selbst schüttelnd, und ergriff nebenbei seine warme Hand. „Entschuldigung, natürlich! Komm rein, Flamur! Fühl dich wie zu Hause!“
„Cooles Shirt“, kommentierte er gut gelaunt mit Blick auf mein Dekolleté, als ich sorgfältig die Tür hinter ihm schloss. Ich musste grinsen und dachte an eine Szene aus dem Film In and Out, bei welchem eine ähnliche Bemerkung – ich glaube, in dem Fall ging es um eine „coole Dekoration“ – als deutlicher Hinweis auf homosexuelle Veranlagung entlarvt wurde …
„Hallo, Sportsfreund!“ Gegen unsere verunsichert flackernden Stimmen nahm sich Guidos durch den Flur tönendes Organ wie ein markig dreinfahrendes Posaunensignal aus, als er nun in der Küchentür auftauchte und dem Besuch mit ausgebreiteten Armen entgegenschritt. Der verdammte Kerl hatte es sich offensichtlich schon bequem gemacht und spazierte in provozierender Selbstverständlichkeit mit nichts als seinen neuen, reichlich knapp sitzenden Rufskin-Shorts durch die Gegend. Ja, ja, ein ganz unkompliziertes Wochenende unter Männern, dass ich nicht lachte – bisher konnte man fast den Eindruck haben, es handelte sich um eine heimliche Modenschau!
Als Guido unseren Gast per Handschlag begrüßte und ihn gleichzeitig mit dem freien Arm kurz an seine Schulter zog, musterte ich diesen kurz ab. Ja, so sportlich-schlicht Flamur auch heute wieder gekleidet war, der junge Mann schien zweifellos ein Gespür dafür zu besitzen, welche Farben und Schnitte mit seinem Typ harmonierten. Mit seinen dunklen Haaren und der relativ blassen Haut war er ganz eindeutig ein Wintertyp, was meines Wissens bedeutete, dass ihm Schwarz, Weiß und Grautöne sowie kräftige Farben wie Rot besonders gut standen. In genau dieser Kombination zeigten sich heute zwar lediglich seine etwas klobigen Laufschuhe, aber die an sich unspektakuläre Aufmachung in einem weißen, langärmeligen, oben herum natürlich gewohnt eindrucksvoll gedehnten Oberteil und legeren, dunklen Jeans ließen ihn in meinen Augen anziehender erscheinen als jedwede Zusammenstellung aus raffiniert geschnittenen Markenklamotten mit bunten Schriftzügen.
„Hi!“, erwiderte er mit freudig geröteten Wangen Guidos Gruß und ließ seine große Sporttasche von der Schulter polternd zu Boden rutschen. „Ist ja gut warm bei euch! Läufst du deswegen fast nackt durch die Gegend?“
„Ganz nackt wäre ihm lieber“, flachste ich von der Seite, amüsiert über Flamurs treffsicheren Kommentar und Guidos fast verlegenes Grinsen. „Du hast sicher schon gemerkt, dass dieser Typ ein latenter Exhibitionist ist!“
„Nur zu, tu dir keinen Zwang an!“, rief der Albaner meinem mich im Abwenden mit einem Stinkefinger bedenkenden Liebsten hinterher und nickte mir mit einem kumpelhaften Grinsen zu.
„Fickt euch!“, tönte es aus dem Wohnzimmer, wohin er verschwunden war, über bombastischen Chor- und Orchesterklängen bissig zu uns herüber. Flamur und ich grinsten uns an – ob auch er in diesem Moment daran dachte, wie Guido es wohl gefunden hätte, wenn wir seiner Aufforderung augenblicklich nachgekommen wären?
Wie auch immer, nachdem Mattern Junior die Lautstärke der mittlerweile ziemlich tumultuösen Turandot deutlich heruntergedreht hatte, erschien er mit gewohnt gewinnendem Lächeln und in all seiner blendenden Körperlichkeit wieder in der Tür und wies zur Treppe.
„Ich zeig dir kurz, wo du schlafen wirst und wo du ablegen kannst“, sagte er zu Flamur und legte ihm im Vorbeigehen die Hand auf die Schulter. „Aber dann lasst uns, würd ich sagen, gleich was tun!“ Diese Worte waren – mit plötzlichem, entschlossenem Ernst – an uns beide gerichtet gewesen.
Mein Schatz und ich wollten, so hatten wir es vorgesehen, zusammen in seinem ehemaligen Kinderzimmer nächtigen, während Flamur ganz gesittet das offizielle Gästezimmer am anderen Ende des Flures beziehen würde. Die beiden hielten sich jetzt nicht lange dort auf, schon nach wenigen Minuten hörte ich, der ich ins Kellergeschoss vorausgegangen war, sie munter parlierend die Treppe herunterkommen.
Im Vorraum zur Sauna war ich beschleunigt klopfenden Herzens aus meinen Klamotten geschlüpft und griff mir nun ein frisches Handtuch von dem bereitliegenden Stapel. In dem Moment, da Guido in der Tür erschien, stand ich nur noch in meinem liebgewonnenen, neuen Jockstrap da. Das gehörte zum Plan.
„Siehst du, Ben ist auch schon angemessen gekleidet“, bemerkte Guido über die Schulter in Flamurs Richtung. Als dieser jetzt dort auftauchte, vernahm ich deutlich mein eigenes, beeindrucktes Schnaufen. Offensichtlich bereitete es meinem Liebsten wirklich keinerlei Mühe, ihm jegliche Hemmungen zu nehmen, denn auch unser Gast war bereits so gut wie nackt – andererseits, nach allem, was Guido erzählt und was ich im Rahmen der Party selbst beobachtet hatte, war Flamurs Exhibitionismus ja bisweilen mindestens ebenso ausgeprägt wie sein eigener!
„Stell dir vor, unser Pectoralis-Wunder hat eine komplette Sportausrüstung angeschleppt!“, berichtete er und knuffte Flamur zwinkernd in die Seite. „Als ob wir hier auf der Zeil wären! Ich hab gesagt: Das ist doch das Hauptargument für einen eigenen Fitnesskeller, dass man nackt trainieren und den Erfolg gleich sehen kann!“
„Hey, woher soll ich denn wissen, dass es hier so mollig warm ist?“, wandte Flamur mit schiefem Grinsen ein. Er schien partout nicht als genant dastehen zu wollen – dazu hatte er auch, weiß Gott, keinerlei Grund: Dieser vollendet gestaltete Alabasterleib mit seinen ebenmäßigen, nur durch die unglaublichen Brustmuskeln etwas aus dem Gleichgewicht gebrachten Proportionen ließ mich von Neuem staunend verharren. Und der schwarz-weiße, knapp, aber perfekt sitzende Slip kleidete seine schlanken Hüften ganz ausgezeichnet.
„Nein, im Ernst“, besann sich Guido jetzt in wohlwollendem Ton, reichte ihm ein großes Handtuch und wandte sich in Richtung Fitnessraum, „je genauer man sich bei den Übungen im Blick hat, desto besser! Man sieht, wenn man an den falschen Stellen anspannt und ...“ Bla, bla, bla!
Als ich den beiden jetzt auf ihrem kurzen Rundgang durch das Kellergeschoss folgte, bemerkte ich erstens, dass es sich bei Flamurs hübscher Unterhose um einen String-Tanga handelte, und zweitens, dass er sich offenbar tatsächlich ganz gewissenhaft auf ein vermeintlich sportliches Ereignis vorbereitet hatte: Er hatte sogar ein weiteres Paar Turnschuhe mitgebracht. Auch Guido trug seine üblichen Trainingsschuhe, und irgendwie fand ich die beiden besonders geil und kerlig, wie ich sie da mit wiegenden Hüften vor mir her stolzieren sah, so gut wie nackt, aber doch in ihren klobigen Schuhen und dicken Sportsocken! Ich selbst nahm es da nicht so genau und folgte ihnen auf nackten Füßen, wodurch es mir, zugegeben, im Flur von unten herauf etwas kühl war. Aber ich vertraute darauf, dass mir schon bald warm würde!
Nachdem Flamur einen sichtlich beeindruckten Blick ins Schwimmbad und auf die bereits anheimelnd vor sich hin knackende Sauna geworfen hatte, gingen wir nach nebenan in den Fitnessraum.
Das Fachgesimpel der beiden Kraftsportler erspare ich uns jetzt, es begann mit Diskussionen über die richtige Aufteilung der Einheiten für die jeweiligen Muskelgruppen, über Sätze, Pausen, richtiges Aufwärmen und Dehnen und zog sich eigentlich über die ganze Zeit hin, die wir in dem niedrigen Raum schwitzten. Mich interessierte das alles eher weniger, und eigentlich waren es auch gar keine Diskussionen, denn Guido bestimmte ziemlich unangefochten, wie alles zu laufen hatte – Flamur folgte nur zu gerne seinen Vorschlägen, und ich fügte mich ebenfalls ohne Murren. Der Anblick, die Atmosphäre und der Ausblick auf ein aufregendes Wochenende entschädigten mich von Anfang an für manche Tortur und auch für das in meinen Augen etwas verkrampfte Bodybuilder-Getue.
Für gleichzeitiges Aufwärmen zu dritt gab es hier nicht viele Möglichkeiten. Flamur wurde auf den Crosstrainer geschickt, ich selbst, immer etwas agiler und bewegungsfreudiger als die beiden Schwergewichte, schnappte mir ein Springseil, während Guido sich auf der Matte und an der Sprossenwand in einigen Verrenkungen erging, von denen er wahrscheinlich selbst nicht wusste, was sie darstellen sollten – irgendetwas zwischen Tai-Chi und schwungvolleren Dehnungsübungen? Auf jeden Fall waren sie ganz entzückend anzuschauen!
Ich verzehrte meinen hinreißenden Liebhaber mit den Augen, seinen sich reckenden Körper, seine wundervollen Muskeln, war jedoch noch nicht so weit entrückt, um nicht nebenher zu registrieren, wie offensichtlich bewundernd auch Flamur in seinen Anblick versunken war. Guido selbst tat so, als sei er sich unserer Blicke in keiner Weise bewusst, schien ganz auf seine Übungen konzentriert und schaute außer zu Boden nur immer wieder in den riesigen Spiegel an der Schmalseite des Raumes. Ich weiß, dass auch ihm selbst gefiel, was er da sah – wer könnte es ihm verübeln?
Nach vielleicht fünf Minuten war das Aufwärmen beendet, und unsere Rücken und Schultern zeigten sich in dem nicht gerade gut belüfteten Raum bereits von einem dezenten, feuchten Glanz überzogen. Dem Beispiel der beiden vermeintlich so routinierten Bodybuilder folgend, die nun in fast grimmiger Entschlossenheit ihre Trainingshandschuhe anlegten, streifte auch ich meine eigens bereitgelegten Radfahrerhandschuhe über, und die eigentliche Arbeit konnte unter Anleitung des Cheftrainers beginnen. Für heute Abend hatte er die großen Muskelgruppen Beine und Brust vorgesehen, und losgehen sollte es mit der Königin der Übungen, der Kniebeuge.
Alles wurde akribisch und professionell vorbereitet: Flamur bekam zwei kleine Hantelscheiben unter die Fersen, brachte sich mit breiten Schenkeln in Position, und nach einem Satz mit der leeren, an der Stange gepolsterten Langhantel versahen Guido und ich diese mit einigen zusätzlichen Gewichtsscheiben. Dann platzierten wir sie in konzentrierter Teamarbeit auf seinem Nacken, was für uns schon eine schweißtreibende Aktion an sich war. Es mögen an die hundert Kilo gewesen sein, die der starke Jüngling da stemmen musste, und seine Anstrengung war gewiss nicht gespielt. Gleichmäßig atmend zwar, aber mit hochrotem Kopf, zu Schlitzen verengten Augen und zitternden Gliedern vollführte er unter Guidos wachsamer Kontrolle langsam und stetig wie eine Maschine seine kraftvollen Bewegungen.
„Knie ruhig halten, gerader Rücken!“, kommandierte mein Freund streng. Sofort korrigierte Flamur seine Haltung. Mit Guidos stählernen Pfeilern konnten seine langen, schlanken Beine zwar nicht ganz mithalten, dennoch waren sie sehr nett anzusehen, vor allem die sehnig-makellosen Kniekehlen, welche ich aus dieser Perspektive nun erstmals in Ruhe betrachten konnte. Und auch wenn er auf die letzte Anweisung hin sein Hohlkreuz jetzt etwas begradigte: Wie die runden Arschbacken sich in dieser Haltung präsentierten, wie es in ihnen arbeitete und sie sich maximal anspannten, das war schlichtweg eine Augenweide, und ich hätte unserem Gast am liebsten auf Knien gedankt für die Auswahl seiner Unterwäsche – völlige Nacktheit hätte diesen Körperteil kaum betörender zur Geltung kommen lassen können als die ihn dezent umrahmenden, schwarzen Stoffstreifen dieses reizenden Höschens!
„Eine letzte noch mit unserer Hilfe … gut … guuut!“ Guidos ruhige Stimme und seine Vertrauen einflößende Präsenz vermochten das Letzte aus unserem gegen Ende heftig schnaufenden Götterknaben herauszuholen, dann befreiten wir ihn mit vereinten Kräften von dem schweren Eisen. Während Flamur sich keuchend aufrichtete, schlagartig erbleichend ein paar Schritte zurückwankte und sich dann mit hoch erhobenen Armen der Länge nach an der Sprossenwand emporreckte, nickte mir mein Schatz ernst, fast entschuldigend zu und ließ keinen Zweifel daran, dass nun ich an der Reihe war.
„Für diese Übung wäre es schon besser, du hättest etwas mehr Halt“, bemerkte er fachmännisch mit Blick auf meine nackten Füße. „Aber bei dir nehmen wir sowieso ein bisschen weniger Gewicht ...“ Dass ich ihm daraufhin kurz die Zunge herausstreckte, bekam Flamur wohl gar nicht mit. Er baumelte noch in bezaubernder Streckung von der obersten Sprosse, während ich meinen leeren Satz absolvierte.
––musste–