Die Trump-Tagebücher

Über den Herausgeber

Der Herausgeber ANONYMUS versteht sich als Diener des Volkes. Nach Möglichkeit wird er auch künftig Dokumente sicherstellen, die der Öffentlichkeit neue Einblicke in Donald Trumps Charakter erlauben.

Darf man die Tagebücher eines lebenden Menschen veröffentlichen, wenn er damit nicht einverstanden ist? Darf man ohne seine Zustimmung die Briefe publizieren, die er geschrieben und die er erhalten hat?

Wenn er der Privatmann Old MacDonald ist, der eine Farm im Mittleren Westen betreibt, darf man es nicht. Das versteht sich von selbst. Wenn er aber im Oval Office regiert und sein Land in den Abgrund treibt, sieht die Sache anders aus.

Unter ihrem 45. Präsidenten sind die Vereinigten Staaten von Amerika in die schwerste Krise seit dem Bürgerkrieg geraten. Die Covid-19-Pandemie erschüttert die Nation, die Ermordung des wehrlosen schwarzen Bürgers George Floyd durch weiße Polizisten hat eine seit langem überfällige Protestwelle ausgelöst, die Arbeitslosenzahlen steigen auf immer neue Rekordhöhen, und die Wirtschaft des Landes steht vor dem Kollaps, während Donald Trump eine groteske Fehlentscheidung nach der anderen trifft.

Es ist nicht nötig, hier davon zu sprechen, wie peinlich er sich in den Jahrzehnten vor seiner Ernennung zum Präsidenten der USA aufgeführt hat. Es genügt, eine kurze Bilanz seiner Amtszeit im Weißen Haus zu ziehen.

Mit den Despoten Wladimir Putin und Kim Jong-un verstand er sich von Anfang an besser als mit seinen Verbündeten in Europa und Japan. Nicht einmal die Nachricht, dass die Russen den Taliban ein Kopfgeld für jeden toten amerikanischen Soldaten versprochen hätten, vermochte Trump aus der Ruhe zu bringen,

Seine Nichte Mary L. Trump hat ihn als den »gefährlichsten Mann der Welt« bezeichnet. Das ist nicht zu hoch gegriffen. Er besitzt die Macht, einen Atomkrieg auszulösen, obwohl er – machen wir uns nichts vor – der größte Esel ist, der jemals die Geschicke der USA gelenkt hat: ein Rechtsbrecher, der seine Komplizen mit Hilfe eines korrupten Justizministers aus dem Gefängnis befreit, und zugleich ein selbstverliebter Clown, der öffentlich damit prahlt, dass er einen Alzheimer-Test bestanden hat und auswendig die Wörter »person«, »woman«, »man«, »camera« und »TV« aufsagen kann.

Allen, die sich einen Überblick über Trumps kriminelle Taten verschaffen wollen, sei Glenn Kirschners Youtube-Kanal »Justice Matters« empfohlen. Kirschner, ein ehemaliger Staatsanwalt der U.S. Army, setzt sich darin täglich mit den Gesetzesverstößen auseinander, die der Präsident begangen oder begünstigt hat, und macht uns Hoffnung darauf, dass er und seine Spießgesellen zur Rechenschaft gezogen werden.

Selbst ein Bürgerkrieg wäre Trump lieber als das Eingeständnis einer Wahlniederlage. Wenn er sich einen politischen Vorteil davon verspricht, wird er auch einen Atomkrieg ins Kalkül ziehen.

Die Welt hat ein Recht darauf zu erfahren, wer dieser Mensch ist, was in ihm vor sich geht und was seine Freunde und Feinde über ihn denken, die ihm vertrauliche Briefe geschrieben haben.

Ich habe Zugang zu Trumps persönlichen Unterlagen und fühle mich dazu verpflichtet, sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Leider gibt es viele Lücken. Trump hat nur unregelmäßig Tagebuch geführt, und es ist mir bislang nicht gelungen, Einblick in alle seine Tagebücher zu gewinnen.

Es spielt keine Rolle, wer ich bin, und Donald Trump wird es0 auch nicht herausfinden. Dafür ist er zu dumm.

 

Washington DC, im August 2020

Anonymus                                     

 

Liebe Violet!

Es ist wahr, was Du mir über Donald geschrieben hast. Ihm fehlt alles, was ein Mann braucht, um im Leben bestehen zu können. Er ist unbelesen, ungebildet, sprunghaft, egozentrisch, jähzornig und vergnügungssüchtig, und seine Selbstverliebtheit überschreitet jedes mir bekannte Maß, obwohl in seinem Fall nicht der geringste Grund für Selbstverliebtheit vorliegt.

Du müsstest ihn einmal reden hören, wenn wir zu Tisch sitzen. Nein, es würde genügen, ihm beim Schlürfen seiner Suppe zuzusehen! Er hat die Manieren eines Neandertalers, und man kann schon froh sein, dass er überhaupt das Essbesteck benutzt.

Kürzlich hat er hier eine »Bekannte« angeschleppt. Es war entwürdigend. In meinem gesamten Leben ist mir keine Person begegnet, die ordinärer gewesen wäre. Von dem vulgär hochtoupierten Haar und ihrem Schmatzen will ich dabei gar nicht einmal reden. Ach, schweigen wir davon!

Als Vater habe ich versucht, ihn auf die richtige Bahn zu lenken, aber meine Kräfte sind anscheinend zu schwach gewesen. Jetzt taumelt er seinem Verderben entgegen, und nichts kann ihn

Verzeih mir, dass ich Dir das alles schreibe. Mein Herz ist schwer, und bei jeder Begegnung mit Donald verfluche ich den Tag, an dem ich beschlossen habe, eine Familie zu gründen.

In alter Verbundenheit

Fred

 

Die Abneigung beruhte auf Gegenseitigkeit. Davon zeugt ein Tagebucheintrag von Donald Trump aus der Vorweihnachtszeit des Jahres 1967:

 

22. Dezember 1967

Der Alte glaubt, dass er ALLES darüber weiß, wie man ein Unternehmen führt. FALSCH! Man muss BESCHLEUNIGEN und LOSLEGEN. Ein Rezept von Blind Boy Fuller. STEP IT UP AND GO! Aber der zahnlose Alte lebt noch in der Ära, in der man Geld in Sparstrümpfe gesteckt hat. FRED DAGOBERT DUCK. Und ich bin der arme Donald …

*

 

Lieber Donald:

Du hast mir nicht geschrieben, wie alt Du bist, aber ich nehme an, dass Du noch die Grundschule besuchst. Dort nehmt Ihr jetzt bestimmt das Thema Raumfahrt durch.

Leider kann ich Dir Deine Bitte, die Worte »Donald war hier« auf den Mond zu schreiben, nicht erfüllen. Bei unserer Mission sind alle Schritte genau festgelegt, und wir müssen uns an den sorgfältig geplanten Ablauf halten.

Doch ich werde Dir einmal kurz zuwinken, wenn ich gelandet bin!

Mit freundlichen Grüßen

Neil Armstrong

 

Trump war damals schon knapp zwanzig Jahre alt und fühlte sich gekränkt:

 

30. Mai 1969

Wieso glaubt der Hohlkopf Neil Armstrong, ich würde noch zur Grundschule gehen? Und weshalb kann er nach der Landung nicht mal eben kurz was auf den Mond schreiben?? Zwei Fragen – eine Antwort: Weil er doof ist. Ich hoffe, dass er mit seiner Drecksrakete ABSTÜRZT und sich alle Zähne ausschlägt, bevor sie EXPLODIERT!

*

 

Lieber John!

Wie ich gehört habe, wollen Sie Ihren Orden »Member of the British Empire« zurückgeben. Das ist vollkommen verständlich. Auch ich bin zornig auf das Establishment, das jungen Leuten wie uns den Weg nach oben verwehren will.

Aber was soll die verschnarchte Queen mit dem Orden anfangen?

Hier ist mein Vorschlag: Verkaufen Sie mir diesen Orden für 4000 Dollar. Einverstanden?

Ich bin ein Riesenfan der Beatles. YESTERDAY war Euer allergrößter Hit.

Alles Liebe!!!

Donald J. Trump

 

Der Song »Yesterday« stammte jedoch allein von Paul McCartney. Es ist kein Wunder, dass Lennon auf Trumps Brief nicht reagierte. Im Sommer 1970 machte in New York dann die Tonbandaufnahme eines Gesprächs die Runde, das der Musikjournalist Paul Williams mit Lennon geführt hatte. Darin war von Lennons Seite eine Bemerkung über »reiche Muttersöhnchen wie Donald Trump« gefallen, und das war für Trump der Anlass, in seinem Tagebuch mit den Beatles im Allgemeinen und John Lennon im Besonderen abzurechnen:

 

FUCK THE BEATLES. Sie haben unser Land gestohlen, und jetzt verbreiten sie ihre LSD-PROPAGANDA. Getrennt haben sie sich nur zum Schein, damit sie aus allen vier Himmelsrichtungen angreifen können. Ringo Starr haut auf die Trommel, Gregory Harrison schart unsere Feinde in Indien um sich, Paul McCartney lächelt, und John Lennon bekennt sich offen zum VIETCONG. Wir brauchen einen Motormäher, um diese Köpfe zu rasieren. JETZT SOFORT!

*

Mit einem Anliegen delikater Natur wandte Donald Trump sich im September 1970 an den vermögenden deutschen Playboy Gunter Sachs:

 

Sehr geehrter Herr Sachs:

Sie haben sicher schon von mir gehört. Ich bin mit phänomenalem Erfolg in der Baubranche tätig und führe laut FORBES die Liste der Jungunternehmer an, die das Bild Amerikas in den kommenden Jahrzehnten prägen werden.

Nun aber eine Frage von Mann zu Mann: Ist es wahr, dass Sie vor einigen Jahren in Saint-Tropez aus einem Hubschrauber eintausend Rosen über dem Grundstück von Brigitte Bardot abgeworfen und dadurch ihr Herz erobert haben?

Inzwischen sind Sie ja von Bardot geschieden und haben sich neu verheiratet. Ich habe ein Bild von Ihnen beiden im LIFE Magazine gesehen und gratuliere Ihnen zu dem neuen Schätzchen an Ihrer Seite.

Wenn Sie einmal in New York sind, erzähle ich Ihnen gern mehr über mich.

Mit besten Grüßen  Donald J. Trump

 

 

13. September 1970

Wenn die Geschichte mit den tausend Rosen stimmt, werde ich EINE MILLION ROSEN über Brigitte Bardots Grundstück abwerfen. Nicht kleckern, sondern KLOTZEN!!!

 

Zu Trumps Bedauern fand Gunter Sachs sich jedoch zu keiner klaren Auskunft bereit. Er schrieb zurück:

 

Sehr geehrter Herr Trump!

Der Komponist Johann Sebastian Bach hat einst die Verse eines unbekannten Dichters vertont, die mit den Worten beginnen:

»Willst du dein Herz mir schenken,

So fang es heimlich an.«

Ich erlaube mir daher, Ihnen die Antwort auf Ihre Frage schuldig zu bleiben.

Weiterhin viel Erfolg in Ihrem reizvollen Metier.

Mit freundlichen Grüßen

Gunter Sachs

 

Trump fasste das als Beleidigung auf:

 

16. Oktober 1970

Dieser aufgeblasene Gunter Sachs will offensichtlich die Kontrolle über alle seine abgelegten Weiber behalten. Na, soll er doch! Ich habe KEINERLEI Interesse an seinem Harem. Wer ist schon die Bardot? Eine französische Zicke ohne jeden Sex-Appeal. Gerade gut genug für das Gesindel der europäischen

*

In den frühen Siebzigern, als er noch von einer Karriere als Schauspieler träumte, wandte Trump sich an die Produktionsfirma Universal Pictures und bewarb sich um eine Rolle in Alfred Hitchcocks Spielfilm »Frenzy«, aber der Regisseur ließ Trump abblitzen:

 

Sir,

es ehrt Sie, dass Sie mich mit zehn Millionen Dollar unterstützen möchten, und es schmeichelt mir, dass sie meine Arbeit lieben. Leider ist es mir jedoch unmöglich, Ihnen als Gegenleistung eine Rolle in meinem neuen Film anzubieten.

Ich glaube Ihnen gern, dass Sie in der Firma E. Trump & Son demnächst die erste Geige spielen werden, und nachdem ich nun einige Fotos von Ihnen gesehen habe, möchte ich Ihnen empfehlen, sich auf das Immobiliengeschäft zu konzentrieren und sich den Gedanken an die Schauspielerei aus dem Kopf zu schlagen.

Sollten Sie dennoch darauf beharren, ins Filmgeschäft einsteigen zu wollen, rate ich Ihnen, sich an meinen alten Freund Roger Corman zu wenden, der in seinen B-Filmen gelegentlich Verwendung für obskure Galgenvögel findet.

Mit freundlichen Grüßen

Alfred Hitchcock

 

In seinem Tagebuch nahm Trump wenig später darauf Bezug:

 

Ich habe »VERTIGO« gehasst, ich habe »PSYCHO« gehasst, und ich habe »THE BIRDS« gehasst. Und jetzt macht dieser fette kleine Brite sich an mich heran und will mich um meine Ersparnisse erleichtern. Er muss verrückt sein. Will mich ins Filmgeschäft locken. NOPE!! Ein Fass ohne Boden. Sorry, aber: Hitchcock, deine Tage sind GEZÄHLT!!!

*

Nachdem er Harold Robbins’ Bestseller »Die Unersättlichen«, »Die Playboys« und »Die Bosse« gelesen hatte, versuchte Donald Trump sich im Frühjahr 1972 einmal selbst an einem Roman. Der Arbeitstitel lautete: »Der goldene Eroberer«. Über die erste Seite kam Trump jedoch nie hinaus. Sie hat sich in seinen Unterlagen erhalten:

DER GOLDENE EROBERER
Ein Roman von
DONALD J. TRUMP

 

Dieser Roman handelt von einem sehr, sehr, sehr erfolgreichen Geschäftsmann. Seine Konzerntöchter expandieren auf drei Kontinenten, und er hat Geliebte in New York, Paris, Melbourne, Rio de Janeiro, Hawaii, Montevideo, London, Seoul und so weiter. Selbst in der Antarktis liegen ihm die Frauen zu Füßen. Er sieht sehr gut aus und ist auch sehr sportlich. Doch eine Bande von Untermenschen infiltriert sein Unternehmen. Es sind Agenten aus Moskau. Sie richten einen immensen Schaden an, aber sie haben nicht mit der Tatkraft ihres Gegners gerechnet. Am Ende kommt es zu einem offenen Schlagabtausch auf einer Luxusyacht im Golf von Mexiko. Dabei rettet der

KAPITEL EINS

»Möchtest du noch einen Drink, mein Liebster?«, fragte Eve, eine langbeinige Blondine, die nur einen roten Bikini trug. Sie stand auf der großen Terrasse des eleganten Landhauses in der Südsee, das James Gary Blizzard zwei Jahre zuvor für sechs Millionen Dollar errichtet hatte. Es war ein luxuriöses Gebäude. Allein die Stahlkonstruktionen im Innenhof hatten ein Vermögen gekostet. Auf drei Ebenen, die mit einem Aufzug verbunden waren, befanden sich märchenhaft schöne Schlafzimmersuiten. Moderne Rundbadewannen, offene Kamine, massive Parkettböden, elektrische Jalousien und eine hochwertig ausgestattete Küche machten dieses Anwesen zu einem wahren Juwel. Das Beste war aber der Swimmingpool, in dessen azurblauem Wasser sich das funkelnde Licht der glitzernden Sonne brach.

Für einen Moment legte Blizzard das »Wall Street Journal« zur Seite, in dem er als »der bestaussehende Newcomer der amerikanischen Großindustrie« bezeichnet wurde. Er sah Eve tief in ihre kornblumenblauen Augen und sagte: »Es ist noch zu früh für einen Martini, aber du bringst mich auf eine andere Idee …«