Zum Buch
Wien am Ende der Donaumonarchie. Nach einem Reitunfall verliert Komtess Luise von Waldenberg ihr Gedächtnis – und sieht die Welt plötzlich aus völlig neuen Augen: Die Dekadenz des Hofadels kommt ihr unglaublich verlogen vor. Warum werden treppauf und treppab nur Lügen erzählt? Was hat sich bei ihrem Unfall damals wirklich ereignet? Mutig wagt sie den Blick hinter die golden glänzende Fassade ihrer Familie. Doch als sich die Dunkelheit um sie lichtet, findet sie sich selbst als Spielball einer Intrige wider, die nicht nur ihr eigenes Schicksal besiegeln könnte …
Berührend erzählt, präzise recherchiert und spannend bis zur letzten Seite – Ulrike Schweikerts Liebeserklärung an das kaiserliche Wien.
Zur Autorin
Ulrike Schweikert hat schon viele Länder bereist, doch ihre Lieblingsstadt ist und bleibt Wien. Denn wo sonst könnte die 1966 in Schwäbisch Hall geborene Bestsellerautorin ein historisches Ballkleid tragen und sich im Walzertakt der geheimnisvollen Kaiserzeit wiegen? Ihre präzise recherchierten und lebensnahen Romane wie die Charité-Serie schaffen es regelmäßig auf die Bestsellerlisten. Ulrike Schweikert lebt und arbeitet in der Nähe von Stuttgart.
MIRA® TASCHENBUCH
Copyright © 2014 by Ulrike Schweikert
Dieses Werk wurde vermittelt
durch die Montasser Medienagentur, München.
Covergestaltung: bürosüd, München
Coverabbildung: Lee Avison / Arcangel, IMAGNO / Sammlung Hubmann / AKG,
IgorZH / Shutterstock
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN E-Book 9783745750362
www.harpercollins.de
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Für meine Schwester Renate Jaxt und
meinen geliebten Mann Peter Speemann
Wien, 22. November 1916
Grau und kalt legte sich der Novembernachmittag über die Stadt. Es goss in Strömen. Wassertropfen perlten in schimmernden Fäden an den Scheiben herab. Der böige Wind trieb die letzten vertrockneten Kastanienblätter vor sich her über das Pflaster und wirbelte sie den Passanten, die in dunkle Mäntel gehüllt mit eingezogenen Köpfen vorbeihasteten, um die Beine. Drüben auf dem Ring trabten Pferdegespanne stoisch durch den kalten Regen. Einfache Droschken, nummerierte Fiaker, wappengeschmückte Landauer, zwei- oder vierspännig, ein schnittiger, hochrädriger Phaeton, dessen Eigentümer trotz seines modischen Mantels mit den zahlreichen Schultercapes bis auf die Knochen durchnässt sein musste. Dazwischen reihten sich ein paar wenige Automobile ein. Schnittige Wagen mit schimmernd lackierten Hauben, unter denen Maschinen brummten, die stärker waren als jedes Pferdegespann vor einer Kutsche. Cosima stand am Fenster und starrte in den Regen.
„Cosima?“
Sie antwortete nicht, obwohl sie den Ruf gehört hatte. Das war unhöflich, doch im Augenblick war ihr alles egal. Alles außer der Feier ihrer Verlobung, die nun nicht stattfinden würde.
Sie sah zu den Kutschen hinüber, unter denen sie keine einzige entdeckte, die nicht mit einem Trauerflor geschmückt war. Ganz Wien, ja, vermutlich das ganze Reich kleidete sich heute in schwarzen Farben. Vor den Palästen der alten Familien flatterten zahlreiche Totenfahnen, die sich auf den breiten Straßen zur Burg hin zu einer Allee verdichteten. Betroffen schritten die Menschen mit gesenkten Köpfen dahin, als könnten sie ihren Verlust einfach nicht fassen.
Cosima jedoch empfand mehr Wut als Anteilnahme, und sie schämte sich ein wenig dafür.
Schritte näherten sich der Tür, dann öffnete sie sich und Licht flutete in den düsteren Salon. Der Schein huschte über die mit blauem Brokat bezogene Sitzgruppe im Stil Louis-seize und traf auf die kannelierten Stuhlbeine, die im Licht golden schimmerten. Die Gestalt an der Tür verharrte. Auch Cosima rührte sich nicht, doch sie konnte den Blick spüren, der forschend durch das Zimmer glitt, bis er gefunden hatte, was er suchte.
Cosima unterdrückte einen Seufzer, wandte sich aber auch dann nicht um, als die Schritte den Salon durchquerten, auf sie zukamen und so dicht hinter ihr verstummten, dass sie die Wärme des Körpers in dem kalten Raum zu spüren glaubte und das vertraute Parfum roch.
„Hier bist du, mein Liebling. Ich habe dich überall gesucht“, sagte ihre Mutter so sanft, dass Cosima unwillkürlich die Hände zu Fäusten ballte. Ein verhaltenes Auflachen bewies ihr, dass ihre Reaktion nicht unbemerkt geblieben war.
„Ich verstehe, dass du verstimmt bist, aber das ist nicht das Ende der Welt“, sagte ihre Mutter mit ernster Stimme.
Cosima fuhr herum. „Ach ja? Meine Verlobung wird nicht stattfinden! Wie kannst du das so leicht hinnehmen?“
Gegen ihren Willen spürte sie, wie ihr Tränen in die Augen schossen und über die Wangen liefen. Na bravo, jetzt würde sie sich auch noch mit verweinten Augen zeigen müssen.
Seufzend legte Luise die Hände auf Cosimas kalte, nackte Arme. „Deine Verlobung ist nicht aufgehoben. Wir müssen die Feier um ein paar Wochen verschieben. Das ist alles. Davon geht die Welt nicht unter“, sagte sie noch einmal in einem so besorgten Ton, dass Cosima sich ihr zuwandte.
„Nein, so wichtig ist meine Verlobung ja nicht“, schimpfte sie sarkastisch drauflos.
„Für die Welt nicht, nein, mein Liebes.“
„Aber dass ein alter Kaiser gestorben ist, das ist wichtig für die Welt!“
Ihre Mutter schwieg.
„Der König ist tot, es lebe der König!“, fügte Cosima provokativ hinzu.
„Ja, lange Zeit war das so. Doch heute?“ Luise schüttelte mit einem Ausdruck von Resignation den Kopf. „Unsere Welt versinkt im Krieg. Vielleicht ist heute nicht nur unser Kaiser gestorben. Vielleicht liegt auch unsere Nation im Sterben, unsere Welt, wie wir sie gekannt haben … Ein langsames Siechen, und am Ende steht der Tod.“
„Willst du mich ablenken, indem du mir Angst einjagst?“
Ihre Mutter neigte den Kopf und lächelte sie an. „Nein, mein Liebes, eigentlich bin ich gekommen, um dich aufzumuntern und dich zu überreden, etwas zu essen. Vielleicht eine süße Kleinigkeit? Das feine Schokoladenkonfekt von den Bruckers“, versuchte sie Cosima zu locken.
Doch Cosima schnitt eine Grimasse. „Ich will nichts essen, und ich will mich auch nicht aufmuntern lassen. Ich will einfach nur wütend sein! Was muss der Kaiser ausgerechnet am Tag meiner Verlobung sterben!“
Sie stampfte mit dem Fuß auf, obgleich ihr bewusst wurde, dass dies eine recht kindische Reaktion war. Auch in dem verständnisvollen Lächeln ihrer Mutter konnte sie das erkennen.
„Gut, dann überlasse ich dich jetzt deinem Zorn und kümmere mich wieder um andere Dinge.“ Sie beugte sich vor und küsste Cosima auf die Stirn, dann ließ sie ihre Tochter in dem düsteren Salon mit ihren nicht minder düsteren Gedanken zurück.
Cosimas Blick glitt wieder über die niedrigen Häuser des Gartenbauvereins zum Ring mit seinen prächtigen Palais hinüber, deren Fenster nun nach und nach von warmem Lichtschein erhellt wurden. Sie fröstelte und schlang bebend die Arme um ihren Leib.
Was für ein schrecklicher Tag, dachte sie. Dabei sollte es einer der glücklichsten ihres Lebens sein. Sie hätte gelacht und getanzt und mit ihrem Bräutigam auf eine wundervolle Zukunft angestoßen. Sehnsuchtsvoll starrte Cosima durch die zunehmende Dunkelheit auf die warmen Lichter in der Ferne, die der herabrinnende Regen verwischte.
Luise trat in den Ballsaal, wo zwei Hausmädchen damit beschäftigt waren, die Blumendekoration wieder zu entfernen. Üppige Gestecke mit dunkelrosa Rosen, weißen Chrysanthemen und blauen Iris. Ihr Duft ließ von einem späten Sommer träumen, dennoch war auch hier die Stimmung gedrückt. Ein Diener trug große Kisten herein und begann dann, die Girlanden aus Immergrün abzuhängen, die mit rosafarbenen Bändern umwunden waren, zwischen denen zarte, weiße Seidenblüten steckten. Es schmerzte Luise zuzusehen, wie sie, eine nach der anderen, in den Kisten verschwanden, um irgendwo tief unten in den finsteren Gewölben der Kasematten aufgestapelt und dann vergessen zu werden. Betrübt wandte sie sich ab und schaute den Hausmädchen zu, die auf wackligen Stühlen balancierten, um die über den riesigen Spiegeln befestigten Gebinde zu lösen.
Die Mädchen trugen schwarze Armbinden über ihren hellblauen Schürzenkleidern, doch vermutlich machte auch ihnen die abgesagte Verlobungsfeier der Tochter des Hauses mehr zu schaffen als der Tod des Kaisers, dachte Luise, deren Blick sich mit dem des alten Haushofmeisters traf. Über siebzig war er nun schon, sein noch dichtes Haar schlohweiß, doch er hielt sich noch immer aufrecht und hatte die Bediensteten wie in alten Zeiten fest im Griff.
„Kann ich etwas für Sie tun?“, erkundigte er sich. Sie sah das tiefe Verständnis in seinen blauen Augen, und sie wusste, dass er die gleichen Erinnerungen im Sinn hatte wie sie.
Sie schüttelte den Kopf. „Wie ich sehe, hast du wie immer alles unter Kontrolle.“
Der Haushofmeister verbeugte sich, so weit sein betagter Rücken es zuließ. „Wie geht es der Komtess?“
„Sie ist sehr zornig und fühlt sich vom Kaiser ungerecht behandelt.“ Luise musste schmunzeln, als sie sich Cosimas Wutausbruch im Salon vor Augen führte, und auch um Milans Mundwinkel zuckte es kaum merklich. Doch wie immer bewahrte er Contenance.
„Das ist verständlich. In jungen Jahren denken wir Menschen stets, die Welt müsse sich um uns allein drehen. Erst das Leben zeigt uns, wie klein und unbedeutend wir für den Lauf des Schicksals sind.“ Er stockte. „Verzeihen Sie, Herrin, ich wollte nicht ungebührlich sein.“
Luise winkte ab. „Du hast vollkommen recht. Auch unsereins begreift vielleicht langsam, dass wir nicht so wichtig sind, wie wir es seit Jahrhunderten von uns dachten.“
Sie schwiegen einträchtig und sahen den Mädchen zu, wie sie die Gestecke hinaustrugen, die Arme voller herrlicher Blumen.
„Wir müssen noch all das viele Essen für die Tafel abbestellen“, sagte Luise und seufzte leise. Sie dachte an die Pasteten und gefüllten Perlhühner, die marinierten Fische und Soßen, die kunstvollen Gelees.
„Ich habe bereits das Küchenmädchen zu Weisshappel und Stiebitz geschickt“, gab Milan zurück.
„Was täte ich ohne dich!“, stieß Luise hervor.
Wieder deutete der Haushofmeister eine Verbeugung an, indem er den Kopf mit dem weißen, dichten Haar leicht neigte. Sie spürte sein Zögern. Offensichtlich hatte er etwas auf dem Herzen.
„Was gibt es noch?“, erkundigte sich Luise.
„Was passiert mit all den schönen Schokoladenkreationen und den Torten für das Fest? Soll ich vielleicht gleich den Jungen zu den Bruckers schicken?“
Milan zog ein wenig die Brauen hoch. In seinem Blick stand so etwas wie Mitleid, sodass Luise unwillkürlich wegschaute.
„Nein, danke, das erledige ich selbst.“
Vielleicht eine Spur zu schnell wandte sie sich ab und eilte in ihr Gemach, um nach der Kammerfrau und einem Mantel zu läuten. Während sie wartete, gingen ihre Gedanken auf Wanderschaft, und es war ihr, als könne sie den herben Duft dunkler Schokolade riechen, von süßen Mandeln, Vanille und kandierten Rosen.
Erinnerungen strömten auf sie ein, von einer warmen Backstube und Auslagen voller Köstlichkeiten, von fröhlichen Stunden und dem herzlichen Lachen von Stephan und seiner Schwester Carlotta. Ihre ersten Versuche, selbst aus Schokolade etwas zu formen, kamen ihr in den Sinn, die verbotenen Naschereien, von denen sie kaum genug bekommen hatte. Und sie erinnerte sich an eine Verlobungsfeier so viele Jahre zuvor, die ebenfalls hatte verschoben werden müssen.
Wien, November 1892
Sie konnte Stimmen hören. Leute, die sich leise unterhielten. Verschiedene Gerüche stiegen ihr in die Nase. Es roch nach irgendwelchen Kräutern und nach Kampfer, unter den sich der Duft von Lavendel und frischen Rosen mischte.
Sie lag in einem Bett auf einer dicken, bequemen Matratze unter einer weichen Daunendecke, deren Bezug so steif von Stärke war, dass er leise unter ihren Fingern raschelte. Ihre Augen waren geschlossen, doch der rötliche Schein zu ihrer Rechten verriet ihr, dass neben dem Bett eine Lampe brannte. Vorsichtig öffnete sie die Lider einen kleinen Spalt. Das Licht traf sie mit schmerzender Kraft, sodass sie die Augen sogleich wieder zukniff. Sie stöhnte leise.
Wo war sie? Was war mit ihr geschehen? Sie suchte in ihrem Geist nach Bildern, doch da war nichts. Nur wirbelnde Schatten.
Noch einmal wagte sie es, die Lider zu heben. Zuerst sah sie nur ein Muster aus verschwommenen Farben, doch nach und nach verfestigten sich die Konturen, und sie erkannte das geschwungene Fußende des breiten Betts, in dem sie lag. Es war aus rötlichem Holz mit ausgeprägter Maserung. Sie ließ den Blick weiter zum Nachtkasten mit der Lampe wandern, der aus demselben Holz gefertigt war, hin zu einem Teppich mit orientalischen Mustern in Rottönen und einer Sitzgarnitur mit warmgelben Bezügen und zierlich gebogenen Füßen, die vor den zugezogenen Vorhängen stand.
Ihre Aufmerksamkeit richtete sich auf die Stimmen zweier Männer, die sich leise unterhielten. Der eine erkundigte sich nach dem Befinden einer Kranken.
„Ich kann leider keine Veränderung feststellen. Komtess Luise braucht absolute Ruhe. Ich werde morgen wieder nach ihr sehen.“
Wer war Komtess Luise?
„Wird sie denn wieder erwachen, Herr Hofrat?“
Die Stimme klang ein wenig gepresst. Voller Trauer und Sorge.
Sprachen die beiden etwa über sie?
Der Angesprochene zögerte. „Sie kann jeden Moment erwachen oder …“ Wieder eine Pause, gefolgt von einem Räuspern. Offenbar konnte der Hofrat es nicht über sich bringen, das Schlimmste auszusprechen. „Oder noch sehr lange in diesem Zustand verbleiben.“
Luise? Komtess Luise. War das ihr Name? Sie überlegte, ehe sie ein heißer Schreck durchfuhr. Sie wusste es nicht. Sie konnte sich nicht erinnern. Ja, sie hatte nicht einmal eine Vorstellung davon, wie sie aussah, wo sie herkam und wer ihre Familie war.
Komtess Luise.
Im Geiste drehte und wendete sie die Worte, formte sie stumm mit den Lippen, bis sie den Klang des Namens erfassen konnte. Es fühlte sich nicht falsch an. Vielleicht würde es die Qual der Verwirrung in ihr ein wenig lindern, daher beschloss sie, ihn erst einmal so hinzunehmen.
Luise, schön, aber wer waren die beiden anderen? Sie fixierte die beiden Gestalten, die nahe der Tür standen. Ein Mann im schwarzen Anzug und mit weißen Handschuhen. Er war um die fünfzig, mittelgroß und etwas untersetzt. Sein Haar war bereits ergraut.
Der andere Mann war ebenfalls älter und in einen braunen Anzug mit beigefarbener Weste gekleidet. Nach den Geräten zu urteilen, die er gerade in seiner Ledertasche verstaute, musste es sich um einen Arzt handeln.
In dieses Bild passte die Frau im hellblauen Kleid mit der weißen Schürze, deren gestärkte Haube sie als Krankenschwester auswies. Sie reichte ihm gerade ein Glasfläschchen, das ebenfalls in der Tasche verschwand. Die zweite Frau im Zimmer war jung. Vielleicht ein wenig über zwanzig. Ihr Gesicht war schmal und blass, das hellbraune Haar zu einem einfachen Knoten aufgesteckt. Sicher war sie keine Schönheit, eher wirkte sie unauffällig, doch ihre Züge waren auf eine angenehme Weise regelmäßig. Nun allerdings malte sich ungläubiges Erstaunen auf ihre Miene und kurz darauf stieß sie einen Ruf der Überraschung aus.
„Herr Hofrat, sehen Sie nur. Die Komtess hat die Augen geöffnet. Sie ist erwacht!“
Der Arzt und die Krankenschwester fuhren herum und stürzten zum Bett.
„Ein Wunder, es ist ein Wunder“, stieß die Frau hervor.
Während der Hofrat nach ihrem Handgelenk griff, um ihren Puls zu fühlen, eilte die Schwester geschäftig im Zimmer umher, brachte dem Arzt die Tasche und reichte ihm die verlangten Instrumente. Der ältere Mann dagegen blieb wie erstarrt an der Tür stehen. Luise sah zu ihm hinüber, und es war ihr, als glitzerten Tränen in seinen Augen.
„Komtess, wie fühlen Sie sich? Verspüren Sie irgendwelche Schmerzen? Können Sie all Ihre Glieder bewegen? Bitte, heben Sie ein wenig die Beine an, wenn Ihnen das möglich ist.“
Luise befolgte gehorsam seine Anweisungen, bis der Hofrat zufrieden nickte.
„Wir lassen Sie nun in Ruhe. Sie müssen sich ausruhen, ein wenig essen und viel schlafen. Ich komme morgen wieder und möchte dann noch einige Untersuchungen vornehmen, doch nun werde ich Ihren Vater aufsuchen, um ihm die freudige Botschaft zu überbringen. Dana, Sie bleiben bei der Komtess.“
„Ja, Herr Hofrat.“
Der Arzt wandte sich zur Tür, die der andere Mann ihm aufhielt. Mit einem Gefühl der Erschöpfung ließ sich Luise wieder in die Kissen sinken und schloss die Augen.
Milan, der Mann im schwarzen Anzug mit den weißen Handschuhen, schloss leise die Tür und ging gemessenen Schrittes den Gang entlang, bis er den unauffälligen Eingang zur Bedienstetenstiege erreichte. Auf der Treppe begann er zu laufen. Immer schneller eilte er die Stufen hinunter, vorbei an der Beletage mit dem Ballsaal, dem glasüberwölbten Wintergarten und den prächtig eingerichteten Gesellschaftsräumen, deren hohe Fenster zur Bastei hinaus zeigten. Er hastete hinunter ins Mezzanin, in dem er als Haushofmeister zur Seilerstätte hin seine kleine Wohnung hatte und auch die Bleibe des ersten Kammerdieners und seiner Familie zu finden war. Auf der Gartenseite schlossen sich seine Wirtschaftsräume an, die Wasch- und die Kaffeeküche, Bügelzimmer, Silber- und Wäschemagazin. Mit langen Schritten eilte Milan den Gang entlang bis zum Block mit der großen, herrschaftlichen Küche, der Spülküche, der Speisekammer, dem Esszimmer des Personals und dem Zimmer der Köchin. Milan riss die Tür zum Speisezimmer der Hausoffiziere auf. Zwei Personen waren anwesend: Die Wirtschafterin Irena und Zóltan, der Kammerdiener des Grafen, die wie er zu den Hausoffizieren zählten.
„Was gibt es?“, erkundigte sich Irena und erhob sich, als sie seinen Gesichtsausdruck gewahrte. „Was ist geschehen?“
„Rufen Sie alle zusammen, die gerade hier im Stock zu tun haben“, wich Milan der Frage aus.
Irena, die sich sonst nicht gern von ihm Befehle erteilen ließ – sah sie sich doch eher auf der gleichen Stufe mit dem Haushofmeister –, ging stumm hinaus und befahl alle ins Esszimmer. Stuhlbeine scharrten, es wurde getuschelt und man wechselte fragende Blicke.
Milan räusperte sich vernehmlich und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Die Bediensteten verstummten und sahen ihn erwartungsvoll an. Die Köchin Katalin war da, ihr Küchenmädchen Milly und der Junge Jan, den man allerlei Schmutzarbeit machen ließ, dann die beiden Hausmädchen Rajka und Geza, Bohdan, der Diener des Barons, und Mirco, der Lakai, der für Botengänge zuständig war und beim Servieren half.
„Was gibt es denn so Wichtiges?“, erkundigte sich Rajka, die trotz ihrer erst achtzehn Jahre als erstes Hausmädchen im Palais arbeitete.
Milan holte tief Luft, dann verkündete er mit lauter Stimme: „Die Komtess ist erwacht, und sie hat gesprochen!“
Für einen Moment herrschte völlige Stille, dann begannen alle aufgeregt durcheinanderzureden. Irena presste sich die Handflächen gegen die Brust und ließ sich auf einen Stuhl sinken.
„Der heiligen Jungfrau im Himmel sei gedankt. Ich habe seit diesem schrecklichen Tag nicht aufgehört zu beten. Niemals hätte ich es ertragen können, wenn das Herz des Grafen endgültig in Stücke gerissen worden wäre.“
Milan nickte. Sie schauten einander in stillem Einvernehmen an, dann hob er den Kopf und klatschte in die Hände.
„Nun geht alle wieder an eure Arbeit zurück. Und Katalin, lassen Sie eine kräftige Brühe und eine Tasse heiße Milch mit Honig nach oben bringen. Das wird der Komtess guttun.“
„Ach, haben Sie zu den Doktoren gewechselt?“, erwiderte die Köchin unwirsch.
Milan presste die Zähne zusammen, antwortete aber mit beherrschter Stimme: „Nein, das hat der Herr Hofrat angeordnet, und der sollte es wissen.“
„Na dann“, murrte Katalin und keifte nach Milly, die sich flink in die Küche davonstahl. Sie kannte die lockere Hand der Köchin und wollte es nicht riskieren, ihre Laune noch zu verschlechtern, wenn dies überhaupt möglich war.
Milan folgte der Wirtschafterin zurück zum Speisezimmer der Hausoffiziere und ließ sich stöhnend auf seinen Stuhl sinken.
„Möchten Sie einen Kaffee?“, fragte Irena, obgleich das ganz sicher nicht zu ihren Aufgaben gehörte.
Milan nickte. „Ja, lassen Sie uns einen starken Kaffee zusammen trinken und uns der Illusion hingeben, dass sich nun alles zum Guten wenden wird.“
Schweigend legte Irena ihm eine Hand auf die Schulter, bevor sie hinausging, um den Kaffee zu holen.
Fragen über Fragen quälten sie, doch noch immer war ihr Geist nicht bereit, die Erinnerungen preiszugeben. Sie würde keine Ruhe finden, wenn sie nicht endlich mehr erfuhr.
Luise schlug die Augen auf und blickte sich erneut aufmerksam im Zimmer um. Die Wände waren weiß mit vergoldeten Stuckverzierungen, der hochglänzende Parkettboden in kunstvollen Mustern verlegt, die nur von einem Teppich bedeckt waren, der vor dem Bett lag und wie die Sitzmöbel und der zierliche Damensekretär aus Nussbaumholz sicher sehr viel Geld gekostet hatte. Diese Komtess Luise gehörte offensichtlich zu einem reichen Haus, wenn dies denn ihr Zuhause war.
Die Krankenschwester war mit dem Hofrat hinausgegangen. Nur die junge Frau in dem einfachen, dunkelgrauen Kleid, dessen einziger Schmuck der weiße Kragen bildete, war noch im Zimmer. Sie stand mit verschränkten Händen vor dem Paravent, der das Bett vor Zugluft schützen sollte, und sah mit unsicherem Blick zu ihr hinüber.
Luise öffnete den Mund. „Dana?“
Die junge Frau trat rasch zwei Schritte näher. „Ja, Komtess? Was wünschen Sie? Ach, ich bin ja so erleichtert, Ihre Stimme zu hören.“
„Komm zu mir. Nimm dir einen Stuhl und setz dich.“
Die junge Frau gehorchte, sah aber etwas irritiert drein.
„Du heißt also Dana, und ich bin Komtess Luise.“
„Aber ja, Komtess. Ist etwas nicht in Ordnung?“ Ihre Stimme klang nun höher.
Luise seufzte. „Gar nichts ist in Ordnung. Ich kann mich an nichts erinnern.“
„Sie wissen nicht, wie es zu dem schrecklichen Unfall kam?“
Luise schüttelte den Kopf. „Nein, weißt du es? Warst du dabei?“
Dana wehrte vehement ab, so als wolle sie jede Schuld von sich weisen. „Niemand war dabei, als Sie stürzten.“ Ihre Wangen bekamen rote Flecken, und sie wandte den Blick ab. „Die anderen sagen, Sie waren ohne Bewusstsein, als man Sie fand, und so blieb es auch, als man Sie zum Schloss zurückbrachte und dann nach Wien, damit der Hofrat Sie behandeln konnte. Wochenlang, bis jetzt!“
„Ich kann mich nicht nur nicht an den Unfall erinnern, ich erinnere mich an gar nichts mehr!“
„An gar nichts?“, piepste die junge Frau. „Wie meinen Sie das?“
Luise spürte einen Schmerz tief in sich, der sie zu durchbohren schien. Es war, als würde er noch viel schlimmer werden, wenn sie die Ungeheuerlichkeit aussprach und mit jemandem teilte, und doch musste es einen Weg geben, die Dunkelheit irgendwie zu vertreiben und sich Gewissheit zu verschaffen. Wenn es keine alten Bilder gab, dann würde sie für neue sorgen müssen. Vielleicht fiel ihr dann alles wieder ein. Womöglich konnte ihr diese Dana helfen, sich zu erinnern.
„Ich weiß nicht, wo ich bin, ich kenne meine Geschichte nicht, meine Herkunft, meine Familie. Ich erinnere mich nicht an dich oder alle anderen Menschen, die ich je in meinem Leben getroffen habe. Ja, ich bin mir nicht einmal sicher, dass ich diese Komtess Luise bin!“
„Das sind Sie!“
„Weißt du das genau?“
„Aber ja! Ich diene Ihnen doch seit zwei Jahren als Kammerjungfer. Seit Sie in die Gesellschaft eingeführt wurden. Und vorher war ich erstes Hausmädchen. Ich arbeite hier im Palais Waldenberg, seit ich mit sechzehn Jahren als Küchenmädchen anfing, bei Agnes, Ihrer früheren Köchin.“
Luise nickte. „Gut, dann erzähle mir von meiner Familie. Wer ist mein Vater?“
Dana schluckte, antwortete aber mit klarer Stimme: „Ihr Vater ist Graf Leopold von Waldenberg. Die meisten Ländereien und das Stammschloss der Familie liegen in Böhmen, nahe der Grenze zu Mähren und dem Waldviertel. Dort verbringen Sie die Sommermonate.“
Flehend schaute die Zofe sie an, doch Luise schüttelte nur den Kopf und fragte nach ihrer Mutter.
„Sie heißt Antonia, Gräfin Antonia von Waldenberg.“
War da ein kurzes Zögern? Der Blick der Zofe glitt zur Seite.
„Was ist mit ihr?“, hakte Luise nach. „Warum ist sie nicht hier bei mir?“
„Sie ist krank“, gab Dana rasch zurück.
„Verletzt? Bei dem Unfall?“
Die Kammerjungfer wehrte ab. „Oh nein, die Gräfin ist schon lange krank. Mal mehr, mal weniger. Sie hat verschiedene Leiden. So genau weiß ich das nicht, aber Vesna, die Kammerfrau der Gräfin, sagt, es sei ihr Gemüt, das sie so schwächt, dass sie ihre Gemächer kaum mehr verlässt.“
Luise ließ die Worte auf sich wirken und hoffte auf irgendein Zeichen des Erkennens, doch es war, als würde ihr die Zofe aus einem fremden Leben berichten.
„Habe ich Geschwister?“, fragte sie weiter.
Dieses Mal war das Zögern noch deutlicher. Es dauerte eine Weile, bis Dana verhalten den Kopf schüttelte. Doch ehe Luise nachhaken konnte, erklangen draußen Schritte und die Tür wurde aufgerissen. Ein Mann kam mit langen Schritten ins Zimmer und blieb direkt vor ihrem Bett stehen. Selbst wenn die Zofe nicht aufgesprungen wäre und sich mit einem hastigen Knicks zurückgezogen hätte, wäre Luise klar gewesen, dass es sich nur um den Hausherrn handeln konnte.
Graf Leopold von Waldenberg, Spross einer alten böhmischen Adelsfamilie, die sich ihres Rangs, ihrer vornehmen Abstammung und ihrer jahrhundertelangen Tradition bewusst war. Luise hoffte auf irgendeine innere Regung, die ihr bewies, dass ihr Vater vor ihr stand, doch da war nichts. Sie fühlte sich nur trostlos und leer. Eine Hülle ohne Inhalt. Ein Körper, der sie nicht einmal mehr Schmerz fühlen ließ. Ein Geist, der zu nichts nütze war.
Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Ich grüße dich, Papa.“
Er beugte sich herab, als wollte er sie küssen, legte dann aber nur seine große, warme Hand auf die ihre, die klein und schmal darunter verschwand.
„Ich grüße dich auch, mein Kind. Ich bin glücklich, dich wieder bei mir zu haben.“
Luise lauschte dem Klang seiner Stimme. Seine Worte kamen ein wenig stockend, doch das hatte nichts zu bedeuten, denn sie wärmten ihr Gemüt mehr als die Daunendecke, die über sie gebreitet lag. Sicher hatte er von Herzen gesprochen.
Luise betrachtete ihn genau. Er war korrekt gekleidet. Offensichtlich hatte er sich bereits zum Abendessen umgezogen, denn er trug seinen schwarzen Frack und die weiße Fliege. Luise stutzte.
Woher wusste sie, welchen Anzug ein Aristokrat zum Abendessen trug?
Einzelne Bruchstücke ihres früheren Wissens schienen also doch noch irgendwo in ihr gespeichert zu sein.
Luise musterte ihn weiter, während sie den Worten ihres Vaters lauschte, der von allerlei Menschen, die sie nicht kannte, freundliche Genesungswünsche ausrichtete.
Soweit sie das feststellen konnte, war er etwa mittelgroß. Obwohl sich unter seiner weißen Weste der Ansatz eines Bauchs zeigte, wirkte er sportlich. Sicher ritt und jagte er gern und hielt sich im Sommer auf seinen Ländereien viel im Freien auf. Seine Hände und sein Gesicht verrieten noch die sommerliche Bräune, die zumindest bei Damen ganz und gar nicht mit einer vornehmen Geburt vereinbar war. Sein dunkles Haar wurde an den Schläfen von den ersten grauen Strähnen durchzogen. Um seine braunen Augen hatten sich einige Fältchen eingegraben. Natürlich waren seine Wangen sorgfältig rasiert, der Schnauzbart getrimmt, sodass seine Spitzen leicht nach oben zeigten.
Eine Glocke läutete zweimal. Das Abendessen wird aufgetragen. Auch das hatte sie offensichtlich nicht vergessen. Nur an die Menschen, die um sie herum lebten, und an ihr eigenes Leben konnte sie sich partout nicht erinnern.
„Kann ich noch etwas für dich tun?“, erkundigte sich der Graf.
„Wie geht es Mama?“
Seine Miene verfinsterte sich. „Ich habe ihr von deiner Genesung berichtet, doch die Aufregung war wohl zu viel für sie. Sie wird den Abend in ihrem Gemach verbringen. Vielleicht fühlt sie sich morgen stark genug, dich zu besuchen.“
„Oder ich könnte nach ihr sehen“, schlug Luise vor.
Ihr Vater drückte noch einmal ihre Hände. „Wir wollen nichts überstürzen. Du bist lange ohne Bewusstsein gewesen. Ruh dich erst einmal aus und schlaf ein wenig.“
„Papa, was ist denn eigentlich passiert?“
Wieder dieses Zögern, das schon die Zofe gezeigt hatte.
„So ganz genau kann das keiner sagen. Ein Sturz vom Pferd. Ich denke, über all diese Dinge reden wir später, mein Liebes. Nun lass mich gehen, es wurde bereits zum Essen geläutet.“
Wieder eine ausweichende Antwort.
Er ging und schloss die Tür. Als sie ihm nachschaute, kam es ihr vor, als würde er die Wärme mit sich nehmen. Luise zog sich die Decke bis ans Kinn, doch das Frösteln, das sie auf einmal überkommen hatte, konnte sie nicht unterdrücken.
„Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?“, wollte Dana wissen.
Luise winkte die Zofe wieder ans Bett. „Erzähl mir mehr. Jedes Detail. Sag mir alles, was ich wissen muss!“
„Was ist denn mit dir los?“
Dana hob den Kopf und sah zur Tür, in der das erste Hausmädchen Rajka stand. Sie war ein paar Jahre jünger als Dana, doch die beiden Frauen mochten einander. Außer ihnen war niemand im Bedienstetenzimmer. Rajka schloss rasch die Tür und zog sich einen Stuhl an den Tisch.
„Nun sag schon! Du schaust drein wie ein Huhn, wenn es donnert, dabei schwelgt das ganze Palais im Freudentaumel.“
„Ich darf nicht darüber reden“, wehrte Dana brüsk ab. Sie legte ihre Handflächen auf das vom vielen Scheuern abgenutzte Holz und starrte in ihre Kaffeetasse.
Rajka griff nach ihren Händen. „Aber es bedrückt dich. Ich kann doch sehen, dass es dich ganz krank macht. Du weißt, dass ich keine Klatschbase bin und nichts weitererzählen werde. Sag mir, was dir so nahegeht, dann wirst du dich sicher besser fühlen.“
Dana stöhnte. „Ich will ihr Vertrauen nicht missbrauchen! Ich bin ihr treu ergeben, das weißt du.“
„Komtess Luise?“, hakte Rajka nach. Dana nickte. „Was ist mit ihr? Milan sagt, sie sei wach und bei klarem Verstand.“
Dana stöhnte noch einmal, dann brach es aus ihr heraus: „Sie kann sich an nichts mehr erinnern!“
Rajka schien nicht sonderlich entsetzt. „Das ist nach einem solchen Unfall nicht ungewöhnlich, wenn man sich so bös den Kopf angeschlagen hat. Mutter ist einmal unter einen Fiaker geraten. Sie konnte nachher nicht sagen, wie es zu dem Unfall gekommen ist, und weiß es bis heute nicht.“
Dana schüttelte den Kopf und sah ihre Freundin kläglich an. „Nein, es ist schlimmer. Viel schlimmer! Sie kann sich an rein gar nichts in ihrem Leben erinnern. Sie hat mich sogar gefragt, ob ich mir sicher wäre, dass sie wirklich ‚diese Komtess Luise‘ sei!“
Das verschlug Rajka für einige Augenblicke die Sprache. „Oh Gott, wie furchtbar!“, rief sie schließlich.
„Ja, furchtbar!“
Das Klacken der Tür ließ die beiden Frauen auffahren. Der Haushofmeister trat ein, schloss sie hinter sich und blieb dann vor der Tür stehen. Er sah die beiden Frauen mit strenger Miene an. Sie tauschten entsetzte Blicke. Die Frage stand ihnen offensichtlich auf die Stirn geschrieben, denn Milan nickte.
„Ja, Dana, ich habe gehört, was du Rajka berichtet hast, und ich bin durchaus eurer Meinung: Es ist furchtbar, und wir wollen das Vertrauen der Komtess nicht missbrauchen! Also darf dieses Thema nicht der Anlass zu irgendwelchem Klatsch unter den Bediensteten werden! Vor allem nicht, wenn du versprochen hast, nicht darüber zu sprechen. Und was machst du als Erstes?“
Dana senkte beschämt den Kopf. „Ich wollte das Versprechen nicht brechen. Ich musste nur Rajka mein Herz ausschütten, das mir so schwer in der Brust wog. Sie ist meine Freundin und wird nicht darüber reden.“
Milan sah die beiden jungen Frauen noch einmal streng an. „Ihr beide werdet kein Wort darüber verlieren, weder zu einem Mitglied der Herrschaft noch zu irgendwelchen anderen Freundinnen, die ihr in oder außerhalb des Hauses zu haben glaubt. Haben wir uns verstanden?“ Die beiden Frauen nickten. „Gut, dann würde ich vorschlagen, dass ihr euch an die Arbeit macht, oder habt ihr nichts zu tun? Das kann ich ganz schnell ändern!“
Dana und Rajka sprangen auf. Sie verabschiedeten sich hastig und eilten davon, ehe Milan seine Drohung wahr machen konnte.
Mit nachdenklicher Miene schaute er den beiden nach.
„Arme Komtess“, murmelte er, als er die Tür schloss und den beiden Frauen zur Treppe folgte.
Er dachte an die Komtess, wie sie als Kind gewesen war, und lächelte ein wenig traurig in sich hinein. Was für ein aufgewecktes Mädchen! Und wie selbstbewusst! Sie hatte früh gelernt, die Bediensteten für ihre Zwecke einzuspannen. Ein herziges Lächeln, ein Augenaufschlag, und schon konnte keiner ihr etwas abschlagen. Außer vielleicht ihre Mutter, die dagegen irgendwie immun war. Zumindest später, als Luise heranwuchs. Nicht in den ersten Jahren. Da hatte auch sie das Mädchen vergöttert.
Ja, die kleine Komtess hatte mit Temperament und vielleicht auch mit Berechnung gewusst, wie sie andere manipulieren konnte, doch Milan hatte sie immer gerngehabt. Er liebte sie, und der Gedanke, sie verloren zu haben, hatte ihm das Herz gebrochen. Und so sandte er ein inbrünstiges Dankgebet an die Heilige Jungfrau, während er die Treppe hinaufstieg, um in der Beletage nach dem Rechten zu sehen.
Carlotta kam in die Backstube der k. u. k. Hofzuckerbäckerei Brucker und klatschte in die Hände. „Auf, mein Brüderchen, reck die müden Glieder. Es gibt Arbeit für uns.“
Stephan Brucker rekelte sich und stemmte sich dann von seinem Stuhl hoch, auf den er sich nach – wie er dachte – getaner Arbeit für diesen Tag hatte niedersinken lassen.
„Was gibt es denn noch?“, fragte er mürrisch.
Seine Schwester lachte glockenhell. Sie trug ein gestärktes blau-weiß gestreiftes Kleid mit einer Schürze darüber, die ein paar Schokoladenflecke zierten. Ihr blondes Haar war ein wenig zerzaust. Eine Strähne hatte sich von ihren Nadeln befreit und ringelte sich von ihrer kessen Haube bis über ihre Schulter.
„Eine Pralinentorte für den Grafen von Waldenberg. Das Küchenmädchen war eben hier.“
Stephan runzelte die Stirn. „Ich dachte, im Palais herrscht so was wie Staatstrauer, seit die Komtess in Ohnmacht gefallen ist. Die ganze Stadt spricht darüber.“
Carlotta nickte. „Das ist richtig, doch jetzt ist es mit dem Trübsinn vorbei! Das Küchenmädchen hat mir verraten, dass wir jetzt wieder auf Aufträge hoffen können: Die Komtess ist erwacht und befindet sich auf dem Weg der Besserung.“
„Oh, wie schön“, sagte Stephan und wandte sich rasch ab, damit seine Schwester nicht sah, wie die Hitze, die in ihm aufwallte, in seine Wangen stieg. „Dann wollen wir uns mal ans Werk machen. Ich denke, es reicht, wenn wir die Torte morgen früh ausliefern?“
Carlotta kicherte. „Ich denke, Komtess Luise wird nicht gleich ein Mitternachtspicknick veranstalten, aber es wäre besser, wenn wir alles schon heute Nacht fertig machen. Dann kann die Schokolade noch einige Stunden auskühlen.“
Sie wuchtete einen schweren Kupfertopf auf den Herd und legte Holz in die noch glimmende Glut. Dann brach sie die dunkle Schokolade, die sie in großen Blöcken lagerten, und gab sie mit ein wenig Sahne und einem Schuss Cognac in den Topf, um sie unter stetigem Rühren zu schmelzen, während Stephan begann, das Marzipan für die Füllung und die Dekoration vorzubereiten.
In einer Steinmühle zerrieb er Mandeln und mischte sie mit feinem Staubzucker, dann träufelte er Orangenblütenwasser darüber und einige Tropfen Bittermandelessenz. Während er den hölzernen Löffel durch die Masse kreisen ließ und sie langsam bei schwacher Hitze auf dem zweiten Ofen erwärmte, wanderten seine Gedanken südwärts durch die Stadt zu dem prächtigen Palais auf der alten Bastei. Er sah eine schlanke Gestalt mit kastanienbraunen Locken, die federnd die Treppe herabschritt. Diese feinen Gesichtszüge. Diese strahlenden Augen. Dieses Lächeln.
Nicht, dass es ihm gegolten hätte. Er war nur ein Zuckerbäcker, den eine Komtess nicht bemerkte, und dennoch musste er immer wieder an sie denken. Dieses Lächeln schenkte sie nur ihresgleichen. Ihrem Vetter Maximilian zum Beispiel. Stephan rührte so wild, dass der Löffel abzubrechen drohte.
„Was machst du denn?“, rief seine Schwester, die sich nun daranmachte, den feinen Teig zu kneten. „Konzentrier dich, sonst verdirbst du das Marzipan. Und pass auf, dass es nicht zu heiß wird.“
Stephan brummte missmutig, zog aber den Topf vom Herd. Während er kleine Kugeln formte, schweiften seine Gedanken wieder ab. Einmal hatte sie ihn bemerkt und ihm ihr zauberhaftes Lächeln geschenkt. Einmal hatte er die Aufmerksamkeit der schönen Komtess errungen und sich als Held fühlen dürfen. Selbst in der Erinnerung waren ihre Worte noch immer wie ein warmer Schauer, der ihm über den Rücken rann. Sie hatte ihm ihre zierliche Hand gereicht und gesagt, dass sie ihm das niemals vergessen würde.
Vergessen würde Stephan diesen Tag ebenfalls nicht. Nein, er war sein Schatz, den er sich ein ganzes Leben lang bewahren würde. Jener Wintertag im vergangenen Jahr, an dem er der Retter und der Held des Tages gewesen war.
Natürlich werde ich heute aufstehen und zum Abendessen hinuntergehen!“, beharrte Luise. „Dana, bitte leg mir ein passendes Kleid zurecht.“
Die Krankenschwester protestierte, aber die Kammerzofe kümmerte sich nicht um sie und wandte sich an den Arzt. „Herr Hofrat, was empfehlen Sie?“
Der kleine Mann mit dem Ziegenbart und der runden Brille lächelte Luise an. „Ich denke, wenn sich die Komtess dieser Anstrengung gewachsen fühlt, dann sollten wir sie nicht aufhalten.“ Luise warf ihm einen dankbaren Blick zu. „Aber ich würde vorschlagen, dass Sie sich gleich nach dem Essen wieder zurückziehen und zu Bett gehen.“
Luise nickte. „In Ordnung, Herr Hofrat, dann verabschiede ich mich für heute von Ihnen und wünsche einen guten Abend.“
Da in diesem Moment die Glocke zum Umziehen läutete, verneigte sich Hofrat Meining und verließ mit der Schwester das Gemach. Luise wartete, bis sich die Tür geschlossen hatte, ehe sie die Daunendecke zurückschlug und die Beine aus dem Bett schwang. Sie erhob sich langsam. Ihre Knie fühlten sich noch ein wenig schwammig an, doch sie war fest entschlossen, nun den Rest der Familie in Augenschein zu nehmen.
Dana hob ein Kleid aus aprikosenfarbenem Musselin mit abgesetzten Rüschen aus weißem Seidentaft in die Höhe. Kleine goldene Knöpfe zogen sich in einer Linie vom Dekolleté bis zur Taille und schlossen die flaschenförmigen Ärmel am Handgelenk.
„Möchten Sie heute vielleicht dieses Kleid? Ich denke, es lässt Sie nicht ganz so …“ Sie zögerte, offensichtlich darauf bedacht, nichts Negatives zu sagen. „… nicht so blass aussehen“, beendete sie den Satz.
Luise zog die Brauen zusammen. „Ich dachte, Blässe sei eines der wichtigsten Attribute vornehmer Damen.“ Dana begann zu stottern, doch Luise winkte ab. „Ich weiß, was du meinst. Hilf mir einfach beim Anziehen, damit ich pünktlich im Speisezimmer bin.“
Sie entledigte sich ihres langen, gerüschten Nachtgewands und ließ sich von ihrer Zofe in ein Hemd helfen, bevor Dana ihr das Korsett um den Leib legte. Es war aus Seidentaft, wie eine Sanduhr geformt und um die Brust mit Leinenspitzen dekoriert. Zaghaft zog Dana die Bänder straff. Dennoch stöhnte Luise auf und stützte sich auf das Fußende des Bettes. Sie streckte die Arme durch und beugte sich leicht nach vorn. Dana hielt inne.
„Nein, mach weiter!“, befahl ihr Luise.
Es war einfach notwendig, um die schmale Taille zu formen und sie zur Geltung zu bringen. Der Gedanke kam ihr so plötzlich, als habe sie dieses Argument schon viele Male gehört.
Wieder zog Dana an den Bändern. Luise war wohl bewusst, dass ihre Zofe sie nicht so fest einschnürte wie üblich, aber sie protestierte nicht. Sie fürchtete auch so, dass ihr jeden Moment übel werden könnte.
War das immer so schlimm gewesen? Sie versuchte tief einzuatmen, doch nur der obere Teil ihrer Brust konnte sich ein wenig heben. Den Rest ihres Leibs bis über die Hüften hielten die in den Stoff eingefassten Stahlbänder umklammert.
Langsam ließ sie die Luft wieder entweichen und rang mit ihrer Übelkeit. Luise wusste nicht, ob es immer so unangenehm gewesen war, aber sie musste sich wieder daran gewöhnen! Sie presste die Zähne zusammen. Jede Frau von Stand hielt das aus. Da würde auch sie sich damit abfinden.
Endlich ließ Dana von ihr ab und half ihr in ihren bodenlangen Frisiermantel aus schimmernd weißem Satin, der am Kragen und an den Ärmeln mit üppiger Spitze besetzt war. Luise nahm vor dem Frisierspiegel Platz und ließ sich die kastanienbraunen Locken bürsten. Geschickt begann Dana die Strähnen aufzudrehen und festzustecken. Über dem linken Ohr befestigte sie eine kleine weiße Seidenblume, dann hielt sie inne, um ihr Werk mit zufriedener Miene zu betrachten.
„Fertig?“
Wie schön sie aussah und doch auch fremd. Müsste ihr das Spiegelbild nicht angenehm vertraut vorkommen? Doch sie fühlte nur eine tiefe Traurigkeit. Luise lächelte dennoch zaghaft.
„Fertig!“
Sie stand auf und schlüpfte achtlos aus dem Frisiermantel, der neben ihrem Nachtgewand zu Boden glitt. Luise hob die Arme. Geschickt warf die Kammerjungfer ihr das Kleid über, ohne es zu zerknittern oder die Frisur zu zerstören, rückte alles an seinen Platz und schloss Haken und Knöpfe. Dann legte sie ihrer Herrin noch einen passenden Seidenschal um die Schultern und befestigte eine kleine Brosche in der Mitte der Rüsche, die das nur angedeutete Dekolleté umschloss. Als weiteren Schmuck trug Luise lediglich eine dünne goldene Halskette, wie es sich für eine Komtess geziemte. Sie warf einen prüfenden Blick in den hohen Spiegel.
„Sie sehen wunderschön aus, Komtess“, sagte Dana.
„Danke.“
Ja, sie konnte sich durchaus sehen lassen, dachte Luise und schenkte ihrem Spiegelbild eine Grimasse. Dann auf in den Kampf! Sie holte so tief Luft, wie es eben möglich war, und ging zur Tür, die Dana ihr aufhielt.
„Ich werde nicht lange bleiben.“
„Bleiben Sie, solange es Ihnen wohl ist. Ich werde auf Sie warten und Ihnen dann beim Auskleiden helfen.“
„Danke, Dana“, sagte Luise noch einmal, ehe sie sich auf den Weg machte. Sie fühlte einen unangenehmen Druck im Magen, konnte aber nicht genau sagen, ob dies dem Hunger, dem engen Korsett oder ihrer Nervosität zuzuschreiben war. Vermutlich von jedem ein bisschen. Sie konnte nur hoffen, dass es ihr während des Essens nicht richtig schlecht würde oder sie gar in Ohnmacht fiele. Sie holte noch einmal Luft, dann raffte sie ihre Röcke und schritt die Treppe hinunter in die Beletage. Dort folgte sie dem leisen Stimmengewirr, das aus dem kleinen Speisezimmer drang, wo für sechs Personen das Abendessen gedeckt war.
„Seht nur, wer uns heute Gesellschaft leistet!“, begrüßte sie eine Stimme, die zu dem jungen Mann gehörte, der ihr Cousin Maximilian sein musste, wie sie Danas Beschreibung der Familie entnommen hatte. Er sprang auf und eilte ihr entgegen. Mit einer Verbeugung reichte er ihr den Arm und führte sie zum Tisch.
„Liebste Luise, was für eine Freude, dich wohlauf und in strahlender Schönheit hier anzutreffen.“
Luise dankte ihm und betrachtete ihn verstohlen. Maximilian von Dalbach, Sohn von Baron Philipp von Dalbach, dem Bruder ihrer Mutter. Er gefiel ihr auf den ersten Blick. Nicht nur, dass er ein gut aussehender junger Mann war, groß, mit dunklem Haar und ausdrucksvollen, dunklen Augen. Sein Gesicht war ebenmäßig schön, doch es war sein Blick, mit dem er sie ansah, der ihr besonders gefiel. Es stand so viel Wärme und Freude in ihm, dass sie das Lächeln ihres Cousins unwillkürlich erwiderte.
„Ich freue mich ebenfalls, Cousin Maximilian.“
„Ach, sag doch Max zu mir, wie früher!“, bat er sie und drückte ihre Hand.
Seine Mutter kam in Begleitung einer jungen Dame auf sie zu. Luise begrüßte die Tante und ihre Cousine und wandte sich dann ihrem Onkel zu. Der Baron war nur mittelgroß mit rotem Gesicht. Haar und Backenbart waren braun meliert, seine Augen dunkel. Sein Blick hatte etwas Abschätzendes, als er ihr die Hand reichte und sie geradezu anstarrte.
Luise knickste. „Onkel Philipp“, sagte sie, bevor sie den Blick wieder auf ihre Tante richtete.
Irma von Dalbach war eine untersetzte Frau mit dünnem, gelblichem Haar, das man offensichtlich nur mit viel Mühe zu einer Frisur aufstecken konnte. Ihre Augen waren grau, ihre Wangen ein wenig zu fest und rot, um als vornehm zu gelten. Als sie nun den Mund zu einem Lächeln öffnete, entblößte sie eine Reihe schiefer Zähne. Die Tochter Gabriela dagegen war deutlich ansehnlicher als ihre Eltern, dennoch war sie mit ihren blassblonden Haaren und den hellblauen Augen eher unauffällig als schön. Kein Gesicht, das einem in Erinnerung blieb. Ob sie sich sehr kasteien musste, um ihre Figur zu halten? Gabriela war zwar nicht gerade gertenschlank, aber zur üppigen Leibesfülle ihrer Mutter neigte sie nicht, zumindest noch nicht.
Der Diener öffnete noch einmal die Tür, um Graf von Waldenberg einzulassen. Er ging auf Luise zu und küsste sie auf die Stirn.
„Mein liebes Kind, ich bin überglücklich, dass du dich schon so stark fühlst, uns hier Gesellschaft zu leisten.“ Er lächelte ein wenig mechanisch, und Luise suchte vergeblich nach der Wärme, die sie empfunden hatte, als er das erste Mal an ihrem Bett gestanden hatte.
Obgleich Max ihr den Arm bot, zog der Vater ihre Hand unter seinen Ellenbogen und führte sie zu Tisch. Kaum hatten alle Platz genommen, gab Milan den beiden Dienern das Zeichen, den ersten Gang aufzutragen. Er selbst schenkte den Wein ein und erkundigte sich bei den jungen Damen, ob sie Limonade wünschten.
Luise ließ den Blick schweifen. Der Tisch war mit einer Decke aus feinstem Damast bedeckt, die genauso blütenweiß strahlte und sorgfältig geplättet wurde wie die gefalteten Servietten. Das Porzellan war mit einem Goldrand und dem Wappen des Hauses verziert. Zu beiden Seiten des Platztellers reihten sich vier Gabeln und vier Messer, darüber der Suppen- und der Dessertlöffel, das Tafelsilber ebenso makellos poliert wie die beiden dreiarmigen Leuchter, in denen lange weiße Kerzen steckten. Der Tafelaufsatz dazwischen bestand aus einer matten, gläsernen Schale, die von zierlichen Figuren emporgehoben wurde und in der einige Rosenblüten arrangiert waren. Vier verschieden hohe Kristallgläser standen an jedem Platz.
Ihr kleinstes Glas füllte der Diener mit Limonade. Luise dankte und sah zu ihrem Onkel hinüber. Der Baron ließ sich die Krebspastete schmecken und hatte sein erstes Glas Wein bereits geleert, während Max an dem seinen nur nippte und über den Tisch zu ihr hinübersah. Seine Schwester stocherte in ihrem Essen herum, die Baronin hingegen schien mit gutem Appetit gesegnet.
Ihr Vater sprach mit dem Baron über irgendwelche Rennpferde, während Gabriela immer wieder zu ihnen hinübersah. Sicher nicht, weil sie sich für die Pferde und ihre Jockeys interessierte, dachte Luise. Die Cousine hatte etwas auf dem Herzen und nutzte die erste Gesprächspause, um ihr Anliegen loszuwerden.
„Onkel Leopold, wenn es Luise nun wieder gut geht, wird unser Ball im Jänner dann stattfinden? Ach bitte!“ Sie bekam rote Flecken auf den Wangen und schaute ihren Onkel flehend an. Offensichtlich war ihr dieser Ball sehr wichtig. Leopold von Waldenberg aber setzte eine abweisende Miene auf.
„Das werden wir sehen. Wenn Luise sich erholt hat und die Gräfin sich stark genug fühlt, die Einladungen zu schreiben.“
Gabriela zog einen Flunsch. „Dann wird das ja nie etwas. Tante Antonia ist immer alles zu viel. Mama könnte die Einladungen doch verschicken, nicht wahr?“
Irma von Dalbach sah von ihrer Leberknödelsuppe auf.
„Gabriela, denk nach, bevor du den Mund aufmachst. Wer würde denn zu diesem Ball kommen? Die Fürsten von Schwarzenberg und die von Liechtenstein? Oh ja, ganz sicher, und die Fürsten Auersperg und Kinsky bestimmt auch. Wen laden wir dazu? Die Fürstin Metternich und die Prinzessin von Hohenlohe-Schillingsfürst! Oh ja, sie würden alle meiner Einladung folgen!“
Luise betrachtete ihre Tante irritiert. Sie war offensichtlich alles andere als zuversichtlich, eher zutiefst frustriert. Gabriela, der Tränen in den Augen standen, sah nicht glücklicher drein.