Bernd Pehlke

Nintex Workflow Engine

Konzepte und Strategien für leistungsfähige SharePoint-Workflows

ISBN: 978-3-86802-455-5

© 2013 entwickler.press

Ein Imprint der Software & Support Media GmbH

1 Einführung

Der Microsoft SharePoint Server hat sich in den vergangenen Jahren von einer einfachen Plattform zum Dokumentenaustausch zu einer universell einsetzbaren Enterprise Middleware für verschiedenste Anwendungsfälle gewandelt. Kaum ein anderes System ist so vielseitig und profitiert von der engen Verzahnung mit anderen Microsoft-Produkten wie Microsoft Office, Exchange, Lync usw. Microsoft hat inzwischen über 125 Millionen SharePoint-Lizenzen verkauft, und über 80Prozent der TOP-500-Unternehmen in den USA setzen eine Produktvariante von SharePoint ein.

Einer der Anwendungsfälle, für die SharePoint eingesetzt wird, ist die Abbildung von Geschäftsprozessen auf dieser webbasierten Plattform. Eine der Stärken der SharePoint-Plattform liegt in der Verknüpfung der Arbeitsumgebung der Anwender (typischerweise Office-Applikationen wie z.B. Word, Excel, Outlook) mit Backend-Systemen. Als erweiterbare Plattform können so in SharePoint die Bestandteile von Prozessen implementiert werden, um Arbeitsabläufe zu automatisieren. Die drei Kernkomponenten, die man braucht, um Prozesse IT-seitig abzubilden, sind:

SharePoint bietet Out of the Box die notwendigen Mittel, um Formulare zu erstellen z.B. Listenformulare oder InfoPath-Formulare sowie Workflows, die mit dem SharePoint Designer erstellt werden können und SharePoint als Laufzeitumgebung verwenden. Die Business Connectivity Services von SharePoint erlauben es, Daten aus Datenbanken oder anderen Drittsystemen über verschiedene Schnittstellen nahtlos in SharePoint zu integrieren.

Obwohl SharePoint diese Bordmittel hat, kann es hilfreich sein, eine Drittanbieterkomponente einzusetzen, um die Implementierung der Geschäftsprozesse komfortabler und leistungsfähiger zu machen.

1.1 Was ist Nintex Workflow?

Nintex Workflow ist eine Erweiterung für SharePoint, die es ermöglicht, auf intuitive und komfortable Weise leistungsfähige Workflows zu erstellen. Kern von Nintex Workflow ist der Workflow Designer, der sich, anders als der Workflow Editor im SharePoint Designer, direkt in eine SharePoint-Website integriert, also im Browser ausgeführt wird. Neben zahlreiche Standard-Workflowaktivitäten und -aktionen, wie z. B. „Nachricht senden“, Berechnungen durchführen oder Schleifen, gibt es zahlreiche leistungsfähige erweiterte Aktivitäten zur Interaktion mit den Anwendern oder zur Kommunikation mit Drittsystemen. Ferner bietet Nintex Workflow eine erweiterte Überwachung und Protokollierung, die Ablaufdiagramme anschaulich darstellt und mithilfe von Statistiken und Berichten die Auswertung deutlich einfacher macht als mit SharePoint-Bordmitteln. Die erstellten Workflows laufen als „normale“ SharePoint Workflows in SharePoint ab und basieren auf der Workflow Foundation 3.5. Als besonderen Vorteil gegenüber anderen Lösungen, wie z.B. Visio-gestützte SharePoint Designer Workflows, kann man anführen, dass Nintex Workflow auch auf der SharePoint Foundation bzw. WSS 3.0 läuft und nicht den lizenzpflichtigen SharePoint Server benötigt.

Um Nintex Workflow richtig einordnen zu können, zeigt Abbildung 1 den Funktionsumfang von Workflowtools im Verhältnis zu den allgemeinen Kosten. Ebenfalls geht aus dieser Darstellung hervor, welche Anwenderrollen bzw. -skills von den Workflowtools adressiert werden.

Abbildung 1: Einordnung Workflowdesigntools für SharePoint

Während der SharePoint Designer zwar kostenlos ist und man grundsätzlich damit einfache Workflows erstellen kann, mangelt es diesem Tool aber an Komfort und Funktionen, sodass man schnell an Grenzen stößt. Zur ernsthaften Umsetzung von unternehmensweiten, geschäftskritischen Prozessen eignet sich der SharePoint Designer eher weniger bzw. erst in der aktuellen Version 2013 in Kombination mit der neuen SharePoint Workflow Engine, da nur eine geringe Anzahl von Workflowaktionen zur Verfügung steht und die Verwaltung, Auswertung und Maintenance der Workflows nur eingeschränkt möglich ist.

Mit dem Visual Studio auf der anderen Seite können Entwickler beliebig komplexe Workflows implementieren, die alle Anforderungen abdecken. Allerdings können diese Workflows nur von Entwicklern erstellt werden durch Softwareentwicklung, die im Vergleich zu Nintex Workflow auch im Hinblick auf Wartung und Erweiterbarkeit sehr viel aufwändiger ist.

Nintex Workflow schließt diese Lücke zwischen der Basisfunktionalität des SharePoint Designers und dem Visual Studio. Darüber hinaus bietet Nintex Workflow einen breiten Funktionsumfang, der sowohl Workfloweinsteigern als auch erfahrenen Power Usern genügt. Über ein SDK können Entwickler zusätzliche Aktivitäten für Nintex Workflow programmieren, sofern diese nicht enthalten sein sollten.

Nintex Workflow gibt es seit 2007 und ist daher bereits als Nintex Workflow 2007, 2010 und aktuell 2013 auf dem Markt. Der Hersteller arbeitet seit Jahren eng mit Microsoft zusammen und hat noch diverse andere SharePoint-Erweiterungen im Programm, wie Nintex Forms (Kapitel 4.7). Nintex Workflow gibt es in drei Produktvarianten:

Die Workgroup Edition ist als Einsteigervariante am günstigsten, aber lediglich für fünf SharePoint-Websites verwendbar. Das Nintex-Workflow-Feature lässt sich also nur auf fünf Websites aktivieren, egal wo in der Farm. Für Unternehmen, die oftmals mehrere hundert Websites und Websitesammlungen haben, stößt diese Variante schnell an Grenzen.

Bei der Standard Edition kann man Nintex Workflow auf beliebig vielen Websites verwenden, aber muss für jeden Webfrontend-Server in der SharePoint Farm eine eigene Lizenz erwerben. Der Funktionsumfang ist in der Workgroup- und Standard Edition identisch.

Wie bei der Standard Edition muss auch bei der Enterprise Edition jeder Webfrontend-Server lizenziert werden. Die Enterprise Edition bietet zahlreiche zusätzliche Workflowaktivitäten und Berichte, die für Unternehmen interessant sind, z. B. Provisioning-Aktivitäten zum Anlegen von AD-Accounts, Gruppen usw. sowie zahlreiche Aktivitäten zur Kommunikation mit Drittsystemen, z. B. Microsoft Dynamics, BizTalk u. v. m.

Zusätzlich zu den Produktvarianten gibt es eine Software Assurance, die für eine entsprechende Gebühr jährlich erneuert werden kann. Bestandteil der Assurance sind Produktupdates und eine Entwicklerlizenz. Erweitert werden kann diese Assurance noch durch den Premium Support, über den man mehr Supportoptionen hat und unbegrenzt viele Entwicklerlizenzen erhält.

1.2 Was enthält dieses Buch?

Als Hersteller bietet Nintex zu seinen Produkten einen hervorragenden Support sowie ausführliche Anleitungen, Dokumentationen und Hilfeseiten an. Wozu braucht man also dieses Buch?

Wie bei vielen Softwareprodukten gibt es oftmals kein komprimiertes Wissen, sondern eher zu viel Dokumentation. Für einen Einstieg bei Nintex Workflow müsste man also viel ausprobieren und ggf. an verschiedenen Stellen nachlesen. Ferner gibt es zwar ein paar Empfehlungen von Nintex, wie das Produkt zu konfigurieren und zu verwenden ist, aber gerade die für Unternehmen oftmals interessanten Betriebskonzepte, Architekturmöglichkeiten und IT-Strategien, in die man Nintex Workflow mit einsetzen kann, kommen deutlich zu kurz bzw. werden nur durch Partner im Rahmen von Beratungsdienstleistung vermittelt.

Dieses Buch enthält daher eine kompakte Einführung in:

Die Versionen Nintex Workflow 2007, 2010 und 2013 unterscheiden sich sowohl im Funktionsumfang als auch im Aussehen (Abb. 2). Dieses Buch beschreibt überwiegend die Funktionen von Nintex Workflow 2010/2013, da diese gerade aktuell sind. Viele der Empfehlungen, Konzepte und Patterns lassen sich aber auch auf Nintex Workflow 2007 anwenden. Die Screenshots zeigen überwiegend die 2010er-Version, da die 2013er-Version bisher nur in Englisch verfügbar ist. Nintex als Hersteller ist nicht verantwortlich für die Korrektheit der in diesem Buch gemachten Aussagen und Beschreibungen.

Abbildung 2: Nintex Workflow 2007, 2010 und 2013 User Experience

In Summe erhält man einen schnellen Einstieg, der etwa einem dreitägigen Intensiv-Workshop entsprechen würde. Durch eine 30-Tage-Testversion kann man Nintex Workflow in vollem Umfang ausprobieren und die Erläuterungen aus diesem Buch nachvollziehen. Die Testversion kann man von der Herstellerseite herunterladen:

http://www.nintex.com/en-US/Products/Pages/TrialDownload.aspx?v=NWF.2013

1.3 Für wen ist dieses Buch geeignet?

Die australische Firma Nintex proklamiert auf ihrer Homepage „Workflow for everyone“, also Workflows für jeden. Damit folgt der Hersteller dem Grundgedanken der SharePoint-Plattform, die auch verschiedene Rollen (Anwender, Power User, Entwickler, Administratoren) adressiert. Wer sich in SharePoint auskennt, wird auch keine Probleme haben, mit Nintex Workflow einen Workflow zu designen. Grundsätzlich vorteilhaft ist es natürlich, wenn man Erfahrung in der Prozessmodellierung hat und weiß, worauf man achten muss. Obwohl sich die Workflows intuitiv per Drag-and-Drop „zusammenklicken“ lassen, gibt es einige erweiterte Aktivitäten, die Entwickler- oder Administratoren-Know-how voraussetzen, z. B. eine Workflowaktivität zur Abfrage von Web Services oder Provisionierungsaktivitäten im LDAP-Verzeichnis.

Dieses Buch richtet sich an IT-Verantwortliche in Fachabteilungen, die den Einsatz von Nintex Workflow evaluieren, und auch an Power User, die bereits mit dem Tool arbeiten. Für SharePoint-Administratoren finden sich hilfreiche Hinweise zum Betrieb des Tools.

SharePoint-Einsteiger hingegen sollten darauf achten, dass sie SharePoint-Grundlagen über Websites, Listen, Webparts usw. bereits ausreichend beherrschen, denn diese Grundlagen werden in diesem Buch nicht explizit erläutert. Nintex Workflow ist kein Tool zur Prozessmodellierung, sondern zur Implementierung von automatischen Prozessschritten. Reine Prozessmodellierer werden daher nicht automatisch in Nintex Workflow Prozesse designen können.

2 Nintex Workflow Basics

In diesem Kapitel wird Nintex Workflow, ausgehend von der Installation, der initialen Konfiguration, über den Workflow Designer und Einstellungen in der SharePoint-Oberfläche bis hin zum ersten Workflow vorgestellt.