Inhalt

  1. Cover
  2. Inhalt
  3. Über dieses Buch
  4. Über den Autor
  5. Titel
  6. Impressum
  7. Juli 1922 P.D.
    1. Einhorn-Gürtel – Manticore-B – Sternenimperium Manticore
    2. HMS Imperator – Manticore-A – Sternenimperium Manticore
    3. SLNS Québec – Dzung-System – Solare Liga
    4. GSNS Protector Oliver I. – Doppelsternsystem von Manticore – Sternenimperium Manticore
    5. Hillary Indrakashi Enkateshwara Tower – Chicago – Solsystem – Solare Liga
    6. Liga-Amt für Grenzsicherheit – Turm des Innenministeriums – Chicago – Solsystem – Solare Liga
    7. SLNS Québec – Dzung-System – Solare Liga
    8. SLNS Leonhard Euler – Einhorn-Gürtel – Manticore-B – Sternenimperium von Manticore
    9. HMS Imperator – Manticore-A – Sternenimperium von Manticore
    10. Büro des Zweiten Raumlords – Admiralty House – Landing – Manticore – Sternenimperium von Manticore
    11. Forge One – Refuge-System
    12. Restaurant The Golden Olive – Chicago – Solsystem – Solare Liga
  8. August 1922 P.D.
    1. SLNS Québec – Cachalot-System
    2. Hillary Indrakashi Enkateshwara Tower – Chicago – Solsystem – Solare Liga
    3. Harrington House – Landing – Manticore – Doppelsternsystem von Manticore
    4. George Benton Tower – Chicago – Solsystem – Solare Liga
    5. HMS Clas Fleming – Prime-Terminus – Prime-Ajay-Hyperbrücke
    6. Ajay-Terminus – Prime-Ajay-Hyperbrücke
    7. Prime-Terminus – Prime-Ajay-Hyperbrücke
    8. Büro des Direktors der Forschungsabteilung – Gregor Mendel Tower – Leonard – Darius-System
    9. Tarducci Tower – Approdo – Genovese-System
    10. HMS Phantom – Kampfgruppe 110.2 – Beowulf-System
    11. Harrington House – Jasonbai – Landing – Manticore – Doppelsternsystem von Manticore
    12. Hauptquartier der Solarischen Gendarmeriein der Stadt Vivliothḗkē – Hypatia-System
    13. Proedrikḗ Katoikía – Vivliothḗkē – Hypatia-System
    14. SLNS Camperdown – Kampfverband 1030 – Solarian League Navy
    15. HMS Phantom – Alexandria-Gürtel – Hypatia-System
    16. SLNS Camperdown und Kommunikatorraum des Proedrikḗ Katoikía – Hypatia-System
    17. Gregatsoulis-Park – Vivliothḗkē – Hypatia-System
    18. SLNS Camperdown im Orbit von Hypatia – Hypatia-System
    19. HMS Phantom – Alexandria-Gürtel – Hypatia-System
    20. Proedrikḗ Katoikía – Vivliothḗkē – Hypatia-System
    21. SLNS Camperdown – Hypatia-System
    22. Prásino-Phúllo-Habitat – Orbit von Hypatia und Hypatia System Patrol Shuttle Asteria – Hypatia-System
    23. SLNS Camperdown – Hypatia-System
    24. Prásino-Phúllo-Habitat, Orbit von Hypatia – Hypatia-System
    25. HMS Arngrimund – HMS Cinqueda – Hypatia-System
    26. SLNS Troubadour – Hypatia-System
    27. SLNS Camperdown – Hypatia-System
    28. HMS Phantom – Hypatia-System
    29. SLNS Camperdown – Hypatia-System
    30. HMS Arngrim – Hypatia-System
    31. HMS Phantom und SLNS Camperdown – Hypatia-System
    32. SLNS Lepanto – Hypatia-System
    33. HMS Arngrim – Hypatia-System
    34. SLNS Lepanto – Hypatia-System
    35. HMS Arngrim – Hypatia-System
    36. SLNS Yashima – Hypatia-System
    37. SLNS Lepanto und SLNS Yashima – Hypatia-System
    38. HMS Arngrim – Hypatia-System
    39. SLNS Lepanto und SLNS Yashima – Hypatia-System
    40. HSP Shuttle Asteria – Hypatia-System
    41. Residenz des Gouverneurs, Shuttlesport – Smoking Frog – Maya-System
    42. Bassingford Medical Centre und Mount Royal Palace – Landing – Doppelsternsystem von Manticore – Sternenimperium Manticore
    43. Hillary Indrakashi Enkateshwara Tower – Chicago – Solsystem – Solare Liga
  9. Personenverzeichnis

Über dieses Buch

Genug ist genug! Während ihrer Zeit in der Royal Manticoran Navy hat sich Honor Harrington stets gegen Kriegstreiberei und für eine Politik mit Bedacht ausgesprochen. Doch nun hat die Solare Liga, der Erzfeind des Sternenkönigreichs von Manticore, Gräueltaten unbeschreiblichen Ausmaßes begangen. Zu viele Menschen sind getötet worden. Honors Rachedurst ist geweckt. Ein letztes Mal zieht sie in den Krieg, um die Solare Liga zur Rechenschaft zu ziehen, und die Hölle folgt ihr auf dem Fuße …

Über den Autor

David Weber ist ein Phänomen: Ungeheuer produktiv (er hat zahlreiche Fantasy- und Science-Fiction-Romane geschrieben), erlangte er Popularität mit der Honor-Harrington-Reihe, die inzwischen nicht nur in den USA zu den bestverkauften SF-Serien zählt. David Weber wird gerne mit C. S. Forester verglichen, aber auch mit Autoren wie Heinlein und Asimov. Er lebt heute mit seiner Familie in South Carolina.

Aus dem Amerikanischen von
Dr. Ulf Ritgen

Juli 1922 P.D.

Einhorn-Gürtel
Manticore-B
Sternenimperium Manticore

Der Shuttle trieb durch Sternenlicht und Leere, ein winziger Fisch, der sich seinen Weg durch einen ganzen Schwarm toter Leviathane bahnte.

Falls es im Universum je einen Ort gegeben hatte oder geben sollte, der noch trauriger war als dieser hier, war Captain Philip Clayton überzeugt, sich diesen Ort nicht einmal vorstellen zu können. Clayton war auf seinem Platz, der Pilotenliege, neben ihm sein Kopilot. Beide starrten sie schweigend durch die Armoplastscheibe des Cockpits hinaus auf jene Sargassosee aus Raumschiffen. Wieder einmal horchte Clayton in sich hinein: Was dachte er in Wahrheit über all das hier?

Die Frage zu beantworten sollte doch keine Schwierigkeiten machen. Schließlich hatte er hart darum gekämpft, seinen Anteil an den Wracks auf diesem Schiffsfriedhof zu haben. Aber das hier war kein Krieg mehr gewesen, nicht töten, sondern morden. Denn die Solarian League Navy war in diesem Gefecht in jeder Hinsicht deklassiert gewesen.

Man hatte dem Gegner Gelegenheit geboten, den Konflikt zu überleben … und der hatte abgelehnt.

»Ich werde nie müde, mir das anzuschauen, Sir«, ließ Lieutenant Kalet sich nach langem Schweigen nun doch plötzlich vernehmen. Claytons Blick traf den Kopiloten, und der hochgewachsene, breitschultrige Manticoraner zuckte mit den Schultern. »Das ist … im ganzen Universum gibt es nichts Vergleichbares«, meinte er leise und erwiderte den Blick des Vorgesetzten. »Sehen Sie sich das doch nur an!«

»Ja, ich weiß«, gab Clayton ebenso leise zurück.

Zweihundertelf Kriegsschiffe oder zumindest das, was noch vor einem T-Monat Kriegsschiffe gewesen waren, trieben einsam in ihrem Park-Orbit auf Station in Manticore-Bs Einhorn-Gürtel – eine Totenwache. Einhunderteinunddreißig Superdreadnoughts – neunundsechzig Schiffe der Scientist-Klasse und zweiundsiebzig Vertreter der neueren, geringfügig schlagkräftigeren Vegas – bildeten, alles niedergestreckte Titanen, den Kern, das Herzstück jener zerschlagenen Formation aus besiegten Schiffen. Sechzig davon waren völlig unbeschädigt, die anderen Wracks, teils gänzlich zerstört, teils noch in reparablem Zustand … hätte es denn Grund gegeben, sie zu reparieren. Zu den reparablen Schiffen zählte auch zu einem hohen Prozentsatz, was im Einsatzplan der Elften Flotte Leichte Einheiten waren, das Geleit der Titanen: neunundzwanzig Schlachtkreuzer, dreiundzwanzig Leichte Kreuzer und achtundzwanzig Zerstörer. Es hatte keinen Grund gegeben, Raketen auf derart unbedeutende, unwichtige Gegner abzufeuern.

Die Superdreadnoughts allein massten mehr als neunhundert Millionen Tonnen. Im Vergleich dazu waren die Schlachtkreuzer und die Leichteren Einheiten vor Ort mit ihren insgesamt kaum zweiunddreißig Millionen Tonnen praktisch vernachlässigbar. Und hier trieben sie nun, aufgegeben, verlassen, von einer Wachbesatzung auf einem halben Dutzend der unbeschädigten Superdreadnoughts einmal abgesehen. Sie trieben auf ihren Umlaufbahnen, warteten.

Noch wussten sie es nicht, aber sie warteten auf ihn, auf Philip Clayton, der sich wieder einmal wunderte, dass ausgerechnet er für diesen Einsatz ausgewählt worden war. Ach, natürlich besaß er genug Ingenieurswissen dafür, aber Gleiches galt für ein Dutzend Kameradinnen und Kameraden, denen dieser Auftrag vielleicht oder sogar gewiss weniger zuwider gewesen wäre als ausgerechnet ihm. Das dort mochten Sternenschiffe des Gegners gewesen sein, trotzdem waren es Sternenschiffe, und von Sternenschiffen war für ihn schon immer, seit frühester Kindheit, ein besonderer Zauber ausgegangen.

Zu seinen am weitesten in die Vergangenheit zurückreichenden Erinnerungen gehörte, sich die Nase am Südfenster des bescheidenen Hauses seiner Eltern platt zu drücken. Von hier aus konnte er zuschauen, wie Kontragrav-Frachter lautlos durch die Atmosphäre glitten, mal im Sonnenlicht glitzernd, als wären sie des Prüfers Versprechen auf Makellosigkeit und Schönheit, mal in dunkle Wolkenschatten getaucht. Im Vergleich zu den aufgegebenen Schiffen genau voraus waren jene Frachter zwergenhaft, nicht aber für jemanden, der in der Zeit vor der Allianz auf Grayson aufgewachsen war. Für so jemanden waren sie gewaltig.

Sie waren es erst recht für einen kleinen Jungen mit ausreichend Vorstellungskraft wie Philip Clayton. Ihm war schon damals vollkommen klar gewesen, dass jedes Sternenschiff eine Seele besaß, besitzen musste: Denn wie könnte etwas so Schönes, Herrliches, Anmutiges – etwas, in das Menschen so viel von sich selbst gesteckt hatten – anders als lebendig sein? Er hatte die Schiffe im Sommer und im Winter beobachtet, bei Sonnenschein, bei strömendem Regen, bei Schnee. Auch nachts hatte er sie beobachtet. Unter dem Röhren ihrer Turbinen waren sie dicht über seinen Kopf hinweggezogen, und er hatte die Sternbilder erkennen können, die ihre Positionsleuchten in die Nachtschwärze des Universums malten. Im zarten Alter von gerade einmal zehn Jahren konnte Philip jede wichtige Schiffsklasse anhand ihrer Silhouette identifizieren. Heimlich vom Dachstuhl aus (wohin sich zurückzuziehen nur gelang, wenn jede seiner Mütter eine andere verantwortlich glaubte, ihn im Blick zu haben) konnte er, zumindest wenn er sich fast den Hals verrenkte, sogar die Docks des Burdetter Raumhafens erspähen, wo diese gewaltigen Schiffe anlandeten.

Oh, was er sich alles an Fracht von den anderen der großen Güter ausmalte! Fracht containerweise, auf Paletten und in Kisten, und Netze voller Obst und Gemüse! Er hatte zugeschaut, wie Schauermänner die riesigen Frachträume leerten – damals, die Automatisierung war noch längst nicht so weit fortgeschritten, hatten an den Docks noch deutlich mehr Männer und Frauen gearbeitet. Der kleine Philip Clayton hatte sich gewünscht, auch er wäre dabei. Alles hatte er verschlungen, ob gedruckt oder auf Video, was mit Sternenschiffen zu tun hatte – nicht nur mit den Atmosphärenschiffen, sondern auch den richtig großen Frachtern, die hin und wieder, wenn auch selten, Grayson anfuhren und dabei aus Regionen weit jenseits von Philips Horizont kamen. Ja, er hatte das alles aufgesogen, von der Ballade vom Wrack des Gutsherrn Fitzgerald bis hin zu dem geheimnisumwitterten Kolonistenschiff Agnes Celeste, deren gesamte Besatzung spurlos verschwunden war. Kurz gesagt: Philip Clayton hatte früh schon ganz genau gewusst, was für ein Leben er sich wünschte.

Nicht, dass die Chancen auch nur ansatzweise gut dafür gestanden hatten, ein solches Leben auch führen zu dürfen.

Für Einheimische auf Grayson waren seine Eltern recht wohlhabend gewesen, aber keineswegs reich, und wie in so vielen anderen Grayson-Familien auch war Philip der einzige Sohn. Außerdem lag Grayson, dieser Hinterwäldlerplanet, ja nun wirklich mitten im Nichts. Jene automatisierten Frachter, die Philip so faszinierten, waren vornehmlich damit beschäftigt, auf Grayson hergestellte Produkte und landwirtschaftliche Erzeugnisse durch die Gegend zu befördern. Produkte und Erzeugnisse anderer Welten erreichten den Planeten erst gar nicht. Wie standen da wohl die Aussichten, dass ein Junge, der auf dem Gut von Burdette aufgewachsen war, jemals überhaupt einen anderen Stern sehen oder die Luft eines Planeten atmen würde, der nicht jeden Tag aufs Neue versuchte, ihn zu vergiften?

So zumindest hatte sein Vater darüber gedacht und mit ihm sämtliche seiner Mütter. Nur Mom Joans Überzeugungen waren ein wenig von der getreulich eingehaltenen Linie abgewichen. Sie hatte Philips Sturheit – oder vielleicht besser: Unbeugsamkeit – immer zu schätzen gewusst.

Nie war er an Bord auch nur eines einzigen Atmosphären-Frachters gekommen und an Bord eines Tiefenraum-Frachters schon gar nicht. Und doch war es ihm irgendwie gelungen, in den Weltraum zu gelangen. Für diesen Anblick etwa? Für diese schier endlos wirkende Zahl aufgebrachter Kriegsschiffe mit aufgerissenen oder vollkommen zerfetzten Panzerplatten? Für diese nachtschwarzen Löcher, die tief in die Rümpfe hineingestanzt schienen? Für die schorfigen Unebenheiten der Panzeroberflächen überall dort, wo sich Rettungskapseln ihren Weg ins Freie hatten bahnen müssen? Unwillkürlich wanderten Claytons Gedanken zu einem anderen Schiff, zu gänzlich anderen Schlachten, zur GMS Covington und zur Schlacht von Jelzins Stern und um Blackbird. Er erinnerte sich an den Gestank von Rauch und verbranntem Fleisch, der aus allen Lüftungsschlitzen gequollen war, an die kreischenden Schadensalarme, an die einkommenden Raketen und die unbeschreiblichen Stoßwellen all jener Treffer, die den Rumpf des Schiffes durchstießen.

Clayton erinnerte sich an einen jungen Lieutenant, der sich sicher gewesen war, bei der Verteidigung seines Heimatplaneten den Tod zu finden.

Dieser junge Lieutenant hatte das Gefecht überlebt, ganz unerwarteterweise. Denn eine fremdgeborene Frau, verwundet in der Schlacht, die seinem Protector das Leben retten sollte, hatte Schiff und Mannschaft zwischen die Heimatwelt dieser für sie fremden Menschen und die Angreifer gebracht, die ansonsten auf der Heimatwelt alle und jeden abgeschlachtet hätten. Und so kam es, dass sich ein mittlerweile deutlich betagterer Captain der Grayson Space Navy, der inzwischen beim Protector’s Own diente, nun hier wiederfand. Aussortieren sollte er, und das war die Rolle, die ihm nicht behagte, die Schiffe voraus, diese auch von ihm getöteten Schiffe der Solarian League Navy.

»Wie lautet die jüngste Meldung von Sieben, David?«, fragte er Lieutenant Kalet.

»Fast bereit für die erste Tranche«, erwiderte Kalet, der den Bericht schon auf seinem UniLink aufgerufen hatte. Dann verzog er gequält das Gesicht. »Bis Dienstag sollten sie die letzten Trümmer vom Yawata-Schlag beseitigt haben.«

»Ich weiß wirklich nicht, was schlimmer ist – Yawata oder das hier

»Yawata, Sir, glauben Sie mir!« Kalets Miene hatte sich noch weiter verfinstert. »Die hier …«, mit dem Kinn deutete er in Richtung der lautlos im All treibenden solarischen Schiffe, »die hat es so heftig erwischt, weil sie es verdammt noch mal verdient hatten. Wir sind schließlich nicht zu denen hinübergefahren – die sind zu uns gekommen! Schrecklich, dass so viele von den Sollys gefallen sind, ja, aber das kann schon mal passieren, wenn man jemanden angreift, ohne sich vorher die Mühe zu machen, ihm ganz offiziell den Krieg zu erklären! Für jedes dieser verdammten Schiffe voraus galt die ganze Zeit über ›Alle Mann auf Gefechtsstation‹. Also hatten alle ihre Skinsuits an. Beim Yawata-Schlag hat das ganz anders ausgesehen.«

Der Lieutenant wandte den Kopf zur Seite und spähte zu den kaum erkennbaren Positionsleuchten des gewaltigen Asteroiden-Komplexes Einhorn-sieben hinüber. Der Einhorn-Materialsammelplatz des Hauptmann-Kartells und die Raffinerien von Einhorn-sieben waren zum wichtigsten Rohstoff-Rückgewinnungszentrum von Manticore-B umfunktioniert worden: Sie verarbeiteten die Überreste der orbitalen Infrastruktur, die vor weniger als fünf T-Monaten beim Yawata-Schlag in Stücke gewissen worden war.

»Die Wiederaufbereitungsmannschaften finden immer noch Leichen, die unsere Jungs von der Raumnotrettung übersehen haben«, erklärte er dann. »Letzte Woche hat ein Besatzungsmitglied von Sieben den Cousin ihrer Vorarbeiterin gefunden.« Seine Nasenflügel bebten. »Ich bin mir sicher, wenn wir die Schiffe voraus abzuwracken beginnen, werden wir auch die eine oder andere Leiche finden, aber wenigstens sind das dann keine Verwandten von uns, verdammt!«

Clayton nickte. Er war dankbar dafür, dass man ihm nach der Schlacht von Blackbird den Einsatz bei den Aufräumarbeiten erspart hatte. Doch er kannte genug Männer – und mittlerweile auch Frauen – bei der Grayson Space Navy, für die das eben nicht galt.

»Auf Alterde verfluchte man sich gern mal mit diesen berühmt gewordenen Worten: ›Mögest du in interessanten Zeiten leben‹«, sagte er. »Auf Grayson ist der tatsächlich noch gebräuchlich. Kennt ihr Mantys den Spruch auch?«

»In interessanten Zeiten, ja?«, schnaubte Kalet. »Na, das nenn ich mal nett ausgedrückt, Sir. Aber für manche sind diese Zeiten ›interessanter‹ als für andere.«

»Sehen Sie es doch mal so …«, setzte Clayton an und wandte sich wieder den Instrumenten zu. »Eines Tages stehen unsere Namen alle in den Geschichtsbüchern, und irgendein dummes Kind – genauso dumm, wie wir zwei früher einmal waren, vor langer, langer Zeit – wird sich diese Schlacht als aufregend und glorreich herbeifantasieren. Mit ein bisschen mehr Glück, als uns beschieden ist, wird dieses Kind nie herausfinden müssen, wie sehr sich seine Heldenfantasien von der Wirklichkeit unterscheiden.«

HMS Imperator
Manticore-A
Sternenimperium Manticore

Flottenadmiral Lady Dame Honor Alexander-Harrington, Herzogin und Gutsherrin von Harrington und Oberbefehlshaberin der Grand Fleet, zupfte an ihrer Uniformbluse. Erst als alles, vom Stehkragen zu den Manschetten, saß, war sie zufrieden. Sie griff nach den Nadeln, mit denen sie das Haar zum Duschen hochgesteckt hatte. Der lange Zopf fiel, er reichte ihr fast bis zur Taille, und Honor genoss es, die Strähnen zu lösen und das seidige, schimmernde Haar durchzubürsten, bis es sie wie eine sanfte Welle umfloss. Üblicherweise trug Honor zur Uniform das Haar zum Zopf geflochten, aber sie mochte seinen seidenweichen Fall, wenn sie es offen trug. Am heutigen Abend wurde sie noch zu einem Empfang auf der Planetenoberfläche erwartet, allerdings als Gutsherrin von Grayson, nicht als Offizierin Ihrer Majestät der Königin … ja, selbst langjährige Militärangehörige wie Honor hatten sich mittlerweile nicht nur daran gewöhnt, dass es auch die weibliche Form gab, sondern nutzten sie auch für sich.

Ein letzter Bürstenstrich, dann verstaute Honor die Bürste und band das Haar zu einem losen Pferdeschwanz zusammen, natürlich mit einem Haarband in Harrington-Grün. Um die Wirkung der Frisur zu testen, neigte sie den Kopf ein wenig zur Seite und runzelte die Stirn. Sie beugte sich vor, näher heran an den Spiegel, und tastete vorsichtig die empfindliche Haut unter ihrem rechten Mandelauge ab.

»Verflixt«, murmelte sie, als ihr aufging, dass es dort doch einen Bluterguss geben würde.

Der cremefarben-graue Baumkater hatte sich bislang genüsslich auf seiner Sitzstange am Schott ausgestreckt. Jetzt bliekte er lachend.

Honor fuhr zu ihm herum und bedachte ihn mit einem finsteren Blick. »Das ist nicht lustig, Stinker!« Der Tonfall gelang glaubwürdig streng, das lobenswerte Bemühen aber wurde durch das Zucken der Mundwinkel konterkariert. »Du weißt doch ganz genau, dass mir Hamish zwischen den schönsten Kanapees die Hölle heißmachen wird, wenn ich mit einem blauen Auge auftauche.«

Nimitz lachte nur noch lauter, und die Finger seiner Echthand zuckten.

»Das war nicht meine eigene Schuld!«, erklärte sie ihm. »Spencer wird immer besser, und all seine Schläge kann ich nun einmal nicht abblocken!«

Weiteres Fingerzucken.

Honor stieß ein Schnauben aus. »Mein Terminkalender ist voll! Da muss ich jede Lücke für das Kampftraining nutzen, die sich bietet, das weißt du genau! Und was kann ich dafür, wenn Elizabeth ausgerechnet heute eine Party geben muss!«

Darüber dachte Nimitz kurz nach und nickte widerwillig. Lachend hob Honor ihren Gefährten von seiner Sitzstange, wiegte ihn in den Armen und drückte für einen langen Moment das Gesicht in das seidige, herrlich duftende Fell. Dann verließ sie mit ihm auf dem Arm ihre luxuriösen Wohnräume und ging ins Arbeitszimmer hinüber. Am Schreibtisch angekommen, ließ sie den Gefährten aus ihren Armen auf die dort für ihn befestigte Sitzstange springen. Sie selbst nahm auf dem Schreibtischsessel Platz, und das Möbel passte sich sofort ihren Körperformen an.

Noch einmal betastete Honor die sich allmählich dunkel verfärbende Prellung unter dem rechten Auge und zuckte dann die Achseln. Überschminken, was sonst! Mit etwas Glück würde Hamish es nicht einmal bemerken … und das würde ihr dann so manche gnadenlos spöttische Bemerkung ersparen. Sie hätte sich deutlich weniger Sorgen gemacht, wäre Emily auch Teil der Abendgesellschaft. Sie hätte ihren gemeinsamen Ehemann ein wenig von Honor und ihrem Missgeschick abzulenken vermocht. Doch Emily war, und das sprach Bände über ihren gesunden Menschenverstand, zusammen mit den Kindern in White Haven geblieben.

Diesem Gedanken hing Honor noch einen Moment nach, ehe sie seufzend ihr Terminal aktvierte, um weitere Schritte im schier endlosen Kampf gegen den Papierkram zu unternehmen.

Wie viele Photonen wohl jeden Tag ihr Leben lassen müssen, nur damit wir Personalberichte abfassen können? Besser nicht darüber nachgrübeln, dachte sie düster. Wir müssten uns des elektromagnetischen Massenmords für schuldig bekennen!

Der Gedanke entlockte ihr ein Grinsen. Dann schüttelte sie den Kopf und überflog den ersten Bericht auf ihrem Display.

»Verzeihen Sie, Mylady, aber der Bericht, nach dem Sie gefragt haben, ist jetzt eingetroffen.«

»Meinen Sie nicht den anderen Bericht, nach dem ich gefragt habe?«, versetzte Honor mit einem schiefen Grinsen und blickte von den Bereitschaftsmeldungen auf ihrem Schreibtischdisplay auf.

»Na ja … ja«, bestätigte Commander Angela Clayton. Sie trug zwar die blaue Uniform der Grayson Space Navy, und an ihrem Oberarm fand sich das Salamander-Abzeichen des Protector’s Own, doch sie sprach mit einem unverkennbar manticoranischen Akzent – eine lebendige Erinnerung an die Highlands von Gryphon. »Aber danach gefragt haben Sie«, setzte Clayton dann hinzu, und vielleicht – nur vielleicht – blitzte es dabei kurz in ihren Augen auf.

Commander Clayton war ein Neuzugang in Honors Stab, sie war in Personalunion Verbindungsoffizierin zu High Admiral Judah Yanakov wie Versorgungsoffizierin der Grand Fleet, ihr Auftreten stets sachlich und nüchtern. Sie war zwar in Rearson geboren, der gleichen Baronie, aus der auch Anton Zilwicki stammte, doch nach fünf Jahren Dienst bei der Flotte, ausgeliehen an die Grayson Space Navy, hatte sich Clayton im Gut von Harrington einbürgern lassen. Das erklärte auch, warum sie Honor üblicherweise mit ›Mylady‹ ansprach, wie es einer Gutsherrin gebührte, und nicht mit ›Hoheit‹, was einer manticoranischen Herzogin zustand.

Hin und wieder konnte das … verwirrend sein.

»Und was hat Phil zu berichten?«, fragte Honor nach.

»Seine Vermessungsteams sind mit dem ersten halben Dutzend Superdreadnoughts fertig, Mylady«, erwiderte der Commander. Der Blick jetzt düster, seufzte sie schwer. »Er verabscheut seinen aktuellen Einsatz. Er sagt, er fühlt sich wie ein Sumpfgründler.«

Angesichts dieses Vergleichs verzog Honor das Gesicht. Sie kannte Captain Clayton, wie sie, das hatte sie sich schon vor geraumer Zeit zur Aufgabe gemacht, sämtliche Captains des Protector’s Own kannte. Deswegen war ihr sofort klar, wieso er diesen Vergleich wählte, und ebenso klar war ihr, dass er sich selbst gegenüber ungerecht war. Der Sumpfgründler von Grayson war einer der widerwärtigsten Aasfresser der ganzen erforschten Milchstraße … und nicht sonderlich wählerisch dabei, wie seine nächste Mahlzeit Aas wurde …

»Abgesehen davon entspricht sein Bericht ziemlich genau dem, was wir erwartet haben. Erwähnenswert ist nur, dass seine Techniker von den jüngsten Graserlafetten der Sollys doch ein wenig beeindruckter sind als ursprünglich vermutet.« Clayton schüttelte den Kopf. »Ich habe einmal einen Blick auf die technischen Spezifikationen geworfen, und es stimmt: Das ist wirklich ganz schön beeindruckende Hardware, Mylady.«

»Niemand hat je behauptet, der Solaren Liga mangelte es an guter Technik«, meinte Honor. »Man hat dort nur Probleme, im Bedarfsfall die richtige Technik zur Verfügung zu haben.«

»Wobei man aber fest davon überzeugt ist, genau das sei stets der Fall«, setzte Clayton hinzu.

»Stimmt«, räumte Honor ein. Dann kippte sie ihren Sessel ein wenig nach hinten. »Phil ist also beeindruckt, ja?«

»Jawohl, Mylady. Aber er weist darauf hin, dass er keine Ahnung hat, was wir mit den ganzen Dingern machen sollen.«

Honor nickte. Zweifellos befasste sich derzeit eine ganze Reihe von Leuten mit ganz ähnlichen Fragen, aber irgendetwas mussten sie ja mit den Trümmern von Massimo Filaretas Elfter Flotte anstellen! Deswegen waren sämtliche seiner noch raumtauglichen Schiffe auch nach Manticore-B verbracht worden, unmittelbar nach der Zweiten Schlacht von Manticore. Das Massaker von Manticore sollte das wohl eher heißen, dachte Honor, und ihr Blick verfinsterte sich.

Unter gewöhnlicheren Umständen hätte man die Schiffe irgendwo abgestellt und sie nach erfolgreichen Friedensverhandlungen als Faustpfand eingesetzt, also sie nach Konsolidierung des Friedens wieder in die Heimat überstellt. Doch derzeit sah es ganz und gar nicht danach aus, als würden in absehbarer Zeit Verhandlungen geführt … und selbst wenn verhandelt würde, bestünde auf Seiten der Sollys kein Interesse mehr, Filaretas Schiffe zurückzuerhalten. Bei Gefechten, in denen Raketen von Gondeln aus gestartet wurden, waren diese Schiffe Todesfallen, nichts weiter: konzeptionell und strategisch hoffnungslos veraltet, so gut die Technik, auf der sie basierten, auch sein mochte.

Ohne die Möglichkeit der Rückführung wären die Schiffe abgewrackt, die Trümmer durch Schmelzöfen und Raffinerien geschickt worden, um wertvolle Rohstoffe zurückzugewinnen und aufzubereiten. Dass solarische Technik bei der Wiederaufbereitung zerstört wurde, störte niemanden; von Interesse waren lediglich die Rohstoffe, aus denen die unersättliche orbitale Industrie von Manticore neuere und ungleich nützlichere Technik gefertigt hätte – eben genau die Technik, die das Sternenimperium derzeit benötigte.

Nur war zu Jahresanfang, um genau zu sein, im Februar, die orbitale Industrie durch den Yawata-Schlag praktisch vollständig zerstört worden. Fünf Monate später war sie kaum mehr als der Schatten eines Schattens der Erinnerung an das, was sie einst gewesen war. Die Fertigungsstätten, die kostbare Rohstoffe hätten verarbeiten können, wurden gerade erst von Grund auf neu gebaut. Selbst mit Unterstützung durch Beowulf und die neuen havenitischen Verbündeten würde es noch mindestens sechs weitere Monate dauern, bis die Fabrikatoren und die Nano-Farmen in Betrieb genommen werden könnten. Deswegen krochen ja auch Phil Clayton und sein kombinierter Trupp aus Manticoranern, Graysoniten und Haveniten in all den aufgebrachten solarischen Schiffen herum. Deren interne Systeme mochten ja aus solarischer Fertigung stammen – was alle nur erdenklichen Kompatibilitätsprobleme versprach –, doch sie existierten immerhin. Unter den gegebenen Umständen war es sinnvoll, zu schauen, was sich ausbauen und gegebenenfalls unmittelbar wiederverwenden ließe – von Fusionsreaktoren über rekonfigurierbare Molycircs bis hin zu Lasern zur Nahbereichsabwehr. Am Ende würden die ausgeschlachteten Hulks dann doch noch der Rohstoffrückgewinnung zugeführt.

Sandra Crandalls noch raumtaugliche Einheiten befanden sich übrigens derzeit – bemannt mit einer Minimalbesatzung – auf dem direkten Weg nach Manticore, wo ihnen exakt das gleiche Schicksal blühte. Es stand zu hoffen, dass sich, wären diese Schiffe erst eingetroffen, noch jemand anderer als Captain Clayton für diese Aufgabe fände.

»Nun ja«, sagte Honor, »selbst wenn sonst nichts ginge, können wir mit den Grasern wirksame Wurmloch-›Minenfelder‹ anlegen. Haben Sie sich schon angesehen, was Admiral Foraker dazu ersonnen hat?«

»Nein, Mylady, habe ich bislang noch nicht. Aber ich möchte wetten, dass es … interessant ist.«

»Admiral Foraker ist jemand, der unkonventionell zu denken beliebt und gern über jeden nur erdenklichen Tellerrand blickt«, bestätigte Honor lächelnd. »Doch hier hat sie sich etwas ausgedacht, was man als Phalanx aus ferngesteuert einzusetzenden Energiewaffen beschreiben könnte – und wir reden hier von Energiewaffen im Großkampfschiff-Maßstab. In diesem Fall hat Foraker eher etwas wie Moriarty im Sinn, nicht wie Mycroft. Ja, sie hat sogar schon herausgefunden, wie sich möglichst schnell eine Ortungsplattform mit dem Zentralen Feuerleitsystem eines Terminus-Forts verknüpfen ließe.«

»Ich dachte, dafür wären die Minenfelder da, die wir schon haben, Mylady.«

»Richtig, aber sie setzen alle immer nur einen Schuss ab. Egal, ob bomben-gepumpte Plattform oder individuell einsetzbare Energiewaffe, vor dem nächsten Einsatz müssen sie erst wieder aufgeladen werden. Foraker redet davon, die Dinger drahtlos mit Energie für die Plasma-Kondensatoren zu versorgen. Stimmen Forakers Berechnungen, sollte jede Phalanx mindestens fünf oder sechs Schuss mit voller Leistung abgeben können, bevor ein Wartungsteam die Kondensator-Reservoirs neu aufladen muss. Wenn also diese Solly-Graser wirklich so gut sind, wie Phil berichtet, und wenn man bedenkt, dass ein Superdreadnought der Scientist-Klasse … wie viele? Vierundsechzig? Fünfundsechzig? Ist ja auch egal: Ein Superdreadnought führt jedenfalls reichlich Graser mit sich. Also sollten wir, wenn wir die alle ausbauen und umfunktionieren, ein richtig gemeines, höchst effektives Abwehrsystem daraus basteln können, meinen Sie nicht auch?«

»Jou, stimmt«, gab Commander Clayton fast schon geistesabwesend zurück. Die Vorstellung, was neun- oder zehntausend Graser in Wallschiff-Größe einem Zielobjekt antun könnten, das gerade aus einem Wurmloch-Terminus austrat, wo ihm weder Keil noch Seitenschilde auch nur den geringsten Schutz böten, war … ernüchternd.

»Ich weiß zwar noch nicht, wie gut das letztendlich laufen wird«, griff Honor den Gedanken wieder auf, »aber die Erfahrung lehrt, dass Foraker in der Regel hinbekommt, was sie einmal in Angriff genommen hat. Und nachdem nun Admiral Hemphill das Forschungs- und Entwicklungsteam von Weyland nach Schlupfloch gebracht hat …«

Clayton nickte. Mit Haven hatte man sich fast ein ganzes T-Jahrhundert lang bekriegt – teils in einem kalten Krieg, teils in Scharmützeln und offenen Kriegshandlungen. Jetzt modernste technische Entwicklungen und Forschung des Sternenimperiums mit dieser Sternnation zu teilen hatte bei einer ganzen Reihe Angehöriger der Royal Manticoran Navy nicht gerade uneingeschränkt Begeisterung ausgelöst. Ja, es hatte sogar passiven Widerstand, Trödeleien und andere Verzögerungstaktiken gegeben, was einen jener berüchtigten wintonschen Wutausbrüche hervorgerufen hatte. Clayton war nicht dabei gewesen, als Kaiserin Elizabeth ihre Sicht der Dinge absolut unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hatte, Herzogin Harrington hingegen schon. Es war wirklich bemerkenswert, wie rasch sich danach plötzlich alles in Bewegung gesetzt hatte.

Andererseits, der Commander verkniff sich ein Grinsen, sah es ganz so aus, als hätte es auch auf havenitischer Seite reichlich passiven Widerstand, Trödeleien und andere Verzögerungstaktiken gegeben, als es darum gegangen war, dem ehemaligen Erzfeind und jetzigen Verbündeten die genaue Position von Schlupfloch zu verraten. Natürlich war es nicht überraschend, dass Schlupfloch, dieser einst so streng geheime Stützpunkt, dem Manticore-System deutlich näher lag als dem Haven-System: Von dort bis Nouveau Paris waren es fast sechshundert Lichtjahre, bis Landing City weniger als dreihundertfünfzig.

Kein Wunder, dass ONI Schlupfloch nie gefunden hat, dachte der Commander. Wir haben immer auf dem Territorium der Republik danach gesucht. Nie wäre uns eingefallen, es könnte auf der anderen Seite von Manticore liegen! Und selbst wenn jemandem von uns ein solcher Geistesblitz gekommen wäre: Nie hätten wir Ausschau nach einer ›verlorenen Kolonie‹ gehalten!

Es war Schlupflochs tatsächliche Position, die erhellte, warum die Legislaturisten diesen Raumabschnitt als geeigneten Ort für ihren geheimen Flottenstützpunkt erachtet hatten, nachdem das System der Volksrepublik praktisch in die Hände gefallen war. Angela Clayton, eine Highlanderin von Gryphon, verheiratet mit einem Grayson, konnte sich besser als die meisten vorstellen, was es den Menschen abverlangt haben musste, auf dem Planeten Sanctuary zu überleben, bis ein havenitisches Vermessungsteam die Existenz dieser Kolonie am Ende einer Hyperbrücke mit der schönen Kennung J-156-18(L)-KCR-126-06 endlich wiederentdeckt hatte.

Und wie sie den Ort gefunden haben, ist doch deutlich weniger wichtig als das, was sie seitdem dort getrieben haben, rief sich Clayton selbst ins Gedächtnis zurück. Nach der Verwüstung, die der Yawata-Schlag in Manticore angerichtet hatte, war Schlupfloch zur mit Abstand größten Schiffbauanlage der Großen Allianz geworden – ganz zu schweigen davon, dass sich dort nun auch die Zentrale von Shannon Forakers zu Recht gefürchteter und respektierter Forschungs- und Entwicklungsabteilung befand.

Wenn es also in der Galaxis einen Ort gibt, von dem wir hoffen, dass die Verantwortlichen für den Yawata-Schlag ihn nicht finden, dann ist das zweifellos Schlupfloch!

»Wissen wir schon, wie das Schlupfloch-Team mit Mycroft vorankommt, Mylady?«, fragte sie.

Honor lächelte, als sie mühelos den Gedanken nachvollzog, der Clayton durch den Kopf gegangen sein musste. »Es wird noch eine Weile dauern, bis das System richtig läuft«, antwortete sie. »Aber bis es so weit ist, führt Admiral Hemphill ein vollständiges Invictus-Geschwader mit, damit Schlupfloch vollständig mit Apollo und Schlüsselloch-Zwo versorgt ist. Und so wie ich das verstanden habe, hat Admiral Foraker bereits einige neue Variationen ihrer Ortungssatelliten und Sensorplattformen angestoßen. Wenn Hemphill und sie sich erst einmal zusammensetzen und gemeinsam Neues austüfteln, muss sich der Rest der Galaxis warm anziehen.«

»Nichts, was mir das Herz brechen würde, Mylady«, bemerkte Clayton, »ganz gewiss nicht.«