Vorwort Von Dan John
»Mach es so!«
Geleitwort von Pavel
Eine falsche Bewegung, und ich schieße
Einführung
Wenn wir »Kraft« sagen, meinen wir »Kettlebell«. Wenn wir »Kettlebell« sagen, meinen wir »Kraft«
Wie die Kettlebell die Schwäche aus dem russischen Genpool verbannte
Die Anfänge der Schwerathletik
Warum sowjetische Wissenschaftler die Kettlebell befürworteten
Wie die russische Kettlebell nach Amerika kam
KAPITEL 1
Enter the Kettlebell!
Welche Kettlebells brauche ich?
Hüften, Rücken, Schultern und das Geheimnis russischer Körpersprache
Die Checkliste für das Sumo-Kreuzheben mit Kettlebell
Wandkniebeuge
Halo
Pump-Stretch
Die Checkliste für die obere Endposition (Lock-out) beim Sumo-Kreuzheben mit Kettlebell
»Selbst schuld«: die wichtigsten Sicherheitsregeln im Umgang mit Kettlebells
1. Fragen Sie Ihren Arzt, bevor Sie mit dem Training beginnen
2. Achten Sie stets auf Ihre Umgebung
3. Tragen Sie angemessenes Schuhwerk
4. »Legen Sie sich nie mit einer Kettlebell an«
5. Halten Sie immer alle Sicherheitsregeln ein
6. Bleiben Sie in Bewegung, wenn Ihre Herzfrequenz hoch ist
7. Steigern Sie Ihr Trainingspensum allmählich, und hören Sie auf Ihren Körper
8. Eine Anleitung kann nicht alle Situationen berücksichtigen, es gibt keinen Ersatz für gesunden Menschenverstand
Sicherheit ist Teil und nicht das Gegenteil von Leistung
1. Die Hüften zuerst!
2. Haltung bewahren: Beugen Sie sich nicht nach vorne, sondern lehnen Sie sich nach hinten
3. Der Bauch bleibt fest
4. Die Arme bleiben locker
5. »Den Bogen bändigen«
6. Die Schultergelenke bleiben in ihren Pfannen
7. Überstrecken Sie die Handgelenke nicht
8. Halten Sie die Ellbogen gerade
9. Achten Sie auf Ihre Hände
KAPITEL 2
Das neue Minimalprogramm der RKC
Bevor es losgeht: die Eingewöhnungsphase
Die Eingewöhnung
Der Swing – für die Beine und eine Ausdauer, auf die Sie sich verlassen können
Aufgabe: Swing
Schritt Nr. 1 zum perfekten Swing: die Boxbeuge (Box Squat)
Schritt Nr. 2 zum perfekten Swing: aus der Boxbeuge in den Strecksprung
Schritt Nr. 3 zum perfekten Swing: der Handtuch-Swing
Bilden Sie in der Endposition zwei gerade Linien?
Schritt Nr. 4 zum perfekten Swing: der klassische Swing
Der Get-up – für Schultern, die einstecken und austeilen können
Aufgabe: Get-up
Schritt Nr. 1 zum perfekten Get-up: die Kettlebell sicher aufheben und wieder absetzen
Schritt Nr. 2 zum perfekten Get-up: halten Sie den Ellbogen gerade und das Schultergelenk in der Pfanne
Schritt Nr. 3 zum perfekten Get-up: der halbe Get-up
Schritt Nr. 4 zum perfekten Get-up: der vollständige Get-up
Das neue Minimalprogramm der RKC
Kurz und bündig
Der nächste Schritt
KAPITEL 3
Der Übergangsritus der RKC
Die bewährte RKC-Formel: Grinds mit wenigen Wdh. + dynamische Lifts mit vielen Wdh.
Ein Pull und ein Press – kommt Ihnen das bekannt vor?
Es geht nichts über Kettlebell-Pulls
Es geht nichts über Kettlebell-Presses
Der Clean – explosiv wie ein Schlag
Aufgabe: Clean
Schritt Nr. 1 zum perfekten Clean: der Griff
Schritt Nr. 2 zum perfekten Clean: die Rack-Position
Schritt Nr. 3 zum perfekten Clean: der Drop
Schritt Nr. 4 zum perfekten Clean: der Clean an sich
Der Press – für den Oberkörper antiker Statuen
Aufgabe: Clean und Military Press
Schritt Nr. 1 zum perfekten Press: der Loaded Clean
Schritt Nr. 2 zum perfekten Press: sich von der Kettlebell wegdrücken
Schritt Nr. 3 zum perfekten Press: der Groove
Schritt Nr. 4 zum perfekten Press: die Spannung durch richtiges Atmen halten
Schritt Nr. 5 zum perfekten Press: die Kettlebell absenken
Die RKC-Checkliste für Presses
Der Snatch – für die Ausdauerleistung eines Roboters und die Schmerztoleranz eines Unsterblichen
Aufgabe: Kettlebell-Snatch
Schritt Nr. 1 zum perfekten Snatch: der High Pull
Schritt Nr. 2 zum perfekten Snatch: der Lock-out
Schritt Nr. 3 zum perfekten Snatch: nicht den Unterarm anschlagen
Schritt Nr. 4 zum perfekten Snatch: Schulter und Ellbogen nicht überlasten
Schritt Nr. 5 zum perfekten Snatch: der Drop
Der 10-Minuten-Snatch-Test des U.S. Secret Service Counter Assault Team
Die RKC-Checkliste für Pulls (Swings, Cleans, High Pulls und Snatches)
KAPITEL 4
Schritt für Schritt zum Supermann
Die Tücken der Vielfalt und wie man sie umgeht
Die RKC-Leiter zur Steigerung der Drückkraft
Wie lange sollten die Pausen zwischen den Sätzen sein?
Der Übergangsritus der RKC – fortschreitender Wochenplan für Presses
Klimmzüge – eine hervorragende Ergänzung zu den Presses
Weniger Pausen, mehr Snatches
Der Übergangsritus der RKC – Wochenplan für Pulls
Hochintensives Intervalltraining – für ein gesundes Herz
Vom Knaben zum Mann
C & P
Regeln für den Clean and Press mit einer Kettlebell
Snatch
Die Regeln des USSS Snatch Test
Drei Beispiele für Testtage
Der Trainingsplan für den Übergangsritus der RKC – Zusammenfassung
KAPITEL 5
Häufig gestellte Fragen: Warum die Kettlebell das Maß aller Dinge ist
KAPITEL 6
Wie eine Kettlebell entsteht
Über Pavel
Personenregister
Sachregister
Ich war Pavel Tsatsouline gerade zum ersten Mal begegnet und kannte ihn nur wenige Minuten, als er mich bereits gründlich auseinandernahm, mir einen Klaps auf die Hüfte gab und mir befahl, meine Hüftmuskeln so fest anzuspannen, wie ich nur konnte. Meine Hüftbeuger waren steif, und nun ja, Pavel tat sein Bestes, um dieses Problem zu beheben. Diese erste Begegnung verschaffte mir beweglichere Hüften, einen Jahrestrainingsplan fürs Gewichtheben und vor allem große Hochachtung für Pavel Tsatsouline. Seitdem habe ich Hunderte seiner Beiträge im Internet verfolgt und seine Bücher gelesen. Immer wenn ich mit seiner Arbeit in Berührung komme, denke ich dasselbe: Mach es so!
In praktisch allen Lebensbereichen, ob es sich nun um Fitness, Gesundheit, berufliche Ziele oder Sport handelt, besteht die große Herausforderung darin, den schmalen Grat zwischen zu viel und gar keiner Abwechslung zu meistern. Ich liebe zum Beispiel Festtagsbraten – aber nicht jeden Tag. Selbst wenn jemand eines schönen Tages die perfekte Ernährung in Form eines Wunderlebensmittels entwickelt, werden sich wohl nicht viele Menschen langfristig ausschließlich davon ernähren – es sei denn, sie wären auf einer einsamen Insel gestrandet. In dieser Hinsicht traf Pavel Tsatsouline mit seinem Buch Power to the People! genau ins Schwarze.
Power to the People! war in jeder Hinsicht ein vollkommenes Programm und ließ sich auf eine einfache Formel bringen: Mach es so. Wobei mit »es« im Grunde nichts anderes gemeint war als Kreuzheben und Side Presses. Pavel bot zwar Variationen an, aber wenn wir ehrlich sind, reichen diese beiden Übungen absolut aus, um ein erfolgreicher Sportler zu werden. Ich weiß aus zuverlässiger Quelle – von einem Kugelstoßer, mit dem ich einmal ein paar Bier getrunken habe –, dass viele Weltklasseleichtathleten aus den Wurfdisziplinen momentan ausschließlich auf dieses Training bauen.
Sie fragen sich jetzt vielleicht, ob unter diesen Umständen ein solches Kettlebell-Buch überhaupt nötig ist. Wo sind die Horden begeisterter Fitnessjünger, die ungeduldig mit den Füßen scharren und lautstark nach diesem Buch verlangen? Ich verrate Ihnen ein Geheimnis: Sie sind überall! Ganz zu Beginn des Buchs zitiert Pavel J. M. Martin, der schreibt: »Ich war mit dem Power-to-the-People!-Workout vollauf zufrieden, weil es mir genau vorgab, was ich zu tun hatte. Das Buch brachte schnell Erfolge, innerhalb kürzester Zeit legte ich eine Menge Muskelmasse zu. Tja, und jetzt besitze ich eine Kettlebell und möchte eine klare Marschroute entwickeln, der man nur noch folgen muss.« Martin äußert, was ich bereits von Dutzenden von Kettlebell-Jüngern gehört habe: »Was soll ich tun? Ich kenne jene Bücher und Videos, habe Workshops und Seminare besucht, sämtliche Artikel gelesen … aber was soll ich nun wann tun – und vor allem: wie?«
Mir persönlich reicht das Minimalprogramm der Russian Kettlebell Challenge (RKC) voll und ganz. »Los geht’s … MACH ES SO!« könnte der Untertitel der ersten Kapitel lauten. Zwei Übungen. Jede Übung zweimal pro Woche. Eine Push- und eine Pull-Bewegung, also einmal Drücken, einmal Ziehen. Der Mehrzahl der Kettlebell-Nutzer wird das bereits genügen.
Pavel bietet jedoch mehr. Kapitel 3, »Der Übergangsritus der RKC«, liefert eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie Sie mit Kettlebell-Übungen Ihre Kraft nachhaltig verbessern können. Der Abschnitt »Die Tücken der Vielfalt und wie man sie umgeht« umfasst ein Jahrhundert an Fachwissen, komprimiert auf wenige Seiten. Wenn Sie ein Anhänger der alten Schule sind, werden Ihnen die klassischen Trainingsmethoden, modifiziert für den Kettlebell-Sportler, sicher gefallen.
Dieses Buch ist gewiss nicht Pavels letztes Wort in Sachen Kettlebells. Ganz im Gegenteil: »Ich höre nie auf, an meinem Trainingssystem zu feilen. Deshalb werden Sie feststellen, dass es zwischen dem Vorgängerbuch The Russian Kettlebell Challenge und diesem Buch einige Unterschiede gibt. Selbstverständlich ist das neuere Buch aktueller und daher vorzuziehen. Sie sehen: Bei RKC gönnen wir uns keine Pause.«
Ich kann Ihnen einen einfachen Rat erteilen:
Machen Sie es so.
Dan John ist ein Trainer, wie er im Buche steht. Als Fulbright-Dozent hat er bereits in Ägypten gelehrt, ferner hat er einen Abschluss in Geschichte und Religionspädagogik. Auf seinen Reisen durch die Welt hatte er bereits mit allerlei Getier, Zollfahndern und einem schrecklichen amerikanischen Akzent zu kämpfen – und zwar in so ziemlich jeder Sprache, in der er sich bisher versucht hat … Dies führte sogar dazu, dass türkische und hebräische Muttersprachler ihn anflehten, er möge sich doch bitte auf das Englische beschränken.
Wenn Dan nicht als Professor für Religionswissenschaft tätig ist, arbeitet er als Krafttrainer und Leiter der Leichtathletikabteilung der Juan Diego Catholic High School in Draper, Utah. Dan hat zahlreiche regionale und nationale Wettkämpfe in den Disziplinen Diskuswerfen, olympisches Gewichtheben, Highland Games und Wurf-Fünfkampf gewonnen.
Dan John ist der Verfasser zweier Lehr-DVDs: Carried Away befasst sich mit dem Tragen, Schleppen und Ziehen von Gegenständen zur Verbesserung der Kraft und Ausdauer. From the Ground Up vermittelt in kurzen, prägnanten Zügen die Grundlagen des Gewichthebens. Mit www.danjohn.org/coach betreibt Dan überdies das weltgrößte kostenfreie Internetportal für Gewichtheben und Wurfdisziplinen.
Erinnern Sie sich an den Film Moskau am Hudson? Robin Williams spielt darin einen übergelaufenen Russen, der in einer Szene Kaffee kaufen will. Aus der UdSSR kannte er nur zwei mögliche Szenarien: »Kaffee vorrätig« oder – was wahrscheinlicher war – »nicht vorrätig«. Als er dann die große Vielfalt an Kaffeesorten in den Regalen eines New Yorker Supermarkts sieht, erleidet er beinahe einen Nervenzusammenbruch.
Die enorme Vielfalt an Übungen und Anwendungsmöglichkeiten kann den angehenden Kettlebeller schnell dazu bringen, sich ähnlich überfordert zu fühlen wie der russische Überläufer in besagtem Film. Das Trainingsprogramm, das ich in meinem Buch The Russian Kettlebell Challenge vorgestellt habe, war nur der Anfang einer regelrechten Flut an Kettlebell-Übungen.
»Vielleicht kann mir jemand helfen«, schrieb J. M. Martin unter dem Titel »Kettlebell Confused« in unserem Online-Forum. »Ich habe alles gelesen, was ich über Kettlebells in die Finger bekommen konnte, und muss gestehen, dass ich nicht weiß, wie ich mir selbst ein Programm zusammenstellen soll. Ich war mit dem Power-to-the-People!-Workout vollauf zufrieden, weil es mir genau vorgab, was ich zu tun hatte. Das Buch brachte schnell Erfolge, innerhalb kürzester Zeit legte ich eine Menge Muskelmasse zu. Tja, und jetzt besitze ich eine Kettlebell und möchte eine klare Marschroute entwickeln, der man nur noch folgen muss.«
Kettlebell-Training ist Ihre »Marschroute« – das gnadenlos wirksame Power-to-the-People!-Rezept für Kettlebells. Eine falsche Bewegung, und ich schieße.
Warten Sie’s ab!
Pavel
WIE DIE KETTLEBELL DIE SCHWÄCHE AUS DEM RUSSISCHEN GENPOOL VERBANNTE
»Jeder Mann kann seine Kraft verdoppeln oder verdreifachen, und schwere Kettlebells sind eines der wirksamsten Mittel, um genau das zu erreichen.«
IVAN LEBEDEW, RUSSISCHER SCHWERATHLET GEWICHTHEBEN, 1916
Wäre der Bodybuildingpionier Charles Atlas ein Russe gewesen, hätte er einen anderen Werdegang eingeschlagen …
Sergej Mischin war ein pummeliger, träger und unsportlicher Junge. Mit 17 kam er erstmals mit einer Kettlebell in Berührung. Diese war 24 kg schwer, und Mischin erschrak, als er sie weder mit dem einen noch mit dem anderen Arm hochheben konnte. Doch er ließ sich von seiner körperlichen Unzulänglichkeit nicht beirren, fand ein altes Metallrohr, das er in der Mitte flach hämmerte, damit die Kettlebell nicht verrutschte, und begann sie wie eine Langhantel mit beiden Händen zu stemmen. Das war im Jahr 1975. Zwei Jahre später konnte Mischin mit jedem Arm 30-mal eine 32 kg schwere Kettlebell drücken, die er einen Tag nach dem Fest zum Tag der Eisenbahner in einem Park gefunden hatte.
Während seines Wehrdienstes setzte Mischin sein Kettlebell-Training fort, und als er entlassen wurde, kündigte er einem Freund gegenüber vollmundig an, dass er bei seinem ersten Kettlebell-Wettkampf den Titel »Master of Sports« erlangen würde. Und so war es auch!
Sergej nahm über 45 kg ab, wurde flink und drahtig. Er galt als der beste Kettlebeller der Welt – er konnte zwei 32 kg schwere Kettlebells in zehn Minuten 170-mal stoßen! – und wurde in Russland zur lebenden Legende. Der russische Präsident verlieh Mischin einen Orden »Für Verdienste zum Wohle des Vaterlandes« (zweite Stufe).
Die Titelseite einer Ausgabe der Fitnesszeitschrift Herkules (1915), die im zaristischen Russland erschien.
In Russland sind Kettlebells ein Ausdruck des Nationalstolzes und ein Symbol männlicher Stärke. In der guten alten Zeit wurde jeder Schwerathlet oder Gewichtheber als girevik oder »Kugelhantelmann« bezeichnet. Gestählt durch ihre Kettlebells, wuchsen Generationen russischer Knaben zu echten Männern heran. Bereits hundert Jahre vor Mischin fand ein anderer Junge, Piotr Kryloff, in einer Metzgerei zwei Kettlebells. Es war Liebe auf den ersten Blick. Piotr trennte sich sein Leben lang nicht mehr von ihnen, und als er der Handelsmarine beitrat, nahm er sie kurzerhand mit auf seine Reisen durch die Welt. Schließlich wurde aus dem Kettlebell-Adepten ein Kraftakrobat, der bis zu seinem 60. Lebensjahr als Zirkuskünstler auftrat. In der Öffentlichkeit nannte man ihn den »König der Kettlebells«. Kryloff konnte sich mit einer 32 kg schweren Kugelhantel auf orthodoxe Weise bekreuzigen, sie 88-mal über Kopf drücken und mit dreien auf einmal jonglieren! Piotr setzte seine Kettlebell-Kraft ein, um alle möglichen Meisterleistungen zu vollbringen. Er zerschlug Steine mit der blanken Faust, verbog Münzen, verformte Eisenstücke zu »Krawatten« und »Armreifen«, zerbrach Hufeisen, stemmte eine lange Stange, an deren beiden Enden zwei kräftige Soldaten saßen, und stellte mehrere Weltrekorde im Gewichtheben auf.
»Man kann mit großer Gewissheit sagen, dass das Gewichtheben in Russland hauptsächlich wegen der vielen Anhänger des Kettlebell-Sports Fuß fassen und gedeihen konnte«, meinte Prof. L. Dworkin einmal, selbst ein Weltmeister im Gewichtheben. Es war jedoch der Vater der Kettlebells, Dr. Wladislaw Krajewski, der den Begriff »Schwerathletik« (tyazholaya atletika) prägte, mit dem auch im heutigen Russland das olympische Gewichtheben bezeichnet wird.
Piotr Kryloff, der »König der Kettlebells«, konnte sich mit einer 32 kg schweren Kugelhantel auf russisch-orthodoxe Weise bekreuzigen, sie 88-mal über Kopf drücken und mit drei Kettlebells auf einmal jonglieren!
Die Rote Armee und die Kettlebell sind untrennbar miteinander verbunden. Jede russische Militäreinheit hat einen Trainingsraum, auch als »Mutecke« bekannt, der mit Kettlebells bestückt ist. Während andere Länder Zeit damit verschwenden, ihre Soldaten mit Liegestützen zu schikanieren, muss man beim russischen Militär eine 24 kg schwere Kettlebell reißen, um seine Kraft und Ausdauer zu beweisen. »Körperlich gesehen, waren die Mannschaften der Roten Armee in ausgezeichneter Verfassung«, staunte Generalleutnant Giffard Martel, Leiter einer britischen Militärabordnung, die während des Zweiten Weltkriegs die UdSSR besuchte. »Viele Ausrüstungsgegenstände, die wir mit Infanterie-Begleitfahrzeugen befördern, werden von russischen Fußsoldaten auf dem Rücken mitgeführt. Die Russen scheinen diesen schweren Lasten problemlos gewachsen zu sein. Sie sind außerordentlich hart im Nehmen.«
Dr. Krajewski, der Vater der Kettlebells
Auch Sondereinsatzkräfte – inklusive der Mitglieder der russischen Steuerpolizei, die mit Schusswaffen oft besser umzugehen wissen als mit Bleistiften oder Taschenrechnern – verwenden Kettlebells, um sich in Form zu halten. In den letzten Tagen des Sowjetregimes fanden in den Gefängnissen regelmäßig Revolten und Geiselnahmen statt. Daraufhin wurden jedes Mal Einsatzkräfte des Innenministeriums herbeigerufen, um die Ordnung wiederherzustellen. Sie erfüllten ihre Aufgabe, waren dabei aber nicht zimperlich. 1986 zum Beispiel stürmten sie ein Gefangenenlager und brannten es kurzerhand ab, um einen Aufstand niederzuschlagen.
1991 gründete das Innenministerium Sondereinsatzgruppen für jeden Gefängnisbezirk. Zu ihren Aufgaben zählten: Geiselbefreiung, Niederschlagung von Aufständen, Aufspüren und Verhaften entflohener Straftäter. Seit jenem denkwürdigen Jahr, in dem die UdSSR auseinanderbrach, kamen diese Teams oft zum Einsatz.
Die Sondereinsatzkräfte, die in russischen Gefängnissen ihren Dienst versehen, bestehen aus ehemaligen Mitgliedern militärischer Spezialeinheiten, Fallschirmspringern und Veteranen anderer Elitetruppen. Jeder von ihnen musste neun oder mehr Mitbewerber ausstechen, um aufgenommen zu werden. Das Auswahlverfahren ähnelt dem, das auch bei der Sondereinheit des militärischen Nachrichtendienstes GRU, der Speznas, Verwendung findet. Hier muss der Anwärter folgende Aufgaben bewältigen (am Stück, versteht sich): einen Zehn-Kilometer-Gewaltmarsch in voller Kampfausrüstung, einen Hindernisparcours inklusive Abseilen, gefolgt von einem Zehn-Kilometer-Lauf. Das Sahnehäubchen am Schluss ist eine zwölfminütige Vollkontakt-Sparringeinheit – mit ausgeruhten Gegnern, die sich alle drei Minuten abwechseln. Wer es ins Team geschafft hat, kann sich keineswegs zurücklehnen, sondern misst sich regelmäßig im sportlichen Wettkampf mit seinen Kollegen. Bevorzugte Disziplinen: Nahkampf und Kettlebell-Training – eine Frage der Präzision und des Stolzes.
Manchmal fällt es schwer, die Logik der – russischen wie auch der US-amerikanischen – Regierung nachzuvollziehen, die Gefängnisinsassen zum Krafttraining anhält. Viel schwerer wiegt aber, dass russische Häftlinge zusätzlich auf Kettlebells zurückgreifen können, um sich zu stählen. Sie haben vielleicht schon einmal in einer TV-Reportage über das organisierte Verbrechen in Russland alte Archivaufnahmen gesehen – von drahtigen Insassen, die mit Kettlebells trainieren. Manche russische Gefängnisse veranstalten sogar Kettlebell-Wettbewerbe für ihre Insassen! Überlegen Sie doch nur, was das bedeutet … aber vielleicht schätzt die russische Polizei ja große Herausforderungen.
Im 20. Jahrhundert bestätigten sowjetische Wissenschaftler das, was russische Kraftsportler bereits seit Jahrhunderten wussten: dass sich mit Kettlebell-Training ein rundum durchtrainierter Körper entwickeln lässt.
Woropajew (1983) beobachtete zwei Gruppen von Hochschulstudenten über einen Zeitraum von einigen Jahren hinweg. Um ihre Leistungsfähigkeit zu vergleichen, verwendete er Übungen, die damals auch in den Sportprüfungen der Streitkräfte zum Einsatz kamen: Klimmzug, Standweitsprung, 100-Meter-Sprint und Ein-Kilometer-Lauf. Während die Kontrollgruppe sich an das Fitnessprogramm der Universität hielt, das sich am militärischen Vorbild orientierte und sich auf die Ausübung der oben genannten Aktivitäten konzentrierte, trainierte die Testgruppe ausschließlich mit Kettlebells. Das Ergebnis: Trotz der fehlenden Erfahrung in den getesteten Disziplinen erzielte die Kettlebell-Gruppe in jeder Hinsicht die besseren Resultate!
Winogradow und Lukjanow (1986) entdeckten einen sehr engen Zusammenhang zwischen den Resultaten eines Kettlebell-Wettkampfs und Ergebnissen von Tests, die völlig andere sportliche Leistungen ermittelten: Kraftdreikampf und Greifkraft, die Auskunft über die Kraft geben sollten; Klimmzüge und Dips am Barren, mit denen die Kraftausdauer gemessen wurde; einem Ein-Kilometer-Lauf zur Beurteilung der allgemeinen Kondition; und speziellen Tests der Belastbarkeit und des Gleichgewichtssinn der Teilnehmer. Es zeigte sich, dass die Leistungen der Probanden in etwa ihrem Erfolg im Kettlebell-Wettbewerb entsprachen.
Lopatin (2000) sah außerdem einen positiven Zusammenhang zwischen dem Abschneiden von Militärangehörigen bei internen Kettlebell-Wettkämpfen und ihrer Leistung beim Bewältigen eines Hindernisparcours.
Kettlebells verbessern die Koordination und Beweglichkeit (Luchkin, 1947; Laputin, 1973).
Sie fördern insgesamt die Leistungsfähigkeit in Berufen, in denen es auf diese Eigenschaften ankommt, und verbessern die allgemeine Fitness (Zikow, 1986, Griban, 1990).
Das offizielle Handbuch der sowjetischen Streitkräfte für das Krafttraining, veröffentlicht vom Verteidigungsministerium (Burkow & Nikitijuk, 1985), bezeichnete das Kettlebell-Training als »eine der wirksamsten Methoden zur Kraftentwicklung« sowie als »ein neues Zeitalter in der Entwicklung des menschlichen Kraftpotenzials«.
Die sibirische Wissenschaftlerin Schewtsowa (1993) wies nach, was jeder girevik längst weiß. Sie untersuchte 75 gireviks mit drei bis fünf Jahren Trainingserfahrung und bescheinigte ihnen eine dauerhaft niedrige Herzfrequenz sowie einen entsprechend tiefen Blutdruck. Die Kettlebell-Sportler hatten das, was man in Russland den »Blutdruck eines Kosmonauten« nennt: durchschnittlich 110/70 im Sommer und 114/74 im Winter. Ihr Ruhepuls lag im Mittel bei 56 Schlägen pro Minute. Die Herzfrequenz war nicht nur in Ruhephasen niedrig, sondern auch während und unmittelbar nach dem Training. Auch nahm die Erholungszeit ab, die das Herz benötigte, um nach der sportlichen Betätigung wieder seine normale Pulsfrequenz zu erlangen. Abgesehen davon, hatte sich der Körper erfahrener gireviks dahingehend verändert, dass er schneller reagierte und besser für bevorstehende körperliche Aktivitäten »gewappnet« war.
Nur 8,8 Prozent der besten russischen gireviks, also z.B. Mitglieder der russischen Nationalmannschaft und regionaler Teams, berichteten von Verletzungen, die sie sich im Training oder bei Wettkämpfen zugezogen hatten (Woropajew, 1997). Eine erstaunlich geringe Zahl, vor allem wenn man bedenkt, dass diese Leistungssportler sich und ihrem Körper das Äußerste abverlangen.
gireviks