Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.d-nb.de abrufbar.
Impressum:
© 2013 Bernd Sternal
Herausgeber: Verlag Sternal Media
Lektorat: Dr. Detlef Schünemann
Zeichnungen: Lisa Berg, Michael Zeitzmann, Bernd Sternal, Wolfgang Braun
Gestaltung und Satz: Sternal Media, Gernrode/Harz
www.sternal-media.de
www.harz-urlaub.de
1. Auflage September 2013
ISBN: 978-3-7322-6111-6
Herstellung und Verlag:
Books on Demand GmbH, Norderstedt
Kaiser Friedrich II. war tot und sein Ableben läutete für die Geschichtsforschung den Beginn des Spätmittelalters ein. Mit seinem Tod am 13. Dezember 1250 ging auch die Herrschaftszeit der Staufer ihrem Ende entgegen. Sein Sohn Konrad IV. war zwar bereits im Jahr 1237 zum Mitkönig des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gewählt worden, konnte sich aber gegen die Gegenkönige der Opposition nicht durchsetzen. Mit seinem Tod im Jahr 1254 endete auch die Herrschaftszeit der Staufer endgültig. Bereits mit dem Tod von Friedrich II. begann das sogenannte Interregnum, eine Zwischenzeit ohne Alleinregenten im HRR und ohne Kaiser, die erst 1273 enden sollte.
Dieses Machtvakuum, das im Königtum entstanden war, veranlasste das Volk zur Legendenbildung. Hinzu kam wohl das sich in jener Zeit herausbildende Raubrittertum, das in ganzen Landstrichen Angst und Schrecken verbreitete. Das Volk sehnte sich nach einer Macht- und Identifikationsfigur und zu dieser wurde Kaiser Friedrich II. Es bildete sich die Legende und der Volksglaube, dass Friedrich im Kyffhäuser nur schlafen würde - mit all seinen Getreuen - und zum gegebenen Zeitpunkt aufwachen und zurückkehren würde, um das Reich zu retten. Man geht davon aus, dass diese Legende ihren Ursprung im alten heidnischen Glauben hatte. Demnach sterben große Helden nicht ohne weiteres, sondern sie ziehen in einen auserwählten Berg ein und schlafen dort, bis ein Ereignis von Tragweite, z.B. das Jüngste Gericht, sie erweckt. Dann kehren diese Helden zurück, um ihr Volk anzuführen und zu retten, so die Legende. Diese Art der Sage wird als Bergentrückung bezeichnet und eine der bekanntesten davon ist die Kyffhäusersaga. Über Jahrhunderte war Kaiser Friedrich II. diese Heilsfigur des Volkes, erst im 16. Jahrhundert wurde dieser Glaube auf dessen Großvater Friedrich Barbarossa übertragen. Diese Legende war anscheinend sehr weit verbreitet. Und mit dem Volksglauben ist es wie mit dem christlichen Glauben – heute wie in allen Zeiten – wo geglaubt wird, da gibt es auch Menschen, die diesen Glauben zu ihrem persönlichen Vorteil ausnutzen. So geschehen auch um die Legende von Kaiser Friedrich, die von zahlreichen Hochstaplern benutzt wurde. Besonders bekannt wurde Tile Kolup, dessen Herkunft ungeklärt ist, der aber über etwa ein Jahr recht erfolgreich agierte. Bekannt als Dietrich Holzschuh, trat er zuerst 1284 in Köln auf und behauptete, der zurück gekehrte Kaiser Friedrich zu sein. Dort wurde er ausgelacht, dem Gespött des Volkes preisgegeben, in eine Kloake getaucht und davongejagt. Dann ging er nach Neuss, wo er anscheinend Anerkennung und Rückhalt fand. Gut ein Jahr soll er dort mit gefälschtem Siegel regiert haben, es wurden Urkunden ausgestellt und Große des Reiches und der Kirche empfangen. Doch 1285 musste er vor dem rechtmäßigen König Rudolf von Habsburg nach Wetzlar fliehen, wo er von den Wetzlarern an den König ausgeliefert und als Ketzer verbrannt wurde. Holzschuh sollte nicht der einzige Hochstapler bleiben, der aus dem Kyffhäuser zurückkehrte, um das Reich zu retten und sich die Taschen zu füllen. Der Legende vom Kaiser im Kyffhäuserberg tat das aber keinen Abbruch.
Die Königslosigkeit wurde 1273 durch den Habsburger Grafen Rudolf und späteren Herzog von Kärnten beendet, der sich nach seiner Krönung Rudolf I. nannte. In der Zwischenzeit, seit dem Tod des letzten Stauferkönigs Konrad, gab es zwar einige Könige und Gegenkönige wie: Wilhelm von Holland, Richard von Cornwall und Alfons von Kastilien, die aber alle ohne geschichtliche Bedeutung blieben.
Mit dem Machtantritt der Habsburger verlagerten sich die Reichsschwerpunkte endgültig in den Süden des HRR, das Harzgebiet hatte seine bedeutende Rolle für immer verloren. Der letzte Königsbesuch der Harzregion geht auf den Gegenkönig Wilhelm von Holland zurück, der Goslar 1253 besuchte.
Die Harzregion litt darunter aber nicht wirklich, ganz im Gegenteil, sie begann zu erblühen. In den Jahrhunderten des liudolfingischen, salischen, süpplinburgischen, staufischen und welfischen Königtums musste die einheimische Bevölkerung für den König und seinen umfangreichen Tross, der ständig auf Reisen war und von Pfalz zu Pfalz zog, große Opfer bringen und viele Lasten tragen.
Neben dem Königstross mussten oftmals zusätzlich auch noch königliche Truppen, bis hin zu ganzen Heeren, versorgt werden. Das verlangte der Harzer Bevölkerung viel ab. Die Bauern hatten zu tun Lebensmittel zu produzieren, die auch noch den Anforderungen des Hofes genügen mussten. Fleisch, Geflügel und Fisch hatten die Tische zu füllen, aber auch Getreide, Milch und deren Produkte, Gemüse und Obst, Wein und Bier mussten immer in ausreichenden Mengen zur Verfügung zu stehen. Auch herrschte ein großer Bedarf an vielen edlen Reitpferden sowie an anderen Zugtieren. Bauhandwerker und Scharen von Hilfskräften wurden benötigt um die königlichen und auch kirchlichen Baulichkeiten zu errichten, auszustatten und zu erhalten. Bergleute mussten Erze aus den Bergen holen und sie verhütten, Schmiede mussten Waffen und Gebrauchsgegenstände herstellen und letztendlich wurden unzählige Hilfskräfte für alle erdenklichen Tätigkeiten benötigt. Da war wenig Raum für die Bevölkerung sich selbst zu entwickeln, es reichte wohl so eben um die eigene Familie über die Runden zu bringen. Zwar hatten sich im Hochmittelalter um die Pfalzen, die Burgen und Königsgüter sowie um die kirchlichen Einrichtungen größere Siedlungen und Ortschaften gebildet, die dort ansässige Bevölkerung war aber abhängig vom König sowie von den Adels- und Kirchenherren. Zahlreiche faszinierende Bauwerke wurden in jener Zeit geschaffen, auf die wir noch heute andachtsvoll und mit Hochachtung und Ehrfurcht schauen. Genannt seien beispielsweise: Kaiserpfalz Goslar, Stift Quedlinburg, Dom Halberstadt, Stiftskirche Gernrode, Kloster Drübeck. Architektonische Baudenkmäler von nationalem und internationalem Rang, die mit einfachsten Werkzeugen und Hilfsmitteln von Menschen erbaut wurden, deren Namen uns nicht überliefert sind und die auch keine Wahl hatten. Die Frondienste jener Zeit waren „alternativlos“, denn ohne sie wären diese Kulturdenkmäler nicht entstanden. Die Leiden der Menschen und sicherlich auch die zahllosen Opfer blenden wir heute meist wohlwollend aus!
Nachdem die Harzregion im Spätmittelalter ihren Königsbonus verloren hatte, begann eine recht rasante Entwicklung. Die ehemals abhängigen Ortschaften und Dörfer entwickelten sich schnell und es wurde eigener Wohlstand geschaffen, der wiederum Menschen in diese Zentren lockte. Diese neuen Gebilde wurden zu Machtfaktoren im Reich und sie forderten vom König oder den Landesherren ihre Rechte ein. Es begann sich ein unabhängiges Bürgertum zu entwickeln. Zwar wurden einige Ortschaften, wie zum Beispiel Goslar, bereits im 11. Jahrhundert als civitas bezeichnet, die Vorrechte, die mit dem Stadtrecht verbunden waren, erteilte man aber erst jetzt. Es entstand ein autonomes Selbstverwaltungsrecht außerhalb des Landrechtes, welches aber in den Händen der Landesherren blieb.
Seit dem 9.Jahrhundert hatte sich das Herzogtum Sachsen herausgebildet, das sich in etwa westlich bis zum Rhein, südlich bis zum Ursprung der Weser, östlich bis zu Saale und Elbe und nördlich bis nach Dänemark ausdehnte und somit auch fast das gesamte Harzgebiet einnahm. Nach der Ächtung Heinrichs des Löwen im Jahr 1180, wegen dessen Weigerung, dem Kaiser Friedrich Barbarossa Heeresfolge nach Italien zu leisten, gliederte der Kaiser das alte Stammesherzogtum Sachsen neu. Danach setzte in Sachsen ab etwa 1235 eine Zersplitterung und Territorialbildung ein, die um 1250 etwa folgende Struktur ergab (vom Westharz im Uhrzeigersinn): Herrschaft Bodenburg, Grafschaft Wohldenberg, Grafschaft Wöltingerode, Bistum Halberstadt, Grafschaft Wernigerode, Grafschaft Blankenburg, Erzbistum Magdeburg, Stift Quedlinburg, Stift Gernrode, askanisches Herzogtum Sachsen, Grafschaft Mansfeld, Grafschaft Hohnstein, Grafschaft Clettenberg, Grafschaft Scharzfeld, Grafschaft Lutterberg, Grafschaft Stolberg, Grafschaft Schwarzburg, Reichsstift Walkenried, Fürstentum Grubenhagen, Bistum Hildesheim, Fürstentum Göttingen, Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel, Grafschaft Schladen. Es hatten sich reichsunmittelbare Stände herausgebildet, die keine andere Herrschaft mehr über sich hatten und nur noch direkt dem König/Kaiser unterstanden.
In diesem Buch möchte ich versuchen diese Harzer Stände des Hochmittelalters etwas genauer zu beleuchten.
Erstmals urkundlich erwähnt wurden die Herren von Bodenburg im Jahr 1142 durch eine Nennung seitens des Hildesheimer Bischofs. Dieses Rittergeschlecht, das die Harzregion nur westlich tangierte und seine harznächste Grenze im Hildesheimer Wald hatte, war kein reichsunmittelbarer Stand. Seinen Sitz hatte dieses Rittergeschlecht auf der Bodenburg, die heute zu Bad Salzdetfurth gehört. Die Ritter von Bodenburg waren als Raubritter und Streithähne verschrien und begaben sich im Jahr 1359 in den Dienst der Braunschweiger Herzöge. Ihr Stammsitz, die Bodenburg, wurde im DreißigjährigenKrieg schwer zerstört, erhebliche Teile des späteren Wasserschlosses werden aber derzeit restauriert.
Ursprünglich hießen sie Herren von Wöltingerode und hatten ihre Stammburg Wöltingerode nordöstlich von Goslar. Die Ursprünge dieses Geschlechts, sowie auch die Zeit der Erbauung ihrer Wöltingeröder Burg, liegen bisher im Dunkel der Geschichte. Es wird davon ausgegangen, dass es seit Anfang des 12. Jahrhunderts eine Grafschaft Wöltingerode gegeben hat. In der Zeit Kaiser Friedrichs I. kam es dann zu einer Ausdehnung der Wöltingeröder Territorialmacht vom nördlichen Harzvorland in Richtung Hildesheim. Zwischen dem nordwestlichen Harzrand und der Hildesheimer Börde liegt die historische Landschaft des Ambergaues. Diese Beckenlandschaft war im Mittelalter stark besiedelt und umfasste mindestens 31 Ortschaften. Die Grafen von Wöltingerode bauten sich in jener Zeit um 1150 nahe der Ortschaft Sillium eine Höhenburg auf den nordwestlichen Ausläufern des Hainberges und nannten sich fortan Grafen von Wohldenberg. Es war eine strategische Lage, denn zu Füßen der Burg kreuzten sich im Ambergau die bedeutenden Handelswege nach Frankfurt und Goslar. Diese neue Burg machten die Grafen von Wohldenberg zu ihrer Residenz.
Ihre alte Burg Wöltingerode wandelten sie im Jahr 1174 in ein BenediktinerStift um, womit die Gründung des Klosters Wöltingerode vollzogen war.
Die Wöltingeröder waren zunächst Parteigänger der Welfen, wandten sich dann aber Kaiser Friedrich zu und beteiligten sich 1180 an dessen Kriegszügen im Norden des Reiches gegen Heinrich den Löwen. Dieser revanchierte sich dafür bei den Wohldenbergern mit der Zerstörung ihrer Burg. Wohl als Dank für ihre Unterstützung und als Entschädigung für ihre zerstörte Burg wurde den Grafen von Wohldenberg der Wiederaufbau der symbolträchtigen Harzburg übertragen. Die Grafen Burchard und Hoier von Wohldenberg zogen demonstrativ in Begleitung des Kaisers auf die Harzburg, um den Wiederaufbau zu beginnen. Wie die urkundlichen Quellen aufzeigen, waren diese Vorgänge mit der Übertragung von umfangreichen Reichsgütern und Rechten verbunden. Die Grafen von Wohldenberg nahmen dadurch im Nordharz im 13. Jahrhundert eine gewisse Vormachtstellung ein.
Anscheinend aber hatten die Wohldenberger Grafen keine glückliche Hand in Geldangelegenheiten. Zuerst verpfändeten sie die Harzburg an die Wernigeröder Grafen. Auch ihre Anfang des 13. Jahrhunderts wieder aufgebaute Burg Wohldenberg, die auch erheblich ausgebaut und befestigt worden war, mussten die Wohldenberger wohl aus Geldnot 1275 an den Bischof von Hildesheim verkaufen. Die einstige Macht schmolz dahin und auch bei der Erhaltung ihres Geschlechtes hatten sie keine glückliche Hand. Im Jahr 1383 starb das Geschlecht aus, die Reste ihres Besitzes kamen an das Hochstift Hildesheim.
Zum Ende des 8. Jahrhunderts hatten die Franken fast sämtliche Völker, Stämme und Regionen in Germanien christianisiert. Nur der mächtige Stamm der Sachsen setzte Karl dem Großen erheblichen Widerstand entgegen und hielt an seinem alten Naturglauben fest. Aber nach und nach mussten sich auch die Sachsen dem übermächtigen Franken beugen, zuletzt diejenigen in der Nordharzregion. Nach über 30 Jahren Sachsenkrieg hatte Karl der Große dann auch diese Sachsenbastion christianisiert und in das Frankenreich eingegliedert. Als sichtbares Zeichen seines Sieges gründete er im Jahr 804 in Halberstadt ein Bistum, nachdem er schon zuvor in Seligenstadt (heutiges Osterwieck) ein Missionszentrum eingerichtet hatte. Als ersten Bischof setzte er seinen Vertrauten Hildegrim von Chalons ein, der zugleich Vorsteher der Halberstädter Kirche war. Dessen neue Diözese reichte im Norden bis an die Aller und Ohre, im Osten bis an die Elbe und Saale, im Westen bis an die Oker, im Südwesten bis an das Gebiet der Unstrut, Helme und Wipper und im Süden bis nach Merseburg und Zeitz. Doch bereits 24 Jahre nach der Gründung des Missionszentrums wurde der Bischofssitz nach Halberstadt verlegt. Formell war das Bistum an die Kirchenprovinz Mainz angegliedert.
Warum diese Verlegung des Bischofssitzes von Seligenstadt, das bereits 780 durch Karl den Großen Erwähnung fand, nach Halberstadt stattfand, ist bis heute nicht schlüssig belegt. Halberstadt fand seine Ersterwähnung erst mit der Sitzverlegung 804, da könnten aber zuvor wohl schon Infrastrukturen bestanden haben, die dazu Anlass gaben. Neue Erkenntnisse dazu könnte vielleicht ein alter lateinischer Text aus dem Jahr 1581 geben, der auf der Rückseite eines Kupferstichs im Halberstädter Museum steht, der aber noch nicht fachmännisch übersetzt wurde. Vielleicht ergibt es sich ja, dass ein Leser dieses Buches über die erforderlichen Lateinkenntnisse verfügt.
Die Halberstädter Bischöfe stellten von Anfang an einen bedeutenden Machtfaktor in der Harzregion dar. Nachdem die Königswürde von den Franken an die Liudolfinger übergegangen war, wurde versucht, den Bischofssitz nach Magdeburg zu verlegen, was aber misslang. Otto I. gründete dann 968 das Erzbistum Magdeburg, zu dem fortan die Diözese Halberstadt gehörte, die östliche Teile an Magdeburg abgeben musste. Unter den salischen Königen erlangte das Bistum Halberstadt wieder größere Bedeutung. So stattete Heinrich III. das Bistum mit zahlreichen Grafenrechten aus und nutzte es so als sein Fiskalinstrument. Die Halberstädter Bischöfe nutzten diese Privilegien, um in der Region ein eigenes weltliches Territorium zu errichten, wobei sich dabei besonders die Bischöfe Burchard I. und II. von 1036 - 1088 hervortaten. Im Sachsenkrieg unter Heinrich IV. nahm das Bistum Halberstadt eine bedeutende Rolle als Königsgegner ein. So gelten Otto von Northeim und Bischof Burchard II. von Halberstadt als Oppositionsführer der Sachsen, die den Kaiser 1073 auf der Harzburg belagerten. Auch in der Schlacht von Homburg an der Unstrut im Jahr 1075 war der Halberstädter Bischof erneut einer der Anführer der Sachsen, wurde dort aber gefangen genommen und dem Bischof von Bamberg als Gefangener übergeben. Burchard II. muss ein sehr streitfähiger und Macht besessener Kleriker gewesen sein, denn aus seiner Verbannung nach Ungarn kehrte er schon nach kurzer Zeit zurück und stellte sich wieder in die vorderste Front der Königsgegner. Auch seine offizielle Absetzung veranlasste ihn nicht sein Bistum aufzugeben, er ließ sich nicht verdrängen. 1088 geriet er mit dem Markgrafen Ekbert von Meißen in eine Fehde bei Goslar, wo er verwundet wurde und an den Verletzungen kurze Zeit später verstarb.
Unter den nachfolgenden Bischöfen des 12. Jahrhunderts baute das Bistum seine Territorialgewalten weiter aus und hatte im 13. Jahrhundert 13 Archidiakonate, die dann noch bis zum Jahr 1400 auf 37 anwuchsen. Zur Blütezeit des Bistums umfasste es etwa 100 Stifte, Klöster und Komtureien. Es entwickelte sich ein Beamtenapparat, der neben der Verwaltung und kirchlichen Gerichtsbarkeit auch weltliche Gerichtsbarkeit ausübte. In dem weltlichen Territorium des Bischofs entwickelte sich ein landesfürstliches Beamtentum, das die vorherige Lehnsbeamtenschaft verdrängte. In die Zeit zwischen dem Tod Albrechts I. und der Bestätigung Albrechts II. fallen Streitigkeiten des Stifts Halberstadt mit Anhalt wegen des Fürstentums Aschersleben, und fast gleichzeitig brach eine Fehde aus zwischen dem Stift und den Grafen Albrecht und Bernhard von Regenstein (Reinstein), den Schutzherren der Stadt Quedlinburg. Bischof Albrecht II. eroberte die den Grafen gehörende, nahe bei Quedlinburg gelegene Guntekenburg um Ostern 1325, und infolge dieses Sieges ging die Schutzherrschaft über die Stadt Quedlinburg auf das Stift Halberstadt über.
Der Beginn der Reformation 1521 leitete das Ende des Bistums ein. Um 1540 erkauften sich die Halberstädter Bürger vom Erzbischof von Magdeburg das Recht der Religionsfreiheit. 1648 wurde das Bistum säkularisiert und das Territorium des Fürstentums Halberstadt wurde dem Kurfürstentum Brandenburg zugeschlagen. Das Halberstädter Domkapitel, als eigenständige juristische Person, bestand noch bis 1810.
Die Begriffe Fürstbistum, Fürststift und Hochstift werden oft parallel genutzt. Diese Ausdrücke bezeichnen im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation (HRR) ein Territorium, in dem die staatliche Souveränität von einem Bischof als Landesfürsten ausgeübt wurde. Fürstbistümer bildeten Reichsstände, die Sitz und Stimme auf der Geistlichen Bank des Reichstages des HRR besaßen. In fast allen Bistümern, aber auch in den Erzbistümern, wo sie Fürst-Erzbistümer genannt wurden, hatten sich im Hochmittelalter solche Grundherrschaften herausgebildet – so auch im Bistum Halberstadt. Das Halberstädter Fürstbistum wurde aber in der Regel als Hochstift bezeichnet. Dieses Hochstift erwarb im Jahr 989 Markt, Zoll und Bann des Ortes Halberstadt. Im 11. Jahrhundert erhielt es von Heinrich III. umfangreiche Grafenrechte, darunter im Jahr 1052 die Grafschaft im Harzgau, die zur Grundlage der territorialen Herrschaft wurde. Der Herrschaftsbereich erstreckte sich aber nur in der Umgebung des Bischofssitzes Halberstadt. Am Ende des Spätmittelalters war das Bistum in Personalunion mit dem Erzbistum Magdeburg verbunden und damit auch die Landesherrschaft des Hochstifts an das Erzstift Magdeburg. Das Hochstift umfasste etwa folgende Territorien: Halberstadt, Osterwieck, Oschersleben (Bode), Ermsleben, Aschersleben, Hettstedt sowie Besitz im Südharz und in der Grafschaft Blankenburg.
Von den Ursprüngen des Ortes Wernigerode gibt es nur Sagen, Mythen und Legenden, aber keine schriftlichen Quellen. Das gilt auch für das Geschlecht der Wernigeröder Grafen. Es konnte bis heute nicht geklärt werden, weshalb zu Beginn des 12.Jahrhunderts der aus Haimar bei Hildesheim stammende Graf Adalbert dort in Wernigerode im Jahr 1103 erstmals als solcher und 1121 unvermittelt als Adelbertus comes de Wernigerode genannt wurde. Zusammen mit dieser ersten Nennung eines Wernigeröder Grafen erfolgt auch die erste Nennung des Ortes.
Als ältester Kern Wernigerodes wird heute die Schnakenburg angesehen, die als hochmittelalterlich gilt und eine Wasserburg nahe der Holtemme war. Die Burganlage liegt nahe der Silvestri-Kirche im Südteil der Altstadt, ihre Burgreste wurden 1805 abgerissen. Möglicherweise war diese Burganlage ein Sitz der Grafen von Heymar. Woher diese kamen, darüber gibt Eike von Repgow in seinem Sachsenspiegel Auskunft, indem er sie als geborene Schwaben bezeichnet. Es kann somit davon ausgegangen werden, dass die Salier dieses Adelsgeschlecht aus Schwaben als Ministeriale in der Nordharzregion angesiedelt hatten. Dieser Schluss führt dann zwangsläufig zu der Aussage, dass in den Kriegen der Salier gegen die aufständischen sächsischen Fürsten die Wernigeröder Grafen zu den Königstreuen zu rechnen waren. Das wiederum lässt den Schluss zu, dass die erstmals 1213 genannte Burg Wernigerode zur Zeit der Sachsenkriege noch nicht bestanden haben kann, denn die sächsischen Fürsten hätten sie sonst sicherlich, wie die anderen Königsburgen (z.B. die Harzburg und die Heimburg), zerstört. Durch ihre herausgehobene strategische Position zur Absicherung der Nordharzer Handelsstraßen kann somit davon ausgegangen werden, dass mit dem Bau dieser Burg in der ersten Hälfte des 12.Jahrhunderts begonnen wurde.
Unter den Staufern erlangte dann das Geschlecht der Wernigeröder Grafen, das zuvor unter den Saliern noch dem niederen Adel zu zuordnen war, eine bemerkenswerte Aufwertung. Das Einflussgebiet der ersten Wernigeröder Grafen war noch sehr überschaubar und erreichte nur einen Umkreis von maximal zwölf Kilometer um die Burg. Doch die frühen Wernigeröder Grafen gingen tatkräftig ans Werk und erwarben zunächst die Rechtsnachfolge der Grafen von Goseck als auch die der Herren von Veckenstedt. Es folgte der Erwerb des reichen Allods Bovingerode, das den Machtbereich der Grafen erheblich nach Westen erweiterte und von bedeutender territorialer und wirtschaftlicher Bedeutung war. Dann konnten die Wernigeröder Grafen im Jahr 1269 sogar noch die Harzburg von den Wohldenberger Grafen erwerben.
Als Mitte des 13. Jahrhunderts die Auseinandersetzungen im nördlichen Harzvorland zwischen den Staufern und den streit- und machtsüchtigen Welfenherzögen Albrecht und Heinrich dem Löwen eskalierten, waren die Wernigeröder Grafen bereits zu einem erheblichen Machtfaktor in dieser Region geworden. Es hat aber den Anschein, als ob sich die Wernigeröder Grafen Gebhard und Konrad neutral zu den Welfen und den welfenfeindlichen Parteien verhielten. Trotzdem wurden die Wernigeröder Grafen durch die aggressive Expansionspolitik der Welfen in der Nordharzregion in ihrem Besitzstand bedroht. Zu Beginn des letzten Drittels des 13. Jahrhunderts prägten drei mächtige Fürstentümer den Norden: Braunschweig, Magdeburg und Brandenburg. Graf Konrad II. taktierte und ging mit den Markgrafen von Brandenburg einen Lehnsauftrag ein. Das bedeutete, er übertrug seinen freien Besitz den Brandenburgern, um ihn dann als Lehen zurück zu erhalten. Er hatte auf diese Weise einen mächtigen Verbündeten an seiner Seite und somit Sicherheit, ohne mit den Welfen in direkten Konflikt zu geraten. Dergestalt politisch mit starkem Rückhalt ausgestattet, begannen die Wernigeröder Grafen ihren Rechtsraum zu erweitern. Dabei war Fingerspitzengefühl gefragt, denn im Nordwesten tangierten sie welfisches Gebiet, nordöstlich das Gebiet der Blankenburger/Regensteiner Grafen. Im Spätmittelalter war es gängige Praxis, dass sich die Grafen ein Befestigungsregal, also eine strategische Anzahl von Befestigungsanlagen, anlegten. Dessen bedienten sie sich, um ihren bestehenden Rechtsraum zu schützen und neuerrichtete Außenposten zu konsolidieren. Die Wernigeröder Grafen besaßen, bauten oder erweiterten also Befestigungsanlagen: auf dem Steinberg nahe Goslar, die Vienenburg, die Stapelburg, die Harzburg. So aufgestellt und gerüstet wagten es die Wernigeröder Grafen im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts erstmals nachweislich in die welfischen Sphären vorzustoßen. In der Chronik des Klosters Steterburg, nordöstlich von Lebenstedt, steht für das Jahr 1284 geschrieben, dass sich die Grafen von Wernigerode und Heinrich von Schlanstedt im Krieg mit Herzog Heinrich dem Wunderlichen befanden. Die Welfen waren aber nicht nur bei diesen beiden Adelsgeschlechtern des Harzraums verhasst, auch das Bistum Hildesheim hatte lange Zeit mit deren territorialer Umklammerung zu kämpfen. Nach dem Tod von Welfenherzog Albrecht dem Großen entluden sich diese angesammelten Spannungen in offenen Konflikten. Die Territorialgewalten des Harzraums, und insbesondere die Wernigeröder Grafen, wurden dabei vom neuen Hildesheimer Bischof Siegfried von Querfurt unterstützt. Der Interessenkonflikt zog sich aber bis zum Jahr 1291 hin und endete in der großen Schlacht der vereinigten Territorialgewalten gegen den Welfenherzog.