JANUS
PANNONIUS

EPIGRAMMATA – EPIGRAMME

Lateinisch – Deutsch
Edidit et praefatione et notis illustravit et in
Germanicum vertit

Herausgegeben, mit einem Vorwort und
Anmerkungen versehen und übersetzt von

Josef Faber

2009

Inhaltsverzeichnis

EINLEITUNG

Über die Familie und Herkunft des Janus Pannonius gibt es wenige gesicherte Erkenntnisse. Er wurde am 29. August 1434 als Sohn des Kleinadligen Ioannes de Csezmicei in Slawonien, der Gegend zwischen Donau und Drau, geboren. Über seinen genauen Geburtsort herrscht Unklarheit, die meisten Quellen nennen Kesince im heutigen Kroatien, damals Teil des Königreichs Ungarn. Seine ethnische Herkunft ist unklar. Der Florentiner Buchhändler Vespasiano Bisticci, der Janus persönlich gut kannte, nennt ihn „ein(en) Slawen“ und schreibt über sein Aussehen: „Dieser Giovanni war von sehr schönem Äußeren und bewundernswerter Lebensart“ (Vespasiano da Bisticci, Große Männer und Frauen der Renaissance, München 1995, p. 197)

Der Vater starb früh (1440), als Janus erst sechs Jahre alt war. Die Mutter Barbara versorgte die aus drei Jungen und einem Mädchen bestehende Familie, so gut es mit ihren bescheidenen Mitteln ging. Sie war die Schwester von János Vitéz, einem einflussreichen Würdenträger am königlichen Hof, der seit 1445 Bischof von Várad war und früh das Talent des jungen Janus erkannte und förderte. 1447 begab sich Janus auf Kosten seines Onkels zur Ausbildung nach Italien Im damaligen Zentrum aller Kultur, wo die europäische Avantgarde gerade begann, ein neues revolutionäres Weltbild zu entwickeln, fand der dreizehnjährige Janus in Ferrara im berühmten Humanisten Guarino da Verona einen begnadeten Lehrmeister. Sieben Jahre lang eignete er sich eine umfassende Bildung, vor allem in Latein und Griechisch, an: „… in dieser Schule wurde er deshalb und wegen seiner anderen, geradezu unerhörten Tugenden sehr bewundert – ja, es gab keinen, der nicht darüber staunte, wie er ohne jedes Laster, dafür voller Tugend war. Nicht nur kam niemals ein anderer von jenseits der Berge nach Italien, der ihm geglichen hätte; man sah auch keinen Italiener seines Alters, der ihm gleichgekommen wäre. … Er besaß einen bewundernswerten Verstand. In Prosa und im Abfassen von Versen war er sehr geschickt, letzteres ging ihm mit größter Leichtigkeit von der Hand. … in ganz Italien sprach man über nichts anderes, als über diesen jungen Mann. … es gab auch keinen in Italien, dessen Verstand an den seinen herangereicht hätte.“ (loc.cit.)

Auf Grund seines Genies machte Janus mit seinen poetischen Werken Furore in Italien, er lernte die bedeutendsten Geistesgrößen der Zeit kennen, bzw. trat in brieflichen Kontakt zu ihnen.

Seine bevorzugte Form war die des Epigramms, wie er es bei seinen großen Vorbildern Catull und Martial vorfand. Das Epigramm nutzte er nicht nur für Zeitkritik sondern auch für persönliche Invektiven, die Schilderung aktueller Ereignisse, persönlicher Befindlichkeiten und erotisch-obszöner Begebenheiten. Über seine satirischen Gedichte, beispielsweise gegen die Würdenträger der Kirche und ihre nicht immer würdevolle Lebensweise, lachte ganz Europa.

Ab 1451 besserte sich seine bis dahin oft prekäre finanzielle Lage, als bei einem Besuch bei seinem Onkel dieser ihm die Pfründe als „custos“ (Kanonikus) des Domkapitels von Várad verschaffte. 1454 schloss er seine Ausbildung bei Guarino ab und begann auf Wunsch des Onkels ein Jurastudium in Padua, das er 1458 mit der Promotion zum „doctor iuris canonici“ abschloss.

Noch im gleichen Jahr kehrte er nach Ungarn zurück, wo gerade Matthias Hunyadi zum König gewählt worden war. Einer der wichtigsten Berater und Vertrauten war János Vitéz, der seinen Neffen an den königlichen Hof berief. Dort gewann Janus das Vertrauen und die Gunst des Königs: 1459 wird er Kanzler der Königin und im Alter von 25 Jahren Bischof von Pécs; um 1466 ist er mehrere Jahre sogar Banus (Vizekönig) von Kroatien und Slawonien. Der Onkel wird Kanzler und ab 1465 bis zu seinem Tod Erzbischof von Esztergom und Primas von Ungarn.

Als am 10.12.1463 die geliebte Mutter stirbt, sind noch ein Bruder und die Schwester am Leben. Janus ist selten in Pécs, um sein Bistum kümmert er sich wenig. Die meiste Zeit verbringt er am königlichen Hof in Buda, wo er als Leiter der königlichen Kanzlei in der Innen- und Außenpolitik eine wichtige Rolle spielt. Der König schickt ihn 1465 als Leiter einer prächtigen Gesandtschaft nach Rom zu Papst Paul II. mit der Bitte um Unterstützung im Abwehrkampf gegen die Türken. Allerdings ist die Gesandtschaft wenig erfolgreich. Doch Janus erneuert alte Freundschaften und schließt neue mit den führenden Intellektuellen der Zeit.

Als sich die außenpolitischen Pläne von König Matthias Corvinus ändern, weg von der Verteidigung gegen das ottomanische Reich und hin zur territorialen Ausdehnung im Norden (Böhmen), kommt es zu einer allmählichen Entfremdung von Janus und Vitéz gegenüber dem König, zumal dieser mit Steuererhöhungen seinen zunehmend autokratischer werdenden Regierungsstil zu finanzieren versucht. 1470-1471 erfolgt ein Aufstand gegen den König; Anführer sind Vitéz und sein Neffe. Die Verschwörer bieten dem polnischen Prinzen Kasimir, einem Erzfeind von König Matthias, die Königskrone an. Als der Aufstand niedergeschlagen wird, flieht Janus nach Pécs und von da auf ein Schloss bei Zagreb, das seinem Freund und Mitverschwörer Oswaldus Thuz, dem Bischof von Zagreb, gehört. Dort stirbt er am 27.03.1472, von Tuberkulose geschwächt, an der er schon längere Zeit gelitten hatte. Sein Onkel überlebt ihn nur um wenige Monate und stirbt in Esztergom.

Die Feindschaft des Königs endete mit dem Tod des Verschwörers Janus. Dem Bischof gab er ein prächtiges Begräbnis in Pécs. Dem Dichter erwies er seine Verehrung dadurch, dass er seine literarische Hinterlassenschaft sammeln und in seiner weltberühmten Bibliothek, der Corvina, unterbringen ließ.

ANMERKUNGEN ZUM TEXT

Da eine kritische Gesamtausgabe der Werke von Janus Pannonius noch aussteht, sah ich mich gezwungen, eine Auswahl aus den zur Verfügung stehenden Ausgaben zu treffen. Es stehen im Wesentlichen vier Werke zur Verfügung:

 

Sámuel Teleki, Iani Pannonii Poemata und Iani Pannonii Opusculorum pars altera (Utrecht 1784)

Sándor V. Kovács, Janus Pannonius. Opera Latine et Hungarice (Budapest 1972)

Tibor Kardos (ed.), Janus Pannonius. Carmina Selectiora – Poemes Choisis (Budapest 1973)

Anthony A. Barrett, Janus Pannonius. Epigrammata – The Epigrams (Budapest 1985)

 

Telekis Ausgabe ist so gut wie nicht zu erhalten. Die fast vollständige Ausgabe von Kovács, die den Teleki-Text ohne Veränderung übernimmt, ist ebenfalls sehr schwer, höchstens antiquarisch erhältlich. Daher folgt die vorliegende Ausgabe dem Text von Barrett, der mit 350 Epigrammen eine umfassende Auswahl der wichtigen Gedichte bietet.

Seine Anordnung folgt metrischen Überlegungen: Die Gedichte 1-46 sind polymetrisch, ab c.47 handelt es sich um elegische Distichen (Hexameter + Pentameter). Unter Janus‘ polymetra kommt der Hendecasyllabus (elf Silben pro Vers) am häufigsten vor: c.2,4,5, 7-13, 15-18, 20-27, 29-36, 38,39, 42-46. In einfachen daktylischen Hexametern sind c.3,40,41. In jambischen Trimetern sind c.1,14; jambische Trimeter und Dimeter werden in c.6 benutzt. Choliamben findet man in c.19 und 28 und Asklepiadeen in c.37.

Interpunktion und Orthographie wurden behutsam dem in Deutschland Üblichen angeglichen, offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert. Zum besseren Verständnis der zahlreichen mythologischen und historischen Verweise eines poeta doctus wie Janus wurden Erläuterungen hinzugefügt.

Die Übersetzung versucht nicht eine dichterische Wiedergabe des Originals, sondern ist als Verständnishilfe gedacht. „Dabei steht nicht die Gefälligkeit des deutschen Ausdrucks als Ziel voran, sondern die Genauigkeit der Entsprechung zur Urgestalt“, wie Bernhard Kytzler im Nachwort zu seiner Übersetzung der Oden und Epoden des Horaz schreibt (Horaz, Oden und Epoden, Stuttgart 1978, p. 324f.).

Janus Pannonius – Poet and PoliticianThe Orb and the Pen – Janus Pannonius, Matthias Corvinus, and the Buda Court