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Können Sie sich noch daran erinnern, wie Sie Ihre Muttersprache gelernt haben? Vielleicht wissen Sie aus mehr oder weniger vertrauenswürdigen Berichten Ihrer Eltern oder anderer naher Verwandten, was Ihre ersten Worte waren oder wie Ihre ersten Sprechversuche geklungen haben sollen oder mit welchen Worten und Lauten Sie so Ihre Schwierigkeiten hatten. Aber eine aktive Erinnerung daran, wie es war, als Kind die Muttersprache zu lernen und zu perfektionieren? Was hilfreich war und was nicht? Daran erinnert sich wohl niemand mehr.
Und doch sehen sich die meisten Menschen irgendwann in ihrem Leben einmal damit konfrontiert, einem Kind eine Sprache beizubringen oder zumindest am Prozess des Spracherwerbs beteiligt zu sein. Sei es als Eltern- oder Großelternteil, Tante, Onkel, Tagesmutter oder Ähnliches. Dabei ist es aufgrund des mangelnden Vorwissens natürlich selbstverständlich, dass man sich als verantwortlicher Erwachsener überfordert, ratlos und vielleicht sogar alleingelassen fühlt. Insbesondere, wenn das Kind bestimmte Fehler immer wiederholt, bestimmte Laute nicht richtig aussprechen kann oder einfach im Vergleich zu Gleichaltrigen deutlich weniger spricht beziehungsweise einen deutlich schwächeren Wortschatz aufweist.
Dieser Ratgeber soll Ihnen dabei zur Seite stehen und nicht nur helfen, den Prozess des Spracherwerbs in der Theorie zu verstehen mit dem aktuellen Stand der Wissenschaft dazu, sondern auch praktische Übungen an die Hand geben, um Ihrem Kind dort zu helfen, wo noch Verbesserungsbedarf besteht.
Denn Sprache bedeutet in der heutigen Welt auch Macht. Sie wird nicht nur für soziale Aspekte benötigt. Ein ausgeprägter Wortschatz und ein stilsicherer Sprachgebrauch sind oftmals der Schlüssel zum beruflichen und gesellschaftlichen Erfolg.
Mit diesem Ratgeber werden Sie rundum informiert und auf alle möglichen Stolpersteine vorbereitet.
Sprache hat natürlich in erster Linie einen bedeutenden sozialen Aspekt: Schon in der Krabbelgruppe oder im Kindergarten beginnen Kinder, mit den anderen Kindern zu kommunizieren. Es werden zum Teil lang anhaltende Freundschaften geknüpft und erste soziale Fähigkeiten erlernt. Dies ist ein wichtiger Schritt in der Entwicklung. Je jünger ein Kind ist, desto mehr wird es von dem geprägt, was es erlebt und was ihm widerfährt.
Gerade deshalb ist es wichtig, Kindern den passenden Rahmen zu bieten, um eine dem Alter und der Entwicklung des Kindes entsprechende sprachliche Entwicklung zu ermöglichen.
Zudem hat gerade in der heutigen Gesellschaft die Sprache einen hohen Stellenwert, wenn es um gesellschaftlichen Aufstieg, Ansehen und Karriere geht. Menschen, die sich gut ausdrücken können, einen souveränen Wortschatz haben und deutlich sprechen, erwecken automatisch einen besseren Eindruck als Menschen, die nur wenige und immer wiederkehrende Worte benutzen und undeutlich oder fehlerhaft sprechen.
In Deutschland können zurzeit etwa sechs Millionen Menschen kaum oder gar nicht lesen und schreiben. Diese Menschen leiden sowohl unter den sozialen Aspekten als auch unter dem ihm verwehrt bleibenden gesellschaftlichen Ansehen.
Sprache ist etwas, das sich bei der evolutionsbiologischen Entwicklung des Menschen entwickelt hat. Wir haben heutzutage den Vorteil, dies erkennen zu können und dies für uns und vor allem unsere Kinder zum Vorteil nutzen zu können.
Um zu verstehen, wie Sie Ihrem Kind eine helfende Hand beim Thema Sprache sein können, sollten Sie sich als Erstes mit der Sprachwissenschaft vertraut machen. Die Sprachwissenschaft beschäftigt sich mit dem Sprachwandel, der Sprachentstehung, der Sprachentwicklung und dem Spracherwerb. Hier sollen vor allem Spracherwerb und Sprachentwicklung betrachtet werden, da deren Verständnis eine wichtige Rolle für die Sprachförderung spielen.
Sie können einen Prozess erst unterstützen, wenn Sie im Groben wissen, was passiert. Erst dann kann festgestellt werden, was genau gerade passiert und wie Sie dabei helfen können.
Auf den praktischen Teil (vor allem Spiele zur Sprachförderung) soll dann im Anschluss im nächsten Kapitel eingegangen werden.
Seit Ende des 19. Jahrhunderts hat sich die Spracherwerbsforschung als eigene Wissenschaft etabliert. In diesem Rahmen wurde erstmals die Sprache als eigenständiges System betrachtet. Sprache wurde erstmalig nicht bloß als Ergebnis des Denkens betrachtet, sondern davon losgelöst. Auch neu war, dass auch Dialekte und Kindersprache in den Fokus der Wissenschaft rückten, die vor der Etablierung der Spracherwerbsforschung nicht als vollwertige Sprachen gesehen wurden.
Großen Bekanntheitsgrad erlangten die Tagebuchstudien von Clara und William Stern, die Anfang des 20. Jahrhunderts veröffentlicht wurden. Sie dokumentierten die sprachliche Entwicklung ihrer Kinder, um zu beweisen, dass die Kindersprache keine minderwertige und unvollständige Version der Erwachsenensprache ist, sondern ein in sich geschlossenes Sprachsystem bildet und es trotz verschiedener Entwicklungsphasen mit typischen Eigenregeln und Abweichungen von der Erwachsenensprache eine eigene Kindersprache gibt.
Dieser Ansatz des Dokumentierens der sprachlichen Entwicklung der eigenen Kinder, um bestimmte Theorien zu unterstützen, wurde im Aufkommen der Spracherwerbsforschung von vielen Wissenschaftlern genutzt, sodass es heute viele verschiedene Tagebuchstudien gibt.