Zsuzsa Bánk

Weihnachts
haus

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5. Auflage 2019

© 2018 by edition chrismon in der Evangelischen Verlagsanstalt GmbH · Leipzig

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Covergestaltung: Anja Haß, Leipzig

Coverillustration: Orlando Hoetzel, Berlin

Satz: makena plangrafik, Leipzig

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2018

ISBN 978-3-96038-153-2

www.eva-leipzig.de

Im täglichen Leben versuchen wir, uns dadurch besser verständlich zu machen, dass wir die Sprache anderer übernehmen, und hoffen, so eher begriffen zu werden, doch in der Nacht (…) spricht ein ungebundenes Selbst in einer höchsteigenen Sprache zu uns.

(Connie Palmen, Du sagst es)

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titel

Impressum

Weihnachtshaus

Ich liege auf dem Bett, das ich früher mit Clemens geteilt habe, und denke an die Namen unserer Kinder. Ich denke Elsa und Luis im Wechsel, Luis und Elsa, es ist ein Spiel in meinem Kopf, eine kurze Melodie, die mich leicht stimmt, fast fröhlich, die Namen meiner Kinder machen mich fröhlich. Es ist ein Gedanke, der mich beruhigt, vielleicht weil Clemens damals sagte, nicht mehr als vier Buchstaben sollten ihre Namen haben, lass sie kurz und bündig sein. Elsa und Luis sind uns schnell eingefallen, nach Elsa und Luis haben wir nicht lange suchen müssen. Vier Buchstaben, die sich unkompliziert zusammenfügen und für ein ganzes Leben reichen, vielleicht sogar einen Ton vorgeben, so etwas wie einen Grundton fürs Leben.

Heute ist es still im Garten. Der Winter ist da, der Winter ist gekommen, über Nacht ist er gekommen, wie ein Dieb, ungehört, ungesehen, lautlos, aber mit großer weißer Spur. Der Winter ist da, obwohl im Kalender noch Herbst ist. Sein weißes leichtes Kleid hat er auf den Rasen gelegt, auf die Zweige des Kirschbaums, auf die Holzhütte hinter dem Wacholder, in der die Spuren des Sommers versteckt sind. Seit die Temperatur gefallen ist, seit die Tage kurz geworden sind und am Nachmittag schon enden, sind sie dort versteckt, unsere Dinge des Sommers, eine grün gestrichene Bank, ein kleiner Holztisch, Gießkannen, ein Grill und bunte Lampions, für die wir im Winter keinerlei Verwendung haben. Der Herbst ist früh eingezogen dieses Jahr. Schon im September haben wir die Heizung einschalten müssen, als ein scharfer Wind die gelben Blätter von den Bäumen gefischt und durch die Straßen gejagt hat. Elsa hat im September schon ihre Mütze angezogen.

Jetzt, da die Nächte lang geworden sind, die Tage kurz, hat mich diese Sehnsucht überfallen, nach einem Leben, in dem alles stimmt und seinen Platz hat, wir gefestigt über einen nicht schwankenden Boden gehen. Vierundzwanzig Tage bis Heiligabend. Ich fange an, unruhig zu werden. Pünktlich wie jedes Jahr fange ich damit an. Nicht für andere sichtbar, nicht für die Kinder, nicht für Lilli sichtbar, nur für mich spürbar. Es ist etwas mit meinen Händen, etwas in meinem Hals, in meiner Brust, auf meiner Haut. Eine Unruhe ist in meine Hände gekrochen, es fällt mir schwer, sie stillzuhalten. Etwas hat sich in meinem Hals zusammengezogen, quergestellt, verklemmt. Meine Weihnachtsunruhe ist also da, auch sie über Nacht, auch sie geräuschlos wie ein Dieb. Pünktlich zum ersten Dezember breitet sie sich in mir aus.

Ich hätte mir gewünscht, sie würde noch warten, ich hätte mir gewünscht, sie würde in diesem Jahr einmal ganz aussetzen, mir zuliebe einfach nicht kommen. Aber heute Morgen war sie da, als ich aufgewacht bin, als ich aufstand, den Morgenmantel überzog, Wasser für den Tee aufsetzte und dachte, da bist du also, pünktlich und zuverlässig wie jedes Jahr, meine Weihnachtsunruhe, jetzt bist du also da. Begonnen hat sie heute Morgen, zum Ausbreiten und Wachsen hat sie noch mehr als drei Wochen Zeit. Jeden Tag wird sich diese Unruhe in mir steigern, jeden Tag wird mein Weihnachtsgefühl größer werden. Es schwillt an, Stunde um Stunde, Tag um Tag. Jeden Morgen werde ich merken: Es ist stärker geworden, es ist mehr als gestern, über Nacht ist es wieder ein Stück gewachsen.

Ich schaue aus dem Fenster und sehe im Garten die kahlen Zweige. Es ist kalt geworden, die Anzeige auf dem Thermometer ist über Nacht deutlich unter null gerutscht. Sie hatten Schnee zwar gemeldet, und doch war ich am Morgen überrascht gewesen, als ich den Morgenmantel übergezogen hatte und zum Fenster gegangen war, war ich überrascht gewesen, obwohl es Anfang Dezember nicht selten Schnee gibt bei uns. Als wollte uns die Jahreszeit zeigen, schaut her, ich kann es noch, noch kann ich Schnee zu euch schicken und euch zum Staunen bringen, als müsste sie uns das beweisen. An Weihnachten schneit es dagegen nie mehr. Seit Jahren hat es an Weihnachten keinen Schnee gegeben. An Weihnachten gehen wir bei zwölf Grad in leichten Jacken zur Christmette.

Als Clemens gestorben war, war mir ständig kalt. Ich stand lange unter der heißen Dusche, ohne mich aufzuwärmen, ohne dass mir davon wärmer geworden wäre. Für die Nacht brauchte ich eine Heizdecke. Ich hatte ein Grundfrieren in mir, einen Grundfrost, eine Eisschicht auf meinen Blutgefäßen, immerzu kalte Hände, kalte Füße, ein Grundschlottern, selbst an warmen Tagen. Lilli sagte damals, es wird vorbeigehen, verlass dich auf mich, es wird vorbeigehen. Ich hatte ihr nicht geglaubt, aber sie hat Recht behalten, es ist vorbeigegangen, ich friere nicht mehr. Ich schlafe sogar nachts wieder durch. Seit Frühling ungefähr. Davor sind entweder die Kinder wach geworden und haben mich geweckt, oder ich bin von allein wach geworden, ohne eine Störung von außen. Störungen nur in deinem Kopf, hat Lilli gesagt, Störungen nur aus deinem Kopf.

Die Woche war ich draußen bei unserem Haus, das noch lange kein Haus ist, das noch eine ganze Weile brauchen wird, um ein Haus zu sein, um wie ein Haus auszusehen, uns zu empfangen und aufzunehmen wie ein Haus. Ein Haus mit einer Tür, die verschließbar ist, die ein Schloss und einen passenden Schlüssel hat, mit Fenstern und Fensterbänken davor, auf die man im Winter Christrosen, im Sommer Lavendel stellen könnte. Schon lange warten wir darauf, Lilli und ich. Ich hatte eigentlich aufgehört zu glauben, dass es noch etwas wird mit unserem Haus, dass es mehr als nur ein Gedanke sein könnte, mehr als nur ein Wunsch, als nur ein Bild unserer Träume, dass es uns eines Tages wirklich hereinlassen und beherbergen könnte. Uns, unsere Kinder Luis, Elsa und Claire, unsere Freunde.

Es gab keinen Grund hinauszufahren, aber manchmal ist mir danach, etwas in mir gibt mir dann vor hinauszufahren, ich steige ins Auto und fahre hinaus, lasse den Lärm der Stadt hinter mir, ihr Surren und Treiben. Ich wollte sehen, wie weit sie sind. Ob es Fortschritte macht, unser Haus, ob es sich verändert hat. Ich wollte sehen, wie sich unser Stück Land unter diesem matt schimmernden Winterhimmel ausstreckt. Unter diesen Winterbäumen. Wie sieht es jetzt aus, da sich Weihnachten schon in der Stadt zeigt? Merkt es etwas von Weihnachten, unser Haus? Nein, es hat sich noch immer nicht verändert, viel hat sich nicht getan seit dem letzten Mal. Immerhin sind sie mit der einen Seite des Dachs weitergekommen, die neuen roten Schindeln setzen ein Muster zwischen die alten braunen.

Auf dem Rückweg habe ich vor Amorbach an einem Stand an der Landstraße unseren Adventskranz ausgesucht, dort wo sie im Sommer Erdbeeren verkaufen. Tanne, darin Buchs und Stechpalme eingeflochten. Ich bin spät dran, die Kinder haben sich schon beschwert. Er kostet auf dem Land weniger, sieht frischer und üppiger aus, und ich bilde mir ein, er lebt länger als ein Stadtkranz, obwohl er genauso schon nach drei Tagen seinen Duft verliert und genauso zu trocknen beginnt. Lilli sagt, ich muss ihn nachts hinaustragen, um das zu vermeiden. Klar, als hätte ich nichts anderes zu tun, als den Kranz am Abend abzuschmücken und hinauszustellen, Kerzen zu entfernen, die ich mühsam mit Draht aufgesetzt habe, rote und weiße Bänder zu lösen und die Glaskugeln abzunehmen, damit sich unser Kranz über Nacht von der Heizungsluft erholen kann, damit er zwei, drei Tage länger grün bleibt und nicht schon am zweiten Advent zu bröseln beginnt. Ich habe das Autoradio ausgeschaltet und bin eine Weile durch den Wald zurückgefahren, durch dichten Tannenwald. Früher hat Luis zu allen Tannenwäldern gesagt, Weihnachtsbaumwald. Mama, schau mal, der Weihnachtsbaumwald.

Stille Zeit vor Weihnachten, die gibt es bei uns schon lange nicht mehr. Stille Zeit im Advent – das schließt sich praktisch aus, das ist unser Oxymoron, unsere Contradictio in adiecto, sagt Lilli. Stille und Advent gehen überhaupt nicht zusammen, Stille und Advent sind als Widerspruch in sich angelegt, Stille und Advent fallen weit auseinander, schon beim Aussprechen fallen sie sofort auseinander, ach was, schon beim Denken stechen sie sich aus, sie wollen sich einfach nicht zusammen denken lassen. Nur am Abend ist es manchmal da, das kleine bisschen stille Zeit, wenn ich darauf achte, kann ich es manchmal wenige Augenblicke lang spüren, so ab und an, so jeden dritten, vierten Abend vielleicht. Wenn wir die Cafétür schließen, das schwere Gitter vor dem großen Fenster herablassen, die Kaffeemaschine ausschalten, wenn ihr Grundbrummen aufhört und sie anfängt zu schweigen, während wir den Rest an Torten und Kuchen in die Kühlzelle stellen. Lilli die Musik ausmacht und kein Geräusch mehr kommt, keine Stimmen mehr zu hören sind – das ist meine stille Zeit. Diese zehn, fünfzehn Minuten am Abend sind unsere stille Zeit, Lillis und meine stille Zeit im Advent. Wir sitzen auf dem roten Sofa mit der hohen Lehne, reden nicht, schauen durchs Fenster zur Straße, wo die Straßenbahnen Richtung Zentrum fahren, ziehen die Schuhe aus, legen die Füße hoch.

Wenn sie so ihren Abendtee trinkt, schaue ich Lilli von der Seite an, den Schwung ihrer schmalen Nase, die Strähne über dem Ohr, über der großen goldenen Kreole, die alberne Haarspange mit Weihnachtsmann an der Seite, damit das dicke Haar nicht stört, damit es nicht ins Gesicht fällt, ein Profil, das ich seit Jahren anschaue, seit Jahren kenne. Seit drei Jahren mit einer kleinen Narbe über dem rechten Auge. Vom Treppensturz. Das war Ende November vor drei Jahren. Zur selben Zeit, als ich auf einer Leiter im Caféfenster stand und Weihnachtskugeln aufhängte, dicke rote Bänder zurechtschnitt, Kugeln auffädelte und an einen mit weißer Farbe besprühten Birkenast band, den Lilli dort an zwei Haken befestigt hatte. Wie es dazu gekommen war, wissen wir bis heute nicht. Die Nachbarin hatte Lilli unten am Treppenabsatz gefunden, zwischen Schlüsselbund, Einkaufstaschen und verstreuten Dingen, die aus den Taschen gekullert waren, Äpfel, Käse, Bananen, und sofort den Krankenwagen gerufen. Ein Aussetzer war es gewesen, ein schwarzes Loch, eine winzige Nachlässigkeit in ihrem Blutrauschen, eine klitzekleine Unachtsamkeit ihrer Blutbahnen, die mir damals große Angst gemacht hatte – gigantisch große Angst. Die vielleicht auch Lilli große Angst gemacht hatte.

Damals im Katharinen-Krankenhaus habe ich nicht viel gesagt, ich habe nicht geschimpft, Lilli keine Vorhaltungen gemacht, etwas wie, du musst weniger arbeiten, du musst mehr schlafen, mehr essen, mehr an die frische Luft, hatte ich mir verkniffen, auch wenn ich es ständig dachte, auch wenn ich ständig sagen wollte, Lilli, so geht das nicht mit dir, so geht das auf gar keinen Fall mehr weiter mit dir, du musst weniger arbeiten, du musst viel mehr schlafen und essen, vor allem musst du viel häufiger an die frische Luft, versprich mir, Lilli, dass sich das ändert, dass du darauf achtest, versprich es mir bitte, nicht dir, nein, mir zuliebe, mir und Claire zuliebe, mir und deiner Tochter zuliebe. Aber Derartiges gesagt habe ich nicht, mit keinem Wort, keiner Silbe, ich habe nur Dinge gesagt wie, alles wird gut, Lilli, alles wird wieder gut, versuch, dich ein bisschen auszuruhen, versuch zu schlafen, ich kümmere mich um alles, Claire und ich, wir kümmern uns.

Das war Ende November, als der Himmel über der Stadt noch einmal dunkler geworden war, kurz bevor wir unser Café am Nikolaustag eröffneten, der sechste Dezember war Lillis Wunschtermin gewesen, weil sie fand, das passte, das sei der beste Zeitpunkt, ein Café wie unseres zu eröffnen, im Advent, wenn die ganze Welt sich nach einer Tasse heißem Tee zu einem Stück Nusskuchen sehnt und nach einem Ort, an dem es beides gibt. Am vierten Dezember hatte man Lilli entlassen. Am fünften hatte sie das Fenster weiterdekoriert und rote Schleifen aufgehängt, daran weiße Papiertütchen, alle auf unterschiedlicher Höhe, angeordnet nach einem bestimmten Lilli-System, nach Lillis angeborener und groß gewordener Ästhetik, natürlich umwerfend, wie auch sonst, so umwerfend, dass ich wusste, dass ich sicher sein konnte, jeder würde vor unserem Fenster stehen bleiben und staunen. Am sechsten Dezember haben wir uns früh am Morgen hinter der Theke lange tonlos umarmt, als sei jetzt jedes Wort nur falsch, draußen lag die Stadt noch still und dunkel, mit dem Aufwachen hatte sie gerade erst angefangen. Dann haben wir unsere Schürzen umgebunden, pünktlich um acht Uhr geöffnet und zum ersten Mal die Schiefertafel hinausgestellt. Neueröffnung Café Lilli. Heute: Marzipanstollen.

Claire hatte einen riesigen Strauß weißer Amaryllis auf die Vitrine mit dem Blümchenporzellan gestellt und bis zum Abend an der Kaffeemaschine gestanden, Espresso, doppelten Espresso, Milchkaffee, Kaffee mit Sojamilch, Kaffee mit Likör zubereitet und auf den Tresen gestellt, in ihrer Café Lilli-Schürze, pink mit mokkabraunem Schriftzug, von Claire selbst entworfen. Und ich hatte mich den ganzen Tag gewundert, dass Leute kamen. Ich stand wie ein Kind und wunderte mich, dass sie Platz nahmen auf dem kleinen roten Sofa, auf den Caféhausstühlen, dass sie unseren Kuchen bestellten, unseren Kaffee tranken, unsere Plätzchen aßen, Vanillekipferl, Mandelsplitter, Zimtsterne, die Auslage bewunderten, die getürmten Päckchen in Rot und Silber, die aufgehängten Kugeln aus geblasenem Glas. Für mich war es, als geschehe etwas ganz und gar Unvorhersehbares, mit dem ich nie hätte rechnen können, mit dem niemand hätte rechnen können, mit dem kein Mensch je hätte rechnen können, am wenigsten ich.

Seither ist Lillis Kopf ohne Aussetzer geblieben, Claire und mir hat er keinen Schrecken mehr eingejagt, seit dem Riesenschrecken damals keinen weiteren Schrecken mehr. Schau nicht so, mein Kopf ist ruhig und macht, was ich ihm befehle, das ist mehr, als man verlangen kann – so hat mich Lilli damals an jedem neuen Morgen begrüßt, Advent, Weihnachten, Silvester. Nach Neujahr hatte sie dann das schau nicht so weggelassen, aber noch heute sagt sie, obwohl ich nie frage, du brauchst dich nicht sorgen, mein Kopf ist ruhig und macht, was ich ihm befehle.

Schon im August hat Lilli gesagt, sie will das erste Adventswochenende für uns freihalten, um zusammen Plätzchen zu backen. Ja, wirklich im August, als der Himmel hellblau und nahezu wolkenlos über der Stadt lag, der Sommer plötzlich sehr groß war und über dem heiß gewordenen Straßenpflaster sicher niemand Weihnachten im Kopf hatte, niemand außer Lilli. Lilli plant gern, sie plant lange im Voraus, sie macht gute Pläne, nützliche Pläne, die auch mich einschließen, von denen auch ich etwas habe, die auch meine Zeit in so etwas wie ein Gerüst füllen, die meinen Tagen eine Art Ordnung geben, eine Lilli-Ordnung, die gut für mich ist. Da ihr Leben in den ersten dreißig Jahren eher planlos lief, wie Lilli sagt, soll es die folgenden dreißig Jahre lieber nach Plan verlaufen. Deshalb plant sie auch das Plätzchenbacken bereits im August. Wenn alle an Himbeerbowle, Limettenlimonade oder Vanilleeis denken, ist Lilli gedanklich bereits bei Zimtsternen.

Sie hat neue Rezepte, die sie mit uns ausprobieren will, neben den alten ewig gültigen, stets wiederkehrenden Weihnachtsrezepten: Vanillekipferl, Kokosmakronen, Christstollen. Nicht fürs Café, nicht für unseren Verkauf, nein, nur so für uns. Sonst wird daraus wieder nichts, hat Lilli gesagt, so wie letztes Jahr, als wir im November in den Kalender schauten und vor Weihnachten kein freies Wochenende mehr fanden. Alles war verplant gewesen mit Feiern, Besuchen, mit Schulkonzerten und Klaviervorspielen, Hockeyturnieren und Thekendiensten, bei denen ich Waffeln zu backen und Kaffee auszugießen hatte – unser jährlicher Vorweihnachtsmarathon, in dem Elsa, Luis und ich auf das Fest zujagen, fast ohne Versorgungsstationen.