Impressum
Ein ziemlich anderes Buch
über
Griechische Landschildkröten (Östliche Unterart, Thb)
Erfahrungen mit der naturnahen Haltung,
Wissenswertes und wahre Geschichten
Mein Buch zu meinem 40jährigen Hobby-Jubiläum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Alle in diesem Buch enthaltenen Empfehlungen und Hinweise wurden von der Autorin mit größter Sorgfalt und nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Die Autorin und/oder der Verlag können für Schäden, die infolge der Verwendung aller in Text und Abbildungen enthaltenen oder daraus zu entnehmenden Praxishinweise entstehen, nicht haftbar gemacht werden. Dies gilt besonders für Hinweise bzgl. des Baus von Gehegen aller Art, eingeschlossen die technische Ausstattung. Ziehen Sie ggf. zu jeder baulichen Maßnahme Fachleute hinzu. Beauftragen Sie mit Installation und Wartung stromführender Geräte immer einen Elektriker.
Die Autorin berichtet von ihren eigenen Erfahrungen der Schildkrötenhaltung in ihrem Garten, in ihrer Region. Ihre Beobachtungen sind keine für alle Haltungsverhältnisse maßgebenden Empfehlungen.
Sofern eingetragene Warenzeichen, Handelsnamen und Gebrauchsnamen im Buch genannt sind, gelten die entsprechenden Schutzbestimmungen.
© 2020 Hannelore Müller
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-7519-1188-7
2012 habe ich angefangen, eine Art Tagebuch zu schreiben über das, was so bei meinen Griechischen Landschildkröten passiert, welche Arbeiten anfallen, welche Pflanzen wachsen und über das, was mir gerade einfiel. Dazu habe ich Fotos gemacht und das Ganze auf einer privaten Homepage hochgeladen.
Von verschiedenen Seiten wurde ich dazu ermuntert, ein Buch zu verfassen.
Gute Idee?
Dieses persönliche Buch begleitet mich und Sie durch das Jahr 2018, denn von Februar bis Dezember habe ich es geschrieben.
2019 folgten einige Ergänzungen, die nicht einem bestimmten Jahr zugeordnet sind. Ende des Jahres habe ich das Layout erstellt.
Für mich ist es ein Jubiläumsbuch – nach 40 Jahren Schildkrötenhaltung.
In den vier Jahrzehnten habe ich viel über das Verhalten der Schildkröten erfahren, von ihnen gelernt, ihre Ansprüche mehr und mehr erkannt und berücksichtigt. Ich versuche, ihnen soweit wie möglich gerecht zu werden.
Als unentbehrlich empfinde ich den Austausch mit anderen Schildkrötenhaltern – sowohl im wirklichen Leben wie auch in einem gut moderierten Internetforum. Gelernt habe ich viel durch den Besuch verschiedener Schildkrötenhabitate, in denen ich die Tiere beobachten und ihre Umgebung und das Futterangebot erkunden konnte.
Auch nach 40 Jahren lerne ich immer noch dazu. Die Schildkrötenpflege bleibt interessant.
Ich bin weder Tierarzt noch möchte ich mich „Schildkröten-Experte“ nennen. Wie in vielen anderen Bereichen auch, gibt es nicht nur eine Meinung und in meinem Fall nicht nur die eine mögliche richtige Schildkrötenhaltung.
Ich erzähle von MEINER Schildkrötenhaltung. Das Buch ist kein Fachbuch, sondern mein persönliches „Schildkröten-Jubiläums-Buch“.
Ein herzliches Dankeschön haben sich meine drei Lektoren verdient. Hilfestellung bekam ich von unserer Tochter, die mir vor allem beim Layout im alten WORD 2003! Tipps gegeben hat. Die PDF-Datei konnte unser Sohn über eine professionelle Software erstellen. Ich danke Euch, Petra und Andi! Dagmar Lerch, die mir aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation und ihrer praktischen Erfahrung in der Schildkrötenhaltung sehr hilfreiche Tipps gegeben hat, gebührt mein besonderer Dank.
Und nun viel Freude beim Lesen!
Hannelore Müller
-im April 2020-
Wann fängt denn eigentlich der Schildkrötenfrühling an? Im Frühling will mein Mensch nämlich anfangen, ein Buch über uns, die Schildkröten in diesem Garten, zu schreiben. Er will viel erzählen, denn bei Schildkröten ist fast immer etwas los.
Also, ich bin Hermann, ein altes Schildkrötenmännchen…
Ich fange einfach jetzt im Februar 2018 schon einmal mit dem Erzählen an.
Es liegt ein bisschen Schnee, was hier in der Köln-Bonner Gegend recht selten vorkommt. Ich sehe ihn nicht, denn ich liege in der Erde unter meinem Schutzhaus, wo ich die kalte Jahreszeit verbringe. Mein Mensch hat heute mein Schutzhaus und die Gehege wegen der schönen weißen Schneedecke fotografiert.
Hermanns Haus
So könnt Ihr einen ersten Blick von oben auf die Gehege werfen - bekommt einen allerersten Eindruck.
Ein Teilbereich der Gehege
Ich will ein wenig von mir erzählen: Ich bin eine Griechische Landschildkröte und gehöre der östlichen Unterart an. Vermutlich bin ich in den 1950er Jahren aus Griechenland gekommen, zusammen mit Tausenden von Schildkröten, in Lastwagen, in Kisten übereinander gestapelt. Wir wurden in Griechenland oder den anderen Balkanländern in der Freiheit abgesammelt. Jedenfalls bin ich 1960 in Bayern von netten Menschen gefunden worden. Irgendwer hatte mich wohl zusammen mit zwei anderen Schildkröten auf einem Schulgelände ausgesetzt. Ich durfte über 30 Jahre bei den Findern verbringen, bis ich dann zu meinem jetzigen Menschen kam, bei dem ich auch schon über 20 Jahre lebe.
Hermann - so heißen viele Griechische Landschildkröten, aber warum? Weil der Name in ihrer lateinischen Bezeichnung drin versteckt ist, in Testudo hermanni boettgeri. So wird die östliche Unterart genannt. Bei der westlichen Unterart, die z.B. auf Mallorca vorkommt, ist das mit dem versteckten Hermann noch schlimmer, denn die heißt Testudo hermanni hermanni. In England heißen die Schildkröten beider Unterarten einfach Hermann-Schildkröte (Hermann`s tortoise).
Mein Name ist Hannelore Müller. Ich hatte schon in meiner Kindheit zwei große Landschildkröten, die, wie Hermann geschrieben hat, in Holzkisten übereinander gestapelt aus den Balkanländern nach Deutschland kamen. Sie dienten hier häufig den Kindern als billige Spieltiere.
Zum Glück hatte ich Eltern, die die Tiere nicht als Spielzeug für mich gekauft hatten. Unser Fiffi und unser Peter, so nannten wir unsere beiden Schildkröten, lebten in einer großflächigen Voliere mit Vögeln. Sie hatten fließendes Wasser, Büsche, Unkraut und eine Höhle. Auf der nahen Wiese sammelten wir das Futter.
Im Herbst sorgte mein Vater dafür, dass Fiffi und Peter in den Gewölbekeller gebracht wurden und dort überwinterten. Im Frühjahr holte er sie wieder „an die Sonne, aber erst, wenn der Löwenzahn wächst".
Mein Interesse an den Tieren ließ stark nach, als ich mit 15 Jahren ins Berufsleben eintrat. Die Tiere wurden verschenkt. Das jedoch tat mir sehr leid, und mein Wunsch, später einmal wieder Schildkröten zu haben, war geboren.
Fiffi und Peter 1961
Nun, als ich verheiratet war und wir ein Häuschen mit Garten bewohnten, brachte mein Mann mir 1979 als Überraschung zwei klitzekleine Griechische Landschildkröten aus einem Zoogeschäft mit. Und damit fing alles an.
Einige Jahre habe ich hobbymäßig Schildkröten nachgezüchtet und verkauft oder behalten. Hin und wieder bat man mich, nicht mehr gewollte Schildkröten aufzunehmen oder sie zu vermitteln, was ich erfolgreich gemacht habe. Jetzt vermittle ich nur noch, aus Platzgründen.
2009 war ich zum ersten Mal in Griechenland, um Schildkröten in ihrem natürlichen Lebensraum zu finden und zu beobachten.
In der Nähe des Götterbergs Olymp habe ich an Naturexkursionen teilgenommen.
Ein kleiner Einblick in das Leben zweier wildlebender Schildkröten:
Pinios-Delta Griechenland
Links wächst Efeu, kaum zu erkennen.
An den Ausläufern des Olymp-Gebirges, Griechenland
Zurück in meinen Garten.....
In den Gehegen stehen Frühbeete als Schutzhäuser. Zwei alte sind preiswerte, dünnwandige Frühbeete, zwei neue von 2016 sind Frühbeete mit stabilen Profilen aus korrosionsbeständigem Aluminium und mit 6 mm starken, hagel- und bruchfesten Stegdoppelplatten. Meine Frühbeete sind von Mai bis September die meiste Zeit mit Matten abgedeckt gegen Überhitzung – außer bei länger andauerndem Schlechtwetter -. Deshalb benötigen sie keinen automatischen Fensterheber.
Ich wohne in der Köln-Bonner-Bucht, meine Gehege befinden sich an der Südseite des Hauses. Das ist eine recht günstige klimatische Lage für die Haltung von Griechischen Landschildkröten. Allerdings hatten wir auch schon Winter, in denen es -meist ohne Schnee- kurzfristig oder tatsächlich über längere Zeit Temperaturen von unter minus 15 °C gab.
Meine Tiere überwintern unter dem isolierten Schlafteil in den Frühbeeten. Sie werden im Frühjahr zwischen Mitte März und Mitte April wach.
Ich halte zurzeit 20 Griechische Landschildkröten und liebe mein Hobby schon 39 Jahre lang (+ die Jahre, in denen ich als Kind Schildkröten hatte). Gerne teile ich meine Begeisterung mit anderen, was mich schließlich dazu gebracht hat, dieses Buch zu verfassen. Anfänger mögen beim Lesen eine Ahnung davon bekommen, was aus der Anschaffung von zwei kleinen Schildkröten werden kann. Erfahrene Halter können den Kopf schütteln, sich wundern oder schmunzeln oder das Buch einfach gut oder vielleicht überflüssig finden. Der ein oder andere kann hoffentlich auch noch etwas lernen oder Lust bekommen, sich zu einzelnen Punkten näher zu informieren.
Ich wünsche viel Freude beim Lesen und Fotos gucken!
Etwas unplanmäßig war ich heute bei den Schildkröten beschäftigt. Und das kam so:
In den Wintern 2015/2016 und 2016/2017 sowie auch diesen Winter 2017/2018 hatte ich mir eine Isolierung der Frühbeete gegen dauerhafte Minusgrade erspart. Wie oft war es vorgekommen, dass ich die Frühbeete komplett mit Stroh gefüllt, um die Frühbeete herum dicke Strohschichten platziert, die Frühbeete mit Strohmatten bedeckt, und dann noch eine dicke Plane darüber gelegt und weiträumig abgespannt hatte - und es war gar kein Frost gewesen, der das erfordert hätte?
Aber jetzt sind für die kommende Woche Nachttemperaturen von minus 8 °C angesagt.
So habe ich beschlossen, Stroh aufzufüllen, auch in dem Frühbeetteil, den ich "Sonnenstudio" nenne und in dem bisher gar kein Stroh liegt.
Anfang März hätte ich ohnehin das alte Stroh kontrolliert und ggf. gegen neues ausgetauscht, da es manchmal über den Winter feucht wird.
Wir haben naturbelassenes Stroh beim Bauern gekauft.
Ich fange bei Hermann an. Er hat kein Frühbeet, sondern ein Holzhaus mit Alltop-Deckel. Damit ist er voll zufrieden. Da es aus Holz ist, habe ich es gegen Feuchtigkeit mit einer Plane abgedeckt, nicht als Frostschutz.
Hermanns Haus
Das verpackte Häuschen ist im Winter wahrlich keine Augenweide. Nachdem ich es „ausgepackt“ habe, entferne ich das leicht feuchte Stroh und fülle frisches ein. Von Hermann ist nichts zu sehen. Es hatte mich im Herbst gewundert, dass er sich komplett eingegraben hat. Eigentlich kann ich von ihm immer noch ein wenig Panzer sehen, aber im vergangenen Herbst nicht und auch jetzt nicht.
Rechts ist Hermanns dunkler Schlafteil, in dem er sich vergraben hat.
Und wie sieht es bei den Weibchen aus?
Die beiden Frühbeete der Weibchen
Hier habe ich ebenfalls eine Plastikplane drüber gedeckt. Es sind zwei nebeneinander gestellte Frühbeete. Wenn es stark regnet, läuft – ohne Abdeckplane - zu viel Wasser zwischen die Frühbeete. An der Mauer leitet die Plane das Wasser vom Frühbeet weg. Die Abdeckung soll auch verhindern, dass es durch die Sonneneinstrahlung in den Frühbeeten zu warm wird.
Geöffnete „Sonnenstudios“
Dort fülle ich jetzt das Stroh ein.
Eine Strohschicht von ca. 20 cm reicht, so lange es nicht stark friert.
So sieht das geschlossene Schlafhaus im hinteren Frühbeetteil aus.
Ich öffne den Schlafhausdeckel.
Es ist sehr praktisch, dass ich von beiden Seiten das Frühbeet bequem öffnen kann.
Nachdem ich das feuchte Stroh herausgenommen habe, sehe ich in dem einen Frühbeet Biggi, im anderen Micki und eine Nachzucht (NZ) 2010, Nr. 11, die immer aus der Reihe tanzt und von der Sie noch lesen werden.
Biggi im dunklen Schlafteil
Im Spätherbst, bevor ich das Winterstroh eingefüllt hatte, war keine Schildkröte sichtbar.
In beiden, identischen Frühbeeten fülle ich frisches Stroh ein, schließe die Schlafhäuser und decke die Frühbeete mit der grünen Plane wieder ab. Seit einigen Jahren erst verwende ich Stroh, früher nahm ich Laub, sowohl im Sommer in den Schlafbereichen wie auch im Winter zur Isolierung der Frühbeete. Ich habe vor, wenn das Stroh aufgebraucht ist, wieder Laub zu nehmen, denn Laub schimmelt bei Feuchtigkeit nicht so leicht, meist gar nicht.
Das war jetzt sehr ausführlich, da ich dem Leser alles über meine Schildkrötenhaltung erzählen möchte, und weil die Frühbeetüberwinterung ein Thema ist, das viele Halter interessiert.
Ende Februar war es sonnig, es wehte aber ein eiskalter Wind. In der Nacht zeigte das Thermometer minus 7 °C. Der Wetterbericht sagte für die folgenden Nächte minus 12 °C voraus und auch tagsüber Minustemperaturen. Deshalb hatte ich meine zwei weiteren, kleineren Frühbeete noch besser isoliert, vor allem, um sie vor dem eiskalten Ostwind zu schützen. Sie sind jetzt mit Strohmatten und Plane gut abgeschirmt und sehen so aus:
Eines der kleinen Frühbeete, gut verpackt
Wer schläft/starrt/hiberniert denn in diesem Frühbeet hier? Es sind die Männchen. Julchen ist ein alter Wildfang, hieß schon bei der früheren Halterin so. Außerdem leben hier fünf Nachzuchten (NZ) von 2010 und eine NZ von 2009, genannt „09“. Da es ein bisschen eng wäre, verbringen allerdings zwei der kleinen Männchen den Winter bei den Weibchen.
Es ist immer noch winterlich kalt mit Minustemperaturen.
Das soll laut Wetterbericht auch noch fünf Tage so bleiben. Eigentlich ist es nicht ungewöhnlich für den März, es kommt alle paar Jahre einmal vor. Aber wir Schildkrötenhalter sehnen uns verständlicherweise nach dem Frühling – wegen der Schildkröten natürlich. Die meisten kommen bei mir Ende März/Anfang April zum Vorschein.
Bitte nicht über die Begriffe streiten! Wir wissen alle, was gemeint ist, wenn wir über die Winterzeit im Zusammenhang mit mediterranen Landschildkröten sprechen.
Als Winterschlaf bezeichnet man z.B. die Aktivitäts-Winterpause von Bären. Starr sind unsere Schildkröten nicht, denn sie reagieren z.B., wenn es ihnen zu kalt wird, indem sie sich tiefer eingraben.
Hibernation, ein in vielen Sprachen benutztes lateinisches Wort, bedeutet zwar auch Winterschlaf, führt aber hier im deutschsprachigen Raum nicht zu Diskussionen. Ich benutze daher gerne dieses Wort.
Damit habe ich heute gar nicht gerechnet, obwohl ich die letzten Tage täglich in die Frühbeete geschaut habe, ob ich irgendwo eine Veränderung sehe. Die Planen hatte ich nach der Dauerfrostperiode vor drei Tagen abgenommen, Mausefallen für alle Fälle wieder scharf gemacht. Es liegt noch sehr viel Stroh in den Frühbeeten, weil ich wegen des Frostes ja genügend aufgefüllt hatte.
Heute Mittag nun sehe ich, dass das Stroh im Eingangsbereich zwischen Schlafteil und Sonnenstudio platt gedrückt ist, und ich schaue in den Schlafteil. Dort liegt Biggi. Sie ist fast jedes Jahr die Erste.
Biggi ist zu sehen.
Ich lege für eine Stunde das Thermometer in den Sonnenteil, denn es kommt mir dort sehr warm vor. Tatsächlich sind es 39 °C.
So vermute ich, dass Biggi zunächst im Sonnenteil gelegen hat, bis es ihr zu warm wurde, und sich dann in den Schlafteil zurückgezogen hat, wo es (ich habe dann gemessen) NUR 35 °C warm ist.
Nach einer weiteren Stunde, um 16 Uhr, liegt sie wieder vorne, allerdings etwas im Schatten.
Auf der Erde unter dem Stroh im Schlafteil sind es gerade mal 10 °C. Das Frühbeet bietet also unterschiedliche Temperaturzonen, und die Schildkröte kann wählen, was ihr am angenehmsten ist.
Die Außentemperaturen betragen im Schatten übrigens 4 °C. Letzte Nacht war es minus 4 und für kommende Nacht sind minus 6 °C vorausgesagt.
Biggi ist Mitte November abgetaucht, sie war eine der Letzten.
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Wir sind einen Tag weiter. Ich schaue gegen Mittag in die Frühbeete. Biggi ist noch im Schlafbereich, nass von Kondenswasser. Der Unterschied zwischen der hohen Lufttemperatur und der Temperatur ihres Panzers ist wohl sehr groß und die Luftfeuchtigkeit setzt sich am Panzer ab. Meine Brille beschlägt, als ich Frühbeet- und Schlafhausdeckel öffne.
Nass vom Kondenswasser
Biggis Panzer hat eine Temperatur von 17 °C, die Lufttemperatur im Schlafhaus beträgt 27 °C, im Sonnenstudio 37 °C. Die Panzertemperatur messe ich mit einem Infrarotthermometer, nur rein interessehalber.
Infrarotthermometer
Tonschale mit Wasser
Ich entferne einen Teil des Strohs im Sonnenstudio und stelle eine Tonschale mit Wasser hin.
Bald kommt Biggi vorne in die Sonne - und weiter heraus.
Auf dem Weg zu ihr pflücke ich im Garten einige Blättchen ab und stelle fest, dass ich –ruck-zuck- acht verschiedene Futterpflanzen gefunden habe.
Biggi riecht daran.
Erste Mahlzeit
Nach einer Weile schaue ich nach – und die Blättchen sind weg.
Die folgenden Pflanzen habe ich Biggi angeboten:
Rainkohl
Löwenzahn
Polsterglockenblume
Malve
Zichorie
Spitzwegerich
Gartenschaumkraut
Kriechender Hahnenfuß
Unterschiede Hahnenfuß
Der Kriechende Hahnenfuß wird sehr gerne gefressen, während man den Scharfen Hahnenfuß nicht verfüttern darf, da er giftig ist. Das Foto, auf dem die Unterschiede der Pflanzen gut zu sehen sind, wurde mir freundlicherweise von Gunda Meyer de Rojas überlassen.
Ich zeige nach und nach die Futterpflanzen, so, wie die Natur sie entsprechend der Jahreszeit wachsen lässt oder wie ich sie gerade geerntet habe.
Übrigens haben mich -nach über 20 Jahren Frühbeetüberwinterung- die Tiere vor drei Jahren sehr überrascht. Die ersten kamen nämlich am 11. März bereits aus der Erde. In den Schildkröten-Internetforen schrieben 2015 auch andere Halter, dass ihre Schildkröten viel früher (ca. drei Wochen) als normalerweise aufgetaucht sind. Wir hatten einen sehr warmen Märzanfang 2015.
Die Schildkröten kommen, wie schon erwähnt, meistens in den letzten Märztagen bis Mitte April aus der Erde.
Naturnah können sie bei meiner Überwinterungsmethode selbst entscheiden, wann sie auftauchen.
Biggi
Biggi ist mein größtes Weibchen und hat eine eigene Geschichte.
Sie ist eine Griechische Landschildkröte, Ostrasse, Testudo hermanni boettgeri (Thb), vielleicht 40 Jahre alt.
Biggi, so genannt, da sie sehr groß ist, habe ich 1998 aus einem Tierheim freigekauft. Sie war nur kurze Zeit dort, denn ich habe es durch eine Bekannte sofort erfahren, dass eine große weibliche Schildkröte gefunden worden und nun im Tierheim sei. Obwohl ich sie mit Genehmigung der Artenschutzbehörde übernahm, dauerte es ein Jahr, bis ich die damals noch blauen CITES-Papiere bekam. Biggi wog knapp 2.800 g und war damit dazu auserkoren, mit Hermann im großen Garten zu leben.
Im folgenden Jahr bemerkte ich eines Morgens, dass sie eine blutige Kloakenverletzung hatte. Ich habe sie dem Tierarzt vorgestellt, der sich sehr gut mit Reptilien/Schildkröten auskennt. Er schaute sich die Kloake von innen an und verschrieb mir zweierlei Salben, die ich abwechselnd in der Kloake einreiben sollte. Hermann hatte folglich mit seinem langen Schwanzendnagel den Darm stark beschädigt, ja sogar zerrissen.
Biggi wurde natürlich zunächst ohne Männchen gehalten. Der Darm verheilte, aber zwei Zotteln hingen und hängen immer noch aus der Kloake. Der Tierarzt sah aber keine Notwendigkeit einer Operation, da Biggi problemlos Eier legte und sich auch ansonsten normal verhielt und bis heute verhält.
Nach einem weiteren Jahr verklebte der Tierarzt Hermanns Schwanzendnagel zu einem runden und breiten ruderähnlichen Teil. Somit, das war der Sinn, waren weitere Verletzungen ausgeschlossen. Den Schwanzendnagel zu kürzen oder zu entfernen, verbietet das Tierschutzgesetz, da keine medizinische Notwendigkeit besteht.
Biggi durfte wieder in den großen Garten. Hermann wollte aufreiten, aber sein verbreiterter Schwanz hinderte ihn irgendwie, und er wurde richtig aggressiv. So hatte ich Hermann noch nie gesehen. Er war doch DER Begatter von etlichen Weibchen aus meinem Bekanntenkreis gewesen (Ich hatte noch nichts von Herpes und anderen Krankheiten gehört.). Hermann hatte nie ein Weibchen verletzt. Ich musste Biggi wieder von ihm trennen.
Seitdem lebt Biggi entweder in meiner reinen Weibchengruppe oder, wenn gemischt, dann nur mit semiadulten Männchen (NZ 2010) zusammen, die einen kleineren Schwanz und damit auch einen „harmlosen“ Schwanzendnagel haben.
Schwänze im Vergleich
Nun habe ich mich entschlossen, für Biggi eine neue Bleibe zu suchen, ein Zuhause ohne Männchen, dauerhaft! Sie kann gerne als Einzeltier gehalten werden. Ein großes Gehege oder einen Garten, ein Frühbeet, eine Grube darunter für die Hibernation, wachsendes Futter, Sepiaschalen, mehr braucht Biggi nicht.
Biggi wiegt jetzt ca. 3 kg. Sie hat inzwischen eine gelbe EU-Bescheinigung mit Vermarktungsverbot, da sie aus einem Tierheim kommt. Biggi darf nur verschenkt werden.
Ich bin Jahrgang 1951. Mir liegt sehr viel daran, zu Lebzeiten für Biggi eine Bleibe zu finden. Es ist mir allerdings bisher nicht gelungen, eine reine Weibchengruppe zu finden, in der sie aufgenommen werden könnte. Ebenso kenne ich niemanden, der eine einzelne Schildkröte halten möchte.
Übrigens ist dieses ruderähnliche Teil an Hermanns Schwanz nach vier Jahren abgefallen.
Jeden Tag habe ich in jedes der fünf Frühbeete geschaut, seitdem Biggi wach ist. Heute nun hat sich Maxi -kaum zu erkennen- in den Sonnenteil des Frühbeetes neben Biggi gelegt. Dann werden auch bald die anderen Schildkröten wach werden.
Ich freue mich, wie ich mich jedes Frühjahr auf die Tiere freue und über die Tiere freue, wenn sie wieder da sind.
Neben Biggi die noch erdige Maxi
Auch im nächsten Frühbeet erlebe ich eine freudige Überraschung: Richard ist da!
Gestern habe ich nach ihm getastet und habe seinen eiskalten Panzer links im dunklen Schlafabteil -recht tief für seine Verhältnisse- fühlen können. Bis vor drei Jahren war er immer der Erste, der im Frühjahr auftauchte, meist zwei bis drei Wochen vor den Griechischen Landschildkröten, also noch vor Biggi.
Ja, richtig, Richard ist kein Grieche, er ist eine Maurische Landschildkröte, eine Testudo graeca ibera, vermutlich aus der Türkei. Er ist -wie Hermann- 1960 in Bayern gefunden worden. Bis er zu mir kam, lebte er mit Hermann bei diesen netten Leuten im großen Garten.
Eigentlich dürfte ich über ihn hier gar nicht berichten, weil im Titel des Buches nur die „Griechischen Landschildkröten“ erwähnt sind. Aber ich kann den Guten doch nicht komplett übergehen! Nein. Also werde ich ihn weiterhin erwähnen. Ich setze Ihr Einverständnis voraus.
Richard ist der einzige Nicht-Grieche. Es erwarten Sie also keine weitere Schildkrötenarten.
Es begab sich…
vor mehr als 20 Jahren, als ich Richard noch nicht so lange hatte, dass er Schnupfen bekam, seine Augen nicht richtig offen waren und er keine Lust hatte, sein gemütliches, mit Heu gefülltes Schlafhaus zu verlassen. Der Tierarzt untersuchte, ob die Lungen befallen waren. Das war glücklicherweise nicht der Fall.
Nun, der Schnupfen ging wieder weg, der Schnupfen kam wieder, ging wieder weg usw.
Gibt es eine Heu-Allergie bei Schildkröten? Ich hatte die Schlafhäuser immer mit dem Heu, das wir auch für die Meerschweinchen kauften, gefüllt. Also, Heu raus, Laub rein.
Richard hat nie wieder Schnupfen gehabt. Er verträgt auch das Stroh.
Schauen Sie nur, wie gut Richard aussieht und wie fotogen er ist!
Richard, einige Tage nach dem Aufwachen
Ich bin gerade sehr frustriert. Mit dem Fotoapparat war ich draußen und habe in die Frühbeete geschaut. Ja, es ist Maxi, inzwischen deutlich erkennbar. Sie ist wohl vom Stroh „gebürstet“ worden. Aber Biggi beißt gerade in Maxis Vorderbein - dann in ihren Kopf. Ich fass es nicht. Was soll denn das?
Biggi (rechts) beißt Maxi
Während ich den Fotoapparat weg lege, kriecht Biggi fix unter Maxi und hätte sie umgeworfen, wäre da nicht die Frühbeetwand gewesen. Nein, so geht das nicht! Ich setze Biggi ins Frühbeet nebenan, wo noch keine Schildkröte zu sehen ist. Wenn das so weitergeht, was soll ich machen?
Ich vermute, es ist (nur) ein gewisses Dominanzverhalten, was sie da zeigt. Es wird hoffentlich vorüber gehen. Die beiden Weibchen lagen recht nah beieinander im Frühbeet, obwohl sie nach draußen könnten. Biggi wollte diesen Sonnen-Bereich (1 m x 0,60 m) vermutlich für sich allein beanspruchen.
Ähnlich ist es manchmal zur Eiablagezeit, wie letztes Jahr. Man kann es zwar nicht mit ansehen, aber es geht vorbei und es gibt auch (toi-toi-toi) bisher keine Verletzungen.
Andere Schildkrötenhalter machen die gleichen Beobachtungen und deuten sie auch so wie ich. Sie haben sogar beobachtet, dass solche Attacken auch stattfinden, wenn es um den besten Schlafplatz geht.