Max Frisch
Tagebuch 1946-1949
Suhrkamp
Der erste Teil dieses Tagebuchs
ist im Atlantis Verlag, Zürich,
unter dem Titel »Tagebuch mit Marion«
1947 erstmals erschienen.
suhrkamp eBook 2011
© Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1950
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der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags
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auch einzelner Teile.
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Umschlag: Göllner, Michels, Zegarzewski
eISBN 978-3-518-75000-1
www.suhrkamp.de
Für Constanze
An den Leser
Der verehrte Leser – einmal angenommen, daß es ihn gibt, daß jemand ein Interesse hat, diesen Aufzeichnungen und Skizzen eines jüngeren Zeitgenossen zu folgen, dessen Schreibrecht niemals in seiner Person, nur in seiner Zeitgenossenschaft begründet sein kann, vielleicht auch in seiner besonderen Lage als Verschonter, der außerhalb der nationalen Lager steht – der Leser täte diesem Buch einen großen Gefallen, wenn er, nicht nach Laune und Zufall hin und her blätternd, die zusammensetzende Folge achtete; die einzelnen Steine eines Mosaiks, und als solches ist dieses Buch zumindest gewollt, können sich allein kaum verantworten.
Zürich, Weihnachten 1949
Gestern, unterwegs ins Büro, begegne ich einem Andrang von Leuten, die bereits über den Randstein hinaus stehen, alle mit gestreckten Hälsen; manchmal ein Lachen aus der unsichtbaren Mitte –
Bis ein Gendarm kommt.
Er fragt, was geschehen sei, und da wir es nicht wissen, keilt er sich in den Haufen hinein, nicht barsch, aber von Amtes wegen entschieden. Das gehe nicht, sagt er mehrmals, das gehe nicht! Wahrscheinlich wegen des Verkehrs –
Und dann:
Ein junger Mensch steht da, groß, bleich, eher ärmlich was die Kleidung betrifft, aber kein Bettler, wie es scheint, heiter, unbefangen wie ein Kind; ein offener Koffer liegt neben ihm, und dieser Koffer, wie man nun sieht, ist voller Marionetten. Eine hat er herausgenommen und hält sie eben an den Fäden, so, daß das hölzerne Männlein gerade auf dem Pflaster spazieren kann; unbekümmert um den Gendarm, der einen Augenblick ratlos scheint:
»Was soll das?«
Der junge Mensch, keineswegs verdutzt, zeigt weiter, wie man die einzelnen Gliedmaßen bewegen kann, und einen Atemzug lang, lächelnd und den Daumen im Gürtel, schaut auch der Gendarm zu, der das liebe Gesicht eines Bienenzüchters hat.
»Was soll das?«
Der Mensch, indem er auf die Puppe schaut, lächelnd, da jedermann die Antwort sehen kann:
»Jesus Christus.«
Der Gendarm:
»Das geht nicht … Hier nicht … das geht nicht –.«
Andorra ist ein kleines Land, sogar ein sehr kleines Land, und schon darum ist das Volk, das darin lebt, ein sonderbares Volk, ebenso mißtrauisch wie ehrgeizig, mißtrauisch gegen alles, was aus den eignen Tälern kommt. Ein Andorraner, der Geist hat und daher weiß, wie sehr klein sein Land ist, hat immer die Angst, daß er die Maßstäbe verliere. Eine begreifliche Angst, eine lebenslängliche Angst, eine löbliche Angst, eine tapfere Angst. Zuzeiten ist es sogar die einzige Art und Weise, wie ein Andorraner zeigen kann, daß er Geist hat. Daher das andorranische Wappen: Eine heraldische Burg, drinnen ein gefangenes Schlänglein, das mit giftendem Rachen nach seinem eignen Schwanze schnappt. Ein schmuckes Wappen, ein ehrliches Wappen; deutet auf das Verhältnis zwischen Andorraner und Andorraner, welches ein leidiges ist wie meistens in kleinen Ländern.
Das Mißtrauen –.
Die andorranische Angst, Provinz zu sein, wenn man einen Andorraner ernst nähme; nichts ist provinzieller als diese Angst.
Marion hatte die Puppen geschnitzt, während er krank war. Weil er krank war; die viele Zeit. Er schnitzte sie aus Lindenholz, weil das Lindenholz am wenigsten splittert; es ist nicht hart, nicht eigensinnig, es hat keine Äste, wo das Messer stockt. Das ist die Gefahr, das Stocken bei den Ästen, und dann, plötzlich, springt das Messer davon, und alles ist wieder verdorben, die Nase weg. Lindenholz ist ein williges Holz, ein treues Holz, seine Helle, der Gleichmut seiner Jahrringe; man kann es wirklich loben.
Als er den dritten Nagel in die Wand schlug, um seine Puppe daran aufzuhängen, die dritte, da fragte ihn die Krankenschwester, was er mit diesen Dingern spielen wollte, was für ein Stück …
Das war die Frage.
Sie nahm die Puppe in die Hand:
»Der sieht wie Jesus Christus aus.«
Ja, dachte Marion, aber alle die andern?
Pontius Pilatus –
Judas –
Zuerst spielt Marion für die Armen des Dorfes. Wobei er keineswegs die Frage stellt, warum es Arme gibt und andere; ob darin ein Unrecht liegt oder nicht. Er tut es nicht aus Mitleid. Es genügt ihm, daß er Freude macht; was auch ihm wieder Freude macht. Er tut es ohne Anspruch, ohne Ehrgeiz, ohne Bewußtsein …
Eines Tages entdeckt ihn ein Kurgast.
Ein Herr mit Monokel –
Cesario, das Urteil von Andorra.
Zu erzählen wäre die rührende und auch wieder tröstliche Szene, wie Marion seiner alten Mutter erklären will, was das bedeutet, ein Brief von Cesario. Er liest ihn vor. Eine Einladung von Cesario. Er liest sie noch einmal vor. Und die Mutter zittert, wie sie eben immerfort zittert, die Arme, den lieben langen Tag:
»Wie heißt der Herr?«
O Grenze des Ruhmes!…
Aber es bleibt dabei, auch wenn die Mutter es nicht begreift: Marion fährt in die Stadt, Marion, der alles für bare Münze nimmt, was man ihm sagt. Er steht am offenen Wagenfenster und winkt, lange noch, es flattern seine Haare, es senkt sich der Rauch über die heimatlichen Felder, Wolken von Bernstein, denn es ist ein sonniger Morgen, und Marion fährt in die Stadt: mit Jesus Christus im Koffer.
Im Kaffeehaus, wo Cesario natürlich auf sich warten läßt, zeigt er seine Puppen einer Kellnerin. Andere treten hinzu; es macht ihnen Spaß, und Marion muß zeigen, wie so eine Puppe auf dem Boden geht –
Bis jener Gendarm kommt:
»Das geht nicht.«
Warum nicht?
Cesario ist es peinlich; er nimmt sein Monokel aus dem Auge, reibt es und tut, als könnte er nicht sprechen, wenn er das Monokel nicht hat, und Marion bleibt ohne Antwort auf seine Frage.
Sein Staunen darüber, wie jedermann sich ein wenig anders verhält, wenn andere am Tische sitzen. Man wird nicht klug aus den Leuten, und es ist wie ein Schachtraum, was Marion in den folgenden Wochen erlebt: jedesmal, da er eine Figur ergreifen will, hat sie soeben die Farbe gewechselt –
Marion schreibt in einem Brief:
»Oft möchte ich meinen, sie halten mich alle zum Narren, nichts weiter. Sie schnöden über einen Maler, den ich nicht kenne, sie nennen ihn einen Scharlatan und so weiter, und in der gleichen Woche, wenn ich ins Kaffeehaus gehe, treffe ich sie wieder: sie trinken und rauchen und unterhalten sich mit Geist, mit Ernst und vortrefflich. Was soll unsereiner da reden, damit er nicht immerfort schweigt? Ich schnöde auch über den Maler, den ich nur aus ihren eignen Worten kenne, und frage den Fremden, ob er den Scharlatan auch kenne, und der Fremde ist es selbst, und der Scharlatan bin ich.«
Sein wachsender Drang, nicht länger mitzumachen; er will den Menschen sagen, was er denkt, so offen als möglich, gleichviel, wer am Tische sitzt. Sein Irrtum besteht darin, zu meinen, daß er damit die anderen zwinge, ein gleiches zu tun …
Von einer sehr reichen Andorranerin, als sie starb, sagte die Welt: Sie hatte ein sehr gutes Herz. Nämlich sie hatte, sonst ohne Arbeit und Aufgabe, sehr viel Wohles getan, Geschenke und so weiter …
Marion hat die Dame gekannt.
»Sicher ist«, so denkt er: »sie hatte Anfälle von schlechtem Gewissen. Das aber, wer weiß, schon das wäre ein großes Lob für die Verstorbene; ich habe wenige Reiche getroffen, die es so weit brachten.«
Hat er es gesagt?
Und wem?
Und gleichviel, wer am Tische saß?
Und einmal, als sie bereits die Sessel wieder aufeinander bockten und Marion noch immer zwischen seinen Ellbogen saß, verloren in einer Sintflut des Herzens, erbarmte sich seiner eine Kellnerin.
Schön war es nicht –
Am andern Morgen sieht er sie hangen: Moses, die drei Könige, Christus aus Lindenholz.
Und nur der Judas fehlt noch immer.
Als kenne er ihn nicht.
Gesellschaft bei Cesario.
Jemand spielte eine Sonate, hinreißend, er mußte wiederholen, und als er sich zum letzten Male verbeugt hatte, lächelnd, gab es ein längeres Schweigen; die Damen saßen in langen Kleidern, die Herren in Schwarz. Man war ergriffen. Dann öffnete sich eine Türe, eine Schiebetüre, und man begab sich in ein anderes Zimmer, wo es belegte Brötchen gab, Wein oder Bier, auch Tee für die Damen –
Marion hatte Hunger.
»Ah!« sagte die Trebor und stellte ihre Tasse zurück: »Sie sind also ein Poet?«
Marion wurde rot.
»Sie sind also ein Poet – und im gleichen Augenblick nennen Sie sich einen armen Teufel, das verstehe ich nicht!«
»Nicht alle leben in einem solchen Landhaus –.«
»Sie meinen, weil sie nichts haben? Ich beneide Sie, Marion, wenn das wahr ist. Sie können, was wir nicht können: die Wahrheit denken, sogar die Wahrheit sagen.«
Marion zuckte die Achseln:
»Wer auf solchen Teppichen wohnt«, versetzte er: »kann sich die Armut sehr geistreich vorstellen, kein Zweifel.«
Sie blinzelte durch den Rauch ihrer Zigarette.
»Sehen Sie«, sagte die Trebor: »so viele behaupten, sie hätten nichts, und brüsten sich damit wie Sie, und am Ende haben sie doch immer das eine: Angst um all das, was sie haben möchten, Angst wie der reiche Mann, nur ohne Geld. Und ob das arme Teufel sind! Aber dann ist man auch kein Poet, Marion. Ein Poet, dachte ich immer, darf überhaupt nichts haben – auch keine Angst.«
Sie lächelte, schaute ihn an:
»Wozu brauchen wir ihn sonst?«
Eine Fee mit bestrichenen Brötchen …
Und dann, als es soweit war, lag Marion bereits im Bett, er hatte auch das Licht schon gelöscht: als der Entschluß ihn erreichte, keinerlei Angst mehr zu haben. Er mußte noch einmal aufstehen; er zog seinen Mantel an, es war Mitternacht vorbei, und er schrieb an die Trebor, alles, was er gehört hatte, wenn sie nicht zugegen war –.
Der nächste Abend fand nicht mehr statt.
Alles hat Folgen; Freundschaften gibt es, die jahrelang darauf bestanden haben, daß man sich von dem andern bewundert wähnte, eine Art von Versicherung, die man wiederum mit Bewunderung zahlte: ein offenes Wort, und weg ist sie. Und Marion ist an allem schuld; denn alles, was man in Wahrheit sagt, hat Folgen.
Auch gute vielleicht –
Eine Ehe geht in die Luft, zum Beispiel, mitsamt einem Haus und sieben Zimmern, Küche mit Kühlschrank: dafür eine Liebe, eine andere, die lange schon wartete wie ein Keim unter dem Stein, ein Mögliches, das plötzlich an die Sonne kommt, ein Lebendiges …
Marion hat einen Hund, das ist wichtig, das ist ein Geschöpf, das nicht anders tut, als es ist. Ein kleiner Hund, der im Zickzack über die Straße schnuppert; plötzlich wirbelt er ab, die Gosse entlang … und Marion wartet … Eines Tages wird auch dieser Hund ihn enttäuschen. Noch würde Marion es nicht glauben, wenn man es ihm sagte. Es ist ein Hundchen ohne Rasse, ohne Zucht, ohne Anstand und Adel, vor allem aber ohne jeden Anspruch auf all das, und eben darum hat Marion ihn genommen; ein Köter ohne Stammbaum, ein bräunlicher Knäuel, der immer wieder fast überfahren wird. Wie soll ein solcher Hund ihn enttäuschen können? Aber es liegt nicht am Hund, wenn es dazu kommt; es liegt an Marion, und es wird dazu kommen.
Anfang Februar zeigen sich die ersten Spuren von Irrsinn: die Menschen, die Marion sah, bewegten sich nicht mehr von innen heraus, wie ihn dünkte, sondern ihre Gebärden hingen an Fäden, ihr ganzes Verhalten, und alle bewegten sich nach dem Zufall, wer an diese Fäden rührte; Marion sah eine Welt von Fäden. Er träumte von Fäden …
Das war anfangs Februar.
Es drängte ihn dazu, daß er mit den Fäden spielte. Nämlich er wollte sich überzeugen, daß es doch nicht so war, das mit den Fäden. Er gab einen ganzen Tag dafür, noch einmal suchte er alle auf, die er kannte, Cesario zum Beispiel, der immer, gebildet wie er ist, an Hand von Kenntnissen redet: er redet von mittelalterlichen Puppenspielen –
Marion hört zu.
»Übrigens finden Sie eine verwandte Erscheinung, wenn Sie an die antike Maske denken; schon bei den alten Griechen –.«
Marion nickt. Und Cesario ist voller Wohlwollen wie am ersten Tag, als er den Puppenspieler entdeckte, ja, auch für den Puppenspieler bestellt er noch einmal einen Drink …
Was hat Marion getan?
Er hat genickt: gläubig und immerzu –
Weiter nichts.
»Ein kluger Bursche, ein heller Bursche! Habe ich es nicht auf den ersten Blick gemerkt? Ein begabter Bursche, und so bescheiden dabei, so bescheiden!…«
Und Marion seinerseits denkt:
»Wenn Cesario an mich glaubt, und wie habe ich diesem Manne doch Unrecht getan, indem ich ihn neulich einen eitlen Schwätzer nannte, nein wirklich, wenn Cesario an meine Puppen glaubt, Cesario, der Unbestechliche, er, dessen Urteil, wie jedermann weiß, so streng ist, aber gerecht, aber gerecht –«
Marion war wie benommen.
Er hatte spielen wollen; er hatte sich überzeugen wollen, daß es doch nicht so war, das mit den Fäden –
Aber es war so.
Auch bei ihm selber war es so.
Jetzt, in jedem Spiegel, sah er den Judas –
Am selben Abend erwürgte er den Hund. Man fand ihn später in der Garderobe, den Hund, und sich selber hatte er im Abort erhängt, nebenan, während die Leute auf dem blauen Polster saßen und über den kleinen Moses klatschten, über die drei Könige, über den Christus aus Lindenholz, über Pontius Pilatus.
Cesario, als er im Kaffeehaus davon hörte, zeigte sich betroffen und bereit, an der Bestattung teilzunehmen und allenfalls, wenn es verlangt wurde, einige Worte zu sprechen, obschon er es nicht überzeugend fand, daß Marion sich erhängt hatte; es war bedauerlich, gewiß, es war traurig, aber nicht ein auswegloses Muß, also nicht eine Tragödie im antiken Sinne, sondern nur die Geschichte eines vermeidbaren Irrtums, der darin bestand, daß Marion offenbar meinte, die Wahrheit irgendeines Mannes liege auf seinen Lippen oder in seiner Feder; er hielt es für Lüge, wenn die Menschen bald so, bald anders redeten; eines von beiden, meinte er, müsse eine Lüge sein.
Das verwirrte ihn.
Er erhängte sich aus Verwirrung –.
Ringsum die brandende Stadt, arbeitsam und rege, das Hupen der Wagen, das hohle Dröhnen von den Brücken – und hier diese grünende Insel der Stille, der Muße; es ist die erste am Tage, und ringsum läuten die Glocken, es hängt wie ein Summen über den Straßen und Plätzen, über den Alleen, über den Zinnen mit flatternder Wäsche, über dem See. Es ist Samstag. Es ist elf Uhr, die Stunde, wie ich sie liebe: alles in uns ist noch wach, heiter ohne Überschwang, fast munter wie das rieselnde Baumlicht über den marmornen Tischlein, nüchtern, ohne die Hast einer wachsenden Verzweiflung, ohne die abendlichen Schatten der Melancholie –
Alter zwischen dreißig und vierzig.
Marion und der Engel, der eines Abends neben ihm steht und ihn fragt, was eigentlich er möchte, und Marion, der sich an den Nacken greift:
»Was ich möchte?«
Es ist wirklich ein Engel! –
Marion:
»Wenn ich am abendlichen Ufer sitze, einmal möchte ich wandeln können über das Wasser, über die Tiefe voll perlmutterner Wolken, oder ich möchte, wenn ich auf dem Hügel stehe und meine Pfeife rauche, die Hände in den Hosentaschen, ich möchte die Arme von mir strecken, so wie man im Traume es kann, und niedergleiten über die Hänge, über die abendlichen Wipfel der Tannen, über Gehöfte und Dächer, über Kamine, über die Felder mit den Obstbäumen darin, mit Pflügen und dampfenden Rossen darin, über die Drähte voll tödlichen Stromes, über den Kirchhof hinweg, den geschlossenen – nicht einmal fliegen wie ein Vogel, der aufwärts steigt und sich erhebt, oh, ich bin es zufrieden, wenn du mich gleiten ließest, Engel, nur eine Weile lang: zurück in die Gefangenschaft unsrer Schwere!… Das alles aber, Engel, es soll nicht ein Traum sein. Ganz wirklich soll es sein, das Unglaubliche. Und niemals braucht es wiederzukehren. Und niemand, den ich im Ehrgeiz bedenke, niemand muß es erfahren und glauben. Es sei mir genug, wenn ich allein es weiß: Einmal bin ich über das Wasser gegangen, ganz wirklich. Und niemals brauchte es wiederzukehren!«
In der Straßenbahn treffe ich Kellermüller, zum erstenmal seit Jahren; nachher stehen wir noch fast eine Stunde zusammen, drüben beim Kiosk, und es fällt mir auf, wie oft er betont, daß er älter werde, immer wieder, als hätte man das Gegenteil vermutet. Aber er sei nicht traurig darüber, versichert er, mitnichten; er ist überzeugt, daß er die Dinge, die er bisher bedacht und beschrieben hat, vollkommen anders sehe, und nicht nur das! Er ist überzeugt, daß er sie zum erstenmal wirklich sieht. Darum ist er glücklich oder mindestens gelassen, obschon er alles, was er bisher geschrieben hat, als Mist betrachtet …
»Jedenfalls war es verfrüht.«
»Glauben Sie das im Ernst?«
»Ich meine nicht das handwerkliche Können, nicht das allein; sondern die Art, wie man den Menschen sieht –.«
Einmal wage ich es und sage:
»Gerade Ihre frühen Novellen mag ich besonders.«
Er schneuzt sich nur, und ich habe mehr und mehr das Gefühl, daß er sich Unrecht tut, wenn er die spätere Einsicht, nur weil sie auf alle früheren zurückschauen kann, für die bessere hält, die gerechtere –
Es ist nicht das Alter, was an Kellermüller auffällt, sondern die Anmaßung aller Gegenwart; sie zeigt sich schon darin, daß wir stets, wenn wir eine Sache oder ein Gesicht plötzlich anders erblicken, ohne Zögern sagen:
Ich habe mich getäuscht!
Ich habe …
Vielleicht täusche ich mich jetzt erst, oder sagen wir: heute noch mehr als damals.
Vom Sinn eines Tagebuches:
Wir leben auf einem laufenden Band, und es gibt keine Hoffnung, daß wir uns selber nachholen und einen Augenblick unseres Lebens verbessern können. Wir sind das Damals, auch wenn wir es verwerfen, nicht minder als das Heute –
Die Zeit verwandelt uns nicht.
Sie entfaltet uns nur.
Indem man es nicht verschweigt, sondern aufschreibt, bekennt man sich zu seinem Denken, das bestenfalls für den Augenblick und für den Standort stimmt, da es sich erzeugt. Man rechnet nicht mit der Hoffnung, daß man übermorgen, wenn man das Gegenteil denkt, klüger sei. Man ist, was man ist. Man hält die Feder hin, wie eine Nadel in der Erdbebenwarte, und eigentlich sind nicht wir es, die schreiben; sondern wir werden geschrieben. Schreiben heißt: sich selber lesen. Was selten ein reines Vergnügen ist; man erschrickt auf Schritt und Tritt, man hält sich für einen fröhlichen Gesellen, und wenn man sich zufällig in einer Fensterscheibe sieht, erkennt man, daß man ein Griesgram ist. Und ein Moralist, wenn man sich liest. Es läßt sich nichts machen dagegen. Wir können nur, indem wir den Zickzack unsrer jeweiligen Gedanken bezeugen und sichtbar machen, unser Wesen kennenlernen, seine Wirrnis oder seine heimliche Einheit, sein Unentrinnbares, seine Wahrheit, die wir unmittelbar nicht aussagen können, nicht von einem einzelnen Augenblick aus –.
Die Zeit?
Sie wäre damit nur ein Zaubermittel, das unser Wesen auseinanderzieht und sichtbar macht, indem sie das Leben, das eine Allgegenwart alles Möglichen ist, in ein Nacheinander zerlegt; allein dadurch erscheint es als Verwandlung, und darum drängt es uns immer wieder zur Vermutung, daß die Zeit, das Nacheinander, nicht wesentlich ist, sondern scheinbar, ein Hilfsmittel unsrer Vorstellung, eine Abwicklung, die uns nacheinander zeigt, was eigentlich ein Ineinander ist, ein Zugleich, das wir allerdings als solches nicht wahrnehmen können, so wenig wie die Farben des Lichtes, wenn sein Strahl nicht gebrochen und zerlegt ist.
Unser Bewußtsein als das brechende Prisma, das unser Leben in ein Nacheinander zerlegt, und der Traum als die andere Linse, die es wieder in sein Urganzes sammelt; der Traum und die Dichtung, die ihm in diesem Sinne nachzukommen sucht – Später, wie ich die Zeitung lesen möchte, erinnert mich ein Inserat daran, daß auch der Hellseher, wie mir scheint, in diesem Zusammenhang bemerkenswert wäre –
In Zürich lebte vor Jahren ein bekannter Professor, dessen Vorlesung ich noch besucht habe, ein ehemaliger Untersuchungsrichter, ein nüchterner und beherrschter Mann. Eines Tages war er verschollen. Ein Unglück, ein Verbrechen? Der Scharfsinn der Polizei, die einigermaßen zu seinen Werkzeugen gehörte, versagte vollkommen; sogar der Spürsinn ihrer Hunde. Tage vergingen, Wochen ohne Ergebnis. In einem Kabarett spielte unterdessen ein Hellseher, Abend für Abend, den wir wie jeden, der auftritt, für einen harmlosen Schwindler hielten. Man holte den Mann, führte ihn in das Arbeitszimmer unseres Professors, den er nicht kannte, und fragte ihn, was er über den Bewohner dieses Zimmers aussagen könnte. Der Mann mit der Mähne, so heißt es, setzte sich in Trance, nicht anders als im Kabarett. Als die Polizei ihn wieder fragte, gestand er, daß er nichts Genaues sagen könnte. Ich sehe die Mundwinkel der Polizei! Nur eines sehe er: Wasser, ja, und der Herr, der Bewohner dieses Zimmers, liege nicht allzu tief, kaum einen Meter unter Wasser, und zwar zwischen Schilf. Aber wo? Das konnte er nicht sagen, und damit war unser Seher wieder entlassen, er durfte wieder ins Kabarett. Man suchte die Ufer ab, wo es noch Schilf gibt. Am Obersee fanden sie nichts. Damit nichts unterlassen blieb, suchten sie auch am Greifensee: der Professor, der sich erschossen hatte, lag kaum einen Meter unter Wasser, und zwar zwischen Schilf –.
Und ein andrer Fall:
Auch Strindberg, wie es heißt, hatte die Gabe des Hellsehens. Seine Frau erzählt, wie er ihr einmal in wilder Eifersucht begegnete, Vorwürfe machte, die ihr haltlos schienen; er schilderte ihr genau, wie sie sich von einem fremden Mann hätte begleiten lassen, gestern, er wußte einzelne Straßen, die sie gegangen wären, Hausecken, wo sie stehen blieben, alles konnte er nennen. Nur stimmte alles nicht. Er war von seiner Eifersucht nicht abzubringen; für ihn stimmte es. Es waren wenige Monate vergangen, als die Frau mit Verwunderung feststellte, daß sie wirklich, als ein Herr sie begleitete, eben jenen Weg gegangen waren, den Strindberg schon damals hatte wissen wollen; es stimmte auf die Straßen genau, sogar die Hausecke, wo sie stehen blieben –.
Beide Fälle haben eines gemeinsam:
Der Hellseher sieht ein Bild, aber nicht den Ort oder nicht die Zeit, und wenn er sich darüber äußert, dann irrt er sich leicht, wie Strindberg, der für geschehen hält, was nur als Mögliches ist. Er sieht nicht das Nacheinander, und das scheint mir vor allem bemerkenswert: er sieht nicht Geschichte, sondern Sein, die Allgegenwart des Möglichen, die wir mit unserem Bewußtsein nicht wahrnehmen können, und offenbar müssen auch jene, damit sie aus dem Urganzen heraus sehen können, das Bewußtsein ausschalten, das unser Sein immer in Ort und Zeit zerlegt; sie brauchen die Trance.
Daß in früheren Zeiten, wie man immer wieder behauptet, das Seherhafte in höherem Grade vorkam, vor allem auch öfter, würde insofern nicht überraschen; es waren Zeiten minderen Bewußtseins.
Schön auch der Ausdruck: In dunkler Vorzeit. So beginnen die Sagen, die nicht Geschichte sind, sondern Bilder unseres Seins. Und daß es Vorzeit heißt: es ist überhaupt noch keine Zeit, es ist ein Davor, es gibt noch nicht das helle Bewußtsein, das zerlegt, und darum nennen wir die Vorzeit dunkel. Im Gegensatz zu unsrer eignen Zeit, die wir finster nennen. Wir sind wie die Leute, die ins Helle blicken; für alles, was neben dieser Helle unsres Bewußtseins ist, sind wir blind. So straucheln wir immerfort. Es fehlt uns die Hellsicht. Zur Not, oder eher zum Spaß, finden wir sie noch im Kabarett, wo sie allabendlich die Menschen erregt, obschon keiner daran glauben will, keine Packerin, kein Rechtsanwalt; sie sitzen ihrer eignen Seele wie einem Hokuspokus gegenüber, und wenn sie hinauskommen, kaufen sie das Morgenblatt, lesen das Ergebnis und wundern sich, woher es kommt –.
Eine Stunde droben beim Münster; die Vögel auf den einsamen Bänken, die kühle und vornehme Stille des alten Platzes, dessen Fassaden in einer dünnen Morgensonne stehen; das plötzliche Gefühl von fremder Stadt; der Rhein, wie er in silbernem Bogen hinauszieht, die Brücken, die Schlote im Dunst, die beglückende Ahnung von flandrischem Himmel –
Wie klein unser Land ist.
Unsere Sehnsucht nach Welt, unser Verlangen nach den großen und flachen Horizonten, nach Masten und Molen, nach Gras auf den Dünen, nach spiegelnden Grachten, nach Wolken über dem offenen Meer; unser Verlangen nach Wasser, das uns verbindet mit allen Küsten dieser Erde; unser Heimweh nach der Fremde –
Einmal hat Marion, so wie man einen Schnupfen hat, plötzlich das alberne und hinderliche Gefühl, daß ein gewisser Andorraner ihm feindlich gesinnt sei. Nennen wir ihn Pedro. Dabei weiß Marion selber nicht, woher er dieses Gefühl eigentlich bezieht; er hat nie mit dem Menschen gesprochen. Höchstens könnte es sein, daß Marion sich einmal betroffen fühlte von einem Satz, den jener Pedro irgendwo geschrieben hat, und es ärgerte ihn, daß Pedro sich einbilden möchte, jener Satz hätte ihn zu Recht betroffen. Der Satz hieß ungefähr: Man kann auch eitel sein auf seine Bescheidenheit. Was übrigens nichts Neues ist! Dennoch verspürte Marion fortan einen Zwang, alles zu lesen, was jener Pedro, der obendrein ein emsiger Bursche ist, an Aufsätzen und Büchern in das andorranische Geistesleben warf, und es mag sein, daß unser armer Marion, der ihn von Herzen haßte, in jener Zeit sein treuester Leser war; es entging ihm kaum eine pedronische Zeile. Er las ihn mit der Ausdauer eines Gekränkten, mit der Sorgfalt eines Herzens, das nach Schadenfreude lechzt, mit einer Spannung, die ihn selbst ärgerte. Daß aber Pedro, wenn man auf der Straße an ihm vorüberging, nichts davon wußte, nicht einmal ahnte, wie Marion ihn las und an ihm litt, das machte ihn für Marion nicht liebenswerter. Im Gegenteil! Marion hätte ihm jedesmal eine herunterhauen können, allein schon wegen seiner gelassenen Art, wie er über die Straßen ging, und ein Hündchen hatte er auch noch, einen grünen Mantel mit Pelz, einen Stock. Und wie gesagt: ein Hündchen! Fast jeder Andorraner kannte ihn, und wo immer sein verhaßter Name erwähnt wurde, galt es für Marion, daß er die Würde wahrte, seine eigene, deren wir zu unserer Selbstachtung bedürfen; Marion war der letzte, der über den Namen herfallen durfte, er mußte es den andern überlassen, daß sie Mistfink sagten und anderes, was Marion auf der Zunge brannte. Marion schwieg. Nicht selten ging er sogar weiter; er wehrte sich für Pedro, und obschon man das Hündchen nicht bestreiten konnte, nahm Marion ihn in Schutz, und wäre es auch nur, damit er sich durch Anstand über ihn erhöbe. Der Genuß dieses eigenen Anstandes, der Pedro nicht vor den allgemeinen Vorwürfen retten konnte, der stille Genuß dieses eignen Edelmutes – man kann nicht sagen, daß er Marion mit seinem Widersacher versöhnte, das gerade nicht, aber es war Balsam, den man selber herstellen konnte, soviel man davon brauchte, und Marion brauchte damals sehr viel davon. Er hatte sich nun einmal in diesen Pedro verhaßt, und wie er später sehen konnte, hatte ihm dieser Haß fast alle Gedanken jener Zeit verhunzt; es kam eine Schärfe in alles, was er dachte und sagte, ein Drang nach Besserwissen, eine Bosheit, die unsere Worte immer spitzer, aber nicht überzeugender macht, ganz abgesehen davon, daß man zu gewissen Gedanken und Überzeugungen nur gelangt, weil man seinen Gegner, Pedro mit Namen, auf einem anderen Standpunkt wähnt. Es liegt in der Natur aller Polemik, daß Marion ihm stets, wenn er im stillen mit ihm haderte, den dümmeren Standpunkt überließ, jenen, den anzugreifen sein eigener Geist gerade noch genügte … An Siegen fehlte es Marion also nicht. Das Gespenst aber, denn um ein solches handelte es sich mehr und mehr, wurde er dennoch nicht los, obschon er immerfort recht behielt; es änderte nichts an dem Übel, es befreite Marion nicht von dem Zwang, weiterhin recht haben zu müssen, und das Übel, das wie ein Schnupfen begonnen hatte, wurde unabsehbar; es wurde fieberhaft. Marion gewahrte zum Beispiel, daß er bereits in gewissen Gesellschaften saß, nur weil er annehmen durfte, daß Pedro eine solche Gesellschaft nie anerkennen würde, und das bedeutete ja mit Sicherheit, daß die Gesellschaft, wenn sie darum wüßte, auch Pedro niemals anerkennen würde. Es war so eine Gesellschaft, wie es sie überall gibt; man traf sich jeden Monat zu einem Nachtessen, einem sehr andorranischen Nachtessen, nicht billig, aber vortrefflich, Marion war Gast, und das eigentlich Verbindende bestand offenbar darin, daß alle, die um den gedeckten und gesegneten Tisch saßen, sich gegenseitig schätzten. Man kannte sich zwar nicht allzu genau, Marion mußte mehr als einmal sagen, daß er nicht Rechtsanwalt, sondern Puppenspieler sei; immerhin wußte jedermann, welche Ehre es bedeutete, dieser Gesellschaft anzugehören, und man rechnete sich einfach, wenn auch in den schlichten Statuten nichts davon stand, gegenseitig zur geistigen Blüte von Andorra. Es gab sehr lustige Abende; denn es fehlte nicht an Wein, an Kirsch und Zigarren. Ob man es nun glauben will oder nicht, eines Abends, als Marion wieder seine Tischkarte suchte, linkisch wie er war, auch neugierig, zwischen welche Namen von welcher Bedeutung man ihn setzte, eines Abends also gewahrte er, daß er die Ehre hatte, linkerhand neben seinem Gespenst zu sitzen …
Marion stellte sich vor.
Pedro, der sich zum Überfluß ebenfalls vorstellte, war vollkommen unbefangen, und es lag ihm offensichtlich nicht daran, den erbitterten Streit fortzusetzen; er tat sogar, als wüßte er überhaupt nichts davon, redete über die andorranischen Wahlen, zerbröckelte Brot, betrachtete den alten Leuchter. Es behagte ihm in dieser Gesellschaft so wenig wie Marion; er sagte es rundheraus, nicht grob, nicht böse, aber deutlich, lächelnd, und Marion gab es sich selber zum erstenmal zu, wenigstens sich selber, daß er ebenso dachte wie Pedro. Überhaupt unterhielten sie sich vortrefflich. Pedro hatte zwar auch an diesem Abend sein verhaßtes Spitzbärtchen; aber er meinte es damit nicht böse, wenn man es aus der Nähe sah, nicht anmaßend. Auf dem Heimweg gingen sie sogar ein Stücklein zusammen, Marion und Pedro, der die drollige Geschichte von seinem Hündchen erzählte, das ihm in Paris einfach nachzulaufen begonnen hatte; er fand es unmöglich, daß ein Mann mit einem Hündchen durch die Straßen geht, konnte es dem fremden Hündchen aber nicht begreiflich machen, warum die Andorraner sich darüber erbitterten, und anderseits hatte er auch nicht die Nerven, das heimatlose Hündchen einfach umzubringen, nur weil es den andorranischen Geschmack nicht wittert. Sie standen unter einer späten Laterne; das Hündchen schnupperte in den Rinnsteinen, und Pedro erzählte noch andere Schnurren, die Marion weniger angingen; dennoch hörte er zu, dankbar, daß Pedro ihn endlich von dem albernen Gespenst befreit hatte –
Wer hätte es vermocht außer ihm?
Seither konnte Marion wieder lesen, ohne daß er an Pedro dachte, und er hatte es nicht mehr nötig, daß er in der Gesellschaft der Geistigen Blüte saß; neun Monate hatte das Gespenst ihn gekostet.
München muß herrlich gewesen sein. Man spürt es noch; die grünen Inseln überall, Alleen und Parke, man denkt an goldene Herbste darin, heiter und leicht, an Dämmerungen nach einem sommerlichen Gewitter, wenn es nach Erde riecht und nassen Blättern. Ein großer Zug ist überall in dieser Stadt, eine Lebensfreude, die aus dem Süden heraufklingt; eine fast italienische Helle muß ihre Architektur umspielt haben –
Sonderbar anzusehen:
Ein Eroberer zu Pferd, der immer noch in die Leere eines vergangenen Raumes reitet, stolz und aufrecht auf einem Sockel von Elend, umgeben von Stätten des Brandes, Fassaden, deren Fenster leer sind und schwarz wie die Augenlöcher eines Totenkopfes; auch er begreift noch nicht. Aus einem Tor, das unter grünenden Bäumen steht, kommt eine erstarrte Kaskade von Schutt; es ist ein Tor von bezauberndem Barock, anzusehen wie ein offener Mund, der erbricht, der mitten aus dem blauen Himmel heraus erbricht, das Innere eines Palastes erbricht – und die bröckelnden Schwingen eines Engels darüber, einsam wie alles Schöne, fratzenhaft; das Schweigen ringsum, das Erstorbene, wenn es von der hellichten Sonne beschienen wird, das Endgültige. »Death is so permanent.«
Neger mit einem Mädchen, sie liegen an der Isar; der Neger döst gelassen vor sich hin, pflanzenhaft, während die kleine Blonde sich über ihn beugt, trunken, als wären vier Wände um sie –
Auch die Liebfrauenkirche ist ein offener Raum mit schwirrenden Vögeln darin. Wie ein Gast steht ein einzelner Pfeiler in der Mitte, wie ein Heimkehrer, der sich umschaut; irgendwo sieht man Ansätze eines Gewölbes, Fetzen einer Malerei, die an die Sonne kommt. Das Dach ist ein schwarzes Gerippe. Und auch hier sieht man wieder auf der andern Seite hinaus: Kamine sind stehengeblieben, eine Badwanne ganz in der Höhe, eine Wand mit verblaßten Tapeten, dazu die schwarzen Ornamente von Brand, die Zungen von Ruß, die Fenster voll Ferne und ziehendem Gewölk, voll Frühling. Oft blickt man von einer Straße in die andere hinüber, wenn auch durch ein Netz von rotem Rost; Reste einer niederhängenden Decke. Es ist eine Durchsicht, der kaum ein Haus widersteht; nur wenn man eine Straße hinunterschaut, gibt es nochmals den Anschein, wie es war, und man meint, nun habe man eine erhaltene Straße gefunden. Aber auch hier, wenn ich weitergehe, klafft es wieder nach beiden Seiten, und fast überall bleibt es das gleiche Bild, eine Stadt, aber geräumig und schütter wie ein Herbstwald. Wäre es ein Erdbeben gewesen, ein Werk der blinden Natur, man könnte es ebenso wenig begreifen; aber man könnte es hinnehmen ohne Begreifen –
Odeonsplatz:
Ein Krüppel bietet die ersten Spielsachen feil, Affen aus Stoff, die man über die menschliche Hand stülpen kann …
Morgen ist Ostern.
Es ist bemerkenswert, daß wir gerade von dem Menschen, den wir lieben, am mindesten aussagen können, wie er sei. Wir lieben ihn einfach. Eben darin besteht ja die Liebe, das Wunderbare an der Liebe, daß sie uns in der Schwebe des Lebendigen hält, in der Bereitschaft, einem Menschen zu folgen in allen seinen möglichen Entfaltungen. Wir wissen, daß jeder Mensch, wenn man ihn liebt, sich wie verwandelt fühlt, wie entfaltet, und daß auch dem Liebenden sich alles entfaltet, das Nächste, das lange Bekannte. Vieles sieht er wie zum ersten Male. Die Liebe befreit es aus jeglichem Bildnis. Das ist das Erregende, das Abenteuerliche, das eigentlich Spannende, daß wir mit den Menschen, die wir lieben, nicht fertigwerden: weil wir sie lieben; solang wir sie lieben. Man höre bloß die Dichter, wenn sie lieben; sie tappen nach Vergleichen, als wären sie betrunken, sie greifen nach allen Dingen im All, nach Blumen und Tieren, nach Wolken, nach Sternen und Meeren. Warum? So wie das All, wie Gottes unerschöpfliche Geräumigkeit, schrankenlos, alles Möglichen voll, aller Geheimnisse voll, unfaßbar ist der Mensch, den man liebt –
Nur die Liebe erträgt ihn so.
Warum reisen wir?
Auch dies, damit wir Menschen begegnen, die nicht meinen, daß sie uns kennen ein für allemal; damit wir noch einmal erfahren, was uns in diesem Leben möglich sei –
Es ist ohnehin schon wenig genug.
Unsere Meinung, daß wir das andere kennen, ist das Ende der Liebe, jedesmal, aber Ursache und Wirkung liegen vielleicht anders, als wir anzunehmen versucht sind – nicht weil wir das andere kennen, geht unsere Liebe zu Ende, sondern umgekehrt: weil unsere Liebe zu Ende geht, weil ihre Kraft sich erschöpft hat, darum ist der Mensch fertig für uns. Er muß es sein. Wir können nicht mehr! Wir künden ihm die Bereitschaft, auf weitere Verwandlungen einzugehen. Wir verweigern ihm den Anspruch alles Lebendigen, das unfaßbar bleibt, und zugleich sind wir verwundert und enttäuscht, daß unser Verhältnis nicht mehr lebendig sei.
»Du bist nicht«, sagt der Enttäuschte oder die Enttäuschte: »wofür ich dich gehalten habe.«
Und wofür hat man sich denn gehalten?
Für ein Geheimnis, das der Mensch ja immerhin ist, ein erregendes Rätsel, das auszuhalten wir müde geworden sind. Man macht sich ein Bildnis. Das ist das Lieblose, der Verrat.
Man hat darauf hingewiesen, das Wunder jeder Prophetie erkläre sich teilweise schon daraus, daß das Künftige, wie es in den Worten eines Propheten erahnt scheint und als Bildnis entworfen wird, am Ende durch eben dieses Bildnis verursacht, vorbereitet, ermöglicht oder mindestens befördert worden ist –
Unfug der Kartenleserei.
Urteile über unsere Handschrift.
Orakel bei den alten Griechen.
Wenn wir es so sehen, entkleiden wir die Prophetie wirklich ihres Wunders? Es bleibt noch immer das Wunder des Wortes, das Geschichte macht: –
»Im Anfang war das Wort.«
Kassandra, die Ahnungsvolle, die scheinbar Warnende und nutzlos Warnende, ist sie immer ganz unschuldig an dem Unheil, das sie vorausklagt?
Dessen Bildnis sie entwirft.
Irgendeine fixe Meinung unsrer Freunde, unsrer Eltern, unsrer Erzieher, auch sie lastet auf manchem wie ein altes Orakel. Ein halbes Leben steht unter der heimlichen Frage: Erfüllt es sich oder erfüllt es sich nicht. Mindestens die Frage ist uns auf die Stirne gebrannt, und man wird ein Orakel nicht los, bis man es zur Erfüllung bringt. Dabei muß es sich durchaus nicht im geraden Sinn erfüllen; auch im Widerspruch zeigt sich der Einfluß, darin, daß man so nicht sein will, wie der andere uns einschätzt. Man wird das Gegenteil, aber man wird es durch den andern.
Eine Lehrerin sagte einmal zu meiner Mutter, niemals in ihrem Leben werde sie stricken lernen. Meine Mutter erzählte uns jenen Ausspruch sehr oft; sie hat ihn nie vergessen, nie verziehen; sie ist eine leidenschaftliche und ungewöhnliche Strickerin geworden, und alle die Strümpfe und Mützen, die Handschuhe, die Pullover, die ich jemals bekommen habe, am Ende verdanke ich sie allein jenem ärgerlichen Orakel!…
In gewissem Grad sind wir wirklich das Wesen, das die andern in uns hineinsehen, Freunde wie Feinde. Und umgekehrt! auch wir sind die Verfasser der andern; wir sind auf eine heimliche und unentrinnbare Weise verantwortlich für das Gesicht, das sie uns zeigen, verantwortlich nicht für ihre Anlage, aber für die Ausschöpfung dieser Anlage. Wir sind es, die dem Freunde, dessen Erstarrtsein uns bemüht, im Wege stehen, und zwar dadurch, daß unsere Meinung, er sei erstarrt, ein weiteres Glied in jener Kette ist, die ihn fesselt und langsam erwürgt. Wir wünschen ihm, daß er sich wandle, o ja, wir wünschen es ganzen Völkern! Aber darum sind wir noch lange nicht bereit, unsere Vorstellung von ihnen aufzugeben. Wir selber sind die letzten, die sie verwandeln. Wir halten uns für den Spiegel und ahnen nur selten, wie sehr der andere seinerseits eben der Spiegel unsres erstarrten Menschenbildes ist, unser Erzeugnis, unser Opfer –.
Ende eines Traums:
Unser heimatlicher See, Meerschiffe, die, wie ich behaupte, von München kommen, eine Art von Überschwemmung, die offenbar steigt, während ich verreist bin, und immer noch steigt, aber so, daß sie die Schiffe nicht hebt; sie ragen nur noch als Maste heraus, als fahrende Wimpel, und ich frage mich, wie denn die Passagiere leben können. Aber niemand weiß Auskunft. Ich möchte nach Küsnacht wegen unserer Kinder. Überall Schilf, ein Wirbel mit vielen Ameisen drin, ein kreisendes Gewimmel, und später steigen wir auf einen Berg, hastig und voller Schrecken, es ist ein rötlicher Fels, der unter uns zerbröckelt, Steinschlag unter jedem Schritt, unvermeidbar, es sind lauter Backsteine, in munteren und immer größeren Sätzen springen sie hinunter über den Hang, bis sie ins Meer fallen –
Beim Erwachen vollkommen zerschlagen.
Draußen, soviel ich durch das verbretterte Fenster sehe, wieder ein zerstörter Bahnhof –
Mondschein.
In Andorra lebte ein junger Mann, den man für einen Juden hielt. Zu erzählen wäre die vermeintliche Geschichte seiner Herkunft, sein täglicher Umgang mit den Andorranern, die in ihm den Juden sehen: das fertige Bildnis, das ihn überall erwartet. Beispielsweise ihr Mißtrauen gegenüber seinem Gemüt, das ein Jude, wie auch die Andorraner wissen, nicht haben kann. Er wird auf die Schärfe seines Intellektes verwiesen, der sich eben dadurch schärft, notgedrungen. Oder sein Verhältnis zum Geld, das in Andorra auch eine große Rolle spielt: er wußte, er spürte, was alle wortlos dachten; er prüfte sich, ob es wirklich so war, daß er stets an das Geld denke, er prüfte sich, bis er entdeckte, daß es stimmte, es war so, in der Tat, er dachte stets an das Geld. Er gestand es; er stand dazu, und die Andorraner blickten sich an, wortlos, fast ohne ein Zucken der Mundwinkel. Auch in Dingen des Vaterlandes wußte er genau, was sie dachten; sooft er das Wort in den Mund genommen, ließen sie es liegen wie eine Münze, die in den Schmutz gefallen ist. Denn der Jude, auch das wußten die Andorraner, hat Vaterländer, die er wählt, die er kauft, aber nicht ein Vaterland wie wir, nicht ein zugeborenes, und wiewohl er es meinte, wenn es um andorranische Belange ging, er redete in ein Schweigen hinein, wie in Watte. Später begriff er, daß es ihm offenbar an Takt fehlte, ja, man sagte es ihm einmal rundheraus, als er, verzagt über ihr Verhalten, geradezu leidenschaftlich wurde. Das Vaterland gehörte den andern, ein für allemal, und daß er es lieben könnte, wurde von ihm nicht erwartet, im Gegenteil, seine beharrlichen Versuche und Werbungen öffneten nur eine Kluft des Verdachtes; er buhlte um eine Gunst, um einen Vorteil, um eine Anbiederung, die man als Mittel zum Zweck empfand auch dann, wenn man selber keinen möglichen Zweck erkannte. So wiederum ging es, bis er eines Tages entdeckte, mit seinem rastlosen und alles zergliedernden Scharfsinn entdeckte, daß er das Vaterland wirklich nicht liebte, schon das bloße Wort nicht, das jedesmal, wenn er es brauchte, ins Peinliche führte. Offenbar hatten sie recht. Offenbar konnte er überhaupt nicht lieben, nicht im andorranischen Sinn; er hatte die Hitze der Leidenschaft, gewiß, dazu die Kälte seines Verstandes, und diesen empfand man als eine immer bereite Geheimwaffe seiner Rachsucht; es fehlte ihm das Gemüt, das Verbindende; es fehlte ihm, und das war unverkennbar, die Wärme des Vertrauens. Der Umgang mit ihm war anregend, ja, aber nicht angenehm, nicht gemütlich. Es gelang ihm nicht, zu sein wie alle andern, und nachdem er es umsonst versucht hatte, nicht aufzufallen, trug er sein Anderssein sogar mit einer Art von Trotz, von Stolz und lauernder Feindschaft dahinter, die er, da sie ihm selber nicht gemütlich war, hinwiederum mit einer geschäftigen Höflichkeit überzuckerte; noch wenn er sich verbeugte, war es eine Art von Vorwurf, als wäre die Umwelt daran schuld, daß er ein Jude ist –
Die meisten Andorraner taten ihm nichts.
Also auch nichts Gutes.
Auf der andern Seite gab es auch Andorraner eines freieren und fortschrittlichen Geistes, wie sie es nannten, eines Geistes, der sich der Menschlichkeit verpflichtet fühlte: sie achteten den Juden, wie sie betonten, gerade um seiner jüdischen Eigenschaften willen, Schärfe des Verstandes und so weiter. Sie standen zu ihm bis zu seinem Tode, der grausam gewesen ist, so grausam und ekelhaft, daß sich auch jene Andorraner entsetzten, die es nicht berührt hatte, daß schon das ganze Leben grausam war. Das heißt, sie beklagten ihn eigentlich nicht, oder ganz offen gesprochen: sie vermißten ihn nicht – sie empörten sich nur über jene, die ihn getötet hatten, und über die Art, wie das geschehen war, vor allem die Art.
Man redete lange davon.
Bis es sich eines Tages zeigt, was er selber nicht hat wissen können, der Verstorbene: daß er ein Findelkind gewesen, dessen Eltern man später entdeckt hat, ein Andorraner wie unsereiner –
Man redete nicht mehr davon.
Die Andorraner aber, sooft sie in den Spiegel blickten, sahen mit Entsetzen, daß sie selber die Züge des Judas tragen, jeder von ihnen.
Du sollst dir kein Bildnis machen, heißt es, von Gott. Es dürfte auch in diesem Sinne gelten: Gott als das Lebendige in jedem Menschen, das, was nicht erfaßbar ist. Es ist eine Versündigung, die wir, so wie sie an uns begangen wird, fast ohne Unterlaß wieder begehen –
Ausgenommen wenn wir lieben.
Wenn man in Frankfurt steht, zumal in der alten Innenstadt, und wenn man an München zurückdenkt: München kann man sich vorstellen, Frankfurt nicht mehr. Eine Tafel zeigt, wo das Goethehaus stand. Daß man nicht mehr auf dem alten Straßenboden geht, entscheidet den Eindruck: die Ruinen stehen nicht, sondern versinken in ihrem eigenen Schutt, und oft erinnert es mich an die heimatlichen Berge, schmale Ziegenwege führen über die Hügel von Geröll, und was noch steht, sind die bizarren Türme eines verwitterten Grates; einmal eine Abortröhre, die in den blauen Himmel ragt, drei Anschlüsse zeigen, wo die Stockwerke waren. So stapft man umher, die Hände in den Hosentaschen, weiß eigentlich nicht, wohin man schauen soll. Es ist alles, wie man es von Bildern kennt; aber es ist, und manchmal ist man erstaunt, daß es ein weiteres Erwachen nicht gibt; es bleibt dabei: das Gras, das in den Häusern wächst, der Löwenzahn in den Kirchen, und plötzlich kann man sich vorstellen, wie es weiterwächst, wie sich ein Urwald über unsere Städte zieht, langsam, unaufhaltsam, ein menschenloses Gedeihen, ein Schweigen aus Disteln und Moos, eine geschichtslose Erde, dazu das Zwitschern der Vögel, Frühling, Sommer und Herbst, Atem der Jahre, die niemand mehr zählt –
In einer Anlage, als ich erwache und die Augen aufmache: die spielenden Kinder, die mich geweckt haben, ihre Kleidchen, ihre sehr dünnen Gesichter und der Gedanke daran, daß sie noch nie eine ganze Stadt erblickt haben, dann der Gedanke, daß sie nichts dafür können: weniger als irgendeiner von uns. Zuzeiten ist es das einzige, was außer Zweifel steht; Zuversicht und Auftrag. Über die dringende Hilfe hinaus, die sie vor dem Hunger retten muß so wie alle andern Kinder, geht es vor allem darum, daß sie keine Verdammten sind, keine Verfemten, gleichviel, wer ihre Väter und ihre Mütter sein mögen; wir schulden ihnen mehr als Erbarmen: wir dürfen sie nicht einen Augenblick lang anzweifeln oder es wird unsere Schuld, wenn sich alles wiederholt.
Am Bahnhof:
Flüchtlinge liegen auf allen Treppen, und man hat den Eindruck, sie würden nicht aufschauen, wenn mitten auf dem Platz ein Wunder geschähe; so sicher wissen sie, daß keines geschieht. Man könnte ihnen sagen, hinter dem Kaukasus gebe es ein Land, das sie aufnehmen werde, und sie sammelten ihre Schachteln, ohne daß sie daran glaubten. Ihr Leben ist scheinbar, ein Warten ohne Erwartung, sie hangen nicht mehr daran; nur das Leben hangt noch an ihnen, gespensterhaft, ein unsichtbares Tier, das hungert und sie durch zerschossene Bahnhöfe schleppt, Tage und Nächte, Sonne und Regen; es atmet aus schlafenden Kindern, die auf dem Schutte liegen, ihren Kopf zwischen den knöchernen Armen, zusammengebückt wie die Frucht im Mutterleib, so, als wollten sie dahin zurück.
Im Grunde ist alles, was wir in diesen Tagen aufschreiben, nichts als eine verzweifelte Notwehr, die immerfort auf Kosten der Wahrhaftigkeit geht, unweigerlich; denn wer im letzten Grunde wahrhaftig bliebe, käme nicht mehr zurück, wenn er das Chaos betritt – oder er müßte es verwandelt haben.
Dazwischen gibt es nur das Unwahrhaftige.
Seit zwei Wochen wohne ich bei jungen Deutschen, die ich vorher nicht einmal dem Namen nach kannte. Ihre Gastfreundschaft, ganz ohne Gewicht, erinnert an glückliche Reisen von früher und wiederholt die Erfahrung, daß jedes andere Volk, was Gastfreundschaft betrifft, begabter scheint als das unsere. Vielleicht hangt es mit den geringen Entfernungen zusammen, die in unserem Lande vieles bestimmen; vor allem aber mit dem Umstand, daß wir aus der Gastfreundschaft, die zu den schönsten Regungen gehört, ein Gewerbe machen mußten. Jedenfalls fühle ich mich in diesem Hause leichter und freier, selbstverständlicher, als wenn ich bei Landsleuten wohne. Nur beim Essen hat man Hemmungen, und es fällt auf, daß die Leute alles, was sie bekommen, sofort verbrauchen; wer weiß, was morgen ist?
Gestern sprachen wir wieder eine halbe Nacht lang; später erschien auch noch der alte Herr, der nebenan nicht schlafen konnte. Sein gestreiftes Pyjama, sein nackter Hals erinnern an Bilder, die man kennt; in der Tat, wie ich zum ersten Mal erfahre,