Sternenfohlen
Im Elfenland
KOSMOS
Umschlag- und Innenillustrationen: Carolin Ina Schröter, Berlin
Umschlaggestaltung: Carmen Oberzaucher, Wien
Sternenfohlen – Im Elfenland,
erzählt von Cordula Setsman
Based on the characters created by Working Partners Ltd.
© Working Partners Ltd. 2011
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© 2013, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-440-14000-0
eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
1
Verträumt blickte Wolke aus dem Fenster ihres Klassenzimmers. Die letzte Stunde dieser Woche war fast vorbei, doch am Montag würden ihre Mitschüler und sie nicht wie gewohnt in ihr Klassenzimmer zurückkehren. In der nächsten Woche sollten sie den Hauselfen der Einhornschule zur Hand gehen. Die waren dafür verantwortlich, dass es niemandem an der Schule an etwas fehlte und die Schüler sich ganz aufs Lernen konzentrieren konnten. Das Trihorn, der Direktor der Schule, fand allerdings, dass es nicht schaden könne, auch einmal zu erleben, was hinter den Kulissen der Schule so passierte. Deswegen mussten alle Schüler in der zweiten Klasse den Hauselfen eine Woche lang helfen.
Ich bin schon sehr gespannt, was wir alles machen müssen, überlegte Wolke. Hoffentlich sind die Elfen nicht so streng mit uns.
Wolke war ein zierliches, schneeweißes Einhorn von acht Jahren. Zusammen mit ihren besten Freunden Saphira, Mondstrahl, Stella und Sturmwind sowie vielen anderen jungen Einhörnern lebte und lernte sie in der Einhornschule.
„Wolke, erzähle uns doch bitte, was es da draußen so furchtbar Interessantes zu sehen gibt“, riss die Stimme ihrer Geschichtslehrerin Gloria sie aus ihren Gedanken.
„Ich … äh … nichts. Ich muss nur die ganze Zeit schon an unsere Woche bei den Hauselfen denken“, gab Wolke schuldbewusst zu.
„Also wirklich, Wolke!“, schimpfte die Lehrerin. „Die Stunde ist bald zu Ende, dann kannst du ganze zwei Tage darüber nachdenken. Du solltest wirklich besser aufpassen. Das gilt übrigens für euch alle.“
„Tut mir leid, Gloria“, meinte Wolke. „Es ist nur – ich bin schon so furchtbar aufgeregt wegen nächster Woche.“
„Das verstehe ich ja, Wolke. Aber ich möchte mit euch heute wenigstens noch den Frieden vom Phönixberg durchnehmen. Der ist sehr wichtig für die Geschichte unseres Landes. Wenn ihr jetzt alle gut mitarbeitet, dürft ihr ein paar Minuten früher gehen. Einverstanden?“
Begeistert nickte die ganze Klasse und Wolke bemühte sich sehr, ihrer Lehrerin aufmerksam zuzuhören. Obwohl sie Geschichte normalerweise nicht so spannend fand, arbeitete Wolke den Rest der Stunde fleißig mit. Sie wollte schließlich nicht, dass Gloria böse auf sie war.
Wie versprochen entließ die Lehrerin Wolkes Klasse einige Minuten früher ins Wochenende.
„Los, kommt, lasst uns zum Sprechenden Baum fliegen und nachsehen, ob die Listen für die Woche bei den Hauselfen schon aushängen“, rief Saphira eifrig, nachdem sie aus dem Klassenzimmer getrabt waren.
„Ich bin schon sehr gespannt, was unsere Aufgaben sein werden“, meinte Sturmwind, während die Freunde in den Himmel stoben.
„Bestimmt werde ich dem Oberelfen zugeteilt und muss ihm helfen, lauter wichtige Entscheidungen zu treffen“, vermutete Mondstrahl.
„Ja, klar“, erwiderte Stella und zwinkerte ihm frech zu.
Mondstrahl war der Prinz von Arkadia, dem Land, in dem alle Einhörner lebten. Eigentlich redete er nicht so gerne darüber, aber manchmal – so wie jetzt – musste er sich einfach wichtig machen. Trotzdem meinte er es meist gar nicht böse. Mondstrahl übernahm nur eben gern das Kommando und war damit bislang immer recht erfolgreich gewesen, vor allem im Sport.
Er preschte dicht an Stella heran, knuffte sie in die Flanke und sah sie dabei gespielt grimmig an.
„Ein bisschen mehr Respekt, wenn ich bitten darf!“, rief er scherzhaft.
„Ooooh, Eure Majestät …“, erwiderte Stella. „Verzeiht!“
Ausgelassen lachend umrundeten die Freunde einmal das riesige Schloss, in dem die Einhornschule untergebracht war, und setzten dann zur Landung auf dem Versammlungsplatz an. Neugierig trabten sie auf den Sprechenden Baum zu, an dessen mächtigem Stamm tatsächlich ein paar neue Listen zu hängen schienen.
„Mal sehen“, murmelte Wolke und studierte die vielen Rollen Pergamentpapier, die an den Baum geheftet waren. „Ah, hier ist ja die Liste für die praktische Woche.“
„Und?“, fragten Sturmwind und Saphira wie aus einem Mund.
„Also, Stella und Sturmwind, ihr wurdet den Postelfen zugeteilt; Saphira und ich sollen den Hauselfen beim Ordnung machen helfen.“
„Und ich? Wofür wurde ich eingeteilt?“, wollte Mondstrahl wissen.
„Moment, ich hab’s gleich … oh!“ Wolke drehte sich grinsend zu ihren Freunden um.
„Was denn?“ Mondstrahl wurde langsam ungeduldig. „Sag schon!“
„Du … hrmpf … du … hihi … du bist für den Küchendienst eingeteilt“, prustete Wolke.
„Das ist ein Witz, oder? Lass mich mal sehen!“ Aufgebracht drängte sich Mondstrahl an ihr vorbei, um selbst einen Blick auf die Liste zu werfen, erstarrte und drehte sich dann langsam zu seinen Freunden um.
„Das ist kein Witz!“, rief er entsetzt. „Ich bin den Küchenelfen zugeteilt. Das muss ein Irrtum sein!“
Stella, Saphira, Wolke und Sturmwind konnten nicht länger an sich halten und brachen in Gelächter aus. Mondstrahls Gesichtsausdruck war einfach zu komisch!
„Das ist nicht lustig!“, maulte Mondstrahl.
„’tschuldigung“, japste Sturmwind.
„Nein, gar nicht“, kicherte Saphira. Schnell stupste sie Wolke und Stella an, denn sie wollte nicht, dass er wütend auf sie wurde.
Mondstrahl lief mittlerweile aufgeregt vor dem Sprechenden Baum hin und her und schien angestrengt nachzudenken.
„Ich muss sofort mit dem Trihorn sprechen“, beschloss er.
„Und was willst du ihm sagen?“, wollte Wolke wissen.
„Dass ich auf gar keinen Fall in der Küche helfen kann, natürlich. Das Trihorn muss mir eine andere Aufgabe geben.“
„Ach, und wieso?“, fragte Stella spitz.
„Was soll ich denn in der Küche? Kochen ist doch was für Mädchen, und es kann wohl niemand von mir verlangen, dass ich den Abwasch mache“, empörte sich Mondstrahl.
„Wieso ist Kochen nur was für Mädchen? Bist du verrückt?“ Wolke starrte ihren Freund ungläubig an.
„Na ja, also, bei uns im Palast arbeiten in der Küche nur Hauselfen-Mädchen. Und um die wirklich wichtigen Sachen kümmern sich die männlichen Elfen.“
„Ach, und ein gutes Essen ist nicht wichtig?“, meinte Sturmwind pampig. Er war für sein Alter schon ziemlich groß und kräftig und hatte deswegen auch eigentlich immer Hunger.
„Na ja, doch. Aber …“, stammelte Mondstrahl.
„Was, aber?“, fragte Saphira streng. Dass ihr Freund solche verstaubten Ansichten hatte, machte selbst die sanfte Saphira wütend.
„Meine Brüder helfen zu Hause auch in der Küche und gemeinsam haben wir immer viel Spaß beim Kochen und auch hinterher beim Aufräumen. Da ist doch nichts dabei.“
„Ich dachte eben, ich würde lauter verantwortungsvolle Sachen machen. Immerhin bin ich doch der Prinz von Arkadia. Und jetzt muss ich Karotten schälen und Geschirr spülen …“, seufzte Mondstahl.
„Aber wenn du später mal König bist, wirst du auch Sachen machen müssen, zu denen du keine Lust hast“, gab Stella zu bedenken.
„Meinst du?“
„Ja, klar. Meine Eltern lieben nichts mehr, als bei der Vorstellung auf der Bühne zu stehen. Aber bis es soweit ist, müssen sie erst mal ganz schön lange ihre Texte lernen. Dazu haben sie oft auch keine Lust, aber ohne geht es eben nicht“, erklärte Stella.