Mel Wallis de Vries, geboren 1973, ist in den Niederlanden DIE Autorin für Psychothriller im Jugendbuch. IhreTitel finden sich regelmäßig auf den Bestsellerlisten wieder und werden von Jugendlichen wie Erwachsenen gerne gelesen, wie die verschiedenen Preise beweisen, mit denen die Bücher der Autorin ausgezeichnet wurden.
Übersetzung aus dem Niederländischen
von Verena Kiefer
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
Titel der niederländischen Originalausgabe:
»Klem«
Für die Originalausgabe:
Copyright © 2012 by Mel Wallis de Vries
Für die deutschsprachige Ausgabe:
Copyright © 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln
Umschlaggestaltung: Cornelia Niere, München
Einbandmotiv: © Cornelia Niere, München
E-Book-Produktion: Dörlemann Satz, Lemförde
ISBN 978-3-7325-2940-7
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Für Teun
»Liebe dich!«
Der stürmische Nordwestwind bläst mich fast um. Er fühlt sich kalt und herbstlich an, obwohl es doch Ende Mai ist. Was für ein Sauwetter. Ich könnte jetzt auch im Bett liegen, aber nein, ich latsche hier durch die Dünen auf Vlieland. Und stockfinster ist es auch noch. Haben die auf dieser blöden Insel etwa die Straßenlaternen vergessen? Man sieht hier echt gar nichts! Zum Glück leuchtet mein iPhone.
Der Dünenpfad schlängelt sich nach oben, und die Absätze meiner Stiefel versinken im Sand. Noch keine Spur von dieser dämlichen Vogelbeobachtungshütte. Ich muss bescheuert sein, nachts um zwei hier herumzulaufen. Warum habe ich mich bequatschen lassen? Es klang alles so perfekt. Wir wären ganz allein. Es wäre nur ein kleines Stück mit dem Rad. Blabla. Ich hätte nicht hinhören sollen.
Auf einmal stehe ich oben auf der Düne. Es ist, als hätte einer das Licht angeknipst. Wie eine leuchtende Silberschliere windet sich das Meer um die Insel. Meterhohe Wellen türmen das Wasser auf. Fast erwarte ich, das Piratenschiff von Kapitän Jack Sparrow aus Fluch der Karibik auftauchen zu sehen. Aber leider wagt sich nicht einmal Johnny Depp bei diesem Hundewetter vor die Tür.
Fröstelnd verkrieche ich mich im Kragen meiner Jacke. Der Dünenpfad teilt sich. In welche Richtung muss ich? Nirgends ein Schild – bin ich irgendwo falsch abgebogen? Nein, oder? Im Kopf gehe ich noch einmal die Strecke ab. Ich bin mit dem Rad zum Hotel Posthuys gefahren, genau wie beschrieben. Dann habe ich den Wanderweg nach Bomenland genommen. Ich sollte nur dem Pfad folgen, dann würde ich die Hütte nach zehn Minuten schon von selbst sehen. Von wegen. Mist! Plötzlich sehe ich ein Holzschild, im Dünengras verborgen. Ich leuchte es mit meinem iPhone an.
Vogelbeobachtungshütte Dodemansbol
250 Meter
Schwein gehabt, nicht verirrt. Nach rechts also.
Vorsichtig steige ich hinunter, in die Dunkelheit der Dünen. Es war so einfach vorhin, mich davonzuschleichen. Keiner hat was gemerkt. Und ich werde ihnen mein nächtliches Abenteuer auch bestimmt nicht auf die Nase binden.
Plötzlich ist der Pfad zu Ende. Ein paar Sekunden starre ich orientierungslos vor mich hin. Was jetzt? Aber dann erkenne ich die dunklen Umrisse eines Schuppens. Das muss die Hütte sein! Schnell laufe ich hin. Oh my God, mehr als ein paar Holzbretter sind es nicht. Welcher Irre setzt sich tagelang hierhin und beobachtet Vögel? Hier will man nicht mal tot überm Zaun hängen. Vorsichtig betrete ich die Hütte. Drinnen riecht es muffig, und der Sturmwind dringt durch die Fensteröffnungen.
»Hallo?«, rufe ich.
Keine Antwort. Ich bin allein.
Ich schaue auf die Leuchtzeiger meiner Uhr. Zwölf Minuten nach zwei, und wir waren um zwei verabredet. Verdammt, so schwer ist es doch nicht, pünktlich zu sein. Noch fünf Minuten und ich bin weg. Plötzlich höre ich etwas, über den donnernden Wind hinweg. Ein knarrendes Brett und ein Hüsteln.
»Aha, endlich«, murmele ich. »Was dachtest du denn? Dass ich eine Viertelstunde zu spät komme? Das kannst du echt nicht bringen.«
Gereizt drehe ich mich um. Mitten in meiner Bewegung wird es auf einmal totenstill. Als hätte sich der Wind gelegt, und als wäre das stete Tosen der Brandung verschwunden. Ich höre nur noch meinen eigenen Herzschlag. Und ich spüre etwas um meinen Hals. Warm und stark. Zwei Hände.
»Lass mich los«, sage ich.
Die Hände bleiben, wo sie sind.
»Hör auf mit dem Unsinn«, schnauze ich. »Das ist nicht lustig.«
Ganz langsam schließen sich die Finger um meinen Hals, wie eine Kette, die festgezurrt wird.
»Nein«, keuche ich.
Ich spüre, wie sich der Griff um meinen Hals verstärkt. Wie das Blut in meinen Ohren wummert. Panisch sauge ich kleine Luftströme in die Lunge.
»Los!«, krächzt meine Stimme.
Als Antwort drücken die Finger meine Luftröhre zu. Angst explodiert in all meinen Zellen. Luft! Ich brauche Luft! Meine Hände versuchen, die anderen Hände wegzuzerren, aber sie finden keinen Halt. Mein Stiefel tritt nach hinten, ohne etwas zu treffen. Ich zappele wie ein Fisch am Haken.
Heißer Atem in meinem Ohr. Haut an Haut. Es wird hell und schwindelig in meinem Kopf. Rote Blitze zucken vor meinen Lidern, kriechen wie Öltropfen aufeinander zu, verschmelzen miteinander.
Ich fühle mich eingeengt, ich habe Angst.
Etwas Warmes zwischen meinen Beinen. Mache ich mir in die Hose? Ein pfeifendes Geräusch aus meiner Brust. Und dann klappe ich vornüber. Frei! Ich bin frei! Oh lieber Gott, danke. Ich will meine Lunge mit Luft füllen. Aufstehen. Wegrennen.
Aber ich kann es nicht. Ich kann mich nicht bewegen. Stattdessen schwebe ich nach oben, zur Hüttendecke. Aus der Entfernung sehe ich mich auf dem Boden liegen, die Beine seltsam angewinkelt unter meinem Körper. Und meine Augen sind wie zwei große Murmeln. Kalt und leblos.
Das kann nicht wahr sein!
Mit aller Kraft, die ich in mir habe, versuche ich, in meinen Körper zurückzukehren. Ich rudere mit den Armen, strampele mit den Beinen. Aber es ist, als würde ich gegen einen Strom schwimmen; ich treibe immer weiter davon.
NEIN! Oh nein, oh nein, oh NEIN! Oh Gott, NEIN!
Verzweifelt versuche ich, mich an etwas festzuhalten. An einem Brett in der Hütte. Am Fensterrahmen. Aber es ist wie Wasser, das mir durch die Finger rinnt. Der Wind bekommt mich zu fassen, nimmt mich mit, höher und höher. Teile von mir schweben im Sturm, als wäre ich ein Häuflein Sand. Ganz langsam löse ich mich auf. Nach und nach löst sich die Welt um mich herum auf. Es wird dunkler. Stiller. Ich spüre, wie ich davongleite. Das ist es also, denke ich. Kurz bevor mich die Schwärze verschluckt, zuckt noch ein letzter Gedanke durch meinen Kopf. Sterben auf einer Klassenfahrt nach Vlieland. Dümmer geht es wirklich nicht.
Vom Deck der Fähre aus sehe ich, wie der stürmische Wind das Wasser des Wattenmeers in kleine, gemeine Wellen aufpeitscht. Im Tiki-Erlebnisbad in Duinrell sind die Wellen sicher zehnmal höher. Habe ich mich davor so gefürchtet? Ich fühle mich wie ein kleines Kind, das dahinterkommt, dass im Kleiderschrank keine Monster lauern.
»In den nächsten Tagen bekommen wir es mit den Ausläufern von Orkan Ferdinand zu tun«, hatte die Meteorologin am Abend in den Acht-Uhr-Nachrichten gesagt. »Der Wind wird im Laufe des Tages stürmisch auffrischen, Windstärke 8, hier und da bis 9. Im Wattengebiet und auf dem Ijsselmeer können die schweren Windstöße sogar eine Windstärke über 10 erreichen. In den nächsten Tagen bleibt uns das stürmische Frühlingswetter erhalten. Am besten bleiben Sie zu Hause!«
Am liebsten hätte ich das lächelnde Gesicht vom Fernseher gewischt. Zu Hause bleiben? Sie hatte leicht reden. Sie musste morgen nicht auf eine Fähre nach Vlieland. Mein ganzes Leben lang habe ich schon Angst vor Wasser. Meine Mutter sagt, ich hätte mich schon als Baby nur unter Schreien baden lassen. Und seither ist es nur schlimmer geworden. Am liebsten hätte ich mir eine Ausrede ausgedacht, damit ich nicht auf diese Klassenfahrt muss. Kopfschmerzen, meine Regel, Magen-Darm-Virus, Halsschmerzen; bei uns an der Schule glauben sie einem alles.
Aber meine Mutter war heute Morgen erbarmungslos. »Ich denke ja nicht im Traum daran, dir eine Entschuldigung zu schreiben. Natürlich gehst du. Glaubst du wirklich, die Schulleitung würde eine verantwortungslose Entscheidung treffen? So ein bisschen Wind hat noch niemanden umgebracht.«
Sie hat mich gezwungen, eine Tablette gegen Seekrankheit zu nehmen und mich anschließend mit dem Auto zur Schule gebracht. Wie ein Gefängnisaufseher hat sie gewartet, bis der Bus vom Parkplatz fuhr. Wahrscheinlich befürchtete sie, ich könnte sonst aussteigen und abhauen. Und genau das hätte ich garantiert gemacht, wenn sich die Gelegenheit dazu geboten hätte.
Die Busfahrt nach Harlingen war grässlich. Mit jedem Meter, den wir dem Meer näher kamen, stieg mein Panikpegel. Ich konnte die Schlagzeilen in der Zeitung schon vor mir sehen: DRAMATISCHES ENDE EINER KLASSENFAHRT. ALLE FÄHRPASSAGIERE ERTRUNKEN. Während ich voller Panik auf die Wipfel der Bäume entlang der Autobahn starrte – bogen sie sich jetzt noch mehr im Wind oder sah das nur so aus? – kippten sich Nynke und Kiki neben mir heimlich ein paar Klopfer. Ob ich auch wollte? Nein, vielen Dank. Nicht dran zu denken, ich war ja jetzt schon seekrank vor lauter Nervosität.
Aus den Augenwinkeln sah ich, dass Lotte still vor sich hin starrte. Ich kapiere nicht, was Kiki an der Langweilerin findet. Oder eigentlich schon: Lottes Vater führt dieses Jahr Regie bei unserem Schulmusical. Als Lotte im Januar nach einem Umzug in die Klasse kam, hatte Kiki ihr keinen einzigen Blick gegönnt. Lotte ist der Typ Mädchen, den Kiki immer »die Mücke« nennt: klein, nervig und vollkommen überflüssig auf dieser Welt. Und dann die Klamotten! Wahrscheinlich strickt Lottes Mutter alle Pullover selbst, so hässlich wie die sind.
Aber als Lottes Vater die Rollenverteilung im Musical übernahm, war Lotte plötzlich keine »Mücke« mehr, sondern Kikis »beste Freundin«. Denn Kiki lässt sich natürlich keine Gelegenheit entgehen, im Mittelpunkt zu stehen. Kotzübel wurde mir bei all den Bemerkungen über Lotte. Es sei so gemütlich bei Lotte zu Hause. Lottes Vater sei so nett, und es gebe immer was zu lachen mit ihm. Ach ja, und Kiki konnte echt nichts dafür, dass sie letzte Woche die Hauptrolle im Schulmusical bekam und ich nur eine kleine Nebenrolle, obwohl ich wochenlang dafür geprobt hatte und sie nicht mal einen Tag lang. Ich war wütend. Kiki wusste, wie viel mir die Hauptrolle bedeutet hätte.
»Hello, anybody at home?«, unterbricht Kikis Stimme meine Gedanken.
»Hä, was?«, rufe ich über den tosenden Wind hinweg.
»Ich habe schon dreimal gefragt, ob du dir eine Kippe mit mir teilen willst.«
Ein paar Sekunden studiere ich Kikis Gesicht. Sie wirkt gereizt. Ich unterdrücke den Impuls, ihr eine zu verpassen.
»Entschuldige, ich hab dich nicht gehört.« Ich lächele, als wäre alles in Ordnung.
»Brauchst du ein Hörgerät?«
»Nein, keine Sorge.« Mein Lächeln wird noch breiter. »Ich habe nur nicht aufgepasst. Mach die Kippe ruhig an. Ich nehme gern einen Zug.«
Kiki fischt aus ihrer Wildlederjacke ein Päckchen Marlboro Light und ein Feuerzeug. Das goldene Gliederarmband um ihr Handgelenk klimpert im Wind. Sie hat es zu Weihnachten von ihren Eltern bekommen. Für mich wäre es nichts, viel zu auffällig und glänzend.
»Wir haben ein kleines Problem«, murmelt sie, während sie im Schutz ihrer Hand eine Zigarette anzündet.
»Welches denn?«
»Na ja.« Kiki inhaliert tief. »Es gibt nur zwei Viererzimmer in De Vliehorst. Das habe ich gestern Abend im Internet überprüft.«
»Ja, und?« Ich bekomme die Zigarette von Kiki und nehme einen kleinen Zug. Fast augenblicklich schnappt sie sie mir wieder aus der Hand.
»Du glaubst doch wohl nicht, dass ich mich in so einen ekligen Schlafsaal lege? Nicht in diesem Leben«, sagt sie, ohne meine Antwort abzuwarten. »Wir müssen uns also als Erste ein Viererzimmer sichern, klar?«
Sie schaut mich mit zusammengekniffenen Augen an, als wollte sie ausloten, ob ich wohl noch auf ihrer Seite stehe.
»Ja«, sage ich seufzend, aber ich denke: Warum muss es immer nach deiner Nase gehen?
Ein harter Windstoß bläst mich fast um. Erschrocken greife ich nach der Reling.
»Hast du gesehen, dass die dicke Harriet Aarsman auch dabei ist?«, fragt Kiki, die offensichtlich immun ist gegen den starken Wind.
»Ja«, sage ich heiser, während ich prüfend auf die Wellen schaue. Nichts zu sehen, alles unter Kontrolle.
»Welcher Idiot will wohl Harriet Aarsman dabeihaben?«, redet Kiki weiter. »Die Alte ist echt eine Schlaftablette. Ich bin froh, dass ich sie nicht mehr in Bio habe.«
»Ja«, sage ich, ohne meinen Blick vom Wasser zu heben.
Schweigen.
»Was ist denn mit dir los?«, höre ich Kiki dann fragen. »Du kannst nur noch Ja sagen und bist kalkweiß im Gesicht.«
»Nichts. Ich bin nur …«
Ein greller, lauter Piepton schallt über das Deck.
»Hallo!«, ruft Kiki. »Kann vielleicht mal jemand diesen Scheißton abschalten?«
Der Piepton verschwindet, und aus den Lautsprechern auf der Brücke kommt eine knarrende Stimme. »Funktioniert das Mikrofon?«
Eine andere Stimme ertönt leiser: »Es ist bereits eingeschaltet, Herr Kapitän.«
»Ah, schön. Schön. Liebe Passagiere, ich bin Frank Berendschot und heute Ihr Kapitän.«
Ich weiß sofort, ohne den Rest seiner Ansage gehört zu haben, dass er keine guten Nachrichten hat.
»Wie Sie wahrscheinlich schon bemerkt haben, weht es zur Zeit kräftig. In wenigen Minuten drehen wir ab nach Vlieland. Dieses letzte Stück über die Nordsee kann ziemlich stürmisch werden. Darum möchte ich Sie bitten, alle unter Deck zu gehen. Im Voraus besten Dank für Ihre Mitarbeit. Ich wünsche Ihnen weiterhin eine gute Reise.«
Ein lautes Klicken, Knacken. Der Lautsprecherton erstirbt im Windgetöse.
Ein paar Sekunden bleibe ich wie erstarrt stehen. Stürmisch? Sagte er wirklich stürmisch? Meine Hände verkrampfen sich, und ich schaue mich voller Panik um. Wo sind die Rettungsboote? Gibt es genügend Schwimmwesten?
»Flippst du jetzt aus, oder was?«, fragt Kiki.
»Ich suche die Rettungswesten«, sage ich mit gepresster Stimme.
»Die Rettungswesten? Warum? Hast du Angst, wir sinken, oder so?«
Ich nicke nervös.
»Das ist nicht die Titanic.« Sie verdreht die Augen. »S. O. S. We’re going down, down, down.«
Hör auf, denke ich. Hör bitte auf.
»Kleiner Scherz«, wiehert sie. »Stell dich nicht so an.«
Mit Mühe kriege ich ein »Haha, sehr witzig« raus.
Kiki hakt sich bei mir unter. »Komm schon, über das letzte Stück brauchst du dir keine Sorgen machen. Schau mal, da hinten ist schon Vlieland.«
Ich folge ihrem Finger. In der Ferne sehe ich einen Streifen Land.
»Aber, wenn der Kapitän warnt, wir sollten reingehen, dann, dann …« Meine Stimme überschlägt sich.
»Dann bedeutet das nur, dass wir rein müssen. Sonst nichts. Sie gehen wirklich kein Risiko ein.« Kiki hört sich an wie meine Mutter. »Komm, wir gehen.«
Ich werde am Arm zur Tür mitgezogen. Kiki läuft vor mir die steile Eisentreppe hinunter. Aus dem Treppenhaus steigt Stimmengewirr auf. Mit dem Gefühl, mein Todesurteil zu unterzeichnen, gehe ich hinter ihr nach unten.
Lotte und Nynke sitzen an einem kleinen Tisch in der Ecke.
»Hi girls«, begrüßt Kiki sie, während sie sich neben Nynke auf die Bank schiebt.
Ich setze mich neben Lotte.
»Habt ihr auch gehört, was der Kapitän gesagt hat?«, fragt Nynke. »Das letzte Stück soll sehr stark …«
»Jaja«, unterbricht Kiki sie. »Das haben wir auch gehört. Ach, wird schon nicht so schlimm werden.«
»Hoffentlich«, sagt Nynke leise.
»Komm schon, Nynke«, sagt Kiki. »Wenn hier eine keine Angst zu haben braucht, dann doch wohl du mit deinen 400 Schwimmdiplomen und deinem Segelunterricht.«
Das Schiff beginnt zu drehen. Ich höre es an dem stampfenden, heulenden Geräusch der Motoren. Ich sehe es an dem grauen Tageslicht, das über unseren Tisch wandert.
»Siehst du?« Kiki lächelt mir zu. »Kein Problem. Das Schiff liegt so gerade wie ein Brett.«
Noch während sie spricht, sehe ich durch das Fenster eine Wasserwand auf uns zurasen. Die Welle donnert mit so großer Gewalt gegen die Fähre, dass der Stahl erzittert.
»Was passiert da?«, ruft Nynke panisch.
Die zweite Welle folgt wenige Sekunden später. Das Schiff neigt sich nach links. Durch das kleine Fenster sehe ich, wie das schäumende Meerwasser pfeilschnell auf uns zuschießt. Auf dem Unterdeck wird es totenstill. Kurz bevor das Wasser das Fenster erreicht, taumelt das Schiff wie ein Stehaufmännchen in die Waagerechte zurück.
In der Ferne weint ein Kind. Leute lachen nervös.
Wumm. Eine neue Welle versucht uns umzukippen.
»Wir werden kentern!«, jammere ich.
»Hör auf zu spinnen«, schnauzt Kiki. Aber ganz so souverän hört sie sich nicht mehr an. Unter anderen Umständen hätte ich das witzig gefunden. Offenbar muss man Kiki bei Windstärke 9 auf eine Fähre nach Vlieland verfrachten, um ihre Selbstsicherheit ein bisschen ins Wanken zu bringen.
Die Nase unseres Fährschiffs taucht wieder in die Wellen. Meerwasser schäumt an unserem Fenster vorüber.
Ich muss an die Herald of the Free Enterprise denken. Auf Discovery Channel habe ich mal eine Dokumentation über die Fähre gesehen. Weil ein Matrose verschlafen hatte, die Bugtore zu schließen, sank sie vor der belgischen Küste: 193 Tote.
Die nächste Welle rammt unser Schiff. Das Licht geht aus und irgendwo höre ich das Klirren von zerbrechendem Glas. Plötzlich habe ich das Gefühl, im Wasser zu liegen. In einer eiskalten, dunklen Tiefe zu versinken. Keine Luft mehr zu bekommen.
»Wir sinken!«, schreie ich. »Wir sinken!«
Es ist mir vollkommen egal, dass Kiki, Lotte und Nynke mich anstarren. Es ist mir scheißegal, dass die ganze Klasse zu mir rüberschaut. Ich will nicht sterben!
Die Nase der Vlieland taucht in die Wellen. Das Wasser reicht bis zum ersten Deck und läuft über die Gatten im Bug wieder ab. So aufgewühlt wie heute Nachmittag habe ich das Meer selten erlebt. Der Wind kommt aus einer verräterischen Ecke, aus Nordwest. Dadurch kann das Wasser der Nordsee über eine endlose Fläche aufgejagt werden, bevor es mit Karacho auf das ruhige Wasser des Wattenmeers prallt. Auf der Scheidelinie der beiden Meere, wo die Fahrrinne nach Vlieland verläuft, sind die Wellen heute extrem hoch und unberechenbar. Sie dürfen nicht höher werden als jetzt.
»Sind alle Passagiere unter Deck?«, frage ich.
»Ja«, sagt Peter. »Ich habe gerade noch einen Rundgang gemacht. Das Außendeck ist leer.«
Peter. Schon seit drei Jahren mein fester Steuermann. Er ist der beste Steuermann, den ich in meiner fünfundzwanzigjährigen Laufbahn bei der Reederei Doeksen hatte. Aber ich merke, dass er heute große Mühe hat, das Schiff auf Kurs zu halten.
»Ist das Barpersonal auch gewarnt, dass wir eine raue Überfahrt vor uns haben?«, frage ich.
»Der Ausschank ist geschlossen, und zerbrechliche Gegenstände sind verstaut.«
»Gut.«
Schweigend starren wir auf die schäumenden Wassermassen. Windstärke 7 war es heute Morgen, als wir von Vlieland nach Harlingen fuhren. Windstärke 7 ist prima, dafür ist dieses Schiff ausgelegt. Für mittags war Windstärke 8 vorhergesagt. Das ist eine ziemlich kernige Überfahrt, für die Passagiere nicht ganz ohne, aber machbar. Als wir in Harlingen anlegten, spürte ich schon, dass der Wind mittlerweile mehr als Windstärke 8 erreicht haben musste. Ich war also auch nicht erstaunt, als ich auf der Brücke die aktuelle Wetterlage überprüfte: Windstärke 9 mit Schwankungen bis 10 oder sogar 11. Ich wusste, was das bedeutete. Alle Abfahrten würden gestrichen werden. Aber die Meldung hatten wir noch nicht bekommen. Wenn wir uns mit dem Laden beeilen würden, könnten wir vielleicht doch noch rechtzeitig ablegen. Zehn Minuten früher als sonst fuhren wir raus. Ein paar Minuten später kam die Anweisung rein: Alle anliegenden Schiffe sollten an Land bleiben. Aber wir lagen nicht an Land, sondern waren auf See, auf dem Weg nach Vlieland. Auf dem Weg zu Sara.
»Dass sie das nicht vorher haben kommen sehen«, sagt Peter kopfschüttelnd. »Was für ein Wind – und diese Wellen!«
»Nichts ist so schwer vorherzusagen wie das Wetter«, murmele ich. »Aber sie wird durchhalten. Die Vlieland ist eine kräftige Dame.«
»Ich hoffe es.«
In der eintretenden Stille schaue ich in eine andere Richtung, weg von Peters Blick. Ich muss nach Hause, ich habe keine andere Wahl. Morgen hat Sara Geburtstag. Sie wird sechzehn. Kleine Mädchen werden groß. Ich weiß, dass sie seit ein paar Wochen wieder einen Freund hat. Das habe ich von Leuten aus dem Dorf hören müssen. Es ist der Sohn von Kiemstra, der samstags manchmal in der Metzgerei aushilft. Wann hätte Sara es mir wohl selbst erzählt? Sie hat natürlich Angst, dass ich sauer werde. Den Fehler habe ich bei ihrem letzten Freund gemacht, vor jetzt fast drei Monaten. Als ich sie knutschend in der Küche fand, habe ich rotgesehen und ihn vor die Tür gesetzt. Sara hat zwei Wochen lang nicht mit mir geredet. Ich hätte das anders anpacken müssen. Aber manchmal, wenn man etwas mit aller Kraft beschützen möchte, geht es erst recht kaputt.
In letzter Zeit kann ich kaum noch zu Sara durchdringen. Manchmal erinnere ich mich daran, wie sie früher war. An das kleine Mädchen, das immer auf meinen Schoß kroch, wenn sie Angst hatte. Wann ist es schiefgegangen? Als meine Frau vor vier Jahren krank wurde? Als alles bei uns plötzlich im Zeichen des Krebs stand? Als wir vergaßen, dass Sara auch Aufmerksamkeit braucht?
Letzten Winter ist Mieke gestorben. Die Beerdigung war an einem nassen, grauen Tag im Februar. Nie werde ich das Bild unserer Tochter an ihrem Grab vergessen. Saras Gesicht war rot vom Weinen, und ihr ganzer Körper bebte. Ich wollte meinen Arm um sie legen, sie trösten, aber sie schob mich weg. Da wurde mir klar, dass ich sie beide verloren hatte: Mieke und Sara. Aber für Sara kann ich noch kämpfen. Morgen früh werde ich ihr höchstpersönlich ein Geburtstagsfrühstück zubereiten.
»Grundgütiger!«, schreit Peter plötzlich. »Schau da hinten, auf fünfundvierzig Grad Steuerbord.«
Mein Kopf schießt nach rechts. In der Ferne sehe ich eine gut zwölf Meter hohe Welle heranrollen. Es sieht aus, als hätten sich für diese Monsterwelle gleich drei Wellen übereinandergestapelt. Und diese Welle wird die Vlieland voll in die Flanke treffen, die empfindlichste Stelle des Schiffs.
Oh Gott, denke ich, das geht schief. Blitzschnell trifft mein Gehirn eine Entscheidung.
»Dreh die Nase rein! Jetzt!«, rufe ich.
Peters Hände führen das Kommando aus.
Ganz langsam, wie eine alte Frau, reagiert die Vlieland auf die Kursänderung. Jetzt können wir nichts mehr machen. Nur zusehen. Und beten. Die Welle trifft uns schräg von vorn. Es ist ein gewaltiger Frontalangriff der See. Rund 600 Tonnen Stahl und Aluminium verschwinden in der Wasserwand. Das Schiff ächzt und zittert. Überall sehe ich Wasser. Ob es sich so anfühlt, wenn man sinkt?
Im Kopf zähle ich die Sekunden. Eins, zwei, drei, vier.
Viel länger darf es nicht dauern. Fünf, sechs, sieben …
Und dann zieht das Wasser ab. Die Nase hebt sich aus der Monsterwelle. Wie ein Wasservogel richtet sich die Vlieland auf.
Gott sei Dank, denke ich.
»Verdammt«, brummt Peter. »Das wäre fast unser Seemannsgrab geworden.«
»Ja«, sage ich heiser. Und dann wäre es meine Schuld gewesen. An Backbord kommt der Leuchtturm der Insel in Sicht.
»Dreh ab in den Hafen«, sage ich. »Es wird höchste Zeit, die Dame sicher an Land zu bringen.«
Peter drosselt die Geschwindigkeit. Die Vlieland gleitet über die Wellen nach Backbord. Genauso plötzlich wie die hohen Wellen aufgetaucht sind, verschwinden sie auch wieder im Windschatten der Insel. Wir laufen in die Hafenmündung ein. Ich weiß, was jetzt kommt. Das Terminal, die Backsteinhäuser, das Gebäude der Fahrradvermietung. Ich habe alles schon so oft gesehen. Aber die Bilder haben mich noch nie so berührt wie dieses Mal.
Wir sind wieder zu Hause.
Es ist warm und eng in dem Bus, in den wir eingestiegen sind. Es ist ein Bus des öffentlichen Nahverkehrs, aber außer unserer Gruppe gibt es keine anderen Fahrgäste. Ich lehne mich zurück. Es ist seltsam still. Keiner sagt etwas, nicht einmal Milan und Tony, die in der Schule immer die größte Klappe haben. Es scheint, als stünden alle noch ziemlich unter Schock von der Überfahrt. Es gab einen Moment, in dem auch ich dachte, wir würden sinken. Ein harter Aufprall und dann dauerte es so lange, bis das Schiff wieder waagerecht lag. Ich hatte Angst. Schreckliche Angst. Aber nicht so viel wie Juno.
Juno fing irre laut an zu weinen. »Wir sinken! Wir sinken!«, schrie sie total hysterisch. Die ganze Klasse starrte sie an. Ich wagte nicht, mich zu bewegen, aus Angst, sie würden dann auch alle zu mir schauen. Zum Glück haben Kiki und Nynke es geschafft, Juno zu beruhigen.
Ich schaue Juno an, die neben mir im Bus sitzt. Sie ist immer noch leichenblass. »Es tut mir leid«, will ich sagen. »Es tut mir leid, dass ich nichts gemacht habe, als du so in Panik warst.«
Aber die Worte kleben an meinem Gaumen. Ich will es so gern sagen, aber ich kann es nicht. Was ist, wenn es falsch ankommt? Was ist, wenn sie mit Kiki über mich herzieht? Was, wenn die Schikanen wieder losgehen? Das würde ich nicht aushalten.
Viereinhalb Jahre lang haben sie mich auf meiner alten Schule schikaniert. Es begann mitten in der Orientierungsstufe. Zwei Mädchen hatten meine Schultasche in den Mülleimer geworfen, weil sie meine Hose hässlich fanden. Im Nachhinein betrachtet, hätte ich sie vielleicht ignorieren sollen, aber ich habe angefangen zu heulen. Ich war ein leichtes Opfer. Die Schikanen verbreiteten sich in der Klasse wie ein Virus. Alle wandten sich gegen mich. Beim Sport wurde ich geschubst, sie klauten mir meine Frühstücksdose aus der Tasche, zerstachen meine Fahrradreifen. Jede Aktion traf mich ins Herz, bis es vollends zerrieben war und ich nichts mehr spürte.
Und dann erzählten mir meine Eltern Ende letzten Jahres, wir würden umziehen. Papa hatte eine neue Stelle als Regisseur einer kleinen Theatergesellschaft in Amsterdam bekommen. Es wäre auch für mich ein Neustart, sagte er munter. Als würden meine Probleme nach dem Umzug auf einen Schlag verschwinden! In Gedanken sah ich sie nur immer größer werden: eine neue Klasse hieß neue Gesichter und damit neue Quälgeister. Papa sagte, er hätte angeboten, beim Musical an meiner neuen Schule Regie zu führen. »Dann kann ich deine neuen Freunde kennenlernen.« Gemeint hatte er natürlich: »Dann kann ich sehen, ob sie dich wieder hänseln.«
Aber die Spötteleien blieben aus. Im Gegenteil: Eines der beliebtesten Mädchen der Klasse wollte sich mit mir anfreunden. Mit mir! Erst dachte ich, ich wäre bei der »Versteckten Kamera« gelandet und der Moderator käme jeden Moment zum Vorschein, aber Kiki benahm sich weiterhin nett. Sie setzte sich in der Schulkantine neben mich, sie ging mit mir nach Hause, sie blieb zum Essen. Ich wusste nicht, wie mir geschah. Es war, als hätte Kiki das Vakuum aufgestochen, in dem ich viereinhalb Jahre gelebt hatte, und als könnte ich zum ersten Mal seit Jahren wieder frei atmen.
Der Bus fährt jetzt auf den Parkplatz eines flachen Backsteingebäudes.
»Pfui Teufel, ist das De Vliehorst?«, höre ich Kiki fragen.
Sie sitzt vor mir, neben Nynke. Ich hatte gehofft, sie würde sich neben mich setzen, aber sie hat die andere Reihe gewählt. Wahrscheinlich war es keine Absicht, und sie hat sich nur auf den erstbesten freien Platz gesetzt. Aber es fühlte sich trotzdem so an, als hätte sie sich für Nynke entschieden und nicht für mich.
»Ich fürchte schon«, sagt Nynke.
»Tsss, was für eine Bruchbude«, murmelt Kiki. »Sieht eher aus wie eine Kantine. Sollen wir ein Hotel buchen? Hier schlafe ich bestimmt nicht.«
Ich lehne mich vor und sage durch die beiden Sitzlehnen: »Ein Hotel? Das erlaubt die Leitung im Leben nicht.«
Kiki dreht sich um und schaut mich mit gerunzelten Augenbrauen an. »Nein, natürlich erlauben sie das nicht«, sagt sie. »Aber die erlauben uns auch eine Menge anderer Dinge nicht, du Schlaukopf.«
Es klingt ein wenig herablassend. Ich spüre, wie meine Wangen knallrot werden. Plötzlich komme ich mir mit meiner Bemerkung blöd vor. Werde ich es je lernen, das Richtige zu sagen? Kiki starrt mich weiterhin mit einem seltsamen Blick an. Gerade, als das Schweigen zwischen uns anfängt, ungemütlich zu werden, tönt eine Stimme durch den Bus: »Test, Test, hört ihr mich?«
Erleichtert sehe ich, dass Kikis Blick zu Herrn de Vries wandert, der mit einem Mikrofon vorn im Bus steht. Alle Lehrer haben sich vorne hingesetzt. Neben Herrn de Vries sitzt Herr Rijsterbos, unser Niederländischlehrer. Und dahinter Frau Bruins und Frau Aarsman.
»Können mich alle gut verstehen?«, fragt de Vries. »Der Busfahrer war so nett, uns nach De Vliehorst zu bringen, weil das Wetter so schlecht ist. Und sein Mikro darf ich auch benutzen.«
»Wollen Sie ein Lied singen?«, ruft Milan. »Wie wär’s mit Moves like Jagger?«
»Nette Idee, Milan, aber nein, da muss ich dich leider enttäuschen.«
»Soll ich es dann singen?« Milan stellt sich auf seinen Sitz. »Take me by the tongue and I’ll know you. Kiss me till you’re drunk and …«
»Genug, genug«, unterbricht ihn Herr de Vries. »Wenn du in Sport auch so engagiert wärst, stündest du jetzt nicht auf einer Fünf.«
»Aber Herr de Vries, vom Turnen bekommt er einen Schlappen«, ruft Tony. »Das wissen Sie doch bestimmt?«
Eine Lachsalve rollt durch den Bus. Ich sehe, wie Milan und Tony die Hände zum High Five zusammenschlagen. Die Überfahrt scheint schon wieder vergessen.
»Vielen Dank für diese Information, Tony«, sagt de Vries lächelnd. »Ich habe immer schon wissen wollen, wovon Milan einen Schlappen kriegt. Ich dachte eigentlich, von Mädchen.«
Es wird noch lauter gelacht. 1:0 für de Vries.
»Aber jetzt hört bitte mal alle zu«, fährt er fort. »Ich habe ein paar wichtige Mitteilungen zu machen.«
»Ab nächster Woche sind Sie krankgeschrieben und Sport fällt aus!«, schreit Tony.
»Es reicht jetzt!«, schnauzt Herr de Vries. Sein Lächeln ist verschwunden, und sein Blick wird hart. »Wer noch was sagt, den bringe ich höchstpersönlich zur Fähre zurück.«
Die Drohung wirkt, denn es wird still im Bus.
, flüstert eine Stimme in meinem Kopf.
Nein! Das stimmt nicht! Ich presse die Handflächen gegen meine Ohren, aber die Stimme fährt fort.
Warum, glaubst du denn, ist sie immer zu dir nach Hause gekommen? Nicht wegen dir, es ging ihr doch nur um deinen Vater.
Nein, nein, jammere ich innerlich.
Und jetzt, wo sie die Rolle hat, lässt sie dich fallen.
In meinem Kopf wird es still.
Meine Hände hängen schlaff herunter. Es fühlt sich an, als wäre ich gelähmt.
Irgendwo tief in mir spüre ich, wie etwas anfängt zu brodeln. Erst kann ich es nicht einordnen, aber dann weiß ich, was es ist: Wut. Wie Gift durchzieht sie meinen Körper. Wahrscheinlich hat sie schon jahrelang in mir geschlummert. Und jetzt ist sie aufgewacht.
Gott, wie ich Kiki hasse.
Sie hat mir Hoffnung gemacht. Hoffnung auf ein normales Leben. Und danach hat sie mich wie ein Insekt zertreten. Aber das wird ihr noch leidtun.