APOLLON Schriftenreihe zur Bildungsforschung
Band 1
Über die Autorin
Andrea Feddersen (geb. 1967) arbeitete nach ihrem Studium der Sozialpädagogik 1994 zunächst für sechs Jahre in der öffentlichen Jugendarbeit. Um sich weiter zu spezialisieren, studierte sie im Anschluss Multimedia Production an der Fachhochschule Kiel. Ab 2003 beschäftigte sie sich beruflich mit dem Themengebiet Medien und Bildung. Nach der Mitarbeit an E-Learning-Projekten im Fernunterricht gehörte sie ab 2005 zum Gründungsteam der APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft. In der Fernhochschule ist sie bis heute für den Bereich der Studienorganisation verantwortlich, der auch das e-mediale Lernen im Fernstudium umfasst. Im Jahr 2011 schloss sie den Masterstudiengang Educational Media der Universität Duisburg-Essen ab und befasst sich beruflich auch im Verband Forum DistancE-Learning mit Projekten zur Integration medialer Elemente in das Fernstudium. Die vorliegende Arbeit entstand als Masterthesis an der Universität Duisburg-Essen.
Die APOLLON Schriftenreihe zur Bildungsforschung wird herausgegeben vom Präsidium der APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft
Alle Rechte vorbehalten © APOLLON University Press, Bremen
1. Auflage 2012
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Projektmanagement und Lektorat: Corinna Dreyer, Bremen
Korrektorat: Imke Zimmermann, Bremen
Umschlaggestaltung und Layout: Ilka Lange, Hückelhoven
Satz: abavo GmbH, Buchloe
Druck und Bindung: Books on Demand GmbH, Norderstedt
Printed in Germany
ISBN: 978-3-943001-05-1
http://www.apollon-hochschulverlag.de/
Vorwort
Einleitung
1 Fernlernen ist medial – Grundlagen des Fernlernens und Stand der Forschung
1.1 Entwicklung des Fernlernens
1.2 Mobile Learning – eine neue Dimension des Fernlernens
1.3 Lernen überall? Grenzen und Herausforderungen im Mobile Learning
2 Fernstudienarrangements
2.1 Kompetenzvermittlung und -gewinn: Erkenntnisse des Mobile Learnings
2.2 Transaktionale Distanz
2.3 Nachhaltigkeit mediendidaktischer Innovationen
3 Einsatz von Tablet-Computern und E-Book-Readern im Bildungsbereich
3.1 E-Book-Reader im Bildungsbereich
3.2 Tablet-Computer im Bildungsbereich
3.3 Weiterentwicklung der Geräte
3.4 Das Potenzial von Tablet-Computern für die Gestaltung des Fernunterrichts am Beispiel des iPads
3.5 Das iPad und seine Möglichkeiten: Mobilität, Multimedialität und Bedienbarkeitsaspekte
3.5.1 Mobilität und Internetfähigkeit
3.5.2 Multimedialität
3.5.3 Bedienung und Applikationen
3.6 E-Books und E-Book-Formate: Merkmale und mediale Möglichkeiten am Beispiel EPUB
4 Das Nutzerinteresse: Erwartungen von Fernstudierenden an eine Integration von Tablet-Computern in das Fernstudium
4.1 Systematik und Methodik: Hintergrund und Auswahl der Stichprobe
4.1.1 Hintergrund der Befragung: Das Fernstudienmodell der APOLLON Hochschule
4.1.2 Aufbau der Befragung
4.1.3 Fragebogengestaltung: Hintergrundfragen (Fragenblock 1)
4.1.4 Fragebogengestaltung: Operationalisierung der Forschungshypothesen (Fragenblock 2)
4.1.5 Durchführung der Befragung
4.2 Befragungsergebnisse
4.2.1 Befragungsteilnehmer und -teilnehmerinnen
4.2.2 Ergebnisse der Hintergrundfragen
4.2.3 Kenntnisstand der Fernstudierenden in Bezug auf das iPad und seine Handhabung
4.2.4 Erwartungen und Wünsche der Fernstudierenden in Bezug auf die mediale Gestaltung eines Fernstudiengangs
4.3 Einschätzung der Attraktivität einer Einbindung des iPads in das Fernstudium
4.3.1 Vorstellungen und Erwartungen der Fernstudierenden in Bezug auf die Einführung und Begleitung eines iPad-Fernstudienangebots
4.3.2 Weitere Befragungsergebnisse zu organisatorischen Aspekten
5 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse: Empfehlungen für die Integration von iPads in das Fernstudium
5.1 Diskussion der Befragungsergebnisse
5.1.1 Bewertungen zur Untersuchung der Hypothese 1
5.1.2 Bewertungen zur Untersuchung der Hypothesen 2.1 und 2.2
5.1.3 Bewertungen zur Untersuchung der Hypothese 3
5.2 Empfehlungen für die Integration des iPads in das Fernstudium vor dem Hintergrund der Studierendenbefragung
5.3 Empfehlungen für die didaktische Konzeption
5.3.1 Empfehlungen vor dem Hintergrund von Mobile-Learning-Erfahrungen
5.3.2 Verringerung der transaktionalen Distanz
5.3.3 Nachhaltigkeitsaspekte
5.3.4 Potenzial des E-Book-Formats: Ergänzung der Studienhefte um multimediale Möglichkeiten
6 Schlussbetrachtung
Anhang I
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Register
Anhang II
Verwendeter Fragebogen
Begriffe wie Multimedia, virtuelles Lernen, Blended Learning und mobiles Lernen werden derzeit häufig genannt, um den Wandel im Bildungsbereich zu beschreiben. Mobile Multimedia-Geräte vereinen dabei Optionen, die in Schule, Aus- und Weiterbildung ihren Einsatz im Bildungssektor finden werden – die Frage ist nur: in welcher Form?
Das iPad, welches seit Januar 2010 auf dem Markt ist und seitdem für viele seiner Nutzer kaum mehr wegzudenken, bietet als Arbeitsinstrument interessante neue Möglichkeiten. Gleiches gilt für seinen Einsatz als Lehr-und Lernmedium. Doch nicht nur das iPad, sondern auch viele andere Medien wurden mit ihrer Entstehung auch auf ihre Tauglichkeit für die Lehre getestet, angefangen bei Orbis pictus von Comenius als erstes Bildwörterbuch und Anschauungsmedium zur Strukturierung des Lernprozesses durch die Verknüpfung von Text und Bild. Schallplatten wurden genutzt, um den auditiven Kanal anzusprechen, und kamen nicht nur zur Musikwiedergabe, sondern auch als Instruktionsmedium zum Einsatz; im Sprachunterricht der Suggestopädie sogar mit Musik kombiniert.
Mit der Verbreitung von Fernsehern gab und gibt es die Möglichkeit, Bild und Ton zu übertragen und beispielsweise im Rahmen von Telekollegs Lektionen in Deutsch, Mathematik, Sprachen und Naturwissenschaften in die Wohnzimmer der Lerner zu senden. Besondere mediendidaktische Formate waren in diesem Kontext zunächst präsentierte Exempel und Grundsätze, die durch Begleitaufgaben tiefer verarbeitet werden konnten. Heute stellt interaktives Begleitmaterial eine Erweiterung des Formats dar.
Der Computer fand seinen Einsatz zunächst zentral als Großrechner in Laboren, später dann verbreiteten sich Personal Computer in privaten Haushalten. Insbesondere die Möglichkeiten der PCs, ein gewisses Maß an Interaktion und Feedback zu gewähren, schienen der Lehre dienlich zu sein.
Mit der Vernetzung von Computern entwickelte sich Web Based Training als neues Format, welches den Vorteil bietet, Interaktion und somit Gruppendynamik zuzulassen. Und sobald der Computer Taschenformat erlangte, war mobiles Lernen die klare Konsequenz.
Die Eigenart des Smartphones wiederum, ein kleines Display und die im mobilen Umgang häufig herabgesetzte Datenrate, verlangten nach einem eigenen Format für Lektionen. Learning Nuggets, kleinste Einheiten, meist zur Wiederholung von Gelerntem, erweisen sich hier als besonders erfolgreich.
Der Tablet-PC, exemplarisch das iPad, weist wiederum abweichende spezifische Merkmale auf, die für seine mediendidaktische Tauglichkeit genau evaluiert werden müssen. Möglichkeiten der Multimedialität, Interaktivität, Vernetzung und gestenbasierten Bedienung implizieren bestimmte Lernerfahrungen und Übungsformen. Nicht zu vergessen ist dabei die Portabilität der Tablet-PCs, die gleichzeitig Zugriff auf geordnete Information im großen Umfang gewähren – dazu noch mit erheblichem Unterhaltungsfaktor. So kommt es, dass viele Nutzer behaupten, das Gerät dringend zu benötigen, obwohl es bis vor zwei Jahren noch gar nicht existierte … (so z. B. gehört auf dem eHealth-Kongress 2011 in Berlin).
Eine Nutzungsstatistik der Internet World von 2012 besagt (vgl. Internet World, 05/2012, S. 19), dass Tablet-PCs bevorzugt in bestimmten Alltagsszenarien verwendet werden, nämlich vorrangig auf der Couch, zum Verarbeiten von E-Mails oder zum Spielen. Die Prognose, dass das Gerät ohne Weiteres erfolgreich Einzug in die Lehre halten wird, sollte daher vielleicht kritisch betrachtet werden.
Ein Erfolgsschlüssel können gesicherte Qualitätsstandards sein. Diese aber für den jeweiligen Nutzungskontext gezielt aufzustellen, erfordert genaues Hinsehen. Bezogen auf die Situation des Fernstudiums stellt sich die Frage: Was brauchen und was erhoffen sich Lerner im Fernunterricht?
Wie die Forderungen der Lernenden mit den besonderen Eigenschaften, den Vorzügen und ggf. auch Grenzen des Tablet-PCs verquickt werden können, ist dringend zu klären. Glücklicherweise gibt diese Arbeit gute Antworten darauf.
Viel Freude beim Erkunden!
Kiel, im März 2012
Dr. Franziska Uhing
Professorin am FB Medien der Fachhochschule Kiel
Das iPad der Firma Apple stellte 2010 in der Entwicklung von E-Book-Readern eine Innovation dar: Das Kommunikationsgerät aus der Klasse der Tablet-Computer1) kann nicht nur Bücher in elektronischer Form speichern und gut lesbar wiedergeben, sondern verfügt über weitere mediale und interaktive Eigenschaften, die es zu einer neuartigen Kombination aus Notebook und E-Book-Reader machen. Multimedialität, Mobilität, Einfachheit der Bedienung, Internetfähigkeit und weitere für ein Studium interessante Funktionalitäten (z. B. in Form von Apps2)) ergänzen beim iPad die Vorteile herkömmlicher E-Book-Reader, die als dezidierte Lesegeräte entwickelt wurden. Der Tablet-Computer ist gleichzeitig wesentlich kleiner und leichter als ein Notebook und bietet damit gute Voraussetzungen für einen mobilen Einsatz. Das iPad wird in dieser Arbeit als Stellvertreter einer Generation moderner Tablet-Computer verstanden.
Zeitgleich mit E-Book-Readern entwickelten sich Formate digitalisierter Publikationen, die sich multimedial anreichern lassen und spezifische lernunterstützende Funktionen beinhalten können. Diese sogenannten E-Books bieten gute Lesbarkeit kombiniert mit individuellen Bearbeitungsmöglichkeiten sowie eine hohe Anschaulichkeit. Sie erlauben die Kombination von Text- und Internetressourcen und lassen sich somit auch für anspruchsvolle Bildungskonzepte nutzen.
Die Erfindung des iPads in Verbindung mit E-Books bedeutet für den Bildungsbereich eine Erweiterung des didaktischen Spielraums. Mit den E-Book-Formaten kann auf dem iPad angebotenes Lernmaterial nachhaltig und multimedial aufbereitet werden. Darüber hinaus ist das iPad durch seine technischen Parameter, insbesondere seine Portabilität, für einen mobilen Einsatz sehr gut geeignet und wird vor allem für klassische Fernstudienszenarien attraktiv, bei denen mobiles oder auch allgegenwärtiges Lernen im Mittelpunkt steht. Durch den Einsatz von iPads kann das in Fernstudienangeboten eingesetzte printmediale Studienmaterial im E-Book-Format angeboten und medial ergänzt sowie konzeptionell neu eingebettet werden. Infolgedessen stößt das neu entwickelte, einfach zu bedienende Gerät nicht nur im Bildungssektor im Allgemeinen, sondern insbesondere im Kontext des Fernlernens auf Interesse. Für diesen Bereich bedeuteten Fortschritte der Kommunikationsmedien schon häufiger eine Chance für eine konzeptionelle Weiterentwicklung (vgl. Lehmann, Dieckmann, 2011, S. 34).
Vor diesem Hintergrund befasst sich diese Arbeit mit folgender Forschungsfrage :
Welche didaktischen und organisatorischen Rahmenbedingungen müssen gegeben sein, um eine sinnvolle Einbindung des iPads in ein Fernstudienangebot zu erreichen?
Gerade für Fernstudienanbieter, die erwägen, spezifische Bildungsmaßnahmen unter Einbeziehung des iPads zu konzipieren, ist die Frage nach dem Potenzial einer solchen Implementation interessant und soll am Beispiel des Fernunterrichtsangebots der APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft in Bremen erörtert werden. Unter Einbeziehung einer Befragung von Fernstudierenden werden außerdem Empfehlungen für die konzeptionelle, didaktische und organisatorische Integration von Tablet-Computern am Beispiel des iPads in das Fernstudienangebot entwickelt und es wird geklärt, welche Erwartungen die Fernstudierenden an eine solche Einbindung haben.
Ausgangspunkt der Forschungsfrage sind folgende Hypothesen:
Hypothese 1: Studierende erwarten multimediale Elemente in ihrem Fernstudium und in den Studienmaterialien.
Mithilfe der ersten Hypothese wird überprüft, inwieweit Fernstudierende eine Anreicherung ihrer Studienmaterialien durch multimediale Elemente erwarten bzw. eine generelle Integration von multimedialen Elementen in ihr Fernstudium wünschen. Dabei werden die Befragungsteilnehmer und -teilnehmerinnen zu einer möglichen medialen Ergänzung des bislang in erster Linie in Printform vorliegenden Studienmaterials, aber auch zu Kommunikationsaspekten befragt. Angenommen wird hier, dass die Fernstudierenden die im Alltag erlebte Vielfalt und schnelle Entwicklung der medialen Möglichkeiten3) auch in einem Fernstudienangebot nutzen möchten.
Hypothese 2.1: Die Integration eines iPads in das Konzept eines Fernstudienangebots steigert die Attraktivität des Angebots aus Sicht der Studierenden.
Die Befragung soll außerdem überprüfen, ob die Studierenden eine Integration des iPads als Bereicherung für ihr Fernstudium empfinden würden. Das spezifische Potenzial des Tablet-Computers, das dieser Hypothese zugrunde gelegt wird, liegt in der Kombination seiner Geräteeigenschaften, die auf Multimedialität und Mobilität ausgelegt sind.4) Das zudem sehr positive Image des iPads in den Medien trägt ggf. an sich schon zur Attraktivität bei.5)Die Ergebnisse der Befragung könnten als Indikator für die Akzeptanz eines derartigen Fernstudienangebots genutzt werden.
Hypothese 2.2: Studierende sind bereit, für ein Fernstudienangebot mit einem iPad einen höheren Preis zu bezahlen.
Diese Hypothese will die Akzeptanz eines derartigen Studienangebots mithilfe eines wichtigen Indikators konkretisieren: Die monetäre Bewertung des Angebots durch die Studierenden könnte sich als aussagekräftig für die Einschätzung des Nutzens erweisen, den sie dieser Neuerung beimessen. Nach Untersuchungen der Stiftung Warentest finanzieren 88 % der Fernlernenden ihre Weiterbildung selbst (vgl. Stiftung Warentest, 2011, S. 1). Die hinter der Hypothese stehende Überlegung ist, dass eine zusätzliche finanzielle Belastung durch die Integration eines iPads ein Entscheidungskriterium zuungunsten eines Fernunterrichtsanbieters darstellen könnte.
Hypothese 3: Studierende erwarten in einem Fernstudium mit integriertem iPad eine Schulung in Bezug auf die Nutzung.
Die dritte Hypothese soll am Beispiel einer Schulung prüfen, welche organisatorischen Bedingungen aus Sicht der Fernstudierenden einen Einstieg in ein iPad-gestütztes Fernstudium erleichtern würden. Zum Zeitpunkt der Arbeit ist das iPad seit etwas mehr als einem Jahr erhältlich. Obwohl der Tablet-Computer nach Herstellerangaben sehr einfach zu bedienen ist6), stellt er bei Integration in einen Fernstudiengang für viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Neuerung dar, die Schulungsbedarf nach sich ziehen könnte.
Vorgehensweise
Zu Beginn der Arbeit erfolgt eine Darstellung der Grundlagen und der Entwicklung des Fernlernens, um die besonderen Bedingungen in diesem spezifischen Bereich der Aus- und Weiterbildung zu erläutern. Dabei stehen die Auswirkungen medialer Innovationen sowie die neueste Entwicklung im Fernlernen, das Mobile Learning, im Fokus der Darstellung. Das zweite Kapitel dient der Untersuchung relevanter didaktischer Theorien für die Gestaltung medialer Fernstudienangebote. Das dritte Kapitel befasst sich mit den Erfahrungen, die mit dem iPad und verwandten Kommunikationsgeräten im Bildungsbereich bereits gemacht wurden, und untersucht das Potenzial des iPads und des E-Book-Formats für das Fernstudium. Das Nutzerinteresse steht im Mittelpunkt des vierten Kapitels. Eine quantitative Befragung unter Fernstudierenden soll den Blickwinkel der Zielgruppe im Hinblick auf die Hypothesen dieser Arbeit und andere verwandte Fragestellungen erschließen. Im anschließenden Kapitel fünf folgen die Diskussion der Befragungsergebnisse sowie Empfehlungen für die didaktische Überarbeitung des Fernstudienmaterials und für eine konzeptionelle und organisatorische Integration des iPads in das Fernstudium.
Mithilfe der Betrachtung aller Aspekte wird eine gute Grundlage für die Konzeption von iPad-gestützten Fernstudienangeboten gewonnen. Zudem wird eine Einschätzung möglich, inwiefern diese mit den Wünschen und Erwartungen der Fernstudierenden korrespondierten.
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1 Unter einem Tablet-Computer wird ein Rechner verstanden, „der sich von herkömmlichen Computern vor allem dadurch unterscheidet, dass der Bildschirm gleichzeitig Ein- und Ausgabegerät ist. Die Bedienung erfolgt entweder durch Berührung mit den Fingern oder durch die Verwendung spezieller Stifte“ (Sjurts, 2011, S. 587).
2 Der Begriff App steht für Applikation und beschreibt eine Anwendungssoftware, die einen begrenzten Funktionsbereich umfasst (z. B. die Bearbeitung von Fotos).
3 Im Rahmen dieser Arbeit wird der Begriff Multimedia in seiner Mehrdeutigkeit verstanden und verwendet: Zum einen fällt darunter die multimediale Umsetzung inhaltlicher Bestandteile (z. B. animierte Grafiken), zum anderen umfasst der Begriff die in einem Bildungsangebot eingesetzten medialen Interaktionsmöglichkeiten (z. B. E-Mail) und schließlich auch die physischen Medien (z. B. Computer), die in einem Bildungskonzept genutzt werden.
4 Eine Darstellung der spezifischen Eigenschaften des iPads findet sich in Kapitel 3 dieser Arbeit.
5 Das positive Image des iPads zeigte sich z. B. dadurch, dass in den USA bereits vor seinem Erscheinen Käufer vor den Apple-Stores zelteten, um sich ein Gerät zu sichern. Das Erscheinen dieses Geräts wurde von vielen Medien begleitet (vgl. Seifert et al., 2010, S. 1).
6 Insbesondere die einfache Multitouch-Bedienung über die Oberfläche erleichtert laut Apple die Bedienung des Geräts (vgl. Apple.com, 2011a).
Fernunterricht oder allgemeiner Fernlernen stellt eine spezifische Lernform dar, die zum Einsatz kommt, wenn Lernende und Lehrende nicht gleichzeitig am gleichen Ort sein können. Es geht dabei darum, Lerninhalte über die Distanz zu vermitteln. Dies kann unterschiedliche Gründe haben und betrifft z. B. das Regelschulsystem in Flächenstaaten wie Australien, in denen die Bevölkerungsdichte mancher Landesteile so gering ist, dass sich der Betrieb von allgemeinbildenden Schulen nicht lohnt. Hier bot und bietet das Fernlernen über verschiedene Kanäle, z. B. über Funk, Fernsehen, Radio und Internet, die Möglichkeit, Bildungsinhalte über weite Entfernungen zu vermitteln. Doch auch in der Weiterbildung spielt Fernlernen eine entscheidende Rolle: In Deutschland ist Fernunterricht ein nicht zu unterschätzender und wachsender Bildungsbereich, dessen Wachstumsraten vermutlich auf einen Weiterbildungsbedarf bei gleichzeitiger Berufstätigkeit zurückzuführen sind. Im Jahr 2009 nahmen hierzulande mehr als 350.000 Personen an einer Form des Fernunterrichts teil (vgl. Forum DistancE-Learning, 2010, S. 16).
Fernlernen ist keine statische Lernform, sondern fortwährend einem Wandel unterworfen. Schon die sich im Laufe der Zeit ändernden Begrifflichkeiten in diesem Bereich der Bildung deuten auf eine stetige Weiterentwicklung hin. Zu Beginn der Entstehung (vgl. auch Kap. 1.1) sprach man aufgrund der postalischen Vermittlung der Lerninhalte vom Korrespondenzlernen. Heute gibt es Konzepte wie das Mobile Learning, worin ebenfalls das Lernmedium zum Ausdruck kommt (Lernen mit mobilen Endgeräten, abgeleitet von Englisch für „Handy“ = „mobile“). Technische Weiterentwicklungen waren und sind häufig begleitend oder auch ursächlich an diesen Veränderungen beteiligt. Nach und nach entstanden neue Kommunikationskanäle und -medien, die für den pädagogischen Diskurs genutzt werden konnten und damit die Distanz zwischen Lernenden und Lehrenden reduzierten. Heutige Anbieter im Bereich des Fernlernens können sich eine Vielfalt technischer Entwicklungen zunutze machen, um den Lernenden einen didaktisch adäquaten Medienmix anzubieten. Es stellt sich somit die Frage, ob auch das iPad mit seinen spezifischen Eigenschaften als neuestes Kommunikationsmittel Einfluss auf das Fernlernen haben wird.
Im Folgenden werden zunächst die Entwicklung und das Wesen dieses Bildungsbereichs genauer beschrieben.
Bei der Entwicklung des Fernlernens bestand von Beginn an die Notwendigkeit, sich medialer Mittel zu bedienen, um Distanzen zwischen Lehrenden und Lernenden zu überwinden. Die Rolle des direkt Lehrenden muss dabei mithilfe von Medien substituiert werden. Zawacki-Richter fasst diesen Zusammenhang wie folgt zusammen:
„Für das Fernlernen ist charakteristisch, dass Lernende und Lehrende räumlich (und zeitlich) voneinander getrennt sind. Lernprozesse werden daher durch Medien überhaupt erst ermöglicht.“ (Zawacki-Richter, 2011, S. 2)
Ein weiteres Merkmal des Fernlernens ist hier bereits implizit enthalten: Die spezifische Situation der Lernenden, die in der Regel allein und individuell lernen. Aus dieser Lernkonstellation ergeben sich verschiedene Konsequenzen für das didaktische Design insbesondere im Hinblick auf Motivationsförderung. Dieser Zusammenhang wird in Kapitel 2.2 näher betrachtet.
Mit der Verbreitung des Buchdrucks und der einsetzenden Industrialisierung erlangten Fernunterrichtskonzepte größere Wirksamkeit, da durch technische Hilfsmittel die Distribution von Wissen ermöglicht wurde. Die Erfindung des Buchdrucks soll hier daher der zeitliche Ausgangspunkt für die Betrachtung der Entwicklung des Fernlernens sein (vgl. Zawacki-Richter, 2011, S. 3 f.). Die erste, durch die Drucktechnik verwirklichte Entwicklungsstufe des Fernlernens wird als Korrespondenz-Generation bezeichnet. Das Lernen fand dabei im Stil eines Briefwechsels statt. Die Entfernung zwischen Lehrenden und Lernenden wurde per Post mit gedruckten Lehrmaterialien überbrückt und auch die Antworten und Lösungen der Lernenden erfolgten postalisch. Durch die Erfindung des Buchdrucks konnten Bildungsinhalte mit den damit verbundenen Vervielfältigungs- und Gestaltungsmöglichkeiten weitaus müheloser und in standardisierter Qualität an große Zielgruppen verteilt werden (vgl. Zawacki-Richter, 2011, S. 3 f.).
Die nächsten signifikanten Entwicklungssprünge im Fernlernen wurden Anfang des 20. Jahrhunderts durch die Erfindung des Radios und – wenig später – des Fernsehgerätes ausgelöst. Diese Kommunikations