Sandra Grimm
Die Knallerbsenbande
Das Opa-Abenteuer
Mit Illustrationen von Meike Haberstock
Die Knallerbsenbande im Carlsen-Verlag:
Die Knallerbsenbande (Band 1)
Die Knallerbsenbande – Das Opa-Abenteuer (Band 2)
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Alle deutschen Rechte bei © 2017 Carlsen Verlag GmbH, Hamburg
Umschlag- und Innenillustrationen © 2017 Meike Haberstock
Umschlagtypografie: formlabor
Lektorat: Franziska Leuchtenberger
Ebook-Umsetzung: Zeilenwert GmbH
ISBN: 978-3-646-92935-5
Erster Freitag
Wenn man berühmt ist, macht das Leben viel mehr Spaß.
Nachdem wir in den Sommerferien den verschwunde-
nen Jäger gerettet hatten, waren wir Helden. Das merk-
ten wir auch innerlich. Wir waren jetzt ja viel cooler. Wir
schauten wie Helden, wir gingen wie Helden, wir lehn-
ten an der Schulmauer wie Helden.
Wenn wir morgens vor der Schule ankamen, erwarte-
ten uns schon Kinder, um unsere Räder wegzustellen. Ab
und zu hörten wir jemanden tuscheln: »Da, die Knallerb-
senbande!« Dann lächelten wir mit einer Mundhälfte –
die andere blieb cool.
Sogar die Lehrer waren beeindruckt. In den ersten
Wochen ließen sie uns alles durchgehen – zu spät kom-
men, Hausaufgaben vergessen, alles kein Problem. Es
gab nur drei Menschen, die uns nicht bewunderten: die
Ziegenjungs.
Olli, Jonas und Leon gehen in unsere Nachbarklasse.
Sie verdanken ihren Namen der Straße, in der sie woh-
nen, und außerdem passt er gut, weil sie einfach dämlich
sind. Obwohl das vielleicht eine Beleidigung für die Tie-
re ist, denn die Ziegenjungs sind ganz bestimmt viel, viel
dämlicher, als Ziegen es je sein könnten.
An dem Tag, an dem unser zweites Abenteuer be-
gann, hockten wir Knallerbsen auf dem Klettergerüst
der Schule und knabberten Erbsen. Dabei musste man
höllisch aufpassen, dass man in die richtige Tasche griff.
Denn jeder von uns hatte die Knabbererbsen in einer
Tasche und die Schießerbsen in der anderen. Und wenn
man aus Versehen mit Schwung auf die Schießerbsen
beißt, zerknackt es einem fast das Gebiss.
»Autsch, verdammich!«, brüllte Muckel dann auch
schon zum zweiten Mal an diesem Tag, weil er sich mal
wieder vergriffen hatte.
Matti bewarf ihn lachend mit einer Knabbererbse.
»Du Depp!«, grölte er liebevoll.
Muckel fing die Erbse und steckte sie sich in den Mund.
Fangen konnte er, dass musste man ihm lassen. Dann
prokelte er mit dem Finger im Mund herum. »Oh Mann,
ich glaube, die blöde Erbse hat meinen Zahn gekillt.«
Ich kicherte.
»Echt jetzt«, stöhnte Muckel.
»Von wem sind die Erbsen denn diesmal?«,
fragte Jolle schmatzend.
Seit unserem spektakulären Ruhm buken
unheimlich viele Leute Kichererbsen zum
Knabbern für uns. Dabei ließen sie sich echt was ein-
fallen: Neben Curry- und Paprikaerbsen hatte es auch
schon Vanille- und Pfefferminzgeschmack gegeben – und
einmal sogar Schokoerbsen. Die schmeckten aber eklig.
»Die sind von Opa Eddi«, erklärte Matti.
»Dein Opa kann kochen?«, fragte Jolle erstaunt.
»Klar, wieso denn nicht?«, gab Matti zurück. »Die
Männer aus unserer Familie können alles.«
»Außer rülpsen«, kicherte Muckel und duckte sich
rasch hinter Jolle.
Das stimmte. Rülpsen konnte Matti wirklich nicht,
was ihn ungeheuer ärgerte. Wir hatten schon manchen
Abend lang versucht es ihm beizubringen. Cola soll ja
dabei helfen, also kippten wir ein Glas nach dem anderen
hinunter. Wir anderen drei rülpsten wie verrückt, aber
Matti kriegte jedes Mal nur einen knallroten Kopf. Und
seit er sich einmal nach zwei Litern Cola in den Gummi-
baumkübel meiner Mutter übergeben hatte, ließen wir
es. Der Gummibaum stand seitdem im Garten. Matti
hatte meiner Mutter erzählt, frische Luft sei für Gummi-
bäume eine Wunderkur.
Normalerweise regte Matti sich auf, wenn wir ihn da-
mit ärgerten, diesmal zuckte er nur mit den Schultern.
Dann verfinsterte sich sein Gesicht. »Seht mal, wer da
kommt«, brummte er.
Die drei Ziegenjungs schlenderten über den Schulhof
zu uns herüber. Vielleicht denkt ihr, man könnte denen
einfach ein fieses »Mä-ä-ä!« entgegenmeckern – dann
wisst ihr wohl nicht, dass der magere Olli dafür mal ei-
nen Viertklässler so gegen die Wand geschubst hat, dass
der danach einen dicken Verband auf der Nase brauchte.
Und das sah so blöde aus, dass es keiner von uns riskieren
wollte.
Nun blickten die Ziegenjungs zu uns hoch.
»Hey, da hocken die depperten Knallfrösche!«, brüllte
Olli und drehte sein doofes schwarzes Käppi nach hin-
ten. Als ob das toll aussehen würde!
»Bestimmt fangen sie gleich an zu quaken!«, grölte
Leon.
Olli stieß ihn in die Seite und zeigte auf den schmat-
zenden Muckel. »Nee, seht nur, sie fressen wieder ihre
Knallerbsen.«
Jetzt brüllte Jonas: »Na, dann explodieren sie ja viel-
leicht bald, das wär mal ein Glück für uns!« Unsere Beine
zuckten. Unsere Fäuste auch. Und unsere Zähne hätten
einen ganzen Baumstamm zermahlen können. Doch un-
sere Gesichter blieben cool.
Matti lehnte sich vor und sagte: »Hat da jemand was
gesagt? Ach, die kleinen Schisser. Geht nach Hause ins
Babybettchen. Wer so brüllt, kriegt bestimmt auch noch
ein bisschen Milch vorm Schlafen.«
Jolle gluckste. Muckel grunzte. Und ich sah Matti ver-
wundert an. Babybettchen? Was war denn das für ein
Schwachsinn? Dann platzten wir los. Wir drei schrien
vor Lachen und wälzten uns auf dem Gerüst. Und ei-
gentlich lachten wir nicht über die Ziegenjungs, sondern
über Matti.
»Das war echt arm«, quetschte Jolle hervor. Dann
musste er sich wieder die Seiten halten.
Die Ziegenjungs kapierten gar nichts und wurden to-
tal sauer, weil wir sie scheinbar auslachten. Und als dann
beim Herumwälzen auch noch Muckels Jackentasche
platzte und sämtliche Erbsen daraus hervorsprangen
und den Ziegenjungs auf die Köpfe prasselten, war es
eindeutig: Dies war eine Kampfansage.
»Wie ihr wollt«, knurrte Olli, nickte den anderen zu
und stapfte davon.
»Mensch, ihr seid echt bescheuert«, fauchte Matti,
der immer noch finster vor sich hin stierte. »War's nicht
schön, einfach nur Helden zu sein? Jetzt hauen uns die
Ziegenjungs sicher bald in die Pfanne.«
»Wir sind bescheuert?« Jolle richtete sich auf. »Du hast
doch so einen beknackten Schwachsinn gelabert, Mann!«
»Wieso ich?«, fragte Matti verwirrt.
»Na, von wegen Milch und Babybett. So was sagt man
im Kindergarten, ey!«, stimmte ich Jolle zu.
Matti sah mich erstaunt an. Dann kriegte er einen
Lachanfall. Aber da musste er allein durch, wir anderen
waren schon fertig und warteten nur, bis Matti sich beru-
higte. Doch da klingelte es zur nächsten Stunde und wir
konnten erst mal nicht mehr besprechen, was wir gegen
die Ziegenjungs unternehmen wollten.
Für den Freitagnachmittag hatten wir uns bei Mattis Opa
Eddi angemeldet. Um kurz nach zwei bremsten wir mit
den Knallerbsenrädern vor der Altenhütte. »Senioren-
residenz an den Auen« stand auf dem großen Schild an
der Straße. Eigentlich war es ein ganz normales Heim
für alte Leute. Opa Eddi hätte auch bei Mattis Eltern
wohnen können, aber das wollte er nicht. »Das gibt nur
Zoff«, meinte er. »Außerdem gibt's da keine weisen alten
Herrschaften wie mich. Ich brauche doch Leute, die zu
mir passen.«
Davon hatte er in der Altenhütte jedenfalls haufenwei-
se. Wir staunten jedes Mal, wie viele Falten alte Leute
haben konnten. Langsam schoben wir die Räder ums
Haus herum in den Garten. Hier war es voll, wie immer,
wenn die Sonne schien. Wir wichen der eleganten weiß-
haarigen Dame aus, die vergnügt ihren quietschenden
Rollwagen vor sich herschob.
»Hallo Jungs«, grüßte sie. Die alten Leutchen hier sind
echt nett.
»Hallo Frau Stedemann«, antwortete Matti höflich.
Dann hielten wir Ausschau nach Mattis Opa. Es war
gar nicht so leicht, ihn zu finden, weil in den vielen
Beeten eine Menge Hintern in die Höhe ragten und die
dazugehörigen weißhaarigen Köpfe irgendwo unten in
den Pflanzen unter riesigen Strohhüten verborgen wa-
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