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Ich widme dieses Buch Erik Bisanz,
er weiß genau warum.
© Piper Verlag GmbH, München 2020
Illustrationen: Sven Binner (nach Vorlage von Christiane Stella Bongertz: Bewusstseins-Eisberg, Spiel, Sigille, Schnittmenge, magisches Labyrinth)
Tarotkarten: Historic Collection / Alamy Stock Foto
Covergestaltung: FAVORITBUERO, München
Covermotiv: Gregor Hohenberg
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Stell dir vor, die einzige Nahrung, die du kennst, ist Fast Food. Der einzige Ort, an dem du Nahrung zu dir nimmst, ist ein Schnellrestaurant. Dabei wirst du nicht nur satt. Es schmeckt dir sogar, du hast Lieblingsgerichte, die du besonders gerne isst. Vielleicht stellst du fest, dass es dir körperlich nicht so richtig gut geht, aber auf die Idee, dieses Unwohlsein mit deiner Ernährung in Verbindung zu bringen, kommst du nicht. Denn du siehst keine Alternative. Diese Art und Weise, dich zu ernähren, gehört zu deiner Welt, wie du sie kennst.
Doch einige der anderen Gäste im Schnellrestaurant – nicht viele – haben ein Gefühl, dass es noch mehr geben muss. Eines Tages wagen diese Menschen sich nach draußen. Ohne zu wissen, wonach sie eigentlich suchen, gehen sie los, auf eine Expedition. In der unbekannten Welt da draußen treffen sie auf ein anderes Restaurant. Das, was es dort gibt, sieht völlig anders aus. Es riecht anders. Es ist nicht eingewickelt oder eingeschweißt. Es hat ungewohnte Formen und Farben. Ein Teil der Neugierigen, dieser Erforscher fremder Welten, wird diese seltsamen Dinge gar nicht als Essen wahrnehmen. Nahrung, wie sie sie kennen, sieht ja anders aus. Vielleicht fürchten sie sich sogar davor und laufen zurück in das ihnen bekannte Schnellrestaurant.
Aber ein paar der Expeditionsteilnehmer bleiben. Sie fragen sich: Könnte das Nahrung sein? Eine andere Form? Ich probiere das mal! Diese Menschen werden ein Aha-Erlebnis haben. Sie müssen nicht unbedingt mögen, was sie essen (das Lokal, auf das sie zufällig getroffen sind, muss ja kein Sternerestaurant sein), aber sie stellen fest: Nahrung ist auch noch etwas anderes als das, was ich kenne! Wenn es das hier gibt, könnte es auch sein, dass es da noch viel mehr gibt! Mit dieser Erkenntnis öffnet sich die Tür zu einer ganz neuen Wirklichkeit. Die Welt erweitert sich, noch bevor die Neugierigen diese anderen Möglichkeiten ausprobiert haben. Sie wird erst recht größer, wenn sie sich dann auf die Suche machen und nach und nach all die wunderbaren Gerichte dieser Welt ausprobieren. Sushi, scharfe Currys, frische Salate mit Gemüsen, die sie nie zuvor gesehen haben, Spaghetti und Pizza, Enchiladas und Tortillas, Früchte, die am anderen Ende der Welt wachsen, Tapas, Blini, Baguette und was es sonst noch alles so gibt. Die Wirklichkeit des Essens ist mit einem Mal viel bunter, spannender und natürlich schmackhafter. Dadurch bekommen die Neugierigen die Möglichkeit, genau das Essen zu finden, das sie am liebsten mögen und das ihrem Körper am besten bekommt. Sie gewinnen Zugang zu Vitaminen und wichtigen Nährstoffen und damit zu besserer Gesundheit. Das heißt nicht, dass sie nie wieder Fast Food essen dürfen. Aber sie haben eine neue Sicht auf ihre bisherige Wirklichkeit bekommen. Sie können vergleichen. Sie können wählen. Sie sind frei.
Nun gibt es aber auch die nicht so Mutigen. Die bleiben im Fast-Food-Restaurant. Die sind nicht immer glücklich mit ihrem Essen, aber das ist immerhin das, was sie kennen. Das Sichere. Sie stellen sich lieber gar nicht die Frage, ob es noch mehr gibt. Sie haben Angst rauszugehen, denn vielleicht ist es dort gefährlich. Außerdem gibt es im Schnellrestaurant die Zögerlichen, die schon gerne einmal etwas anderes probieren würden, aber die nicht wissen, wo und wie.
Jetzt ist es gut, wenn es einen Wundermacher gibt.
Ein Wundermacher nimmt Ängstliche und Zögerliche an die Hand und sagt: »Kommt mal mit, nur Mut! Ich zeige euch was!« Er führt die Furchtsamen ebenso wie die Unschlüssigen sicher in und durch das Unbekannte. Er gibt Hilfestellung. So lange, bis den Zögerlichen der köstliche Duft nie gekannter Leckereien in die Nase steigt. So lange, bis sich die Angst in Neugier wandelt und die Menschen von allein weitergehen.
So ein Wundermacher, der bin ich.
Ich möchte auch dich an die Hand nehmen und dir zeigen, in welch magischer Welt voller Wunder wir leben. Natürlich geht es dabei nicht (nur) um Essen. Und natürlich sitzt du (wahrscheinlich) nicht tatsächlich im Fast-Food-Restaurant. Die Geschichte war nur eine Metapher. Aber wenn ich »Wunder« sage, meine ich auch welche: Ich möchte dir zeigen, wie du überall wahre Wunder erleben und wirken kannst. Ich möchte dir zeigen, dass du der Magier deiner Welt bist. Dass es viel mehr zu staunen und zu entdecken gibt, als du dir je vorstellen konntest. Und ich will dir zeigen, wie du die Welt verzaubern kannst. Deine eigene und die anderer Menschen. Vielleicht wusstest du es noch nicht, aber: Jeder kann zaubern! Auch du!
Wie das geht und wie du dein ganz persönliches magisches Glück findest, das wirst du in diesem Buch lernen. Es klingt paradox, aber ich weiß aus eigener Erfahrung: Erst wer im Zustand der Verzauberung lebt, hat eine gesunde Beziehung zur Realität. Wir alle brauchen Magie wie Vitamine.
Wir alle – ob ängstlich oder nicht – machen es uns manchmal im Bekannten ein bisschen zu bequem. Auf das, was uns stört, wovon wir träumen oder wonach wir uns sehnen, legen wir – bildlich gesprochen – ein paar weiche Kissen. So sehen wir es nicht und stoßen uns nicht dran.
Darum ist es wichtig, dass ab und zu jemand kommt und sagt: »Hey, komm mit raus. Wir spielen erst mal nur und gucken, was es sonst noch so gibt.« Und plötzlich, obwohl wir »nur« spielen, erlebst du aufregende Abenteuer. Du nimmst Gelegenheiten wahr, die dir sonst verborgen geblieben wären. Und ehe du dich’s versiehst, lebst du das genau zu dir passende Leben voller Wunder, entfaltest dein volles Potenzial und erkennst, wie du unsere fantastische gemeinsame Welt bereichern kannst – und damit selbst zum Wundermacher wirst. Denn Wunder sind nicht nur möglich. Die ganze Welt besteht daraus.
Ich möchte dich einladen, sie mit mir zu entdecken!
Dein Jan Becker
PS: Falls du ein früheres Buch von mir gelesen hast, wunderst du dich vielleicht, warum ich dich, meine liebe Leserin, mein lieber Leser, auf einmal duze. Das ist keine Respektlosigkeit. Es ist die Konsequenz meines Wunsches, dir näherzukommen, mit dir auf einer Ebene zu stehen – denn menschliche Nähe ist eines der größten Wunder, lasst sie uns leben.
Ein tiefer Mensch glaubt an Wunder
und ist ihrer gewärtig, glaubt an Magie.
Hast du die Botschaft auf der vorigen Seite gelesen? Falls du sie überblättert hast, hole das schnell nach, denn sie ist mein Willkommensgeschenk an dich. Sie ist wahrhaft magisch und wird ihr Versprechen halten. Alles, was du tun musst, ist, sie in dein Herz einzulassen und daran zu glauben. Vertrau mir, ich weiß, dass es funktioniert. Denn die Botschaft enthält die Bausteine der Wirklichkeit, und diese sind zugleich die Bausteine eines Wunders – denn Wirklichkeit, Wunder und Wahrheit, das ist tatsächlich alles eins. Ich werde später noch auf diesen Zusammenhang zu sprechen kommen, aber fürs Erste kannst du es dir wie folgt vorstellen:
Zuallererst ist da noch nichts. Dabei ist »nichts« eigentlich das falsche Wort, denn dieses »Nichts« hat eine besondere Qualität. Es enthält bereits alles Notwendige, damit aus ihm ein »Etwas« wird – es ist ein Nichts wie unbepflanzte Erde. Dort hinein wird eine Idee gesät. In diesem Fall ist es die Idee, dass ein Wunder geschehen könnte. Daraus erwächst die Imagination. Imagination kommt vom lateinischen Wort imago, Bild. Zwar weißt du im Fall meiner Botschaft noch nicht, wie das Wunder später aussehen wird, es hat noch keine konkrete Form – zumindest keine, die dir zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt ist. Aber dennoch ist da bereits die Vorstellung – oder auch: die Erwartung –, dass das Wunder eine Form annehmen wird. Diese Vorstellung ist wie ein weißes Blatt Papier, auf dem ein Bild entstehen kann. Oder, um in der Analogie zu bleiben: Es ist wie der Raum über der Erde, in den eine Blume hineinwächst und sich dort zu voller Schönheit entfalten kann. Der Ort, an dem das Wunder seine Form annehmen kann, wenn es so weit ist. Und dann ist da der dritte und letzte Baustein. Das ist der Glaube, der im Herzen wohnt. Der Glaube daran, dass das Wunder Wirklichkeit und damit wahr werden wird. Er ist wie die wärmende Sonne, die dafür sorgt, dass aus einem Keim auch wirklich eine Blume wächst. Der Glaube gibt dem Wunder die Energie, die es zu seiner Entstehung benötigt.
Mehr braucht es nicht.
Jetzt kennst du bereits das Grundrezept für jede Form von bewusst initiierten Wundern! Wir werden uns noch genauer anschauen, wie und warum dieses Rezept tatsächlich funktioniert, warum echte Wunder ganz real und überall zu finden sind und wie jeder sie willentlich wirken kann. Doch vergiss nun erst einmal wieder dein persönliches Wunder – vertrau darauf, es wird dich von alleine finden. Falls dir das schwerfällt, stell dir dein Wunder vor wie eine eigenwillige Katze: Wenn du sie jagst, läuft sie davon. Versuchst du, sie auf deinen Schoß zu zwingen, steht sie wahrscheinlich sofort wieder auf und entwischt. Bleibst du dagegen ganz entspannt und wartest ab, wird sie nach einer Weile zu dir kommen und sich gerne auf deinem Schoß zusammenrollen.
Keine Sorge, langweilig wird die Wartezeit auf deine »Katze« nicht, gleich habe ich schon eine erste Aufgabe für dich.
Bevor wir allerdings damit loslegen, solltest du noch etwas besorgen:
DEINE SCHREIBWERKZEUGE
Wenn du schon Bücher von mir gelesen hast, weißt du, dass ich ein großer Anhänger von handschriftlichen Notizen bin. Die Hand hat eine direkte Verbindung zum Geist. Was wir konzentriert handschriftlich festhalten, sinkt besser und dauerhafter ins Unterbewusstsein[1] als jede Notiz auf dem Tablet oder Telefon – und unser Unterbewusstsein ist unser wichtigster Helfer, auch wenn es darum geht, Wunder zu vollbringen – in unserem eigenen Leben und im Leben anderer.
Ich möchte dich darum bitten, bei Gelegenheit in den nächsten Schreibwarenladen zu gehen und dir für die Arbeit mit diesem Buch eine altmodische Kladde oder ein schönes Notizbuch mindestens im Format DIN-A5 zu besorgen – und dazu einen Füllfederhalter oder ein anderes Schreibutensil, das dir gut in der Hand liegt, angenehm über das Papier gleitet und mit dem es dir Spaß macht, zu schreiben oder auch eine kleine Skizze anzufertigen.
Diese Kladde ist dein magisches Journal. Ich möchte dich jetzt schon bitten, darin alle Übungen und Rituale dieses Buches und deren Ergebnisse zu notieren. Sobald sich zum Beispiel dein Wunder zeigt, schreibe es nieder, versehen mit dem aktuellen Datum: Was hast du empfangen und warum fandest du es wunderbar? Wenn du dir das Notieren zur Gewohnheit machst, trainierst du deinen Blick für Wunder.
Neben der Kladde benötigst du für verschiedene Übungen und Rituale noch einige lose Bogen Papier.
Für die erste Übung reicht es, wenn du dir ein Blatt Papier und einen Kugelschreiber zur Hand nimmst. Du kannst den Bogen später in deine neue Kladde hineinkleben oder -heften.
Nun aber los!
Ich möchte dich bitten, dich einmal intensiv mit dem Wort
WUNDER
zu befassen. Jeder Begriff hat die Macht, Bilder und Gefühle in dir auszulösen. Deine Aufgabe ist es nun, dein Herz und deine Seele zu öffnen und diesen Bildern und Gefühlen nachzuspüren. Dazu nimmst du dir bitte Zettel und Stift und begibst dich an einen ruhigen Ort, an dem du einen Moment ungestört bist. Setz dich bequem hin, lege das Blatt Papier und den Stift vor dich hin. Fixiere mit den Augen einen Punkt vor dir und atme einige Male tief ein und aus. Schaue immer nur auf den ausgewählten Punkt, bis du merkst, dass sich die Wogen deiner Gedanken glätten. Dann vertiefst du dich in die Betrachtung des Wortes »Wunder«. Du kannst auch die Augen schließen, wenn du möchtest. Halte das Wort in deinen Gedanken und beobachte, was für Empfindungen auftauchen. Diese Empfindungen können und dürfen in jede Richtung gehen. Wie fühlt sich das Wort an? Warm? Kalt? Offen? Beengt? Kribbelt es? Kommen dir eine oder mehrere Farben in den Sinn? Fühlt es sich hell oder dunkel an? Leuchtet es vielleicht? Wie klingt es? Ändert die Konzentration auf das Wort deinen Atemrhythmus? Wenn ja, wie? Wird er tiefer und langsamer? Oder schneller und vorfreudig? Gibt es eine Stelle in deinem Körper, an der das Wort widerhallt? Im Bauch? Im Kopf? Am Solarplexus? Welches Gefühl löst es dort aus? Tauchen Bilder vor deinem inneren Auge auf? Passiert etwas mit deinem Gesicht? Musst du lächeln? Oder gehen die Mundwinkel hinunter? Schreibe alles auf, was dir in den Sinn kommt, egal was es ist. Bewahre die Notizen auf, wir werden gleich darauf zurückkommen.
Der Duden versteht unter einem Wunder erst mal unkonkret ein »außergewöhnliches, den Naturgesetzen oder aller Erfahrung widersprechendes und deshalb der unmittelbaren Einwirkung einer göttlichen Macht oder übernatürlichen Kräften zugeschriebenes Geschehen, ein Ereignis, das Staunen erregt«. Wahrscheinlich würdest du es auch so ähnlich umreißen, wenn dich jemand fragte, was ein Wunder ist. So eine Definition ist sozusagen die Hülle des Begriffs, die für alle gleich ist. Aber das, was du gespürt oder gesehen hast, als du dich in den Begriff »Wunder« vertieft hast, ist die Essenz all dessen, was du in deinem Leben bisher zum Thema »Wunder« gelernt, gehört oder gelesen hast oder was du ganz persönlich als Wunder erlebt hast. In jedem Wort steckt unsere Geschichte damit. Diese Historie füllt die Definition mit Leben. Sie lässt sich nicht von dem Wort trennen.
Ich bin, wie viele Menschen, mit dem Begriff »Wunder« zum ersten Mal in der Grundschule in Kontakt kommen, genauer gesagt im Religionsunterricht. Da ging es um die Wunder in der Bibel. Die Bibel ist auch eine Fundgrube für Wunderbeispiele, die durch Einwirkung einer »göttlichen Macht« geschehen.
Im Alten Testament, im Judentum Tanach genannt, liest man zum Beispiel, wie Moses die Israeliten auf der Flucht vor den Ägyptern über den Grund des Roten Meeres führt, nachdem Gott die Fluten geteilt hat. Der Prophet Elischa vermehrt unter anderem Brot und macht vergiftetes Essen genießbar. Und ein Engel sorgt dafür, dass die Löwen in der Grube, in die der Prophet Daniel geworfen wird, der Appetit verlässt. Um nur einige der vielen Geschichten zu nennen. Im Neuen Testament betritt dann mit Jesus ein echter Superstar der Wundertaten die Bühne. Dank seines direkten Drahtes nach oben verwandelt er Wasser in Wein. Er vervielfältigt Brot und Fisch. Und er wandelt über Wasser und heilt Menschen von allen möglichen Gebrechen.
In anderen Religionen gibt es ähnliche Helden. Im Koran ist der Prophet Mohammed vergleichbar wundersam tätig. So wirkt er etwa das Wunder, dass ein ausgezehrtes Schaf plötzlich jede Menge Milch gibt, obwohl es nicht mal ein Lamm geboren hat. In anderen Geschichten vermehrt er Wasser oder lässt eine verdorrte Dattelpalme wieder Früchte tragen – und auch er lässt Kranke gesund werden, zum Beispiel hat das von ihm zum Waschen verwendete Wasser heilsame Kräfte.[2]
Einige solcher Wundergeschichten – vielleicht nicht genau die genannten, aber vergleichbare Berichte – stecken vermutlich auch irgendwo in deinem im Unterbewusstsein gespeicherten »Gepäck« zum Thema Wunder.
Wundersame Geschichten gibt es natürlich nicht nur in religiösen Schriften. Sie sind überall! In Märchen, Mythen, Legenden, Sagen, aber genauso in modernen Fantasy-Geschichten und Kinderbüchern. In diesen Geschichten, von Schneewittchen über Faust bis hin zu Harry Potter oder Herr der Ringe, wimmelt es von mit übernatürlichen Kräften ausgestatteten oder in Zauberkunst bewanderten guten und bösen Feen, Hexen, Trollen, Elfen, Zauberern, Dämonen oder auch schon mal dem Teufel höchstpersönlich. Es gibt sogar verzauberte Gegenstände, die über magische Kräfte verfügen.
Vieles davon kennen wir, weil wir es als Kind vorgelesen bekommen haben. Anderes haben wir später selbst gelesen, als Film gesehen oder es vielleicht sogar als Stoff in der Schule durchgenommen. Nicht wenige dieser Geschichten gelten als wichtiges Kulturgut – die von den Brüdern Grimm gesammelten Volksmärchen sind seit 2005 UNESCO-Weltdokumentenerbe, und Goethes Faust gilt als das bedeutendste Werk deutscher Literatur. Der 300. Jahrestag der ersten europäischen Übersetzung der Erzählungen aus 1001 Nacht wurde ein Jahr zuvor als kulturelles Gedenkjahr gefeiert. Diese Märchen sind ein kulturübergreifendes Phänomen, denn ihr Ursprung liegt in Indien, verbreitete sich von da aus in Persien, wurde schließlich ins Arabische übertragen und verzauberte dann ab 1704 ebenfalls Europa. Auch Homers fast dreitausend Jahre alte Odyssee wird immer wieder neu erzählt. Um nur einiges zu nennen.
Kurz: Unser Herz hängt an wunderbaren Geschichten.
Denn sie sind es, die uns als Menschen ausmachen, nicht Sachbücher über Steuerrecht oder Maschinenbau oder Karpfenzucht. Die haben auch ihre Berechtigung, aber wir sehnen uns nicht danach.
Eines haben alle Geschichten gemeinsam: Immer wieder werden darin vertrackte oder gefährliche Situationen auf wundersame und erstaunliche Weise gelöst. Ob nun die gute Fee in Dornröschen den bösen Zauber ihrer gemeinen Kollegin mit ihrem eigenen Zauberspruch entschärft, Pippi Langstrumpf beschließt, ein akutes Mobilitätsproblem mithilfe eines Schrottautos und »Konrads Spezialkleber« zu lösen, und damit ein Flugobjekt zaubert, oder Siegfried aus der Nibelungensage in Drachenblut badet, um sich unverwundbar zu machen.
Genau diese Magie, dieses »Alles geht«, macht die Faszination der Geschichten aus. Es lässt tief in unserem Herzen etwas anklingen. Denn wäre es nicht wunderbar, wenn uns in unserem Leben auch magische Kräfte zur Verfügung stünden, die uns Probleme mit Leichtigkeit lösen ließen? Die uns klarsehen lassen und uns zu unserem Glück führen können? Die uns sofort Spaß am Leben und das Staunen zurückgeben? Die gute Nachricht ist: All das ist tatsächlich möglich! Und auf unserem Weg dahin habe ich nun eine weitere Aufgabe für dich.
Vielleicht ist dir aufgefallen, dass die wundersamen Geschehnisse in den nicht religiösen Geschichten nicht als »Wunder« bezeichnet werden. Stattdessen ist hier – wenn die magischen Geschehnisse überhaupt einen Namen bekommen – die Rede von Zauber oder Magie.
Aus diesem Grund möchte ich dich nun bitten, genau das, was du vorhin mit dem Wort »Wunder« getan hast, mit einem anderen Begriff durchzuführen. Nämlich mit dem Wort
MAGIE
Greife wieder zu Zettel und Stift und zieh dich zurück. Fixiere mit den Augen einen Punkt, atme, bis du entspannt bist, und öffne dich dann dem Wort. Lass es auf dich wirken. Beobachte, was du fühlst, siehst oder denkst. Schreibe auf, ohne es zu beurteilen. Alles gilt.
Lass dir Zeit.
Wenn du fertig bist, nimm deine »Wunder«-Notizen von vorhin und lege sie neben deine »Magie«-Aufzeichnungen. Dann vergleiche, was du aufgeschrieben hast.
Lass mich raten: Vermutlich waren deine Empfindungen beim Wort »Wunder« vorwiegend positiv. Für die meisten Menschen fühlt sich der Begriff verheißungsvoll an. Manchmal ist er aufregend prickelnd oder glitzernd, aber in jedem Fall hell, offen und insgesamt einfach erhebend und schön. Das ist nicht weiter verwunderlich, die meisten von uns haben den Begriff nur in positiven Zusammenhängen kennengelernt. Auch dann, wenn man sich nicht für Bibelgeschichten und andere religiöse Erzählungen interessiert, hat man davon zumindest irgendwann mal gehört, und auch sonst ist von einem »Wunder« fast nur die Rede, wenn etwas Schönes und Gutes geschehen ist: Jemand hat unerwartet eine schwere Krankheit überwunden oder überraschend ein Turnier gewonnen, oder man hat einen alten Freund wiedergefunden, obwohl der inzwischen in Timbuktu lebt. Oder, oder, oder.
Auch »Magie« vermittelt oft ein aufregendes Prickeln. Auch Magie wirkt oft vielversprechend, aber die Assoziationen sind selten so durchgehend und eindeutig gut. In vielen Menschen weckt Magie Neugier, sie umgibt ein mystischer Reiz, aber sie ist gleichzeitig oft ein bisschen unheimlich. Natürlich haben viele Leute sofort Harry Potter vor Augen, aber mit dem erscheint auch gleich der böse Lord Voldemort. Vielleicht hast du sogar Assoziationen wie »dunkel« oder »unheimlich«, »schwarz« oder »gefährlich« aufgeschrieben. Vielleicht denkst du bei »Magie« zwar auch an Elfen und gute Feen, aber ebenso an beängstigende Figuren mit schwarzen wehenden Umhängen, die mit donnernder Stimme Verwünschungen rufen. Möglicherweise denkst du an die gemeine Hexe aus Hänsel und Gretel. Oder dir kommen zwielichtige Voodoo-Zauberer in den Sinn, die Nadeln in kleine Püppchen rammen, um demjenigen, der diese Puppe darstellen soll, zu schaden. Vielleicht denkst du auch an Goethes Zauberlehrling, dem die Magie in Abwesenheit seines Meisters über den Kopf wächst, weil er den richtigen Zauberspruch vergessen hat. Beispiele, in denen Magie mit Gefahr und Verbotenem verbunden ist, gibt es reichlich.
Das Interessante dabei ist: Magie und Wunder sind ganz eng miteinander verknüpft! Sie gehören untrennbar zusammen, denn Magie ist eigentlich »nur« der Prozess, der zu einem Wunder führt. Mit magischen Handlungen vollbringt man bewusst Wunder. Zum Beispiel ist es Teil einer magischen Handlung, dass ich dir den Wunderbrief, der vor dem ersten Kapitel zu finden ist, geschenkt habe. Anders gesagt: Wenn ein Wunder eine schöne Blüte ist, dann ist Magie all das, was sie zu dieser schönen Blüte gemacht hat. Die Kraft der Sonne, des Wassers, die Nährstoffe in der Erde und natürlich die geheime Botschaft des Samens.
Ohne Magie kein(e) Wunder.
Das heißt auch: Wer Wunder vollbringen will, kommt um Magie nicht herum.
Aber warum empfinden die meisten von uns dann Wunder als durch und durch positiv, Magie aber oft als ein bisschen unheimlich?
Um das zu erklären, müssen wir nur unsere Assoziationen zu den beiden Begriffen genauer unter die Lupe nehmen. Ein wichtiger Teil davon ist, wie gesagt, das, was wir im Laufe unseres Lebens dazu gehört, gelesen oder erlebt haben, zum Beispiel in Form von Geschichten, Filmen oder im Unterricht in der Schule. Dabei sind die erwähnten religiösen Wundergeschichten in unserer Kultur eine der größten Quellen unseres »Wissens« über Wunder, ganz egal ob wir religiös sind oder nicht. In diesen Geschichten gibt es einmal die legitimen Wundermacher – also Gottessöhne, Propheten, Engel und so weiter. Wenn diese Auserwählten Magie ausüben und ein Wunder dabei herauskommt, wird das als großartige Sache dargestellt.
Interessant ist hier eines: Es wird nie von »Magie« gesprochen, obwohl ganz eindeutig welche im Spiel ist!
Daneben kennen die meisten Religionen aber weitere Mächte, die ebenfalls imstande sind, den Lauf der Dinge nach ihrem Willen zu beeinflussen. »Übernatürliche Kräfte«, um die Definition des Dudens zu benutzen. Doch hier gibt es eine wichtige Änderung. Der Einfluss dieser Kräfte wird nie »Wunder« genannt. Erst in diesem Zusammenhang ist von »Magie« die Rede – oder gleich von Hexerei oder Teufelswerk. Letztere sind eindeutig negativ besetzte Begriffe. Dadurch werden die magischen Handlungen abgewertet. Sogar, wenn genau das Gleiche geschieht und die Akteure dabei gute Absichten hegen. Doch das wird als völlig unerheblich angesehen, denn die Lizenz für Wunder haben in den monotheistischen Religionen mit nur einem Gott – mono heißt »ein«, und theós ist das griechische Wort für »Gott« – nur dieser selbst und die von ihm Beauftragten. Wer ohne Anweisung von höchster Stelle damit experimentiert, Wunder in die Welt zu bringen, begeht eine Sünde und steht automatisch auf der dunklen Seite der Macht. Darum sind Hexen in traditionellen Märchen fast immer böse.
Kurz: Wenn zwei Magie benutzen und das gleiche Wunder tun, ist es noch lange nicht dasselbe.
Schon das kann dazu beitragen, dass Magie in unserem Unterbewusstsein in der Abteilung mit dem Warnschild »Achtung – Betreten auf eigene Gefahr« abgespeichert ist. Dazu kommt noch etwas anderes. In unseren Breiten waren seit dem frühen Mittelalter Staatsmacht und Kirche eng miteinander verwoben. Weil auch Könige offiziell (angeblich) immer »von Gottes Gnaden« eingesetzt waren, hatten die Mächtigen mit der biblischen Vorgabe, dass nur von Gott Auserwählte Wundersames tun durften, ein gutes Kontrollinstrument in der Hand. Wer auch immer den Herrschenden unliebsam war oder ihnen gefährlich zu werden drohte – vielleicht, weil er[3] eine tolle Idee hatte, wie sich ein Staat besser als in einer Monarchie organisieren ließe (»Also, da ist diese Idee aus Griechenland, nennt sich Demokratie!«) –, konnte schnell der Hexerei bezichtigt und aus dem Weg geräumt werden. Hinzu kam, dass es in alten Zeiten außerdem viel gab, was sich die Menschen mit dem Einfluss böser Mächte erklärten – von Missernten über Epidemien, Feuersbrünste bis hin zu Unwettern. Da wurden Menschen, die irgendetwas Außergewöhnliches konnten, erfanden oder bewirkten, schnell zum Sündenbock: »Wenn die alte Kräuterfrau in dem Häuschen im Wald Krankheiten wegzaubern kann, dann kann sie bestimmt auch welche herzaubern – eine Hexe, ganz klar!« Daneben war es natürlich auch für skrupellose Neider, die es beispielsweise auf das Haus der Kräuterfrau abgesehen hatten, ein Leichtes, hier gezielten Verdacht zu streuen.
Diese Instrumentalisierung der Magie – oder was man dafür hielt oder halten wollte – hatte, das ist bekannt, fürchterliche Konsequenzen. Sie kostete in Europa im Zeitraum von etwa 1450 bis 1750 ungefähr fünfzigtausend vermeintlichen Hexen oder Magier das Leben – und daneben vermutlich Tausenden weiteren Menschen, denen die »Frevler« hätten helfen können. Schließlich waren die Beschuldigten häufig Frauen und Männer mit großer naturheilkundlicher und heilerischer Erfahrung. Darum geht die heute bekannte Naturheilkunde oft auf Mönche und Nonnen zurück. Denn sie waren die Einzigen, die, sozusagen »mit Gottes Segen«, in ihren Klostergärten unbehelligt experimentieren durften.
Hast du also das Gefühl, den Begriff »Magie« würde etwas Unheimliches umwehen, ist das – nach so vielen Jahrhunderten, in denen Magie als Teufelswerk galt, mit dem gottesfürchtige Menschen besser nichts zu schaffen hatten – nicht überraschend. Es spielt keine Rolle, ob du dich als religiös oder gottesfürchtig bezeichnen würdest. Es ist auch egal, was du glaubst oder ob du überhaupt an irgendetwas glaubst – diese Zeiten haben Spuren in unserem kollektiven Gedächtnis hinterlassen, also in der Gesamtheit aller mündlichen oder schriftlichen Überlieferungen.
Die Hexenverfolgung endete schließlich erst vor rund zweihundertsiebzig Jahren, das ist nicht mal ein Wimpernschlag in der Geschichte der Menschheit. Hätte ich vor drei- oder vierhundert Jahren gelebt und Ähnliches getan wie heute, wäre auch ich vermutlich als Hexer auf dem Scheiterhaufen gelandet oder vom nächsten Hexenturm gestürzt worden. Einer, der sich »Wundermacher« nennt, der Gedanken liest und jede Menge Menschen hypnotisiert – hoch verdächtig! Und wären den Kirchenoberen dann noch Anekdoten zu Ohren gekommen wie die von einer Teilnehmerin meiner Bühnenhypnosen, die nach diesem Erlebnis plötzlich ihren seit einer Operation vor vielen Jahren steifen Arm wieder beugen konnte, wäre es spätestens um mich geschehen gewesen. Da hätte ich hundertmal beteuern können, dass nicht ich für die Genesung verantwortlich war. Die Dame hatte dank meiner Hypnose nur endlich gemerkt, dass ihr Arm längst wieder in Ordnung war. Sie hat ihr persönliches Wunder gemäß dem universellen Dreiklang Idee (»Mein Arm könnte vielleicht funktionieren.«) – Imagination (»Ich stelle mir mal vor, dass er funktioniert.«) – Glaube (»Ich glaube, ich probiere das mal aus.«) höchstpersönlich gewirkt, ich habe ihr lediglich dabei geholfen.
Bezeichnenderweise kann beim gedanklichen Spiel »Was wäre, wenn ich in anderen Zeiten gelebt hätte?« noch etwas völlig Gegensätzliches herauskommen: Wäre ich zu biblischen Zeiten im Nahen Osten unterwegs gewesen, hätte es gut sein können, dass man in meinem Tun vielleicht etwas Göttliches gesehen und mich zu einem Propheten oder gleich gar zum Messias gemacht hätte.
Einmal teuflisch, einmal göttlich.
Und das, obwohl ich genau das Gleiche gemacht hätte.
Interessant, oder?
Aber egal, als was ich in welcher historischen Epoche angesehen worden wäre: Diese Vorgeschichte, in der nicht jede und jeder Wunder tun und Magie ausüben durfte, hat in vielen von uns tief sitzende Ängste etabliert. Nicht nur Ängste vor Magie selbst, sondern auch davor, irgendwie aus der Reihe zu tanzen. Wir fürchten uns nicht unbedingt davor, ein Wunder zu erfahren – dann ist man ja nicht dafür verantwortlich. Aber wenn es darum geht, selbst etwas zu tun, dessen Resultat etwas Aufsehenerregendes oder auch nur Ungewöhnliches ist, haben wir Vorsicht gelernt. Schließlich bedeutete das jahrhundertelang vor allem Ärger. Ärger gab es auch regelmäßig für neue Ideen oder Erkenntnisse, die die herrschende Weltsicht infrage stellten.[4] Galileo Galilei hatte noch Glück, von der Inquisition »nur« unter lebenslangen Hausarrest gestellt zu werden. Sein Astronomenkollege Giordano Bruno, der wie Galilei das sonnenzentrierte Weltbild vertrat, das im Gegensatz zur herrschenden Ansicht stand, die Sonne drehe sich um die Erde, wurde der Ketzerei – und Magie! – für schuldig befunden und 1600 auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Wahrscheinlich aber ist unsere Einstellung zur Magie von noch mehr beeinflusst als allein von unserem im Unterbewusstsein gespeicherten Wissen: In der relativ neuen Disziplin der Epigenetik geht man davon aus, dass sich Erfahrungen vorhergehender Generationen längerfristig im Erbgut niederschlagen können. Gut möglich also, dass sich die Angst, als Hexe, Hexer oder Häretiker auf den Scheiterhaufen geworfen oder gefoltert zu werden, wenn wir uns nicht »benehmen«, in unsere Gene geschrieben hat, weil unsere Vorfahren diese Gräuel hautnah miterleben mussten.
Der britische Biologe Rupert Sheldrake[5] geht außerdem davon aus, dass Wissen oder Erfahrungen nicht nur an die eigenen Nachfahren weitergegeben werden. Mindestens alle Angehörigen der gleichen Spezies haben seiner Ansicht nach Zugang zu einer kollektiven Erinnerung, die außerhalb von ihnen existiert, als Felder von verdichteter Information. Sheldrake hat diese Felder morphic fields – also morphische oder formende Felder – getauft. Seiner Vorstellung nach umspannen diese Felder die Erde und könnten etwa erklären, warum bestimmte Formen im Pflanzen- oder Tierreich sich immer wiederholen, obwohl sie sich weit voneinander entfernt entwickelt haben. Sie könnten aber zum Beispiel auch Phänomene erklären wie jenes, dass Menschen, die ein bestimmtes Suchbild enträtseln, dieses signifikant schneller tun, je mehr andere Leute das Rätselbild ganz woanders bereits gelöst haben. Das war das Ergebnis eines Versuchs des britischen Senders BBC. An die Theorie der morphic fields anknüpfend geht Sheldrake auch von social fields aus. Diese Felder wiederum speichern gezeigtes Verhalten sozialer Gruppen und beeinflussen deren zukünftige Organisation. Wenn die Menschen also in früheren Generationen Angst hatten, neue Ideen zu verwirklichen oder sich magischen Praktiken zu widmen, weil ihnen dafür Strafe drohte, wäre es denkbar, dass diese Furcht in bestimmten sozialen Feldern fortwirkt.
Ob Sheldrakes soziale Felder hier eine Rolle spielen, darüber lässt sich bisher nur spekulieren. Aber es gibt noch eine Möglichkeit: Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass wir wiedergeboren werden und uns unbewusst an Ereignisse aus eigenen früheren Leben erinnern. Ich habe einmal mit einem befreundeten Hypnotiseur eine sogenannte Rückführung mitgemacht. Das ist ein hypnotisch geführtes Eintauchen in ein früheres Leben. Dabei habe ich mich, nein, nicht als Magier, sondern als betagten Ritter mit einem weißen Bart erlebt, der mit einem Schwert in der Hand vor einem Burgtor steht. Ich wurde in diesem Moment von einer abgrundtiefen Traurigkeit erfasst, denn jemand hatte mir befohlen, diese Burg zu überfallen und die Menschen darin zu töten. In jenem Augenblick schwor ich mir, nie wieder Befehle von jemand anderem zu befolgen, falls ich noch einmal leben sollte. Ein Hinweis darauf, dass diese Geschichte tatsächlich stimmen könnte: Ich konnte schon als kleiner Junge fechten, obwohl mir das nie jemand gezeigt hatte. Merkwürdig, findest du nicht?
Ich selbst leite ebenfalls manchmal hypnotische Rückführungen, und oft finden sich dabei gerade Menschen mit ausgeprägter Angst vor Feuer plötzlich als Hexe oder Ketzer auf einem Scheiterhaufen wieder. Nun kann bis heute niemand beweisen, dass es Reinkarnation gibt. Möglicherweise handelte es sich bei meiner Ritter-Episode und auch bei den Scheiterhaufen-Erlebnissen allein um bildhafte Projektionen des Unterbewusstseins, wie es ja zum Beispiel auch in Träumen passiert. Doch vielleicht werden so auch die epigenetisch verankerten Erfahrungen ferner Vorfahren ausgedrückt.
Fest steht, dass wir nicht losgelöst von unserer Geschichte existieren. Sie wirkt auf vielfältige Weise nach. Darum ist es auch unbestreitbar, dass die Furcht vor bestimmten Dingen über viele Generationen fortbestehen kann.
Doch egal, auf welchem Weg sich bestimmte Ängste in unserem Unterbewusstsein eingenistet haben: Die Furcht davor, Wunder zu vollbringen und zum Grenzen überwindenden Zauberer zu werden, ist vor allem das Erbe vergangener Zeiten. Zeiten, in denen nur bestimmte Menschen die Mittel der Magie benutzen durften und alle anderen, die es taten, bestraft, bedroht oder sogar getötet wurden. Diese Zeiten sind glücklicherweise vorbei! Trotzdem verhindern diese Ängste leider heute noch, dass wir alle Magie und Wundern offen gegenüberstehen und ihre fantastischen Möglichkeiten vorurteilsfrei erkunden.
Das sollten wir aber!
Denn diese Welt braucht Wunder!
In und nach den Krisen der jüngsten Zeit mehr denn je!
Und sie braucht Wundermacher, die keine Angst vor magischen Verwandlungen haben. Die sich trauen, neue Welten zu schaffen und kühne Ideen zu verfolgen. Für sich selbst, für das ganz persönliche Glück auf Erden, aber auch für uns alle, um gemeinsam die Probleme dieser Erde zu lösen und sie zu einem für uns alle glücklichen, schönen, ja zu einem wundervollen Ort zu machen.
Diese Welt braucht Wundermacher – wie DICH!
Keine Sorge, ich nehme dich an die Hand und führe dich Schritt für Schritt in ein Reich voller Wunder. Du gehst immer nur so weit, wie du willst. Magier von heute sind ganz normale Leute. Frauen, Männer und sogar Kinder und Jugendliche. Letztere haben oft einen ganz natürlichen Zugang zur Magie, weil sie offener sind als Erwachsene und noch keine Scheuklappen tragen, die sie nur das sehen lassen, was angeblich möglich ist. Auch ich habe mich schon als Kind für Themen wie Telepathie, Hypnose und Magie interessiert. Moderne Magier haben auch (in den allermeisten Fällen) nichts Böses im Sinn. Sie unterscheidet nichts von anderen Menschen – abgesehen von ihrer Neugier und Lust, neue Dinge auszuprobieren und hinter den Vorhang des Möglichen zu schauen.
Ich will dich ermuntern, deiner Sehnsucht nach Wundern, nach dem Staunen über die Welt, nachzugeben und mehr Wunder in die Welt zu bringen. Denn es gibt unendlich viele wunderbare Möglichkeiten, diese Welt und ihre Menschen auf magische Weise zum Positiven zu verwandeln. Jeder hat das Zeug zu magischem Handeln und nicht nur irgendwelche Auserwählten oder zwielichtige Gestalten. Magie ist nichts Lichtscheues, das sein Dasein im Verborgenen fristet. Im Gegenteil! Unser ganz normaler Alltag ist voller Magie – wir sehen nur die Wunder vor unserer Nase oft gar nicht mehr. Ich werde dir helfen, sie zu erkennen und sie zu nutzen.
Magie ist dabei erst mal eine völlig neutrale Kraft. Entscheidend ist, wie man sie einsetzt. Du weißt nun, dass Vorbehalte in Sachen Magie, die du vielleicht insgeheim hegst oder gehegt hast, aus vergangenen Epochen stammen, in denen die ungerechte Verteufelung von Magie als Machtinstrument benutzt wurde. Wann immer dich Unbehagen befällt, kannst du dir das in Erinnerung rufen. Magie ist ein Werkzeug, um Grenzen zu überwinden. Du bestimmst, welche! Aber wenn du sie mit Liebe im Herzen anwendest, kann Magie nur Gutes tun. Fang doch einfach gleich damit an, dir selbst und anderen Gutes zu tun. Ich habe da eine schöne Idee:
DER MAGISCHE GELDSCHEIN
Nimm dir einen Fünf- oder Zehneuroschein. Darauf schreibst du nun voll konzentriert den folgenden Satz:
Mehr davon soll den Weg zu mir finden.
Diesen Geldschein legst du in deinen Geldbeutel und trägst ihn immer mit dir herum. Bitte kaufe dir nichts dafür, sondern warte, bis Geld zu dir kommt, mit dem du nicht gerechnet hast: ein Geldgeschenk zum Geburtstag, eine unerwartete Rückzahlung, eine Rechnung, die du vergessen hattest und die plötzlich überwiesen wird, ein Fund auf der Straße, ein Preisnachlass, ein Auftrag aus heiterem Himmel und so weiter. Sobald du den ersten Geldsegen erhalten hast, verschenkst du den Schein – das bedeutet nicht, dass der Zauber aufhört zu wirken, im Gegenteil. Erkläre dem Empfänger, dass auch er den Schein nicht ausgeben darf, sondern warten muss, bis er unerwartete Einkünfte hat – und dass er ihn dann ebenfalls mit entsprechenden Instruktionen weitergeben soll. Du kannst dir anschließend auch jederzeit wieder einen neuen Geldschein schreiben. Erfahrungsgemäß kommt durch dieses Geldvermehrungsritual wirklich einiges zusammen. Vergiss bitte nicht, auch in deinem magischen Journal zu notieren, wann du den Geldschein beschriftet hast und wie die Ergebnisse in Form unerwarteter Einkünfte aussahen. Schreib auch auf, wann du den Geldschein weitergegeben hast. Das Ganze funktioniert übrigens auch, wenn du normalerweise bargeldlos bezahlst, denn der Geldschein wird ja nie ausgegeben.
Neben dem sich unterschwellig auswirkenden Erbe vergangener Zeiten gibt es aber noch etwas, was dir – auch das vor allem unbewusst – im Weg stehen kann, wenn du zum Magier deines Lebens werden möchtest: das dumpfe Gefühl, dass echte Wunder und echte Magie gar nicht existieren, weshalb es logischerweise schwerfallen kann, daran zu glauben. Schließlich gibt es einige Zeitgenossen, die nicht müde werden, genau das zu behaupten …
Wenn der echte Realist ungläubig ist,
wird er immer die Kraft und die Fähigkeit in sich finden,
an Wunder nicht zu glauben; wenn aber das Wunder vor ihm
zur unabweisbaren Tatsache wird, so wird er eher seinen
Sinnen nicht trauen, als daß er die Tatsache zugäbe.
Stell dir vor, du kommst zu nachtschlafender Zeit in ein Hotelzimmer, und als du gerade schon im Pyjama ins Bett kriechst und das Licht ausschalten willst, siehst du etwas Dunkles an der Decke. Eine Spinne, nimmst du an, auch wenn du nicht ganz genau sehen kannst, ob es wirklich eine ist. Du ekelst dich vor Spinnen. Natürlich könntest du das Zahnputzglas aus dem Bad holen und dich auf einen Stuhl stellen, um die Spinne – oder was es auch ist – zu fangen und rauszutragen. Aber du hast Angst davor, ihr dabei zu nahe zu kommen. Also machst du einfach das Licht aus und versuchst, nicht dran zu denken. Zwar ist dir ein bisschen unbehaglich, denn du weißt: Irgendwo da oben ist was! Ganz in der Nähe! Aber du widerstehst der Versuchung, noch mal nachzugucken, um dich nicht zu beunruhigen. Du tust einfach so, als wäre gar nichts. Wenn das dunkle Etwas dann am nächsten Morgen fort ist, atmest du auf. Zwar gehst du davon aus, dass es sich vermutlich nicht in Luft aufgelöst hat, aber du beeilst dich, das Zimmer zu verlassen, auszuchecken und weiterzureisen. Aus den Augen, aus dem Sinn. Ob es wirklich eine Spinne war, wie vermutet, oder vielleicht ein Schmetterling, eine Heuschrecke oder etwas ganz anderes, wirst du nie erfahren.
So ein Verhalten ist menschlich: Wenn uns etwas nicht in den Kram passt, geben wir uns oft alle Mühe, nicht so genau hinzugucken. Dann kann man so tun, als wäre alles wie immer. So ähnlich verhalten sich allerdings leider auch die meisten Wissenschaftler, wenn es um magische Phänomene und Wunder geht: Irgendwie ist da was. Aber sich drum zu kümmern, das wäre höchst unbequem. Am Wort »Magie« klebt nämlich aus ihrer Perspektive einerseits das Etikett »Scharlatanerie«. Das hat damit zu tun, dass es immer auch Illusionisten gegeben hat und gibt, die Zaubertricks als echte Magie verkauft haben – und zwar im wahrsten Wortsinn, weil sie sie auf die Bühne gebracht haben. Solche Shows, in denen bewusst magische Handlungen vorgetäuscht werden, fallen natürlich nicht ins Interesse der Wissenschaft. Noch problematischer ist aber das zweite Etikett, das an Magie haftet, nämlich das mit der Aufschrift »unerklärlich«. Das ist noch viel schlimmer, als wenn es nichts zu erklären gäbe! Weil Wissenschaft nichts Unerklärliches duldet, echte Magie aber schon mal gängige naturwissenschaftliche Gegebenheiten infrage stellt, lauert hier Gefahr. Wahrscheinlich sagen sich die Forscher: Was, wenn wir es nicht hinkriegen, das zu begründen? Wie peinlich! Da machen wir lieber das Licht aus und gucken gar nicht hin. Und wenn uns jemand drauf aufmerksam macht, dass da was ist, sagen wir einfach, das ist alles Quatsch!
Auf den ersten Blick hat es darum den Anschein, dass Wunder außerhalb fiktiver Geschichten keine Rolle mehr spielen. Unsere Gesellschaft wurde seit der sogenannten Aufklärung, die ungefähr im Jahr 1700 begann, immer mehr geprägt von der westlichen naturwissenschaftlichen Weltsicht. Westlich, weil die Aufklärung – also die Verbreitung der naturwissenschaftlichen Lehren darüber, wie die Welt »wirklich« ist – ihren Ausgangspunkt in Europa genommen hat. Das heißt aber nicht, dass diese Sicht aller Dinge und Naturerscheinungen nur im geografischen Westen verbreitet ist. Sie bestimmt die Bildungssysteme auf dem gesamten Globus. Der Soziologe Max Weber hat das Zurückdrängen der Magie zugunsten des naturwissenschaftlichen Weltbildes 1917 in einem Vortrag »Die Entzauberung der Welt« genannt. Die entzauberte Welt ist nach Weber eine ohne »geheimnisvolle Mächte«, in der man nicht mehr »zu magischen Mitteln greifen« muss. Man geht davon aus, dass es für alles, was passiert, eine mit den heute bekannten und als allumfassend angesehenen Naturgesetzen übereinstimmende plausible Erklärung geben muss. Diese Sicht der Welt und all ihrer Erscheinungen ist die heute immer noch vorherrschende Meinung.
Passiert trotzdem etwas, was nicht mit den bekannten Naturgesetzen vereinbar ist (und ich verrate dir was: Das kommt schon mal vor!), handelt es sich auf keinen Fall um ein Wunder, sondern entweder um Einbildung, Fake News oder einen Trick. Da muss man gar nicht genauer hinschauen.
Mit anderen Worten: Wunder gibt’s nicht.
Und bewusst wirken kann man sie schon gar nicht.
Wer laut etwas anderes behauptet, gilt jedenfalls schnell entweder als dumm, verrückt, naiv oder sogar als Betrüger. Das will niemand auf sich sitzen lassen. Darum spricht man offiziell über »Wunder« entweder gar nicht, nur sehr vorsichtig oder im übertragenen Sinne, als Metapher. Gesundet etwa jemand ohne offensichtlichen Grund von einer ernsten Krankheit, steht schon mal in der Zeitung »Ihre Heilung grenzt an ein Wunder«. Aber die Heilung grenzt eben auch nur daran. Knapp vorbei ist auch daneben – und der oder die Betroffene hatte nur Glück im Unglück, wie auch immer dieses »Glück« nun zustande gekommen ist.
Den Titel Wunder von Marseille trägt der auf wahren Tatsachen beruhende Film über den elfjährigen Fahim Mohammad, der 2012 in Marseille die französische Schachmeisterschaft der unter Zwölfjährigen gewann und sich und seinem mit ihm vor Bandenkriminalität in Bangladesch geflohenen Vater die Aufenthaltsgenehmigung sicherte. Als Wunder wurde dieser Erfolg aber nicht bezeichnet, weil irgendjemand davon ausging, dass Magie oder eine geheimnisvolle Macht am Werk waren. Sondern ganz einfach, weil es außergewöhnlich war und niemand damit gerechnet hatte. Ähnlich wie beim »Wunder von Bern«, als die deutsche Fußballnationalmannschaft 1954 in der Schweiz überraschend den Weltmeistertitel gegen Ungarn holte. Das ebenfalls in diese Zeit fallende »deutsche Wirtschaftswunder« wird auch nicht als Resultat von Zauberei gesehen. Es wird als Ergebnis von Fleiß und großer Entschiedenheit betrachtet, sich aus dem Schlamassel, den der Zweite Weltkrieg verursacht hatte, wieder herauszuarbeiten. Hin und wieder begegnet man auch der Redewendung »wie durch ein Wunder«, beispielsweise wenn ein sportliches Ereignis eine unerwartete Wendung nimmt. »Wie durch ein Wunder schaffte der Irak im Qualifikationsspiel gegen Japan in letzter Minute vor dem Schlusspfiff noch ein Ausgleichstor und verhalf Südkorea damit zur WM-Teilnahme«, heißt es in einem Text des Sportjournalisten Dong Hoon Kim über die Fußballgeschichte Südkoreas. Dabei soll der Zusatz »wie durch« immer andeuten, dass der Verfasser des Textes den Vorfall natürlich nicht für ein echtes Wunder hält, sondern eher für einen glücklichen Zufall.
Das ist nun, im wahrsten Sinne des Wortes, tatsächlich kein Wunder: Ein Redakteur einer Zeitung, die Wert auf Seriosität legt, oder auch ein Physiklehrer, der an seinem Job hängt, hätten schnell ein Problem, wenn sie Wunder – oder Zauber oder Magie oder eine andere »übernatürliche« Ursache – als ernsthafte Erklärung für ein Ereignis heranzögen.
Was die alten Schriften über Wunder, wie jene aus der Bibel, betrifft, so werden diese aus demselben Grund nur noch selten buchstäblich aufgefasst: Sogar viele Menschen, die sich selbst als religiös empfinden, tendieren heutzutage zur Auffassung, dass die Geschichten vor allem als Gleichnisse und nicht wörtlich zu nehmen sind. Das gilt auch für die beschriebenen Wunder.
Aber ist all das das eigentlich richtig?
Schauen wir mal!
»Dass die Wunder eins zu eins so passiert sind, wie es in der Bibel steht, schließen die meisten Theologen heute aus«, schreibt zum Beispiel die Theologin und Journalistin Gabriele Meister im evangelischen Magazin Chrismon.
Viele Skeptiker gehen noch weiter und halten die frommen Geschichten für frei erfundenen Unsinn.
Ich habe da eine etwas differenziertere Meinung.