Cover

MONNICA HACKL

Baumweisheit

und

Drachenkraft

Wie die Naturgeister uns zur Seite stehen

Eine schamanische Entdeckungsreise

Das vorliegende Buch ist sorgfältig erarbeitet worden.

Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr.

Weder Autor noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gemachten praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Copyright © 2018 by Ansata Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Alle Rechte sind vorbehalten.

Redaktion: Dr. Diane Zilliges

Illustrationen: Markus Weber/Guter Punkt, München

Umschlaggestaltung: no-mind.graphics, München

Umschlagmotiv: © shutterstock

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN 978-3-641-22066-2
V002

www.Integral-Lotos-Ansata.de

www.facebook.com/Integral.Lotos.Ansata

Immensumque aperitur opus.

»Und es eröffnet sich ein unermessliches Feld.«

LUCAN: DE BELLO CIVILI, 1,67

Inhaltsverzeichnis

Eine merkwürdige Bekanntschaft

Was dieses Buch will

Warum brauchen wir die Naturwesen so dringend?

Der schamanische Blick auf die Welt

Wouivre

Alt und doch neu

Wesenheiten der Natur im Überblick

Feen

Riesen

Zwerge

Kobolde

Nymphen und Wassermänner

Steinwesen

Grüner Marmor

Ein hilfreiches Mittel für alle

Wie man Steine sammelt und reinigt

Geschenke der Steine

Die Perlenmutter

Drachenwesen

Die Drachengöttin

Drachenlinien

Saurier

Drachenkräfte wecken

Baumwesen

The Green Man

Bäume besuchen die Menschen

Die Paulownia und ihr Drache

Sich Baumgeistern nähern

Ein vertrauliches Baumgespräch

Reise zum Gesundheitsbaum

Der Seelenbaum

Wie können wir Naturgeistern begegnen?

Das kosmische Netz

Bauchmassage zur Entspannung

Sich in Trance versetzen

Was können wir für die Naturwesen tun?

Das Geheimnis vom Kreuz in der Nuss

Ein unauflöslicher Bund

Was geben die Naturwesen uns Menschen?

Noch einmal zum Abschluss: der kleine graugrüne Drache

Literaturempfehlungen

Bezugsquellen

Über die Autorin

Bücher von Monnica Hackl

Eine merkwürdige Bekanntschaft

Als ich mit dem Schreiben begann, kam mir überraschend eine Idee, nämlich die, eine schamanische Reise zum geplanten Buch zu unternehmen. Ich begab mich also auf den Weg in die nichtalltägliche Welt und ließ mich zu dem neuen Manuskript führen. Was ich dann sah, konnte ich kaum glauben. Auf einem hohen Stapel von unbeschriebenen DIN-A4-Bögen saß ein grauer Drache von der Größe eines achtjährigen Kindes. Er ähnelte einem der Dachreiter von Notre-Dame de Paris, hatte die Arme vor der Brust verschränkt, die Beine übereinandergeschlagen, den Blick ungnädig abgewandt und dabei einen unzufriedenen Gesichtsausdruck. Ich war so perplex über die Szene, dass ich die Reise augenblicklich abbrach. Eines aber war mir sofort klar: Der kleine Drache saß auf meinem zukünftigen Manuskript, direkt auf den Seiten, die ich in nächster Zeit schreiben wollte. Und er blockierte mich dadurch, denn auf diese Weise mussten die Blätter weiterhin leer bleiben. Kein Wunder, wenn er daraufhockte!

Wieder zurück im realen Alltag fragte ich einige Schamanen, was sie von dem Erlebnis der Reise hielten. Die Antworten fielen alle gleich aus: Die Naturgeister seien entschieden dagegen, dass etwas über sie geschrieben würde, denn sie fühlten sich durch das Interesse von uns Menschen nur gestört. Ich solle das Schreiben lieber lassen. Mein Bauchgefühl signalisierte mir jedoch, es könnte noch einen ganz anderen Grund für die Anwesenheit des Drachens geben. Warum sollte das neue Buch verhindert und von dieser seltsamen Wesenheit blockiert werden? Ich hatte schließlich viele gute Begegnungen mit Naturgeistern erlebt und ihnen einiges zu verdanken. Und genau das wollte ich weitergeben.

Also beschloss ich, eine zweite Reise zu dem grauen Drachen zu unternehmen. Wie beim ersten Mal traf ich ihn auf dem Papierstapel sitzend, aber diesmal blickte er mich so an, als ob ich ihn gekränkt oder gar beleidigt hätte. Ich erklärte ihm, was genau ich schreiben wollte, und versicherte ihm, den nötigen Respekt vor den geheimnisvollen Wesen der Natur zu haben. Als er das hörte, veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Fast schien es, als lächelte er. Nun rutschte er tatsächlich von seinem Sitz herunter, kam auf mich zu, legte mir den Arm um die Schulter und schob mich mit entschiedenem Druck auf ein verschlossenes Tor hin. Wobei »schieben« eine noch freundliche Bezeichnung ist, ehrlich gesagt gab er mir einen ordentlichen Schubser und brummelte, ich solle da jetzt sofort und unbedingt hineingehen.

Nun ist bei schamanischen Reisen immer Vorsicht angesagt, man darf sich dabei grundsätzlich zu nichts drängen lassen. Also erbat ich mir eine Bedenkzeit aus. Eine Woche später hatte ich den Entschluss gefasst, mit ihm zu gehen, weil ich fand, dass ich genügend geschützt war. Und so geschah es. Der Drache schien sehr erfreut, wieder schubste er mich in Richtung des Tores, es öffnete sich – und ich trat ein.

Was nun geschah? Die meisten würden ziemlich enttäuscht sein: Es geschah rein gar nichts und doch etwas ganz Wunderbares. Denn hinter dem Tor betrat ich einen unermesslich weit erscheinenden Raum, der in eine lindgrüne Wolke aus Licht getaucht war. Dort nahm ich einen eigenartigen Zauber wahr, ein prickelndes Gefühl von Frische umgab mich, und mein Atem wurde ruhig und tief. Die ganze Atmosphäre war von dem lindgrünen Licht erfüllt, es gab weder andere Farben noch Formen. Nichts war zu sehen außer dem gestaltlosen hellen Grün. Der lichte Nebel drang in alle Poren ein, er reinigte und erfrischte. Allmählich erkannte ich die Schemen von Pflanzen und Bäumen, ein lebendiges, undurchdringliches Dickicht. Und während ich noch staunend dastand, nahm ich leise Geräusche wahr, ein zartes Tropfen und Gluckern, wie von einem sanften Frühlingsregen. Ein winziges Ziehen und Ruckeln, so als ob ich den Pflanzen beim Wachsen zuhören könnte. Und ab und zu ein entferntes Fauchen und Grollen, wie von fernen, längst vergessenen Tieren. Was für eine seltsame Reise!

Am nächsten Morgen durchfuhr mich blitzartig eine Erkenntnis, denn die geheimnisvollen Gestalten der Drachen kamen mir in den Sinn. An sie hatte ich beim Konzipieren des Buches tatsächlich noch nicht gedacht. Dabei gehören sie zu den mächtigsten Geschöpfen der Natur! Und genau da hatte sich die Erklärung für die schamanische Reise versteckt. Beim nächsten Treffen erwartete mich das mittlerweile graugrüne Wesen neben dem Papierstapel und lächelte verschmitzt, weil ich endlich begriffen hatte, was es von mir wollte. Sein Anliegen war, mich auf die Idee zu bringen, im Buch auch die Drachen und ihre vielfältigen Wirkungen auf die Natur und den Menschen zu würdigen. Ich hatte es verstanden und versprach ihm, es auch wirklich ausführlich zu tun. Deshalb: Machen Sie sich auf erstaunliche Erkenntnisse gefasst!

Was dieses Buch will

Dieses Buch möchte Sie mit dem Reichtum einer einzigartigen Welt bekanntmachen. Es ist eine Reise in faszinierende Gegenden, zu erstaunlichen Wesen und Kräften. Nun sind Fernreisen heute beinahe selbstverständlich, der Tourismus boomt und Leute, die zuvor nie auf die Idee gekommen wären, so weit wegzufahren, planen ihre Urlaube in ferne Länder. Afrika und Asien sind schon abgegrast – oder »gemacht«, wie eifrige Traveller sagen. Wie wenig aber wissen die meisten Menschen über die Geheimnisse, die in ihrer eigenen Kultur und Natur verborgen sind? Und was machen sie, wenn einmal das Geld für kostspielige Fernreisen fehlt, die politischen Verhältnisse davor warnen oder die Gesundheit nicht mehr so recht mitmacht? Wäre es da nicht wunderbar, von einer verlockenden Welt zu wissen, die direkt vor der eigenen Haustür liegt und die all denen zugänglich ist, die sich auf sie einlassen können? Baumgeister, Steinwesen, Drachenkräfte und geheimnisvolle Landschaftsformen laden uns ein, sie genauer kennenzulernen.

»Was soll mir das bringen?«, fragt der erstaunte Mensch. Bringen kann es Ihnen eine ganze Menge, wenn Sie den Kontakt mit den unbekannten Welten und ihren Wesen suchen. Nicht nur wird das Leben viel spannender, denn die Bilder und Erlebnisse, zu denen Sie dadurch Zugang bekommen, sind meist viel eindrucksvoller und anregender als »normale« Reisen. Noch dazu sind diese Sphären immer erreichbar. Auch wenn Sie einfach zu Hause bleiben, sie sind für Sie da und stets bereit, betreten zu werden. Die schamanischen Kontakte mit den Wesenheiten anderer Welten bereichern das Leben, sie helfen bei persönlichen Problemen, schneller eine Lösung zu finden. Sie geben Rat bei gesundheitlichen Störungen und fördern auf ihre Weise die Gesundheit von Seele, Geist und Körper. Nicht zuletzt sind sie eine nie versiegende Quelle von erstaunlicher Inspirationskraft, die besonders künstlerisch begabte Menschen zu schätzen wissen. Und diese einzigartigen Begegnungen haben noch einen anderen Effekt: Die Natur tröstet und schenkt Orientierung – und so tun es auch die Wesen, die in ihr zu Hause sind, auch wenn wir sie auf physischem Wege nicht wahrnehmen.

Aus Japan stammt die Methode Shinrin-Yoku, was übersetzt ins deutsche »Waldbaden« bedeutet. Der Ausdruck meint nicht, dass wir im Wald eine Badewanne aufstellen sollen, sondern dass wir mit allen Sinnen den Wald wahrnehmen. Den Duft von Moos und Laub, das raschelnde Geräusch der Zweige im Wind, ihr Licht- und Schattenspiel, die kühle Feuchtigkeit auf der Haut und die erfrischende Aura der Waldluft. Wir »baden« in dieser Atmosphäre des Waldes. In Japan ist Shinrin-Yoku ärztlich untersucht und getestet, es wird verordnet wie ein arzneiliches Medikament, denn man fand heraus, dass es enorme Heilkräfte bei schweren Krankheiten und seelischer Erschöpfung hat. Wir können also in jeder Hinsicht auf all das Gute gespannt sein, das für uns entsteht, wenn wir einen persönlichen Kontakt zu den unsichtbaren Wesenheiten der Natur aufnehmen. Wie das genau geht, davon erzähle ich Ihnen in diesem Buch.

Warum brauchen wir die Naturwesen so dringend?

Um es gleich zu Beginn zu sagen: Die unscheinbaren und für uns zunächst unsichtbaren Naturgeister haben schwierige Aufgaben zu erfüllen. Sie sind damit beschäftigt, die natürliche Umwelt zu schützen, zu hegen und zu pflegen. Sie kümmern sich um den Lebensraum von Quellen und Bächen, von Pflanzen, Insekten, Reptilien und Säugetieren. Mit viel Mühe versuchen Feen und Elfen, die Auswüchse der technisierten Landwirtschaft auszugleichen und unberührte Wälder und Wiesen weiterhin von Menschen frei zu halten. Nymphen sind für die Reinhaltung der Gewässer zuständig, eine Aufgabe, an der sie manchmal verzweifeln könnten. Die Zwerge sind damit beschäftigt, eine gesunde Natur in den Bergen zu bewahren, was ihnen mehr und mehr Kopfzerbrechen bereitet.

All diese Geschöpfe arbeiten Hand in Hand miteinander und mit allen anderen Wesenheiten der Natur, beispielsweise mit den Steinwesen und Baumgeistern. Immer öfter sind sie damit beschäftigt, menschliche Verirrungen und Vandalismus auszugleichen und unseren Raubbau an der Natur zu korrigieren. Durch Monokulturen, intensive Landwirtschaft, Industrieanlangen, Autobahnen, aber auch durch Mountainbike-Trails in den Bergen oder in unberührten Landschaften, durch Skiliftschneisen und unzählige weitere Umweltsünden wird neben der Natur auch der Lebensraum der hilfreichen Geistwesen vernichtet. Wir brauchen sie und ihre Arbeit aber dringend, damit wir selbst weiterleben und auch weiterhin atmen und uns ernähren können.

Je mehr wir von den Naturgeistern wissen, desto klarer können wir die speziellen Aufgaben erkennen, die sie zum Schutz der Landschaft wahrnehmen. Wir wissen dann, dass sich die Feen und Elfen darum kümmern, dass genügend Wiesen mit Feldblumen erhalten bleiben, damit die Bienen Nahrung haben. Und sie sorgen aus dem gleichen Grund dafür, verborgene Elfenwiesen zu beschützen. Ohne Bienen gibt es keine Bestäubung und ohne Bestäubung keine Früchte. Äpfel, Birnen, Kirschen, Pfirsiche, Aprikosen, Johannisbeeren, Himbeeren, Brombeeren, all das wird nicht mehr wachsen, wenn die Bienenvölker ganz aussterben.

Und weshalb sind schon so viele gestorben? Keine Frage, ein Hauptgrund dafür ist, dass der Mensch aus Profitsucht die industrialisierte Landwirtschaft vorangetrieben hat. Pestizide und Insektizide machen die Umwelt krank. Damit sich die immer größer werdenden Felder leichter bearbeiten lassen, pflügt der Bauer die Feldraine nieder und damit auch die Feldblumen, von deren Nektar sich die Bienen ernähren könnten. Ein weiterer Grund ist der Elektrosmog, der von technischen Geräten ausgeht und die nützlichen Insekten vertreibt. Funkfrequenzen machen Bienen nervös und lassen sie fliehen. Dazu werden die Völker noch durch die aus Asien eingeschleppte Varroamilbe dezimiert. Zum Teil sind die Imker selbst für deren Verbreitung verantwortlich, wenn sie – teilweise illegal – Königinnen und befallene Bienenvölker an andere Züchter versenden. Wie tragisch das Bienensterben sein kann, zeigt sich besonders auffallend in China, wo die Blüten von Obst- und Nussbäumen von Menschen mittlerweile mühsam mit einem Pinsel bestäubt werden.

Die Naturwesen kümmern sich wie beschrieben auch darum, dass es weiterhin verborgene Bereiche in der Natur gibt, die kaum je von menschlichen Wesen betreten werden. Wenn es der Zufall will und man so einen unberührten Winkel entdeckt, sollte man sich vorsichtig wieder entfernen. Eine Elfenwiese ist besonders schützenswert, wir sollten niemals darauf herumtrampeln, sondern das Terrain behutsam und leise umgehen. Diese Wiesen sind ein wahrer Schatz, wer sich in der Morgen- oder Abenddämmerung in ihrer Nähe aufhält und still wird, kann mit etwas Glück den Feen beim Tanz zusehen.

Wenn bislang unberührte Elfengebiete zerstört werden, leidet die ganze Umgebung darunter. Feen und Elfen müssen dann weiterziehen, um eine neue Wohnstatt zu finden. Sie können nichts mehr für den Platz tun. Wie durch die Schändung eines Baumgeistes eine ganze Region zerstört wurde, musste ich leider selbst erleben. Etwa zwei Jahrzehnte lang bot ich in den österreichischen Bergen schamanische Seminare an. Die Teilnehmer waren entzückt von der unberührten Natur und erholten sich in dem jeweils eine Woche währenden Angebot nachhaltig. Neun Monate hindurch ging es ihnen meist sehr gut, dann sehnten sie sich allmählich danach, wieder aufzutanken.

Das funktionierte zwanzig Jahre gut, bis eine Professorin begann, aus wissenschaftlichem Interesse die Wurzeln einer Zirbelkiefer freizulegen. Da diese Bäume Flachwurzler sind, ging der Baum langsam zugrunde und starb, ein trauriger Anblick. Das schien nun eine Art Startschuss für die Zerstörung der Natur der ganzen Region zu sein. Der Inhaber unseres einsamen Hotels begann plötzlich damit, den umliegenden Wald abzuholzen, um haushohe Solarpaneele aufzubauen, deren Strom er verkaufte. Bald stand auch ein großer Handymast auf dem Dach.

In der näheren Umgebung fließen mehrere Heilquellen, die seit alters her von den Menschen verehrt werden. Die Seminarteilnehmer wanderten gern durch die Wälder, um sie zu besuchen. Die Ursulaquelle liegt verborgen an einem Berghang und wurde jahrelang von uns gepflegt und geschmückt. Bis wir eines Tages geschockt zur Kenntnis nehmen mussten, dass sie durch Vandalismus derart verschmutzt und geschändet wurde, dass es keine Hilfe mehr gab.

Ein besonders geheimnisvoller Ort war St. Leonhard im Bade, ein schwer zugängliches Quellheiligtum, das gut verborgen und einsam im Hochwald lag. Jedes Mal glaubten wir, den steilen Weg verfehlt zu haben, bis dann endlich doch das Gemäuer der kleinen Kapelle sichtbar wurde. Die Quelle entsprang in ihrem Inneren. Im Freien befand sich ein Brunnen, wo man das Heilwasser hinaufpumpen konnte. Ein uraltes Jagdhaus und ein flacher Bau, in dem noch die Badewannen des einstigen Heilbades standen, umgaben als einzige Gebäude die Lichtung. Nur an einem Tag im Jahr pilgerten Gläubige hier hinauf, um mit einer Prozession Maria Himmelfahrt zu feiern. Die übrige Zeit lag alles einsam und verlassen. Ein echter Elfenplatz, an dem die Naturgeister sich wohlfühlen konnten.

Nie trafen wir dort einen Menschen an. Was für ein Schock, als wir beim nächsten Besuch entdeckten, dass das alte Badehaus und die Umgebung niedergepflügt worden waren. Bauschutt und Morast bedeckten die ehemalige Elfenwiese. Das einst heilige Wasser schoss braun und schmutzig aus der Pumpe, sodass niemand davon trinken konnte. An den Wänden der Kapelle stieg schwarzer Schimmel auf. Unser letzter Besuch lag nur ein Jahr zurück! Bedrückt wanderten wir nach Hause. So schnell kann es mit der Natur bergab gehen, wenn Baumgeister und Quellnymphen vertrieben und ihr Lebensraum verwüstet werden.

Bald schändeten Menschen noch andere heilige Quellen und zerstörten sie brutal. Und als ob das die Bewohner der Gegend zu weiteren Taten anregen würde, pflügten sie breite Schneisen für Skilifte in die Berghänge, die nie in Betrieb gingen. Sie vernichteten Waldgebiete und Felder, um Hotels oder Bungalows zu bauen, die heute alle leer stehen. Ja, die Natur wehrte sich, ein Sturm ließ große Waldflächen zusammenbrechen, und die Hotelbetriebe gingen bankrott. Diese wüste Landschaft mochte keiner mehr besuchen. Nicht nur die Natur, sondern auch die spirituellen Kräfte zogen sich zurück.

In einem nahen Kloster hatten Mönche ein wunderbares Labyrinth aus weißen Marmorsteinen angelegt. Wir besuchten es jedes Jahr und erlebten dort seine transformierende Kraft. Die Krypta barg neben dem Grab einer Heiligen zwei vorgeschichtliche Objekte, einen Schlupfstein und eine Art Steinsessel. Wer durch den Schlupfstein kroch, streifte dabei Krankheiten und Verwünschungen ab. Und auf den Sessel setzten sich Frauen, die wegen eines bislang unerfüllten Kinderwunsches litten. Und nun? Die Mönche verließen das Kloster, und die Nachmieter versperrten den Zugang zu Labyrinth und Krypta. Auch auf unsere eindringlichen Bitten hin wurde nicht geöffnet.

Wir waren in der gesamten Region Zeugen einer tief greifenden Zerstörung. Sie begann mit dem Frevel an der Zirbelkiefer, übertrug sich auf die Quellen, als Letztes versickerte die Spiritualität, deren Wirken diesen Landstrich einst so anziehend gemacht hatte.

Was für eine traurige Geschichte! Sie beantwortet indirekt die Frage der Überschrift »Warum brauchen wir die Naturwesen so dringend?«. Wenn wir sie nicht schützen und unterstützen, gehen sie nämlich zugrunde und suchen sich im besten Fall einen anderen Ort, an dem sie ungestört leben können. Aber die dazu geeigneten Plätze werden weltweit immer seltener, weil der Mensch vergessen hat, dass die Natur ein lebendiges Wesen ist. Wenn sie keine andere Bleibe finden können, ziehen sie sich in die untere Welt zurück und erwarten geduldig die Gelegenheit, auf der Erde wieder eine Heimat zu finden. Wenn der Mensch mit ihrem Lebensraum weiterhin so rabiat verfährt, kann er sicher sein, dass er damit auch seinen eigenen Lebensraum vernichtet und sich selbst die Grundlage zum Leben entzieht. Umso dringender ist es, die Geister der Natur verstehen zu lernen, sie zu pflegen und ihnen zu helfen, wenn sie irgendwo vertrieben werden. Zu all dem möchte dieses Buch einen Beitrag leisten.