Filmjahr 2012
Das komplette Angebot in Kino, Fernsehen und auf DVD/Blu-ray
Redaktion
Horst Peter Koll
Mitarbeit
Jörg Gerle (DVD/Blu-ray), Stefan Lux, Hans Messias
Herausgegeben von der Zeitschrift FILMDIENST und der Katholischen Filmkommission für Deutschland
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Lexikon des Internationalen Films
Begründet von Klaus Brüne (1920–2003)
Das Magazin FILMDIENST erscheint alle 14 Tage. Kostenloses Probeheft unter: FILMDIENST-Leserservice, Heinrich-Brüning-Str. 9, 53113 Bonn. Im Internet: www.filmdienst.de
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Bildnachweis: wenn nicht anders angegeben: Archiv FILMDIENST; Martin Scorsese Collection, New York: S. 6, 37, 41, 61, 63; Marian Stefanowski: S. 30; Screenshots: absolut medien (S. 55), Arthaus (S. 10, 25, 51), Buena Vista / Touchstone (S. 31), e-m-s (S. 35, 39), Koch Media (S. 11), MGM (S. 48, 57), Sony (S. 32, 43), Splendid Film (S. 65), Universal (S. 23, 30, 34, 46, 53), Warner (S. 12, 33, 38)
Originalausgabe
1.–5. Tsd.
Schüren Verlag GmbH
Universitätsstraße 55 · D-35037 Marburg
www.schueren-verlag.de
© Schüren Verlag 2013
Alle Rechte vorbehalten
Gestaltung: Erik Schüßler
Korrektorat: Thomas Schweer
Umschlaggestaltung: Wolfgang Diemer, Köln
Piktogramme: Wolfgang Diemer
Umschlagfoto vorne: HUGO CABRET (Paramount),
Umschlagfoto hinten: MY WEEK WITH MARILYN (Ascot Elite),
Foto Buchrücken: LIEBE (X Filme / Warner)
Datenbankkonzeption: TriniDat Software-Entwicklung
Druck: CPI – Clausen & Bosse, Leck
Printed in Germany
ISSN 2191-317X
ISBN 978-3-89472-824-3
Auch als ePub: 978-3-89472-801-4
Vorwort «Filmjahr 2012»
Im Jahr der ziemlich besten Freunde Das Kinojahr 2012 in einer Art von Jahreschronik
Brevier «Martin Scorsese»
Intro: Bilder einer Ausstellung
Teil 1: Inspirationsquellen
Teil 2: Arbeitsweisen
Teil 3: Der Filmhistoriker & Filmbewahrer
Teil 4: Drei Gespräche mit Scorsese
Lexikon der Filme 2012
Die besten Kinofilme des Jahres 2012
«Sehenswert» 2012
Kinotipp der katholischen Filmkritik
Die Silberlinge 2012
Die herausragenden DVD-und Blu-ray-Editionen
Preise
Preis der deutschen Filmkritik 2012
Festivalpreise 2012 der internationalen katholischen Organisation SIGNIS
Deutscher Filmpreis 2012
Bayerischer Filmpreis 2012
Hessischer Filmpreis 2012
Europäischer Filmpreis 2012
Internationale Filmfestspiele Berlin
Internationale Filmfestspiele in Cannes
Die internationalen Filmfestspiele in Locarno
Die internationalen Filmfestspiele in San Sebastián
Die internationalen Filmfestspiele in Venedig
Internationales Filmfestival Mannheim-Heidelberg
Weitere Festivalpreise 2012
Caligari-Filmpreis 2012
Amerikanische Akademiepreise 2012 («Oscars»)
Lexikon der Regisseure 2012
Lexikon der Originaltitel 2012
Für die Kinobranche war 2012 ein Jahr der Superlative: Der Umsatz aus dem Verkauf von Eintrittskarten erreichte erstmals in der Geschichte einen Gesamtbetrag von über einer Milliarde Euro. Bei den Besucherzahlen meldete die Filmförderungsanstalt das beste Ergebnis seit 2009: 135,1 Mio. Besucher. Allerdings gibt es für die Branche auch Entwicklungen, die keinen Anlass zum Jubel bieten: Die Zahl der Kinos geht zurück. Nur noch in 909 Städten und Gemeinden gibt es mindestens ein Kino, 2009 waren es noch 1.016.
Zu den Superlativen des Kinojahres 2012 zählt die bisher teuerste deutsche Filmproduktion: 100 Mio. Euro hat der Verfilmung des Bestsellers CLOUD ATLAS gekostet, nicht weniger wurde für das Marketing ausgegeben. Mit Tom Tykwer und den Wachowski-Geschwistern als Regisseure und einer Hollywood-Star-Besetzung schaffte es der Film in Deutschland zwar über die Millionengrenze, aber dennoch nicht in die «TOP 10»-Liste der Kinohits des Jahres. Erfolge verbuchten vor allem Filme nach erprobten Erfolgsrezepten: der neue James Bond SKYFALL, die dritte Fortsetzung von ICE AGE oder die neue Tolkien-Verfilmung von Peter Jackson DER HOBBIT – EINE UNERWARTETE REISE. An der Spitze der Kinocharts landete aber erstaunlicherweise ein Film ohne Hollywood-Stars, ohne 3-D und Spezialeffekte, der weder auf eine Literaturvorlage noch auf Vorläufer einer Serie zurückgreifen konnte. Die französische Komödie ZIEMLICH BESTE FREUNDE über einen Reichen, der als Querschnittsgelähmter an den Rollstuhl gefesselt ist, und seinen farbigen Pfleger bewegte die Herzen der Zuschauer mehr als jeder andere Film, der die Möglichkeiten digitaler Technik ausnutzte.
Das gesamte Angebot des Kinos war noch sehr viel breiter. Zwischen Wohlfühlfilm und effektvoller Großproduktion gab es wieder zahllose sehens- und diskussionswerte Produktionen, die in der vorliegenden Bilanz des Filmjahres 2012 erfasst sind. Akribisch recherchierte Fakten und abgewogene Bewertungen findet der interessierte Kinofreund in den Lexikoneinträgen zu jedem Film, der in Deutschland im Kino, im Fernsehen und auf DVD/Blu-Ray veröffentlicht wurde. Dazu bietet der Band Informationen über die Preise bei internationalen Filmfestivals, über herausragende Filme, die Jahreschronik sowie erstmals einen monothematischen Schwerpunkt zu Martin Scorsese.
Die Erfassung und Überprüfung der Daten und die Erarbeitung der Texte bedeutet ein immenses Arbeitspensum. Für die Mühe danken die Herausgeber den beteiligten Redakteuren und Mitarbeitern, Horst Peter Koll, Hans Messias sowie Jörg Gerle und Stefan Lux. Ein besonderer Dank gilt wie immer auch den FILMDIENST-Kritikern, die mit ihren Rezensionen die Basis für viele Lexikoneinträge geliefert haben, sowie dem Schüren Verlag für die verlegerische Betreuung.
Dr. Peter Hasenberg
Katholische Filmkommission für Deutschland
Zusammengestellt von Horst Peter Koll
Wie könnte man sich am besten in ein doch eben erst zu Ende gegangenes Kinojahr zurückversetzen? In ein Jahr, das einem in der ersten spontanen Rückschau spektakulär erscheinen mag und doch zugleich auch seltsam trocken und papiernen anmutet, obwohl (oder gerade weil) es doch mit Superlativen nur so protzte: mit der erfolgreichsten Kinokomödie, der gigantischsten neuen Projektionstechnik, dem höchsten Umsatz aus dem Verkauf von Eintrittskarten – alles musste möglichst steigerungsunfähig sein, um aufzufallen und davon zu zeugen, dass das Kino immer noch da ist und seinen Platz behauptet. Einen Platz, der freilich mehr als wirtschaftlich konkurrenzfähige Position verstanden wird, weniger als angemessener Ort für ein «Erzählmedium», das (auch) von Befindlichkeiten, Wünschen und Fantasien, von Träumen und Ängsten, Zweifeln und Hoffnungen handelt. Man sagt, dass das Kino gerade in Krisenzeiten zum Zuschauerund Wirtschaftsmagnet wird; gerade «in schlechten Zeiten» gierten die Menschen nach Filmen. Auch würde bei den Menschen angesichts von Ungerechtigkeit, ökologischen sowie wirtschaftlichen Krisen die «Sehnsucht nach Sinn» wachsen, wie es ein früherer Bundespräsident einmal ausdrückte. Wäre also das Kino ein möglicher Ort für Sinnhaftigkeit? Auf welche Krisen aber reagiert man angesichts globaler Strukturen denn genau? Der eigenen Wirtschaft geht es gut, behauptet jeder, reagiert man also eher auf die Euro-Krise, das enorme Staatsdefizit der USA, auf die weltweit spürbare Bankenkrise und ihre risikofreudigen Hasardeure? Die Zuordnung ist nicht leicht, und vielleicht ist es ja gerade die Gemengelage, die am meisten verunsichert. Bezeichnend ist bei alldem, dass die «gute alte» Rezeptur eines Kinofilms als eskapistische Fantasie immer noch zu funktionieren scheint: Mach’ Dir ein paar schöne Stunden: Gehe ins Kino! So verkaufen einem die Medien und ihre Werbestrategen das Kino immer noch am liebsten. Nur selten wird es ernst, sodass man nicht nur die Feuilletons, sondern auch die Nachrichten und die unvermeidlichen Talk-Runden bemühen muss. Etwa, wenn eine Komödie religiöse Gefühle verletzt, sich eine polternde Satire «ethnisch inkorrekt» verhält oder wenn ein Blockbuster als Anlass für ein reales Massaker gebrandmarkt wird. Dann werden rasch «Experten» für Analysen, Kommentare und Orientierungshilfen herangezogen, die öffentlich über alles Mögliche räsonieren, selten aber über das, was Film auch ist: ein Kommunikationsmittel, mit dem sich eine Gesellschaft über Welt- und Menschenbilder sowie ihre moralischen Standards verständigt.
Ausgerechnet Kinogroßmeister Martin Scorsese hat in diesem Jahr den Mut, alles, wirklich alles über «das Kino und die Welt» in einen einzigen filmischen Entwurf zu packen: In HUGO CABRET (Start: 9.2.) startet er einen Frontalangriff auf das Sehorgan, und das mit dem archaischen Bild aus Georges Méliès’ mehr als 100 Jahre altem Stummfilmklassiker LE VOYAGE DANS LA LUNE (1902): Dem Mond fliegt eine Rakete ins Auge – ein schönes Symbol dafür, wie «eindringlich» Kinobilder sein können. Längst springt man heutzutage nicht mehr in Panik auf, und doch setzt Scorsese trotzig und selbstbewusst ein Zeichen für die Wirkmächtigkeit und Magie des Kinos. Im Hintergrund seines in den 1930er-Jahren in Paris angesiedelten Märchens scheinen die Krisen einer Epoche auf: die Nachwirkungen eines Weltkriegs, die neue Technikbegeisterung, der Forscherdrang der Moderne, die fatale Tendenz zu einem neuen absolutistischen Denken, das jedes Individualistische diskreditiert. Das alles als spielerisch-philosophischer Exkurs über die Zeit und den Lebenssinn, in dem Scorsese schwärmerisch zurückblickt und zugleich die Schaulust dank allerneuester Kinotechnologie zufrieden stellt – groß, digital und in 3D, dabei magisch, anrührend und «nostalgisch» wie eine Erzählung von Charles Dickens. Martin Scorsese ist einer der letzten Großmeister des Kinos, der die Illusionisten-Tricks aus dem Hut zu zaubern versteht. Und vielleicht mit HUGO CABRET schon alles sagt, was man im Moment wirklich über Kino sagen kann.
Doch das Jahr ist noch lang. Auch andere suchen Antworten, benutzen andere Mittel, finden vermeintlich effizientere «Lösungen» und kommerzielle Erfolge, die man zu Beginn des Jahres nicht annähernd erwarten kann. ZIEMLICH BESTE FREUNDE (Start: 5.1.) kam erst zwei Monate zuvor in Frankreich in die Kinos und avancierte dort zur erfolgreichsten Komödie des Jahres mit annähernd 20 Mio. Zuschauern. Kurioserweise funktioniert der Stoff auch hierzulande: Am ersten Wochenende kommen 290.000 Zuschauer in Kinos, eine Woche darauf springt der Film mit 468.000 Besuchern an die Spitze der deutschen Kinocharts – und am Ende des Jahres (und entsprechend langen Laufzeiten) werden den Film in Deutschland 8,9 Mio. Zuschauer gesehen haben. Die Mechanik der Geschichte funktioniert: Friede, Freude, Eierkuchen – allen sozialen Spannungen und Straßenkämpfen zum Trotz versöhnen sich im schönen Kinotraum das französische Besitzbürgertum und das Prekariat mit Migrationshintergrund. «Die sympathischen Hauptdarsteller François Cluzet und Omar Sy schlagen sich exzellent und füllen ihre Figuren mit Leben; das Drehbuch gibt ihnen mit pfiffigen Dialogen gute Vorlagen zu Szenen, die mal humor-, mal gefühlvoll die wachsende Zuneigung der beiden beleuchten. Den Regisseuren geht es dabei nicht um eine Freundschaft, die trotz, sondern gerade wegen der Gegensätze der beiden entsteht. Dass kulturelle und soziale Differenz nicht Angst und Hass provozieren muss, sondern neugierig machen sollte auf das gegenseitige Voneinander-Lernen, ist die schöne Botschaft des Films – ein cineastisches Pflaster sozusagen über den realen Wunden, die sich immer unübersehbarer in der französischen Gesellschaft auftun. Dies unbeschwert und heiter-gefühlig auf die Leinwand zu bringen, gelingt allerdings nur auf Kosten jeder Glaubwürdigkeit.» (Felicitas Kleiner)
Der Schauspieler Michael Gwisdek feiert am 14.1. seinen 70. Geburtstag. Allein in der DDR spielte er in mehr als 50 Filmen, in den letzten 20 Jahren mag die gleiche Anzahl noch einmal dazu gekommen sein. «Für mich war der Untergang der DEFA eine Katastrophe», sagte Gwisdek einmal. «Ich hatte die völlig naive Vorstellung, Europa bekommt wieder einen Filmmittelpunkt. Die Kleinstaaterei ist vorbei, jetzt gibt es ein Großstudio, und in Babelsberg treffen sich Autoren, Regisseure und Schauspieler. Und wir haben das Glück, dass wir schon hier sind. Das war meine große Illusion.» Einer der herausragenden seiner vielen Figuren verkörperte Gwisdek 1999 in Andreas Dresens NACHTGESTALTEN (1999) als kleiner Angestellter Peschke: «Gwisdek bricht nach und nach jene Schalen auf, die Peschke als Schutzschichten gegen eine unwirtliche, stressige, von tausenderlei Enttäuschungen geprägte Gegenwart um sich gelegt hat. Peschke mit der Berliner Kodderschnauze mutiert im Lauf des Films zu einem wundersam verlorenen Engel, komisch und melancholisch, seine Menschlichkeit hinter einer Mauer aus boshaften Sentenzen verbergend und schließlich doch ganz sachte und mit großem Herzen. Gwisdek spielt souverän auf der Klaviatur der Gefühle, so als kenne er das Leben und die Welt und wisse ziemlich genau, wie daraus große Kunst entsteht.» (Ralf Schenk)
Im Lauf des Jahres starten bemerkenswerte deutsche Filme von jungen, talentierten Filmschaffenden. 15 davon sollen jeweils zum Kinostart notiert werden – als «Entdeckung Junges deutsches Kino». David Wnendts Film KRIEGERIN (Start: 19.1.) macht den Anfang. Während die NSU-Debatte angesichts immer heftiger geführt wird, zeigt Wnendt Menschen, die ein spießiges Kleinbürgerdasein führen, Ordnung, Anstand und Sicherheit verklären und allen, die anders denken, Chaos, Brutalität und Angst bringen. Eine junge Frau aus Mecklenburg schlägt und tritt sich als Neo-Nazi durch ihr tristes Dasein.
Für Eiko Ishioka waren ihre extravaganten Kostümdesigns stets mehr als schmückendes Beiwerk: Ihre fantasievollen Kreationen gerieten zu ausladenden (Alb-) Traumgebilden, die ihre Träger zu Dämonen oder Engeln erheben konnten. Der 1938 in Tokio geborenen Grafikdesignerin gelang es, die seelische Befindlichkeit und die Entwicklung eines Charakters expressiv herauszukehren und aus den Gewändern der Figuren schillernde Kunstwerke zu machen, die raffiniert verschiedenste historische und kulturelle Quellen «anzapften» und damit beziehungsreich spielten. Dabei war es ihr stets wichtiger, der Stimmung des Films zu dienen, als sich sklavisch an historische Fakten zu klammern. Für Coppolas DRACULA-Verfilmung erhielt die Designerin 1992 den «Oscar». Neben ihrer Tätigkeit beim Film arbeitete sie u.a. an diversen Broadway-Aufführungen mit und entwarf die Kostüme der Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele 2008; auch beschränkte sie sich nicht nur auf ihre Tätigkeit als Kostümdesignerin, entwarf u.a. auch das Cover zu Miles Davis’ Album «Tutu» und führte Regie bei Musikvideos der isländischen Sängerin Björk. In den letzten Jahren arbeitete sie eng mit Tarsem Singh zusammen und prägte die Ausgestaltung seiner imposanten Bilderwelten. «In Singhs Filmen entstehen aus der Synthese aus Schauspieler-Körper und Ishiokas üppigen Gewändern zeichenhafte, betörend schöne Kreaturen, die, ähnlich wie die Figuren eines Märchens, ihr Wesen wie eine Schale sichtbar am Leib tragen.» (Sebastian Otto) Eiko Ishioka stirbt 73-jährig am 21.1. in Tokio.
Am 24.1 stirbt der große griechische Regisseur Theo Angelopoulos. Ausgerechnet jetzt, im Augenblick einer extremen wirtschaftlichen Destabilisierung, verliert das Land auch noch einen seiner ganz großen Künstler. Kaum ein anderer Grieche ist für sein Schaffen im Ausland so oft gewürdigt worden wie Angelopoulos. Ein Filmemacher, der den Landschaftsnebel filmisch als Vorhang benutzte, um einen kritischen Blick hinter die Kulissen der griechischen Realität zu werfen. Seine Charaktere wirkten menschlich nah und zugleich einer anderen Welt entsprungen: zu filigran und zerbrechlich. Die Reaktionen in Griechenland auf Angelopoulos’ Tod lassen eines deutlich erkennen: Kunst bleibt am Ende über alle menschlichen Schwächen erhaben. So demonstrieren es zumindest in großer Einigkeit alle Medienanstalten des Landes, auch die staatlichen und privaten Fernsehsender: Vom Zeitpunkt seines Todes bis zur Beisetzung werden vor jeder Sendung Ausschnitte aus seinen Filmen eingeblendet, untermalt mit den tragenden Klängen von Eleni Karaindrou, Angelopoulos’ liebster Komponistin. Ähnlich würdigen ihn die überregionalen Zeitungen mit Sonderbeilagen. Parallel dazu veröffentlichen alle Parteiführer des Landes denkwürdige Beileidsbekundungen. Sogar Staatspräsident Karolos Papoulias überbringt den Hinterbliebenen seine Trauerbotschaft. Wie viele Staaten in Europa gibt es noch, die ihre Künstler so würdevoll zu Grabe tragen?
TAGE DIE BLEIBEN (Start 26.1.). Nach dem Tod der Mutter verliert eine ohnehin schon kriselnde Familie den Boden, weil der Schicksalsschlag das Auseinanderdriften der Hinterbliebenen weiter beschleunigt. Begräbnisgroteske zwischen Drama und Komödie, die den souverän agierenden Darstellern viel Raum gewährt. Regie: Pia Strietmann
Das Zeughaus Kino in Berlin feiert seinen 20. Geburtstag zeigt zum Jubiläum (1.2.) eine fast vollständige Fritz-Lang-Retrospektive. Zwischen den Berliner Filmkunsthäusern «Arsenal» und «Babylon» hat sich das kleine Kino im Zeughaus ein ganz eigenes Profil zwischen Filmgeschichte und Geschichte im Film geschaffen, von Stummfilmen mit Klavierbegleitung bis zu modernen digitalen Formaten. Das Kino ist eigenständiger Teil des Deutschen Historischen Museums. Geplant wurde es zu DDR-Zeiten, 1959 als Teil des Museums für deutsche Geschichte, eröffnet aber erst 1964 als «Camera» unter der Regie des Staatlichen Filmarchivs der DDR. Im Rahmen der Um- und Anbauarbeiten des Deutschen Historischen Museums (1998 bis 2004) wurde auch der Kinosaal mit 165 Plätzen nach denkmalschützerischen Vorgaben im Stil der frühen 1960er-Jahre saniert. Rainer Rother, heute Künstlerischer Leiter des Museums für Film und Fernsehen/Deutsche Kinemathek, führte das Kino bis 2006, auf ihn folgte der Filmhistoriker Jörg Friess. Inhaltlich reichte das Spektrum von «Ritterfilmen» über «Avantgarde-Film und Nationalsozialismus», «Nach dem Jahr Null» bis zu «Im Aufbau», eine Retrospektive des frühen israelischen Kinos. Ein großer Publikumserfolg ist die Reihe «Berlin-Dokumente», die seit Sommer 2010 die Entwicklung der Stadt in Dokumentarfilm und Wochenschau nachzeichnet.
Am 24.1. stirbt in Berlin Vadim Glowna (24.1.). Seine erste Hauptrolle in einem Fernsehfilm spielte er bereits 1964 in IM SCHATTEN DER GROSSSTADT von Johannes Schaaf. Danach wurde Glowna auf einen bestimmten Typ von Anti-Held festgelegt, nicht nur aufgrund seiner prägnanten Physiognomie, sondern auch, weil er sich selbst mit «Alltagsmenschen» und «Verlierern» identifizierte: «Kämpfen ums Überleben ist oftmals noch deren vitalster Ausdruck», charakterisierte er seine bevorzugten Figuren. Ab Mitte der 1970er-Jahre gelang Glowna der Karrieresprung in internationale Produktionen, er drehte u.a. mit Alain Corneau (POLICE PYTHON 357), Bertrand Tavernier (DEATH WATCH), Krzysztof Zanussi (DAS JAHR DER RUHIGEN SONNE) und Sam Peckinpah (STEINER – DAS EISERNE KREUZ). Über seine Arbeit mit Peckinpah, die zu einer Männer-Freundschaft führte, veröffentlichte Glowna einen sehr offenen Erfahrungsbericht: «Arbeit mit einem Besessenen» zeugt auch von einer so gar nicht erwarteten Seelenverwandtschaft zweier radikaler Künstler.
DIE UNSICHTBARE (Start: 9.2.). Eine unsichere Schauspielschülerin bekommt von ihrem Regisseur die Hauptrolle in einem Stück übertragen, wobei der Vamp, den sie spielen soll, ihrer wahren Person denkbar unähnlich ist. Drama im Theatermilieu, das von einem eindrucksvollen Ensemble, vor allem der hervorragenden Hauptdarstellerin sowie einer stimmigen atmosphärischen Bildsprache lebt.
Regie: Christian Schwochow
Der ungarische Regisseur Béla Tarr eröffnet Anfang Februar von der Bühne des altehrwürdigen Budapester Kinos Uránia herab die 43. Ungarische Filmschau. Nachdem die staatliche Filmförderung keinerlei Anstrengungen unternommen hatte, um das renommierte nationale Festival zu unterstützen, sieht sich der Filmverband, die unabhängige Berufsorganisation der Filmemacher, in der Pflicht, für eine entsprechende Präsentation Sorge zu tragen. Innerhalb weniger Wochen und mit einem Budget, das gegen Null tendierte, werden Spielorte gefunden und Sponsoren akquiriert. Tarr lädt als neuer Vorsitzender des Filmverbands Regisseure und Autoren ein, ihre bislang noch nicht aufgeführten Arbeiten vorzustellen. Gleichzeitig nutzen er und seine Kollegen die Chance, öffentlich deutlich zu machen, dass sich Ungarns Kino in einer existenziellen Krise befindet. So gerät die Filmschau zur Generalabrechnung mit der Filmpolitik der rechtskonservativen Orbán-Regierung. Vor mehr als einem Jahr zerschlug die Administration das bisherige System der Filmförderung, in dem ein demokratisches Mitspracherecht der Künstler fest verankert war. An die Stelle der Gremien trat ein einzelner Mann: der Produzent Andrew G. Vajna, dessen Familie nach dem Ungarn-Aufstand 1956 aus dem Land emigriert war und der es in Hollywood, u.a. mit RAMBO-Filmen, zum Multimillionär gebracht hatte. Premierminister Viktor Orbán, dem Vajna publicityträchtige Auftritte mit Arnold Schwarzenegger und Robert de Niro verschaffte, belohnte seinen aus den USA zurückgekehrten Duzfreund mit dem Posten des neuen Filmförderungschefs und stellte ihm ein Jahresbudget von rund 18 Mio. Euro in Aussicht. Das Geld entstammt der Spielsteuer für Lotterien; wohin es fließen wird, obliegt allein Vajnas Gunst. Während einer Podiumsdiskussion auf der «Berlinale» fordert Vajna Vertrauen für seine neue Filmförderung und erklärt, er werde aus den bisher gemachten Fehlern zu lernen wissen. Zumindest wolle er die Sprachlosigkeit zwischen seinem Büro und den ungarischen Künstlern beenden. «Würde es ihm damit tatsächlich Ernst sein, sollte er als ersten Schritt anordnen, das im neuen ungarischen Filmgesetz verankerte Recht des Staates auf den ‹final cut›, die endgültige Schnittfassung eines Films, zu streichen. Obwohl die staatliche Filmförderung nur einen Bruchteil der Herstellungskosten eines Spielfilms trägt, maßt sie sich die Rolle eines Produzenten an und besteht auf dieser ‹Endkontrolle›. ‹Wir wollen ja nur sicherstellen, dass die uns vorgelegten Drehbücher auch verfilmt werden – und nicht irgendwas anderes›, heißt es dazu aus dem Büro Vajna. Man könnte es auch knapper sagen und das Bestehen auf dem ‹final cut› als das benennen, was es ist: Staatszensur.» (Ralf Schenk)
Er selbst bezeichnete sich einmal als den «glücklichsten Menschen auf Erden», einfach weil er Filmregisseur sei, also seine Träume verwirklichen könne. François Truffaut liebte das Kino ebenso wie das Leben und die Frauen («... eine Frau zu sein, ist bereits ein Beruf, in dem Gott der einzige Chef ist»), er kämpfte für das Kino als eigenständige Kunstform, dies sowohl mit seinen poetisch-charmanten Filmen als auch mit seinen auch heute noch lesenswerten Texten zum Kino. So schrieb er 1979: «Mit jedem weiteren technischen Fortschritt, mit jeder neuen Erfindung verliert das Kino an Poesie (...) 3-D-Versuche mögen der Industrie helfen zu leben und zu überleben, aber nichts davon wird dem Film helfen, eine Kunstform zu bleiben.» Am 6.2. wäre François Truffaut 80 Jahre alt geworden. Er starb 1984 im Alter von nur 52 Jahren.
Etwa 111 Mio. Amerikaner versammeln sich am Abend des 5.2. vor dem Fernseher, um das Endspiel der National Football League, dem Super Bowl, zu sehen. Das sind rund 47 Prozent aller US-Fernsehhaushalte. Doch am nächsten Morgen, wird fast mehr über ein zweiminütiges Commercial diskutiert als über den Sport. Zwischen all den uninspirierten Werbespots war der Schatten Clint Eastwoods aufgetaucht und hatte Amerikas «Spirit» beschworen. Eastwood, der Schauspieler und Regisseur, der im Verlauf einer langen Karriere seinem Heimatland schon oft ins Gewissen geredet hat und den in den USA alle respektieren, sprach nicht von Football, sondern von der Wirtschaftskrise und ihren Folgen: «Wir haben alle Angst, denn das ist kein Spiel.» Doch Eastwood wäre nicht Eastwood, hielte er nicht einen positiven Ausblick bereit. Es sei nicht nur Halbzeit beim Super Bowl, sagt er, es sei auch Halbzeit für Amerika. Und mit dem Beispiel der Autostadt Detroit vor Augen, appelliert er an das Land, alle Kräfte zu sammeln für eine gute gemeinsame Zukunft. Eastwoods Botschaft erregt die politischen Geister: «Die einen halten sie für eine idealisierte Manipulation eines Amerikas, das es so nie gegeben hat; andere betrachten sie als eine Lobrede auf Präsident Obama und die Darlehen Washingtons an die Autoindustrie. Eigenartig nur, dass Eastwood Republikaner ist und nach eigener Aussage nie für einen Demokraten im Weißen Haus gestimmt hat. Die Mehrzahl der Sportfans scheint seine Ansichten zu teilen, obwohl das Commercial unverkennbar vom Automobilkonzern Chrysler finanziert wurde. Schon zwei Tage nach dem Endspiel hatten sich bei YouTube fünf Mio. Menschen den Werbespot angesehen. Nicht einmal tausend waren gegen ihn.» (Franz Everschor)
Die drei großen Vorauswahlkommissionen (Spielfilm, Dokumentarfilm und Kinderfilm) mit 33 Teilnehmern (28 Mitglieder der Deutschen Filmakademie, ein branchenerfahrenes externes Mitglied, vier Vertreter aus dem Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages) haben in der ersten Wahlstufe die Entscheidungen für 43 deutsche Kinofilme ins Nominierungsverfahren (2. Stufe) zum Deutschen Filmpreis 2012 getroffen. Alle Mitglieder werden für ihre Gewerke aus diesem Gesamtpaket nun die Nominierungen für die Filme und Einzelleistungen wählen. Die Ergebnisse sollen am 23.3. bekannt gegeben werden. Die Vorauswahl «Spielfilm» umfasst einen bunten Strauß qualitativ höchst unterschiedlicher Werke von SCHLAFKRANKHEIT und HELL bis zu HOTEL LUX und BLUTZBRÜDAZ; unter den Dokumentarfilmen finden sich CHARLOTTE RAMPLING – THE LOOK, JOSCHKA UND HERR FISCHER, KLITSCHKO und GERHARD RICHTER PAINTING; beim Kinderfilm findet sich alles, was durchs marktkonforme Family Entertainment des zurückliegenden Jahres kreuchte und fleuchte (FÜNF FREUNDE, TOM SAWYER, VORSTADTKROKODILE 3) – während ein künstlerisch wie auch thematisch wichtiger Kinderfilm wie WINTERTOCHTER von Johannes Schmid entweder schlicht übersehen oder aber demonstrativ ignoriert wurde. Die Produktionsfirma schlichtundergreifend-film macht deshalb von der «Wild Card-Regelung» Gebrauch, einem Korrektiv, dass es (nach Passus 6.7. der Auswahlkriterien) Produzenten erlaubt, ihren abgelehnten Film erneut allen Sektionen ans Herz zu legen.
Die «Lola», den Deutschen Filmpreis, hat er schon erobert, nun bekommt er auch die «Paula»: Der PROGRESS Film-Verleih ehrt den Schauspieler Henry Hübchen am 12.2. mit dem von der Industrie- und Handelskammer Berlin gestifteten Filmpreis «Paula». Anlässlich des 60. Unternehmensjubiläums von PROGRESS 2010 ins Leben gerufen, ehrt dieser Preis jährlich Filmschaffende, die ihre Karriere bei der DEFA begannen und sich nach der Wende «um den gesamtdeutschen Film verdient gemacht haben». Nach Katharina Thalbach und Katrin Sass ist Hübchen der dritte Schauspieler, der sich über die von Jürgen Böttcher/STRAWALDE entworfene Bronzestatuette freuen darf.
Als Enttäuschung des Jahres entpuppt sich Helmut Dietls ZETTL (Start: 2.2.): Darin avanciert ein ehrgeiziger Chauffeur im Prominenten-Milieu der «Berliner Republik» zum Chefredakteur eines neuen Boulevard-Magazins, stößt auf politische Skandale und Intrigen wie die Geschlechtsumwandlung der Berliner Oberbürgermeisterin und den verheimlichten Tod des Bundeskanzlers, kann aber daraus kein Kapital schlagen, wird vielmehr vereinnahmt und zurecht gestutzt. Vom Chauffeur zum Chefredakteur – das ist schon phonetisch kein so weiter Weg, und wenn an einer Stelle einmal die Worte «Hysteriker» und «Historiker» durcheinander geraten, dann beschreibt das durchaus treffend den bescheidenen Spielraum von Dietls Fantasie, die betont atemlos und gehetzt-hysterisch an der Naht zwischen Kabarett und deftigem Bauerntheater daherkommt, vielleicht, um den ganzen Wahnsinn des skrupellosen Treibens als Methode zu versinnbildlichen, aber im Grunde nur eine lärmige Nummern-Revue kreiert, die in erster Linie alten Weggefährten Dietls von Götz George bis Harald Schmidt eine Plattform bietet. Das alles verdichtet sich weder zu einem analytisch scharfen noch erhellenden oder gar unterhaltsamen Kinofilm, da ihm schlicht jede inszenatorische Raffinesse und Verdichtungskunst abgehen. Als öffentliches Event mag das ausreichen, weil das Kino damit «gehypt» wird, freilich als Abspielort für ein künstlerisch wie thematisch ernüchternd altbackenes Werk, an dem nichts sonderlich neu und originell ist.
Als Ben Gazzara 1968 bei Dreharbeiten von den Unruhen des «Prager Frühlings» betroffen wurde, erreichte ihn ein Anruf von John Cassavetes: Er solle sich bloß nicht umbringen lassen, da die Finanzierung für HUSBANDS (1970) zustande gekommen sei. Zum Glück wechselte die Crew nach Rom, wo auch die ersten Drehbuch-Konferenzen mit Cassavetes stattfanden. Peter Falk stieß dazu, den Gazzara später gelegentlich in dessen Langzeit-Rolle als schrulligen Fernseh-Inspektor Columbo inszenierte; auch Cassavetes hielt er die Treue und spielte noch in zwei weiteren Filmen, unter denen ihm MORD AN EINEM CHINESISCHEN BUCHMACHER (1975) offenbar weniger lag. Gazzara wurde am 28.8.1930 als Sohn sizilianischer Einwanderer in New York geboren. Er trat erfolgreich am Broadway auf, war Serienstar im Fernsehen und in Filmen wie THE BIG LEBOWSKI (1997) und DOGVILLE (2003) zu sehen. Sein Merkmal war ein süffisantes, auch rätselhaftes Schmunzeln, das im besten Fall ein Charakterbild pointierte, wie den zynischen Sergeant Angelo in DIE BRÜCKE VON REMAGEN (1968), der einfach mit dem Leben davonkommen will. Gazzara stirbt am 3.2. in New York.
Die Nachricht ihres frühen Todes kommt nicht ganz überraschend: Die Sängerin Whitney Houston stirbt am 11.2. an den Folgen ihrer langjährigen Alkohol-, Drogen- und Medikamentensucht. Ihr Kinodebüt als Schauspielerin gab sie im Thriller BODYGUARD (1992) an der Seite von Kevin Costner), WARTEN AUF MR. RIGHT (1995), das Regieerstlingswerk von Schauspieler Forest Whitaker, zeigte sie als Karrierefrau, die in der Liebe weniger Glück hat, Penny Marshalls RENDEZVOUS MIT EINEM ENGEL (1996) war ein Remake der Cary-Grant-Komödie JEDE FRAU BRAUCHT EINEN ENGEL (1947). Whitney Houston wurde 48 Jahre alt.
Es ist unmöglich, ein Filmfestival wie die Internationalen Filmfestspiele Berlin in einem (Ab-)Satz zusammenzufassen oder gar bewerten zu wollen. Rund 400 Filme in zehn Tagen und mehr als 300.000 verkaufte Kinokarten sind die Eckdaten für die 62. «Berlinale» (9.-19.2.), eine gigantische Großveranstaltung in Sachen Kino, die längst ihre eigene Gesetzmäßigkeit entwickelt hat, ständig zwischen Kommerz und Kalkül, Event und Kunst mäandert und sich dabei (innerhalb fester Kategorien) permanent selbst verändert. Dazu bedarf es eines großen Selbstbewusstseins, aber auch einer nicht minder großen Entspanntheit, die Dinge anzustoßen und dann doch auf sich zukommen zu lassen, Abstürze und Defizite ebenso einkalkulierend wie filmkünstlerische Höhepunkte, Entdeckungen und weitreichende Weichenstellungen kreierend. Was die «Berlinale» für Berlin ebenso wie für die Wahrnehmung des Kinos im ganzen Land leistet, ist ihr dabei gar nicht hoch genug anzurechnen. Sie generiert Öffentlichkeit für ein Medium, das es im (Kino-)Alltag nicht mehr leicht hat; sie sensibilisiert für mannigfache Aspekte der Filmgeschichte wie für die Zukunftsfähigkeit des Kinos, schafft Aufmerksamkeit, weckt Neugierde. Die diesjährige «Berlinale» ist besonders reich an Impressionen, von denen viele lange über die zehn Festivaltage hinaus im Gedächtnis bleiben: der Wind in den wild bewegten Bäumen, an denen Barbara (in Christian Petzolds gleichnamigem Film) vorbeiradelt; der Blick von Martina Gedeck in die Sonne, wenn sie die Wärme eines Sommertags in sich speichert (DIE WAND); die facettenreichen Bilder von Kindern in Filmen, in denen ihnen grausam die Kindheit geraubt wird, oder ihnen, ganz im Gegenteil, über Leid und Kummer hinweg diese Kindheit gerade erst möglich wird; ein 1960er-Schlager am Rand eines Pools irgendwo in Afrika (TABU) oder ein hinreißendes Chanson als Liebeserklärung an das (vermeintlich) Hässliche (WAS BLEIBT).
Nach den «Golden Globes» und den Bafta-Awards ist Michel Hazanavicius’ THE ARTIST auch der strahlende Sieger bei den «Oscars» (26.2.). Er wird nicht nur als bester Film ausgezeichnet, sondern auch in den Kategorien «Beste Regie», «Bester Hauptdarsteller» (Jean Dujardin), «Bestes Kostümdesign» und «Beste Musik». Hazanavicius’ wunderbare Beschwörung der wortlos sich entfaltenden Macht filmischen Erzählens hat sich auch für die Mitglieder der Academy of Motion Pictures Arts and Sciences als unwiderstehlich erwiesen. Neben dieser französischen Stummfilm-Hommage ans klassische Hollywood ist der andere große «Oscar»-Gewinner, Martin Scorseses HUGO CABRET, interessanterweise eine Art Gegenstück zu THE ARTIST: eine amerikanische Hommage ans frühe französische Kino, die sich modernster filmsprachlicher Mittel bedient, um nostalgisch auf die Anfänge der «Siebenten Kunst» zurückzuschauen. Scorseses Film wird für die furiose 3D-Kameraarbeit von Robert Richardson ausgezeichnet sowie in fast sämtlichen anderen «technischen» Kategorien, die den «Look» und «Sound» eines Films definieren. Die schiere Liebe zum Kino, die beide Filme genussvoll zelebrieren, ist also Trumpf bei den «Oscars» 2012.
Rückblick auf ein folgenreiches Ereignis vor 50 Jahren: Eigentlich sah alles nach einem normalen Festivalalltag aus: Die Westdeutschen Kurzfilmtage Oberhausen (26.2.–3.3.1962) fanden zum achten Mal statt, Oberbürgermeisterin Luise Albertz und Oberstadtdirektor Werner Schütz luden zur Eröffnungsveranstaltung, und zum fünften Mal folgte man ebenso engagiert wie weltoffen dem programmatischen Festivalmotto «Weg zum Nachbarn» (von dem sich das Festival erst 1997 verabschiedete). Dann, am 28. Februar 1962, kam es unter dem Titel «Opas Kino ist tot» zu einer denkwürdigen Pressekonferenz, die als Aktion der Münchener DOC 59-Gruppe von Haro Senft initiiert wurde: Ferdinand Khittl verlas einen Text, der als «Oberhausener Manifest» in die Geschichte des deutschen Films einging, Alexander Kluge moderierte die anschließende Diskussion über eine Erklärung, die 26 deutsche Filmemacher unterzeichnet hatten und die nichts Geringeres als die Geburt des «neuen deutschen Films» postulierte: «Wir erklären unseren Anspruch, den neuen deutschen Spielfilm zu schaffen. Dieser neue Film braucht neue Freiheiten.» Seitdem wurde das Oberhausener Manifest selbst zur (Film-)Geschichte und erfuhr das Schicksal so mancher öffentlichen Erklärung von Zielen und Absichten, derer man sich im Detail irgendwann gar nicht mehr erinnert, aber umso sicherer weiß, dass es «etwas ganz Wichtiges» war. Tatsächlich markierte das Manifest eine Art Wendepunkt: mit ihm begann die Wiedergeburt des westdeutschen Kinofilms, ein Prozess, der schrittweise in Gang kam, bis ab 1966 die ersten langen Spielfilme des Jungen deutschen Films in die Kinos fanden. Darunter waren Werke wie ABSCHIED VON GESTERN von Alexander Kluge, DER JUNGE TÖRLESS von Volker Schlöndorff, SCHONZEIT FÜR FÜCHSE von Peter Schamoni, Es von Ulrich Schamoni und DER SANFTE LAUF von Haro Senft.
50 Jahre nach der Unterzeichnung des Oberhausener Manifests finden Feierlichkeiten, Retrospektiven und analytische Bestandsaufnahmen statt, in München (mit zwei Jubiläumsveranstaltungen im Februar) sowie in Oberhausen, wo die diesjährigen Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen (26.4.–1.5.) eine umfassende Werkschau präsentieren. Dazu erscheinen ein profundes Buch («Provokation der Wirklichkeit. Das Oberhausener Manifest und die Folgen», hrsg. von Ralph Eue und Lars Henrik Gass) sowie eine eindrucksvolle Doppel-DVD mit wichtigen Kurzfilmen der Manifest-Unterzeichner. Übrigens: Ende 2007 hat Volker Schlöndorff ein gänzlich anderes, weniger Aufsehen erregendes «Mini-Manifest» verfasst, in dem er sich voller Sorge zum Zustand des aktuellen (Arthouse-)Kinos äußerte. Sein Text endete damals kämpferisch mit den Sätzen: «Zu viele würden uns gerne auseinander dividieren. Es ist das alte Lied, wie zu Zeiten des Oberhausener Manifestes: das Kino ist tot, ES LEBE DAS KINO!»
BARBARA von Christian Petzold sorgte bereits auf der «Berlinale» für Aufsehen, nun kommt der Film in die Kinos (Start: 8.3.). «Christian Petzold erzählt strikt aus dem Blickwinkel der Titelfigur. Sommer 1980 in der DDR. Barbaras Perspektive ist nicht weit von der des heutigen Zuschauers: Die DDR hat sich erledigt, kann abgehakt werden. Doch wirft der Film, wie Barbara selbst, neue, ungewohnte Blicke auf ein Land, das vielleicht sogar zu retten wäre, und sei es um der Menschen willen, die leben, hoffen, träumen. Barbara ist Ärztin, strafversetzt in ein mecklenburgisches Provinzkrankenhaus. Ihre Patienten sind Kinder und Jugendliche, Lebenshungrige in einem sterbenskranken Staat. Barbaras Konflikt: Man lässt die Kranken, selbst die Todgeweihten, nicht im Stich. Andre, der Chefarzt, verliebt sich in Barbara. Er würde seine Patienten, das Krankenhaus, sein Land kaum verlassen. Die moralische Perspektive des Mediziners zeigt sich in einer Szene, die bezeichnend ist für Petzolds Experimentierlust. (…) Barbara und Andre vertiefen sich in einen Kunstdruck von Rembrandts ‹Anatomie des Dr. Tulp› (1632) und stellen fest, dass die gemalten Ärzte auf ein Anatomiebuch am Bildrand fixiert sind, statt auf den Leichnam zu schauen. Es ist ein Gehenkter, und Rembrandt zwingt den Betrachter, diesen Menschen anzusehen. Verantwortung, ein humanistisches Menschenbild scheinen in dem Bild bedroht, obwohl es doch Wissenschaftler zeigt, Männer der Aufklärung. Petzold schneidet mehrmals auf Gemäldedetails, zeigt vor allem auch die leeren Blicke dieser Ärzte, die in der dialogischen Montage zu Figuren des Films werden, wie Barbara und Andre. Die Szene endet mit einer Einstellung, die vier starrende Männergesichter isoliert. «Wie enttarnte Funktionäre», bemerkte Petzold, blicken die gemalten Männer. Ein aufregender Kinomoment, der fragen lässt, ob Petzold nur ein Bild der DDR entwirft. Dreht sich ‹Barbara› nicht mehr um Europa, um aus dem Ruder laufende Utopien, ums Hier und Jetzt?» (Jens Hinrichsen) Zu den Entdeckungen des Films gehört auch mitzuerleben, wie zwei Menschen in einer Extremsituation eine neue, sehr intime Sprache für sich entwickeln. Petzold: «Wir sahen uns ‹Haben und Nichthaben› von Howard Hawks aus dem einzigen Grund an, um zu studieren, wie Liebende sich aus einer Extremsituation heraus der herrschenden Sprache entziehen. Sie reden zwischen den Zeilen, physischer oder tänzerischer, und das war auch das Ziel, dass Nina Hoss und Ronald Zehrfeld hatten: andere Blicke, eine andere Sprache und dadurch auch eine andere Erotik zu finden. Diese Leidenschaft wird am Schluss ganz offensichtlich, und sie hätte zugleich auch eine Utopie für dieses Land DDR sein können, wenn eine Chance dafür bestanden hätte. Geschichte ist selbst in Phasen der vollkommenen Stagnation, der Agonie immer auch in Bewegung, und nichts ist endgültig, auch unsere Gegenwart nicht.» (Aus einem von Ralf Schenk geführten Interview)
DAS TURINER PFERD (Start: 15.3.), der Abschieds-film eines noch nicht mal 60-jährigen Regisseurs, der mit seinem schmalen Oeuvre Weltgeltung erzielte: Béla Tarr. « Ja, der Film ist eine Anti-Schöpfungsgeschichte», erläutert Tarr. «Wir wissen zwar, wie diese schreckliche Welt entstand, aber wir wissen nicht, wie sie enden wird. Tag für Tag sind wir in unserer Routine gefangen, tun immer wieder dieselben Dinge. Aber tagtäglich werden wir auch kraftloser und schließlich, langsam, ist das Leben aus uns entschwunden. Das wollten wir mit unserem Film bewusst machen: Tag für Tag verlieren wir etwas von dem, was das Leben bedeutet. Ein Kutscher, der sein Pferd einbüßt, verliert seine Arbeit, seine Überlebenskraft, sein Universum. Wir dürfen nicht verdrängen, dass es das Ende gibt, wir müssen damit rechnen und es akzeptieren.» Auf die Konfrontation mit «letzten Dingen» hatten zuvor schon die kosmischen Entwürfe von Terrence Malick (THE TREE OF LIFE) und Lars von Trier (MELANCHOLIA) eingestimmt. Während THE TREE OF LIFE noch mit dem leidenden Individuum sympathisierte und sich damit tröstete, dass der Mensch im «großen Ganzen» aufgehoben sei, suchte von Trier sein Heil in der Auslöschung der Welt. Bela Tarr hingegen erstrebt im Prinzip gar nichts (mehr), er registriert lediglich, konstatiert – und lässt es dunkel werden. Sein Film ist die Konsequenz eines auf das Notwendigste reduzierten Minimalismus, der allein durch seine visuelle Archaik vor jeder Banalität bewahrt wird. Die betörende Fotografie erschafft ihr eigenes Universum abseits platter Erklärungsmuster, sie ist konkret und zugleich visionär, voller Sinnbilder und absoluter Metaphern. Wobei es unwichtig zu sein scheint, ob die Welt «aufhört» oder ob die Menschen zu denken und handeln aufhören. Oder ob beides eng miteinander verbunden ist.
GENERATION KUNDUZ – DER KRIEG DER ANDEREN (Start: 15.3.). Porträt dreier junger Afghanen, aus deren Perspektive Lebensumstände und gesellschaftliche Bruchstellen eines Landes geschildert werden. Der Dokumentarfilm beschreibt die Schwierigkeiten des Landes aus einer Innenperspektive und zeichnet ein differenziertes, über die gängige Berichterstattung hinaus weisendes Bild.
Regie: Martin Gerner
Endlich tut sich etwas im Kinderfilm. Allzu oft und dazu lieb- und herzlos im Kino an den Rand gedrängt, überlebt er derzeit weitgehend nur als «Family Entertainment» dank populärer (Buch-)Marken, während künstlerisch und thematisch ambitionierte Filme, die die Lebenswelten ihrer jungen Zuschauerinnen und Zuschauer ebenso unterhaltsam wie glaubwürdig abbilden, kaum die Chance bekommen, wahrgenommen zu werden. Dabei sind die Filme da! Und sie lohnen, gesehen zu werden – von Jung und Alt! Einer der herausragenden Kinderfilme des Jahres ist THE LIVERPOOL GOALIE ODER: WIE MAN DIE SCHULZEIT ÜBERLEBT! (Start: 15.3.), das Spielfilmdebüt des norwegischen Werbefilmers Arild Andresen, das sich von Anfang an erfrischend anders präsentiert als eine nach Schema F konfektionierte Coming-of-Age-Komödie oder eine vor Pädagogik triefende Moralpredigt – nämlich herrlich durchtrieben. Mit viel Selbstironie, schwarzem Humor und einem Hang zu maßloser Übertreibung kommentiert ein 13-jähriger Junge aus dem Off seine Neurosen, die erlebten Demütigungen sowie seine stokkende Annäherung an ein hübsches gleichaltriges Mädchen. Dabei geht seine Fantasie regelmäßig mit ihm durch, was sich auf der visuellen Ebene spiegelt. Immer wieder durchkreuzen Tagtraum-Sequenzen das Geschehen, und zwar derart, dass sie nicht auf Anhieb als solche erkennbar sind. «Der Film ist Teil einer langen Reihe norwegischer Filme, die sich auf originelle und zugleich tiefgründige Weise mit den alltäglichen Problemen des Heranwachsens beschäftigen. Dank hervorragender Förderstrukturen, die auf Vielfalt setzen, hat es das kleine Land, das nur knapp fünf Mio. Einwohner zählt, geschafft, eine der aufregendsten Filmszenen für ein junges Publikum auszubilden, die zu Hause für volle Kinos sorgt. (…) Norwegischen Filmen gelingt es, einen Roman erzählerisch und visuell spannend für die Leinwand zu adaptieren, weil sie nicht am Original kleben bleiben. Statt eine Dramaturgie und Effekte aus dem Standardkatalog einzusetzen, laden sie den Stoff mit eigenen Ideen und Visionen auf. Die Adaption gerät dann nicht bloß zum Vehikel für den Verkauf einer bekannten Marke, sondern zum eigenständigen Werk. Humor und Anspruch, schräge Einfälle und Lebensnähe: Das sind Dinge, die sich im Kinderfilmland Norwegen nicht widersprechen.» (Marguerite Seidel)
Zum dritten Mal lädt der Arbeitskreis «Kirche & Kino» zum «Kirchlichen Filmfestival» (16.-18.3.) nach Recklinghausen. Das Programm mit elf Spiel- und Dokumentarfilme dreht sich um Konflikte und Chancen menschlichen Zusammenlebens. Der Filmpreis geht an KADDISCH FÜR EINEN FREUND von Leo Khasin (Start: 15.3.). Der Debütfilm erzählt von einem 14-jährigen Palästinenser, der auf ungewöhnliche Weise mit einem alten Juden Freundschaft schließt. Eröffnet wird das Festival mit GENERATION KUNDUZ – DER KRIEG DER ANDEREN von Martin Gerner. Die bunte Mischung der ausgewählten Filme macht den besonderen Reiz des Fests aus, das auch den Dialog zwischen Publikum, Kritikern und Filmschaffenden in den Vordergrund rückt. Das komplette Festivalprogramm findet sich auf der Website des Festivals.
In der Zeit nach (und zwischen) den Harry Potter-Bänden war es für lesehungrige Jugendliche schwer, eine halbwegs akzeptable Ersatzlektüre zu finden. Kaum eines der vielen Bücher, die urplötzlich auf der Welle von Fantasy, Zauberei und magischen Parallelwelten mitschwimmen wollten, hielt dem kritischen Urteil, aber auch dem gewachsenen Anspruch an erzählerische Solidität stand. Tolkien war längst abgegrast, Philip Pullmans His Dark Materials-Trilogie ansatzweise schon (glücklos) verfilmt (DER GOLDENE KOMPASS); da fanden allenfalls noch Jonathan Strouds herrlich ironische Bartimäus-Bände oder Cornelia Funkes Tintenwelt Gnade bei den ambitionierten jungen Lesern – und eben die Romane von Suzanne Collins’ dystopischer Fantasy-Trilogie Die Tribute von Panem. Auch hier wird im Grunde «nur» ein Patchwork aus längst vertrauten Genreelementen geschickt neu angerührt: Archaischantike Gladiatoren-Kämpfe à la SPARTACUS und BEN HUR (wie sie bereits asiatische Mangas in zeitgenössischem Ambiente wiederentdeckt hatten) treffen auf George Orwells totalitären Überwachungsstaat, und das in einer medialen Zukunftswelt, in der technisch nahezu alles möglich ist und zur Verführung, Manipulation und Kontrolle willfähriger Massen angewandt wird. Doch die Versatzstücke sind eben nur das eine. Suzanne Collins nahm in ihren Büchern vor allem ihr junges Zielpublikum jederzeit ernst, indem sie ihnen eine komplexe, raffiniert mehrere Ebenen verschachtelnde Handlung um eine glaubwürdige weibliche Identifikationsfigur anbot. So verbirgt sich hinter der vermeintlich spekulativen «Tagline», dass hier nun Jugendliche ums nackte Überleben kämpfen, indem sie sich gegenseitig umbringen, eine vielschichtige, geschickt verdichtete Auseinandersetzung mit jugendlicher Orientierungssuche, mit individueller wie kollektiver Freiheit, Aufrichtigkeit, Respekt und Empathie – und das in einer heute schon recht vertraut erscheinenden Zeit, in der Gefühle von Liebe bis Mitleid, Trauer bis Hass in Musik-, Talk- und Casting-Showformaten gnaden- und distanzlos instrumentalisiert werden. Nun kommt die Verfilmung des ersten Teils der Trilogie ins Kino. DIE TRIBUTE VON PANEM – THE HUNGER GAMES (Start 22.3.) erweist sich als spannender Abenteuerfilm, der die komplexe Substanz des düsteren Fantasy-Stoffs aber nur zögerlich aufgreift. Den Ängsten und Schmerzen der jugendlichen Protagonisten, vor allem ihrer Sehnsucht nach Zuneigung, Liebe und Gerechtigkeit kommt er nur bedingt nahe – und wenn, dann dank der beachtlichen Hauptdarstellerin Jennifer Lawrence als Katniss Everdeen.
DIE AUSBILDUNG