Geert Mak
In Europa
Eine Reise durch das
20. Jahrhundert
Aus dem Niederländischen von
Andreas Ecke und Gregor Seferens
Pantheon
Dieses Buch hat die Form eines Reiseberichts. Die Reise, von der es erzählt, führte durch die Zeit und durch den Kontinent. Abgesehen von der Literatur wurde fast der gesamte Stoff – Interviews, Reportagen – während eines Streifzugs durch Europa gesammelt, der fast das ganze Jahr 1999 in Anspruch nahm. In wenigen Fällen habe ich außerdem auf älteres Material zurückgegriffen, etwa bei der Beschreibung Nieskys und Novi Sads und der russischen Popszene. Aus praktischen Gründen war es nicht möglich, alle Interviews im Jahr 1999 zu führen. Auch 2001 und 2002 habe ich noch Menschen befragt und hier und dort eine neue Strecke abgefahren. Aber das sind Ausnahmen; das entscheidende Jahr ist 1999.
In Europa spiegelt das Werk zahlreicher Historiker, Journalisten und anderer Chronisten, einer langen Reihe von Lebenden und Toten, die mich mit ihren Büchern und ihren journalistischen Arbeiten inspiriert haben. Außerdem habe ich immer wieder Erzählungen von Augenzeugen ausgewertet, weil solche persönlichen Darstellungen Geschichte menschlicher machen; sie bringen sie einem näher, machen Stimmungen spürbar, fördern manchmal wichtige Einzelheiten zutage, machen Unerklärliches auf einmal begreiflich. Auf der anderen Seite ist bekannt, dass Aussagen von Zeitzeugen nicht immer gleichermaßen verlässlich sind. Erinnerungen dienen dazu, die Vergangenheit zu verarbeiten und unserer persönlichen Geschichte einen bestimmten Sinn zu verleihen – und jeder Mensch neigt dazu, dabei manche Dinge zu beleuchten und andere zu verdecken. Das gilt für Individuen wie für ganze Nationen. Die Geschichten in diesem Buch sprechen also für sich, mit ihren Schwächen und ihren Stärken.
Mit der Form des Buches hängen gewisse Beschränkungen zusammen. Das Reisen hat mich oft unerwartet mit Augenzeugen in Kontakt gebracht, hat mir neue Informationsquellen erschossen – Zeitungsarchive, zahlreiche örtliche Museen – und mich immer wieder mit der eigenartigen Atmosphäre konfrontiert, die den »historischen Ort« umgibt. Es hat meine Möglichkeiten aber auch eingeschränkt. Einige Länder konnte ich aus praktischen Gründen nicht in meinen Reiseplan aufnehmen, manche Themen musste ich beiseite lassen, bestimmten Fragen habe ich mehr Aufmerksamkeit gewidmet als üblich. Um solche Entscheidungen kommt man, wie jeder Journalist und jeder Historiker weiß, nicht herum. Europa passt eben nicht vollständig in ein einziges Buch.
Ein umfangreiches Projekt wie dieses, mit mehr als zwanzig bereisten Ländern, konnte nur dank der Hilfe zahlreicher Freunde und Kollegen verwirklicht werden. Sie haben mir wertvolle Hinweise gegeben, Kontakte hergestellt, als Dolmetscher und Fremdenführer geholfen, mich unterstützt, wo sie nur konnten.
In allem, was mit der Europäischen Union zusammenhängt, konnte ich mir keinen besseren Lehrmeister wünschen als Max Kohnstamm. Die Abende, die ich bei ihm und Kathleen verbracht habe, werden mir immer unvergesslich bleiben. Auch vielen anderen bin ich sehr dankbar. Dazu gehören in Amsterdam: Laura Starink, Hubert Smeets, Martin van Amerongen, Rudy Kousbroek, Sasza Malko, Gisela und Dik Linthout. In Belfast: Pauline Kersten. In Belgrad: Saša Mirković. In Berlin: Isabelle de Keghel, Wolf und Imke Siedler, Gisela Nicklaus, Rüdiger Safranski. In Bukarest: Cornelis van der Jagt. In Bosnien: Duško Tubić. In Brüssel: Geert van Istendael und Pierre Platteau. In Guemica: Monica Ibañez-Angulo. In Kiew: Irina Trantina. In Lamanère: Martine Groen und Paul Kuypers. In Lissabon: Rui Mota. In London: Frans van Klaveren und Hieke Jippes. In Madrid: Steven Adolf. In Moskau: Frank und Suzanne Westerman, Adriënne van Heteren, Tony Crombie. In der Normandie: Max und Els van Haasen. In Novi Sad: Želimir Zilnić – ein großer Kenner der russischen Cosmopolitan – und Sarita Matijevic. In Odessa: Natalja Schewkoplas und Charel Krol-Dobrow. In Prag: Veronika Havlíková. In Rom: Gianni Principe und Anne Branbergen. In St. Petersburg: Nadja Wosnenko und Juri Kleijner. In Stockholm: Lars-Olof Franzén. In Tschernobyl: Nikolai Dmytruk und Rita Ridenko. In Vásárosbéc: Peter Flik und Edith van der Poel. In Warschau: Władek und Rosita Matwin. In Bussum: die jungen Frauen und Männer von Gerco Travel (ATP). Auf dem Rhein: Schiffsführer Dinus Jasper und die anderen Männer von der Marla.
Auch während der Niederschrift des Buches haben mir einige Menschen immer zur Seite gestanden: meine Verleger Emile Brugman und Ellen Schalker, die dieses Projekt von Anfang bis Ende mit unerschütterlicher Ruhe und mit ihrer Freundschaft und Professionalität begleitet haben; Charlotte Schrameijer, die mir bei meinen Recherchen half; René van Stipriaan, der den Text in manchmal ausufernden nächtlichen Sitzungen gründlich mit mir durchgegangen ist; Koen Koch, der alles noch einmal kritisch gelesen hat – wobei selbstverständlich ich selbst für alle übersehenen Dummheiten verantwortlich bleibe; Sjoerd de Jong, der mich, wachsam wie immer, auf zahlreiche falsch geschriebene Namen, falsche Daten und andere Ausrutscher aufmerksam machte. All diese Menschen arbeiteten im Verborgenen, aber ohne ihr Wissen und ihre Fähigkeiten, ohne sie hätte dieses Projekt nie zu einem guten Ende geführt werden können.
Dies gilt auch für meine engste Umgebung. Gut fünf Jahre habe ich meine Freunde und Angehörigen mit Europa terrorisiert. Monatelang war ich ständig unterwegs, danach habe ich lange wie mit einem Eimer über dem Kopf gelebt. Dennoch war meine Lebensgefährtin immer und überall dabei. Sie reiste mit, wenn es sich einrichten ließ, sie war immer voller Begeisterung, anregend, solidarisch und loyal, auch in schwierigen Augenblicken.
Es ist nur selbstverständlich, dass dieses Buch ihr gewidmet ist.