Die drei ???® Kids

Band 42

Fußballgötter

erzählt von Boris Pfeiffer

Mit Illustrationen von Kim Schmidt

KOSMOS

Umschlag- und Innenillustrationen von Kim Schmidt, Dollerup

Umschlaggestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart

Grundlayout: Friedhelm Steinen-Broo, eStudio Calamar

 

 

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© 2010, 2012, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN 978-3-440-13393-4

Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Unbekanntes Flugobjekt

»Jetzt schaut noch mal ganz genau zu und versucht, den Wurf nachzumachen!« Peter Shaw stand auf der Pitcher’s Plate des Baseballfeldes und hielt seinen speckigen Lieblingsbaseball wurfbereit in der rechten Hand.

»Aber Peter!« Bob starrte auf seinen eigenen Baseball. »Du hast uns deinen berühmten Curveball jetzt bestimmt schon zehnmal vorgemacht. Und trotzdem erkenne ich einfach nicht, wie du dem Ball diese Drehung mitgibst. Dazu bräuchten wir eine Kamera mit mindestens hunderttausendfacher Zeitlupe.«

»So ist es!«, rief Justus Jonas, der Anführer der drei ???, der ebenfalls einen Baseball in der Hand hielt. »Deine Technik ist mit bloßem Auge nicht auszumachen. Außerdem reicht es doch, wenn einer von uns ein super Werfer beim Baseball ist. Bob und ich haben eben andere Qualitäten.«

»Erstens heißt es nicht Werfer, sondern Pitcher«, erwiderte Peter ungehalten. »Und zweitens ist Baseball nun mal der wichtigste Sport in den USA. Kommt schon, Freunde, so schwer ist mein angedrehter Wurf wirklich nicht!«

Justus stöhnte. »Okay, noch einmal, aber dann reicht es mir.«

Peter lachte munter. »Du könntest dein hervorragendes Gehirn auch mal im Sport einsetzen, Just! Vielleicht erfindest du eine neue Wurftechnik oder so. Okay, es fängt an mit dem High Leg Kick.« Peter hob das linke Bein fast bis zu seinen Schultern und stemmte sich dann, während er das Bein nach vorne stieß, mit dem anderen Bein fest in den Boden. Gleichzeitig holte er mit seinem Wurfarm aus und machte einen Riesenschritt nach vorne.

»Ich weiß«, murmelte Bob, »wir dürfen für den Wurf keinen Anlauf nehmen, und ein Fuß muss auf dem Gummiviereck hier bleiben.« Er blickte auf die viereckige Hartgummiplatte, auf der er stand.

»Nicht Gummiplatte, Bob. Das ist die Pitcher’s Plate«, rief Peter eindringlich. »Also, ihr macht den High Leg Kick, dann macht ihr den Schritt so groß wie möglich, damit ihr viel Schwung bekommt, und dann werft ihr! Los jetzt!«

Justus und Bob stöhnten und hoben beide gleichzeitig das linke Bein in die Höhe. Bob schaffte es fast so hoch wie Peter, aber Justus, der etwas rundlicher war als seine beiden Freunde, hatte Mühe, das linke Bein über Bauchhöhe zu bekommen. Immerhin standen die beiden jetzt jeder schwankend auf einem Bein in der kalifornischen Mittagssonne.

»Super, Freunde!«, rief Peter. »Und jetzt kommt die Hauptsache: der Wurf! Dafür dreht ihr den Oberkörper nach vorne, so schnell und kräftig wie ihr könnt, holt mit dem Wurfarm weit aus und feuert den Ball mit einem kleinen Dreh aus dem Handgelenk ab.« Peter machte es vor. Elegant flog sein Ball durch die Luft. Seine Flugbahn verlief zunächst ganz gerade. Aber plötzlich drehte sich der Ball nach links und senkte sich gleichzeitig ab.

»Sieht aus wie ferngesteuert«, murmelte Bob. Dann holte er selbst aus. Sein Ball flog auch ganz gerade los. Aber er war etwas langsamer als Peters und beschrieb am Ende so gut wie keine Kurve.

»Du hast die Rotation vergessen«, schimpfte Peter. »Ihr tut ja wirklich so, als hättet ihr noch nie einen Baseball geworfen. Das sind doch keine unbekannten Flugobjekte!«

»Ja, die Rotation, der Drall, die Drehung«, rief Bob. »Ich weiß. Aber ich kann es einfach nicht.«

Peter schüttelte den Kopf. »Los, Just, jetzt du!«

Justus straffte sich. »Hirn statt Muskeln«, befahl er sich. »Ich mache es genauso wie Peter. Ich gebe dem Ball im letzten Moment eine schöne Drehung mit, dann fliegt er, wie ich es will.« Justus hob das linke Bein seufzend noch etwas höher, holte Schwung, machte einen großen Schritt und schleuderte den Ball mit einer gewaltigen Drehung des Handgelenks los. Sein Ball flog gerade und beschrieb auch eine leidliche Kurve. Aber leider war Justus’ letzte Bewegung so schwungvoll gewesen, dass sie ihn direkt nach dem Abwurf mitriss. Er verlor das Gleichgewicht und landete einen Augenblick später unsanft auf dem Hosenboden.

»Nicht schlecht, aber es wäre gut, wenn du nach dem Wurf stehen bleibst«, erklärte Peter gelassen.

»Ja, ja«, knurrte Justus und rappelte sich auf.

»Dafür habe ich eben zum ersten Mal gesehen, wie dich ein offenbar schwieriger Gedankengang aus der Bahn wirft, Just«, lachte Bob.

Justus drehte sich zu Bob, um zu antworten. Im selben Moment riss er die Augen auf. In hohem Bogen sauste ein schwarz-weißes Ding durch die Luft direkt auf ihn zu. Es war ziemlich schnell und eindeutig größer als ein Baseball. Automatisch streckte Justus abwehrend die Hände aus. Doch das Geschoss war bereits sehr nah, und so blieb dem Jungen nichts anderes übrig, als es mit einem entschlossenen Griff zu packen und dicht vor seiner Nase zu fangen. Erstaunt hielt Justus Jonas das Flugobjekt in Händen. Es war ein grasverschmierter, schwarz-weißer Lederball, fast so groß wie sein eigener Kopf. »Wo kommt denn dieser komische Ball her?«

»Das ist ein Fußball!«, rief Peter. »In Europa ist Fußball ein so berühmter Sport wie hier bei uns Baseball oder Football. Aber in Rocky Beach kenne ich keine Fußballspieler.«

In diesem Moment bemerkte Bob einige Jungen, die vom gegenüberliegenden Rasenplatz auf die drei ??? zuliefen. Sie wedelten aufgeregt mit den Armen und deuteten dabei auf Justus, der immer noch den Ball in den Händen hielt. Unsicher sah Justus seine Freunde an. »Fußball?«, fragte er. »Darf man da den Ball nicht mit den Händen fangen?«

Die Anden-Teufel

Die Fußballer stürmten auf die drei Freunde zu. Es war eine Gruppe südamerikanischer Jungen. Alle waren etwa so alt wie die drei ???, und alle trugen das gleiche Trikot: ein gelbes Hemd, auf dessen Brust ein riesiger Vogel hockte. Er hatte ein regenbogenfarbenes Gefieder und einen weißen Pelzkragen um den nackten Hals.

Mit großen Augen starrte Peter den Jungen entgegen. »Was haben die denn da für ein seltsames Tier auf ihren T-Shirts?«, stieß er hervor.

»Wenn du nicht deine gesamte Hirnkapazität auf den Sport richten würdest, wüsstest du, dass es sich bei dem Vogel um einen Kondor handelt«, sagte Justus. »Und zwar, genauer gesagt, um den Anden-Kondor, der im Gegensatz zum Kalifornischen Kondor, keine schwarze, sondern eine weiße Halskrause sein Eigen nennt. Er hat die größte Flügelspannweite aller Vögel und kann angeblich bis zu sieben Kilometer hoch in die Luft steigen.«

»Danke, du wandelndes Lexikon«, gab Peter zurück.

Im selben Moment hatten die Fußballer sie erreicht. Der kleinste von ihnen, ein zierlicher Junge mit dichten schwarzen Locken, trat sofort auf Justus zu. »Fantastisch, wie du den Ball gefangen hast. Wirklich super! Spielst du schon lange Fußball?«

Überrascht sah der Anführer der drei ??? den dunklen Jungen an. Obwohl Justus kein absolut unsportlicher Junge war, zählten Ballspiele nicht zu seinen Hauptinteressen. »Äh, nein«, rang er sich schließlich ab. »Ich halte es mehr mit den Denksportaufgaben. Fußball habe ich noch nie gespielt.«

»Das gibt es doch nicht«, rief ein anderer, hochaufgeschossener Junge. »Das war perfekt, wie du den Ball eben gefangen hast. Annahme mit beiden Händen, dann sicher an die Brust gezogen und anschließend fest umklammert. So machen das nur sehr gute Torsteher.«

»Torsteher?«, fragte Bob verwundert.

»Der Torwart, der Keeper, der Schlussmann, der Torhüter, die Nummer Eins!«, rief der lange Junge. »Der einzige, der den Ball im Spiel mit der Hand berühren darf. Habt ihr wirklich noch nie Fußball gespielt?«

Peter schüttelte den Kopf. »Wir haben hier gerade Baseball geübt.«

»Ach ja, wie alle amerikanischen Jungen«, seufzte der kleine Lockenkopf. »Aber Fußball ist doch viel besser.«

Justus fand langsam Gefallen an der Sache. »Wir haben noch nie jemand in Rocky Beach getroffen, der Fußball spielt. Und euch kennen wir auch nicht. Wer seid ihr denn, und was treibt euch her?«

»Na hör mal, wir sind die Anden-Teufel. Das sieht man doch.« Der kleine Junge reckte stolz seine Brust. »Wir kommen fast alle aus Los Angeles, aber dieses Jahr findet die Coppa Cuichi hier in Rocky Beach statt. Unser Torwart lebt hier, Rodrigo Benitez. Sein Vater ist Fischer.«

»Der alte Benitez?«, rief Peter. »Natürlich! Ihm gehört die Donna Rosa, ein schöner, alter Fischerkahn.«

»Das stimmt«, nickte der größere Junge. »Aber Rodrigo ist vor ein paar Tagen auf dem Schiff gestolpert und hat sich einen Arm verstaucht. Das ist für ihn und uns alle eine ziemlich blöde Situation. Wir spielen hier nämlich übermorgen das Endspiel. Und er sollte im Tor stehen. Rodrigo ist der beste Torwart aller Zeiten.«

»Paolo hat recht«, fügte der Kleine hinzu. »Ohne Rodrigo sind wir aufgeschmissen. Wir stehen das erste Mal im Endspiel und haben seit zwei Tagen keinen Keeper mehr.«

»Was ist denn diese Coppa Cuichi?«, wollte Bob wissen.

Coppa Cuichi