Vorwort
• Bestandsaufnahme – wo stehen Sie?
Genetische Faktoren
Körpertyp – ekto-, meso- oder endomorph?
Muskulatur – Muskelfasern, Muskelfaserzahl, Muskellänge, Muskelfaszien
Fragenkatalog – Training, Ernährung, Umfeld
• Der Geist lenkt den Körper – Wille, Kraft, Visionen
Die Bedeutung der Psyche für optimales Training
Zieldefinition – wohin soll Ihre Reise führen?
Ihr Vertrag mit sich selbst – die stärkste Vereinbarung
• Natural Bodybuilding Training – Gesundheit pur!
Krafttraining – für massive und definierte Muskeln
Ausdauertraining – für ein starkes Herz und einen niedrigen Körperfettanteil
Beweglichkeitstraining – für geschmeidige Muskulatur
• Allgemeine Trainingslehre
Aufwärmen – optimale geistige und körperliche Vorbereitung auf das Training
Trainingsintensität – ohne Schmerz kein Fortschritt
Trainingsdauer – optimale zeitliche Länge des Trainings
Trainingshäufigkeit – wie oft trainieren für optimalen Muskelaufbau?
Trainingsmittel – kaltes Eisen oder surrende Maschinen?
Trainingsmethodik – gibt es die perfekte Trainingsmethode?
Tageszeit – die beste Tageszeit für das Training
Erholung – Regeneration und optimaler Muskelaufbau
Trainingsort – die Wahl des richtigen Studios
• Spezielle Trainingslehre
Training in der Aufbauphase
Training in der Definitionsphase
Training in der Vorwettkampfphase
Training in der Wettkampfphase
Training in der Regenerationsphase
• Bestform durch zyklisches Training
Lineare Periodisierung
Körpertypgerechte Jahreszyklen
Körpertypgerechte Trainingspläne
Nichtlineare Periodisierung
Ganzheitliches Training
Anhang
Literatur
Natural Bodybuilding – dieser Sport begleitet mich seit über drei Jahrzehnten. Als dreizehnjähriger Teenager habe ich mit dem Gewichtstraining begonnen und heute, nach unzähligen Trainingseinheiten im Kampf mit dem Eisen, fühle ich immer noch die gleiche Leidenschaft und Begeisterung für diesen wunderbaren Lifestyle wie zu meinen Anfängen.
Durch richtiges Training bekommen Sie nicht nur eine Topfigur, sondern stärken auch die Gesundheit von Körper und Geist in herausragender Weise. Jeden einzelnen Tag bin ich dankbar dafür, den Weg eines Natural Bodybuilders gehen zu können. Es ist großartig, dass sich immer mehr Menschen der Idee des gesunden, dopingfreien Bodybuildings anschließen und durch die aktive Ausübung dieser Sportart etwas sehr Wertvolles für ihr Aussehen und ihr Wohlbefinden tun.
Die Weltgesundheitsorganisation (engl. World Health Organisation, WHO) definiert Gesundheit als „einen Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen“. Natural Bodybuilding ist – richtig verstanden – die perfekte Sportart, diesen von der WHO definierten Zustand von Gesundheit zu erreichen und Körper und Geist in Bestform zu bringen.
Dieses Buch dient als Ratgeber zur Optimierung des Trainings im Natural Bodybuilding und wird Sie auf Ihrem Weg des erfolgreichen und dopingfreien Muskelaufbaus und Körperfettabbaus unterstützen.
Viel Freude und Erfolg im Training!
Berend Breitenstein
im April 2012
Berend Breitenstein auf der Bühne – Profi-WM 2008
In seinem Werk The Varieties of Human Physique (Harper & Brothers, 1940) unterteilte der amerikanische Psychologe William Herbert Sheldon (1898–1977) die Menschen in drei verschiedene Körpertypen: ektomorph, mesomorph, endomorph. Diese Einteilung in verschiedene Körpertypen hat bis heute nichts an ihrer Aktualität verloren und ist für das Erzielen von optimalen Fortschritten im Natural Bodybuilding von großer Bedeutung. Mit einem Trainingsprogramm, das auf Ihren Körpertyp zugeschnitten ist, werden Sie beste Ergebnisse im Aufbau von Muskelmasse und im Abbau von Körperfett erzielen (siehe körpertypspezifische Jahreszyklen ab Seite 117).
Bevor Sie also in die Trainingspraxis einsteigen und sich daranmachen, Ihren Körper mittels Natural Bodybuilding nach eigenen Vorstellungen zu formen, sollten Sie deshalb zunächst Ihren Körpertyp ermitteln. Hierfür ist die nachfolgende, kurze Charakterisierung der physischen Merkmale der einzelnen Körpertypen hilfreich.
Ektomorph
Der ektomorphe Typ ist von Natur aus dünn und hager mit einem geringen Anteil an Muskelmasse und einem niedrigen Körperfettgehalt. Für ihn ist es schwierig, Muskeln aufzubauen. Er hat meist lange Arme und Beine, einen schmalen Brustkorb und lange, dünne Muskeln. Aufgrund seines schnellen Stoffwechsels kann er sehr viel essen, ohne fett zu werden. Kommt es in Verbindung mit dem Natural-Bodybuilding-Training zu einer Gewichtszunahme, dann besteht das zusätzliche Gewicht größtenteils aus magerer Muskelsubstanz. Dieser Körpertyp wird im Natural Bodybuilding auch als „Hardgainer“ bezeichnet.
Mesomorph
Der mesomorphe Typ hat die besten genetischen Voraussetzungen für das Muskelwachstum. Von Natur aus muskulös, mit einem großen Brustkorb und einer durch schmale Hüften und breiten Schultern gut ausgeprägten V-Form fällt es dem Mesomorphen leicht, Muskeln aufzubauen. Oftmals verfügt dieser Körpertyp auch über eine hohe Körperkraft, noch bevor er überhaupt mit dem Gewichtstraining begonnen hat.
Endomorph
Der endomorphe Typ nimmt schnell an Körpergewicht zu. Aufgrund seiner langsamen Stoffwechselgeschwindigkeit neigt er zum Fettansatz und zu „weichem Gewebe“. Dieser Körpertyp hat oftmals breite Hüften und ein rundliches Gesicht. Der Aufbau von Muskelmasse bereitet dem Endomorphen in der Regel keine Probleme. Allerdings ist es für ihn aufgrund seiner Tendenz, Körperfett zu speichern, schwierig, scharf definierte Muskelmasse zu entwickeln.
Im Zusammenhang mit der Klassifizierung in verschiedene Körpertypen ist es wichtig zu erwähnen, dass kein Mensch ausschließlich einem der beschriebenen Körpertypen zuzuordnen ist. Vielmehr kommt es immer zu einer Kombination aus zwei verschiedenen Körpertypen, wobei die Merkmale des einen Typs dominieren. Beispiele für diese Mischung von zwei verschiedenen Körpertypen:
Und wie sieht es mit einer Kombination aus ektomorph und endomorph aus? Die Vermischung dieser beiden Körpertypen schließt sich grundsätzlich aus. Sollten Sie also überwiegend dem ektomorphen beziehungsweise dem endomorphen Körpertyp zuzuordnen sein, so ersparen Sie sich eine Menge unnötiger Arbeit und vergeblicher Mühe, Ihren genetisch vorgegebenen Körpertyp gänzlich in die eine oder in die andere Richtung „umzuwandeln“ zu versuchen.
Vielmehr sollte das Ziel jedes optimierten Natural-Bodybuilding-Trainingsprogramms darin bestehen, durch das auf den jeweiligen Körpertyp zugeschnittene Training bestmögliche Fortschritte im Muskel- und Kraftaufbau sowie im Abbau von Körperfett zu erzielen und schließlich wie ein sehr gut trainierter mesomorpher Typ auszusehen.
Für beste Trainingsergebnisse im Natural Bodybuilding ist neben dem persönlichen Körpertyp auch die strukturelle Beschaffenheit der quer gestreiften Muskulatur von Bedeutung. Die Skelett-Muskelfasern bestehen aus langsam kontrahierenden (Slow-Twitch, Typ 1) und schnell kontrahierenden (Fast-Twitch, Typ 2) Zelltypen. Außerdem gibt es noch einen dritten Muskelfasertyp, den sogenannten Intermediärtyp. Dieser Zelltyp ist nicht eindeutig einem der beiden Fasertypen zuzuordnen und somit ein Zwischentyp.
Typ 1: langsam kontrahierend (Slow-Twitch)
Diese Muskelfaserart ist reich an Myoglobin, dem roten Muskelfarbstoff. Deshalb spricht man hier auch von roten Muskelfasern. Myoglobin ist für den Sauerstofftransport im Blut zuständig. Die Slow-Twitch-Fasern ermöglichen besonders ausdauernde muskuläre Leistungen, bei denen die Nährstoffe Kohlenhydrate und Fett unter Beteiligung von Sauerstoff als Energielieferanten verbrannt werden (aerobe Energiegewinnung).
Typ 2: schnell kontrahierend (Fast-Twitch)
Im Vergleich zum Typ 1 besitzt diese Muskelfaserart einen geringeren Anteil an Myoglobin und wird daher auch als weiße Muskelfaser bezeichnet. Fast-Twitch-Muskelfasern zeichnen sich durch ihre hohe Kontraktionsfähigkeit aus. Sie ermöglichen hochintensive, kurzfristige Kontraktionen, auch ohne die Beteiligung von Sauerstoff (anaerobe Energiegewinnung). Durch den hohen Glykogengehalt innerhalb dieses Muskelfasertyps erfolgt die Energiebereitstellung vor allem über die Verwertung der Kohlenhydrate (Glykolyse).
Vergleich weiße und rote Muskelfasern
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Weiße Muskelfasern |
Rote Muskelfasern |
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• schnell kontrahierend (Fast-Twitch) |
• langsam kontrahierend (Slow-Twitch) |
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• entwickeln hohe Kräfte |
• ermöglichen ausdauernde Muskelarbeit |
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• schnelle Ermüdbarkeit |
• langsame Ermüdbarkeit |
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• geringer Myoglobingehalt |
• hoher Myoglobingehalt |
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• überwiegend anaerobe Energiegewinnung aus Kreatinphosphat (KP), Adenosin-Tri-Phosphat (ATP) und Kohlenhydraten |
• überwiegend aerobe Energiegewinnung aus Kohlenhydraten und Fett |
Normalerweise finden sich schnell und langsam kontrahierende Fasern zu etwa gleichen Mengenanteilen im Körper. Wie hoch der jeweilige Anteil an einem der beiden Fasertypen ist, hängt von drei hauptsächlichen Faktoren ab, nämlich der Genetik, der Funktion der Muskulatur und bis zu einem gewissen Maße auch von der Art des sportlichen Trainings. Zunächst einmal hat uns die Natur alle mit einem unterschiedlichen Verteilungsverhältnis von roten und weißen Muskelfasern versehen. Der geborene Sprinter zeichnet sich demnach durch einen hohen Anteil an weißen, schnell kontrahierenden Muskelfasern in der Oberschenkelmuskulatur aus, während für den Langstreckenläufer ein hoher Prozentsatz an roten, langsam kontrahierenden Muskelfasern zum Erreichen von Spitzenleistungen Voraussetzung ist.
Auch funktionelle Aspekte der Skelettmuskulatur sind für die mengenmäßige Verteilung von weißen und roten Muskelfasern innerhalb einer Muskelgruppe von Bedeutung. Halte- und Stützmuskeln, beispielsweise Rücken-, Bauch- und Wadenmuskulatur, weisen oftmals einen hohen Anteil an langsam kontrahierenden Muskelfasern auf. Demgegenüber findet sich in den Armbeugern (Bizepse) von Natur aus häufig ein hoher Anteil an schnell kontrahierenden Muskelfasern.
Last, but not least kann das Training mit hohen Wiederholungszahlen (ca. ab 15 bis 20 WH) pro Satz oder von aeroben Aktivitäten, zum Beispiel Radfahren oder Laufen, dazu führen, dass die weißen Muskelfasern verstärkt die Eigenschaften der roten Muskelfasern annehmen. Umgekehrt geht dies jedoch nicht. Das heißt, wenn Sie mit einem hohen Anteil von roten Muskelfasern geboren wurden, können Sie noch so viele hochintensive, schwere Sätze zu 5 bis 8 Wiederholungen trainieren, der Anteil an weißen Muskelfasern wird sich dadurch nicht erhöhen.
Fazit: Für Spitzenleistungen im Natural Bodybuilding ist ein von Natur aus hoher Anteil an weißen Muskelfasern günstig. Zwar können beide Muskelfasertypen durch Training an Volumen zunehmen, die weißen Muskelfasern zeigen aber ein höheres Hypertrophie-Potenzial als die roten Muskelfasern. Falls Sie sich also für die Teilnahme an Natural-Bodybuilding-Wettkämpfen entscheiden sollten, dann sind Sie im Vorteil, wenn Sie mit einem hohen Anteil an weißen Muskelfasern geboren sind, aber natürlich können Sie durch entsprechendes Training auch eine herausragende Muskelentwicklung mit einem höheren Anteil an roten Muskelfasern erreichen.
Die Anzahl an vorhandenen Muskelfasern innerhalb einer Muskelgruppe ist genetisch vorgegeben. Für Spitzenleistungen im Natural Bodybuilding ist eine von Natur aus hohe Anzahl von Muskelfasern wichtig, denn je höher der Gehalt an Muskelfasern in einer Muskelgruppe, umso mehr Muskelfasern können auf das Training mit Verdickung reagieren.
Die Skelettmuskeln sind durch ihren Ursprung und ihren Ansatz an mindestens zwei Punkten durch Sehnen mit den Knochen verbunden. Wie weit sich der Muskel über die Länge des Knochens erstreckt, also die Entfernung zwischen Muskelansatz und Muskelursprung, ist für das mögliche Ausmaß des Volumens des Muskels von Bedeutung. Ein Blick auf unterschiedliche Athleten zeigt beispielsweise, wie verschieden die Muskellänge der Oberarmbeuger (Musculus biceps brachii) sein kann. Der Ursprung dieses zweiköpfigen Muskels ist am Schulterblatt zu finden, der Ansatz an der Speiche des Unterarms. Bei einigen Natural Bodybuildern setzt die Sehne, die die Bizepse mit den Unterarmen verbindet, weiter oben am Knochen an. In der Folge zeigen die Bizepse dieser Athleten bei sehr guter Entwicklung eine extreme Spitze und erinnern im angespannten Zustand an ein Ei oder an einen Tennisball. Über die Entwicklung von Bizepshöhe brauchen sich diese Sportler keine Gedanken zu machen, allerdings werden sie niemals die vollen, massiven Bizepse aufbauen können wie ein anderer Athlet, dessen Bizepssehnen vergleichsweise weiter unten am Unterarmknochen ansetzen. Die Muskelform ist genetisch vorgegeben. Keine Übung vermag einen Muskel zu „verlängern“. Besonders deutlich fällt diese Tatsache auch bei Betrachtung der Wadenmuskulatur (Musculus gastrocnemius) auf. Der Ursprung dieses zweiköpfigen Muskels liegt am unteren Teil des Oberschenkelknochens (Femur), der Ansatz am Fersenbein. Je höher die Achillessehne am Fersenbein ansetzt, umso mehr „freier Platz“ liegt zwischen dem Ansatz der Wadenmuskulatur und der Ferse. Farbige Athleten zeigen oftmals einen hohen Ansatz der Wadenmuskulatur und können den Muskelansatz auch durch noch so viele Dehnungsübungen und Trainingseinheiten nicht nach unten verlängern. Die Natur agiert auch bezüglich der Muskellänge nach ihren eigenen Gesetzen. So kann es interessanterweise vorkommen, dass die Muskellänge verschiedener Muskelgruppen bei einem Athleten variiert, das heißt, ein Athlet kann beispielsweise lange Bizepse haben und kurze Waden oder umgekehrt.
Fazit: Je länger ein Muskel ist, umso mehr Muskelmasse kann er entwickeln. Die Länge und Form eines Muskels ist genetisch vorgegeben und kann nicht durch Training verändert werden.
Die sogenannten „tiefen“ Muskelfaszien setzen sich aus Bindegewebsschichten zusammen und umhüllen die einzelnen Muskelfasern (Endomysium), die Muskelfaserbündel (Perimysium) und schließlich den ganzen Muskel (Epimysium). Ein hoher Anteil an kollagenen Fasern verleiht den tiefen Faszien ihre hohe Zugbelastbarkeit. Allerdings haben Kollagenfasern den Nachteil, dass sie nur in sehr geringem Maße dehnbar sind. Je dicker die Faszien, desto mehr Kollagenfasern enthalten sie. Dadurch sind „dickere“, tiefe Muskelfaszien ziemlich unflexibel und wirken sich nachteilig auf die Ausdehnung der von ihnen umhüllten Muskulatur aus. Die Dicke der tiefen Muskelfaszien ist genetisch bedingt und variiert zwischen einzelnen Athleten. Derjenige, der mit dünneren Muskelfaszien geboren wurde, ist bezüglich des Muskelaufbaus im Vorteil. Werden die Muskelfasern durch dünnere, elastischere Faszien umhüllt, so bleibt mehr Raum, um sich auszubreiten. Aber natürlich können Sie auch beeindruckende Erfolge im Muskelaufbau erzielen, wenn Ihre Muskelfaszien von Natur aus dicker sind. Um diesem genetischen Nachteil entgegenzuwirken, kann das Training unter Einbindung der FST-7-Methode (siehe Seite 90) hilfreich sein, die auf die innere Dehnung der tiefen Muskelfaszien abzielt und so der Muskulatur mehr Raum zur Ausdehnung verschaffen soll.
Fazit: Die aus kollagenem Bindegewebe bestehenden Muskelfaszien umgeben die Muskeln wie eine schützende Hülle. Die Dicke der Muskelfaszien ist genetisch bedingt und hängt vom Anteil der kollagenen Fasern ab. Für das Erzielen von Spitzenleistungen im Natural Bodybuilding sind Menschen mit dünneren Muskelfaszien im Vorteil.
Zur Ermittlung des „Ist-Zustandes“ bilden folgende Fragen die Grundlage. Diese Fragen dienen als Leitfaden für die Bestandsaufnahme bezüglich der aktuellen Trainings-, Ernährungs-, sozialen und beruflichen Situation.
Fragen zur aktuellen Trainingssituation:
Fragen zur aktuellen Ernährungssituation:
Fragen zur aktuellen sozialen Situation:
Fragen zur aktuellen beruflichen Situation:
Die geistige Komponente ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für optimales Training im Natural Bodybuilding. Ihre Denkweise über das Training und die Art und Weise, mit der Sie äußere Einflüsse bewerten, sind von großer Wichtigkeit im Zusammenhang mit dem Erzielen bestmöglicher Ergebnisse im Aufbau von Muskelmasse und im Abbau von Körperfett. Die folgenden zehn Eigenschaften beziehungsweise Denkweisen sind kennzeichnend für eine geistige Einstellung, die zu optimalen Trainingsergebnissen im Natural Bodybuilding führt.
Glauben Sie an sich selbst
Nur wenn Sie fest an Ihre eigenen Fähigkeiten glauben, ein erfolgreicher Natural Bodybuilder zu werden, können Sie in diesem Sport bestmögliche Ergebnisse erzielen. Sie müssen nicht nur selbst davon überzeugt sein, dass Sie Ihre Bodybuilding-Ziele erreichen werden, sondern auch angemessen auf äußere Störfaktoren reagieren, die sich negativ auf den Glauben an Ihre Fähigkeiten oder Ihr Durchhaltevermögen auswirken können. Solche negativen Einflüsse wirken beispielsweise durch Menschen aus Ihrem privaten oder beruflichen Umfeld auf Sie ein, die Ihre Hingabe und Begeisterung für den Bodybuilding-Sport nicht richtig nachvollziehen können. Vielleicht sind diese Personen auch nur missgünstig und beneiden Sie um Ihre Disziplin, die Sie im Training aufbringen. Sollten Sie sich negativen Äußerungen Ihrer Mitmenschen ausgesetzt sehen, entscheiden Sie von Fall zu Fall, ob es sich lohnt, mit den entsprechenden Personen ein offenes Gespräch zu führen. Die Nörgler und Miesepeter, die Ihnen persönlich nicht besonders nahestehen, lassen Sie am besten links liegen. Eine ausufernde Diskussion oder gar eine Rechtfertigung für Ihren Natural-Bodybuilding-Lebensstil kostet in solchen Fällen nur unnötig Kraft und ist vergebliche Liebesmüh.
Gehen Sie stattdessen voller Zuversicht und im Glauben an sich selbst Ihren Weg im Natural Bodybuilding – und genießen Sie jeden einzelnen Schritt auf Ihrer Reise in die Grenzbereiche der eigenen körperlichen und geistigen Belastbarkeit.
Denken Sie positiv
Versuchen Sie, auch schwierigen Situationen immer etwas Positives abzugewinnen. Alles, was geschieht, hat zwei Seiten. Sehen Sie das Positive in jeder Situation, auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht nicht so leicht zu erkennen ist. Nehmen wir beispielsweise an, Sie haben ein schlechtes Training gehabt. Die Muskeln bekamen keinen richtigen Pump, Ihre Kraftleistungen bei den einzelnen Übungen waren geringer als sonst, und auch mental waren Sie irgendwie nicht so richtig bei der Sache. Wahrlich kein positives Szenario. Aber wie können Sie wissen, dass Ihr Training wirklich gut war, wenn Sie niemals die Erfahrung eines schlechten Trainings gemacht haben? Analysieren Sie die Faktoren, die dazu geführt haben, dass dieses Training so mies war, und achten Sie zukünftig darauf, die erkannten Fehler im Vorfeld oder in Verbindung mit dem Training nicht zu wiederholen. So wandeln Sie eine gemachte negative Erfahrung in etwas Positives um. Der Titel des Buches der US-amerikanischen Schriftstellerin Virginia Euwer Wolff Make Lemonade eignet sich gut als Motto für die Kunst des positiven Denkens: Wenn Dir das das Leben eine Zitrone gibt, mach Limonade daraus, DTV 1999.
Üben Sie Disziplin
Disziplin ist der Schlüssel, der Ihnen die Tür zur Verwirklichung optimaler Fortschritte im Natural Bodybuilding öffnet. Diese starke Kraft gilt es immer wieder zu erwecken. Disziplin ist die Grundvoraussetzung für regelmäßiges Training und damit von großer Bedeutung für die Verwirklichung Ihres vollen genetischen Muskelaufbau-Potenzials. Für einen wirklich ambitionierten Natural Bodybuilder gibt es außer einer Erkrankung kaum einen Grund, das Training ausfallen zu lassen.
Allerdings beginnen nicht wenige Menschen das Training mit großem Enthusiasmus und einer hohen Erwartungshaltung an die eigenen Fortschritte, nur um im Verlauf der Zeit das Feuer der Begeisterung für regelmäßiges, hartes Training zu verlieren. Lassen Sie den Worten Taten folgen – sobald Sie sich ein Ziel gesteckt haben, das Sie im Natural Bodybuilding erreichen möchten, verfolgen Sie dieses Ziel mit größtmöglicher Disziplin und geben Sie alles, wozu Sie in der Lage sind, um Ihr geplantes Vorhaben in die Tat umzusetzen.
Ertragen Sie Schmerzen
Ein zu optimalen Fortschritten im Muskelaufbau und Fettabbau führendes Training ist ohne körperliche Schmerzen nicht durchführbar. Wenn Sie bereits aktiver Natural Bodybuilder sind, dann wissen Sie aus eigener Erfahrung, wie intensiv das Muskelbrennen während der letzten Wiederholungen eines Satzes ist. Es fühlt sich beinahe so an, als wenn die Muskelfasern in Flammen stehen würden. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen, sprich in solchen qualvollen Momenten zeigt sich der Unterschied zwischen einem echten Champion und dem Durchschnitts-Natural-Bodybuilder. In der Gewissheit, dass Schmerz eine Voraussetzung für optimale Fortschritte in der Körperentwicklung ist, nimmt der Champion den Schmerz im Training nicht nur an, sondern wandelt diesen in etwas Positives um. Ein Champion scheut sich nicht davor, in seinem brennenden Verlangen nach körperlicher Bestform bis weit in die Schmerzzone vorzudringen.
Ganz im Gegenteil – Champions sehen die Schmerzone eher als Testgebiet für ihre physische und psychische Leidensfähigkeit an und zögern nicht, bis tief in die Randzonen ihrer Belastbarkeit vorzudringen.
Schauen Sie sich einmal die Trainingsaufnahmen auf der DVD „The Strictly Classic“ des zweifachen GNBF e.V. Deutschen Gesamtsiegers (2008/2011) und WNBF Europe Pro Cup Siegers 2011, Andy Plate, an. Diese Filmsequenzen vermitteln einen sehr guten Eindruck von der Intensität, mit der dieser Natural-Bodybuilding-Champion sein Training durchzieht. Auch ein Blick auf das Cover-Modell dieses Buches, Jörg Müller, GNBF e. V. Deutscher Meister im Mittelgewicht 2008 und INBF Amateur-Vizeweltmeister 2008 im Leichtschwergewicht, verdeutlicht anschaulich, mit welcher Hingabe ein Natural-Bodybuilding-Champion trainiert.
Zeigen Sie Risikobereitschaft – aber mit Bedacht!
Das Streben nach Höchstleistung beziehungsweise nach dem Erzielen von optimalen Fortschritten im Natural Bodybuilding ist mit Risiken verbunden. Diese Risiken, beispielsweise die Überlastung Ihres Körpers und die Erleidung einer Verletzung, müssen Ihnen bewusst sein, dürfen Sie aber im Training auch nicht hemmen. Sie müssen in Ihrem Verlangen, mit größtmöglicher Intensität zu trainieren, immer entsprechende Maßnahmen treffen, um bestmöglich vor Verletzungen geschützt zu sein. Das heißt, Sie dürfen nicht über das Ziel hinausschießen und sollten unbedingt grundlegende Aspekte für ein sicheres Training berücksichtigen. Risiko ja – aber bitte mit der angebrachten Vorsicht.
Bleiben Sie geduldig
Geduld ist eine wichtige Eigenschaft im Natural Bodybuilding. Der Aufbau von kompakter Muskelmasse und der Abbau von Körperfett geschehen nicht über Nacht. Geben Sie sich selbst genügend Zeit, Ihre körperlichen Ziele zu erreichen. Hüten Sie sich in Ihrem Ehrgeiz, das Beste aus Ihrem Körper herauszuholen, vor Übertreibungen im Training. Sicherlich müssen Sie so hart wie möglich mit dem Eisen arbeiten, aber überfordern Sie Ihren Körper nicht. Wenn Sie zu viel zu schnell wollen, besteht die Gefahr, dass Sie über Ihre Kräfte gehen, ins Übertraining (siehe Seite 46) geraten und sich im schlimmsten Fall sogar verletzen. Arbeiten Sie hart an der Verwirklichung Ihrer Natural-Bodybuilding-Ziele, aber zeigen Sie Geduld und meiden Sie ein Vorgehen mit der Brechstange. So erreichen Sie auf Dauer gesehen konstantere und bessere Fortschritte.
Trainieren Sie konzentriert
Sobald Sie das Studio betreten, sollte nichts anderes mehr zählen außer dem bevorstehenden Training. Blenden Sie alle störenden Einflüsse oder Erlebnisse aus. Konzentrieren Sie sich ganz auf das kommende Training. Ganz gleich, ob Sie eventuell Ärger im Beruf haben oder sich mit Ungereimtheiten in Ihrem Privatleben auseinandersetzen müssen, im Studio zählt nur eines: Training. Machen Sie diesbezüglich keine Kompromisse. Programmieren Sie Ihren Geist darauf, neue Bestleistungen im Kampf mit dem Eisen zu erzielen.
Setzen Sie alles daran, Ihre Wiederholungszahlen pro Satz mit einem bestimmten Gewicht zu steigern oder die gleiche Anzahl an Wiederholungen mit 5 Kilogramm mehr auf der Hantel zu bewältigen. Um das zu schaffen, müssen Sie sich konzentrieren und sich mit jeder Faser Ihres Daseins dem Training hingeben. Störende Gedanken haben da keinen Platz. Lassen Sie derartige Einflüsse nicht zu, sondern fühlen Sie in Ihren Körper hinein. Konzentrieren Sie sich auf die Wahrnehmung der aufgepumpten Muskeln. Spüren Sie ganz bewusst, wie sich Ihre Muskeln unter der Last des Eisens zusammenziehen. Genießen Sie das großartige Gefühl, das Ihnen Ihr Körper schenkt.
Zugegebenermaßen, besonders zu Zeiten, in denen das Studio sehr gut besucht ist, kann es manchmal schwierig sein, volle Konzentration auf das eigene Training zu legen. Aber mit ein wenig Übung wird auch das gelingen. Vergessen Sie nicht, dass Sie nur durch den optimalen Einsatz Ihrer geistigen Kräfte bestmögliche Ergebnisse im Natural Bodybuilding erzielen können. Konzentration befähigt Sie im Training zu neuen Bestleistungen und ist somit ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Verwirklichung einer herausragenden Körperentwicklung.
Organisieren Sie Ihr Training
Für das Erzielen von optimalen Fortschritten im Natural Bodybuilding müssen Sie immer genügend Zeit für das Training finden. Regelmäßiges Training beansprucht in nicht unerheblichem Maße das Ihnen zur Verfügung stehende Zeitkontingent. Insbesondere wenn Sie beruflich und/oder familiär stark eingebunden sind, sind organisatorische Fähigkeiten erforderlich, um all diese Faktoren miteinander zu verbinden, sprich unter einen Hut zu bringen. Erstellen Sie sich jede Woche einen zeitlichen Plan, in dem Sie festlegen, wann Sie im Studio sein werden. Anschließend setzen Sie alles daran, Ihre festgelegten Trainingszeiten einzuhalten. Zwar kann es durchaus vorkommen, dass Sie durch unvorhergesehene Ereignisse entsprechende Anpassungen an Ihren Trainingsrhythmus treffen müssen, grundsätzlich aber ist die zeitliche Organisation Ihres Trainings ein wichtiger Faktor für die Realisierung bestmöglicher Ergebnisse in der Körperentwicklung.
Üben Sie Gelassenheit
Bei aller Disziplin und Ihrem Streben nach bestmöglichen Fortschritten im Natural Bodybuilding ist es dennoch wichtig, dass Sie innerlich nicht verkrampfen. Sehen Sie das Training als ein Mittel an, das zu einem Top-Body und bester Gesundheit führt. Verfolgen Sie Ihre sportlichen Ziele ambitioniert, aber nicht engstirnig oder gar verbissen. Mit einem gewissen Grad an Gelassenheit leben Sie nicht nur entspannter, sondern können die Ergebnisse Ihres harten Trainings auch bewusster wahrnehmen und intensiver genießen.
Genießen Sie das Training
Freuen Sie sich auf das Training! Jeder, der gesund ist und fähig, seinen Körper zu trainieren, sollte sich im Klaren sein, dass dieses keineswegs selbstverständlich ist. Eine große Anzahl von Menschen, denen es beispielsweise durch Krankheit oder Unfall nicht vergönnt ist, ins Studio zu gehen, würde alles dafür tun, trainieren zu können. Falls Sie also gelegentlich den Anflug eines Motivationsproblems bei sich selbst bemerken sollten, dann rufen Sie sich diese Tatsache ins Gedächtnis. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden Sie sofort eine tiefe Dankbarkeit dafür empfinden, überhaupt körperlich dazu in der Lage zu sein, trainieren zu können und das Hochgefühl von gut durchbluteten, „aufgepumpten“ Muskeln erleben zu dürfen.
Lernen Sie aus Ihren Erfahrungen
Versuch und Irrtum sind Bestandteile des Lernprozesses, wenn es darum geht, dass Sie Ihren eigenen Weg zu optimalen Fortschritten im Natural Bodybuilding finden. Was für jemand anderen zu besten Ergebnissen im Muskelaufbau und Fettabbau führt, muss für Sie noch lange nicht ebenfalls die beste Vorgehensweise im Training sein. Es gibt Athleten, die besser auf kurzes Training mit geringen Satzzahlen pro Muskelgruppe ansprechen, während andere Athleten die besten Fortschritte durch Volumentraining erzielen, also durch das Training mit einer hohen Anzahl an verschiedenen Übungen und Sätzen für die einzelnen Muskelgruppen. Auf welche Trainingsweise Sie am besten reagieren, kann durch Ihren gegebenen Körpertyp zu einem gewissen Maß vorausgesagt werden. Dennoch zeigt es sich erst mit der Zeit und mit zunehmender Trainingserfahrung, wie häufig und wie umfangreich Ihr Training sein sollte und welche Trainingsmethoden Ihnen die besten Ergebnisse im Muskelaufbau und Fettabbau ermöglichen.
Lernen Sie aus Ihren Erfahrungen und deuten Sie die Signale, die Ihnen Ihr Körper als Reaktion auf unterschiedliche Maßnahmen im Training sendet. Wie fühlen sich Ihre Muskeln beispielsweise infolge einer deutlichen Erhöhung der trainierten Satzzahlen für die einzelnen Körperpartien an?
Mit welchen Wiederholungszahlen pro Satz erreichen Sie die besten Ergebnisse im Muskelaufbau? Sind Sie nach nur drei Tagen Pause bereit dafür, die gleiche Muskelgruppe erneut gezielt zu trainieren oder verspüren Sie als Folge Ihres letzten Trainings noch starken Muskelkater in der entsprechenden Muskelgruppe? Die Antwort auf diese Fragen müssen Sie in der Praxis herausfinden. Wenn Sie diese Kunst des Signal-Deutens Ihres Körpers beherrschen und es verstehen, die daraus gewonnenen Erkenntnisse optimal in Ihren Trainingsplan zu integrieren, dann sind Sie ein Meister in der Anwendung des Instinktivprinzips (siehe Seite 91), dem „Königsprinzip“ in der Methodik des Natural-Bodybuilding-Trainings.