Hoch der Äquator! Nieder mit den Polen!
Eine sorgenfreie Zukunft im Imperium der Kokosnuss
ISBN 978-3-84-483099-6
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
Umschlagfoto: CC BY 2.0 Marion Ardana, 2008
© Dieter Kiepenkracher, 2012
Private und berufliche Umstände hatten mich gezwungen, meine Universitätslaufbahn abzubrechen. Ich wanderte aus, möglichst weit weg von meiner deutschen Heimat. Meine Arbeit über Grenzgänger zur Jahrhundertwende konnte und wollte ich nicht weiterführen.
Jetzt hat mich das deutsche Medienecho - durch das Internet bis hierher vernehmbar - wieder an meinen alten Freund August Engelhardt erinnert. Er ist die Hauptfigur in Romanen der Autoren Christian Kracht und Marc Buhl und eines Theaterstücks. Ein Film ist in Planung und ein Musical.
Hier nun äußert sich Engelhardt selbst, zusammen mit August Bethmann. Sie halten nun sein Vermächtnis in Händen, das kokovorische Manifest für ein besseres Leben durch Kokos-Konsum.
Das selten gewordene Buch erscheint das erste Mal seit über hundert Jahren; in sorgfältig edierter, ungekürzter Originalfassung mit wertvollem Bonusmaterial. Biographien von Engelhardt und Bethmann, eine kurze Historie, ein Nachwort mit Persönlichkeitsanalyse, eine Kurzfassung des Manifests auf Basis von Zitaten, ein Schriftenverzeichnis, sowie ein Verzeichnis mit Angaben zu im Text erwähnten Personen sowie ein ausführliches Glossar wurden von mir beigefügt.
Gönnen Sie sich einen Coconut Shake und lesen Sie selbst! Sie erfahren, wie es wirklich war.
Was sind Universitäten gegen eine solche Lebensweise?
Melbourne, März 2012
Dieter Kiepenkracher
PS: Wenn Ihnen dieses Buch gefallen hat, empfehlen Sie es weiter, wenn nicht, schreiben Sie mir: Dieter.Kiepenkracher@gmail.com. Sie erhalten auf Wunsch die aktuelle Musiktitelliste des Engelhardt Musicals.
Wie der Gesamtheit Du dienest am besten in jeder Beziehung? Diene der Sonne, o Freund! dann wirst Du zur Sonne der Menschheit.
August Engelhardt
Eine Sorgenfreie Zukunft
Das neue Evangelium
Tief- und Weitblicke
für die Auslese der Menschheit — zur Beherzigung für alle — zur Überlegung und Anregung
von
August Bethmann und August Engelhardt
Fünfte
völlig umgearbeitete und erweiterte Auflage
Insel Kabakon bei Herbertshöhe
(Bismarckarchipel)
Reform-Verlag: Bethmann & Engelhardt
1906
In Kommission bei Th. Siebert, Alsleben a. Saale.
. . . Von dem Alltagsmenschen1 mit seinem Herdeninstinkt ist nur ein abfälliges Urteil zu erwarten; ein solches hat jedoch nicht mehr Wert wie das Urteil eines Blinden über die Farben.
Wer hier und da einen Ausdruck zu derb findet, beliebe zu berücksichtigen: „Beim Hobeln fallen Späne.“
Remscheid, am 18. März 1898.
Der Verfasser. (Bethmann)
Zunächst herzlichen Dank allen, die meiner Aufforderung, Kritik zu üben, Folge leisteten. Neben den zahlreichen Anerkennungen und begeisterten Zustimmungen gingen auch viele lieblose Urteile ein; die Absender der letzteren haben offenbar die vier ersten Zeilen dieser Seite übersehen. Im übrigen bestätigen diese Stinkbombenwerfer nur den alten Satz: „Der gewöhnliche Durchschnittsmensch verdammt alles, was über seinen Horizont geht.“ Möchte auch ihnen bald eine bessere Erkenntnis werden!
Und nun: „Glückauf zur frohen Wanderfahrt!“
Remscheid, am 18. Oktober 1898.
Bethmann-Alsleben.
1Diese Gattung bildet bedauerlicherweise in allen Gesellschaftskreisen die große Mehrheit.
Lieber Leser! Liebe Leserin!
Eine sorgenfreie Zukunft verheißt Dir der Titel unseres Büchleins. Du glaubst vielleicht, wir geben Dir ein Mittel an, wie Du recht reich wirst, um Dich aller materiellen Sorgen zu entheben. Oder vielleicht erwartest Du, daß wir Dir ein Mittel nennen, das alle Krankheiten heilt und Dich für immer vor neuer Krankheit bewahrt. Im Besitz eines solchen Mittels könntest Du Dich sorgenfrei nennen. Wer stets über eine gute, frische Gesundheit verfügt, der kann mit heiterm Blicke in die Zukunft sehen. Und Du, lieber Leser, glaubst, wir predigen die Reformation der Gesellschaft und der Güterverteilung, wir lehren ein System, bei dem die Gesamtheit jedem einzelnen die notwendigsten Bedürfnisse garantiert, bei dem Nahrungs-, Kleidungs- und Wohnungssorgen unmögliche Dinge sind. Und Du wieder, mein lieber Freund, Du erinnerst Dich des Bibelwortes: „Alle Eure Sorgen werfet auf IHN, denn ER sorget für Euch!“ (1. Petr. 5,7).
Du meinst, wir weisen den Menschen hin auf seinen göttlichen Vater, wir raten ihm, alle seine Sorgen Gott anzuvertrauen. Wer auf Gott vertraut, hat nicht auf Sand gebaut. Liebe Leser! Ihr habt alle Recht, und Ihr habt alle Unrecht. Ihr habt Recht: Wir zeigen Euch den Weg zu größtem Reichtum. Wir lehren Euch die Erlangung höchster Gesundheit. Wir predigen ein System, das eine gerechte Land- und Güterverteilung im Gefolge hat. Wir weisen Euch hin auf den Urquell allen Lebens, auf den Spender allen Glücks und aller Freude, auf den Vernichter aller Sorgen. Ihr habt alle Unrecht: unser Weg ist nicht Euer Weg. Wohl geben wir Euch die Mittel zur Sorgenbefreiung; aber ihre Anwendung gleicht nicht dem hinnehmen einer Arznei, oder der Verordnung neuer Gesetze, oder dem Sprechen eines andächtigen Gebetes. Ihre Anwendung ist: tiefgreifendste Selbstreform. Wer die Erde in ein neues Eden wandeln will, der muß die Menschen lehren, wie sie das Paradies in sich aus seinem tiefen, tiefen Schlafe aufwecken. Das Äußerlichen eines Lebens ist die Projektion seines Innenzustandes in die Außenwelt. Wer das lebendige Paradies in sich hat, der kann nicht anders, als paradiesische Wirkungen äußern. Es liegt in seiner Natur, reinigend, verschönernd, veredelnd auf seine Umgebung zu wirken. Nur er ist reif für das heben im Paradiese.
Der unruhige, nervöse, leidenschaftsvolle Kulturmensch von heute würde sich im Paradiese recht unglücklich und gelangweilt fühlen, gleich dem Pferde, das sein ganzes Leben im Bergwerksstollen zugebracht und das, dem Lichte des Tages wiedergegeben, sehnsüchtig nach seinem finstern Stollen zurückverlangt, würde er sich nach dem aufregenden, bunten Leben der Kultur zurücksehnen. Wer Ruhe und tiefen Frieden in sich trägt, der sehnt sich hinaus aus dem lärmenden Kulturleben, er wird die Orte der Ruhe und des Friedens zu seinem Wohnsitze wählen. Darum, liebe Leser, wenn Ihr Sehnsucht habt nach dem Paradiese, wenn Ihr das Paradies auf Erden haben wollt, dann wandelt Euch zuerst in lebende Paradiese. Wir können Euch nur den Weg zeigen. Wir zeigen Euch den Weg. Ihn gehen, ist Eure Sache. Sein Ziel erreichen ist Euer Lohn.
Mancherlei Wiederholungen, die Du, lieber Leser, in diesem Werkchen findest, mögest Du dem Recht der Wahrheit zugute schreiben, so lange wiederholt zu werden, bis wir sie in Tat und Leben umgesetzt haben. Solltest Du, lieber Leser, Dich berufen fühlen, Kritik an unserm Büchlein zu üben oder solltest Du etwas besser oder vollständiger haben wollen, so teile uns freundlichst Deine Ansicht und Deine Wünsche mit. Wir bitten Dich auch, uns einschlägiges Material zuzusenden oder uns darauf hinzuweisen. Wir werden alles bei einer neuen Auflage so viel wie möglich berücksichtigen.
Nun ziehet hinaus, ihr sonnigen Gedanken! Wirket Klarheit, Sonnenschein!
Insel Kabakon bei Herbertshöhe im Bismarckarchipel, 26. September 1905.
August Bethmann. August Engelhardt.
Die Lust hat mich gezwungen,
Zu fahren in den Wald,
Wo durch der Vögel Zungen,
Die ganze Luft erschallt.
Fahrt fort, ihr Freudenkinder,
Ihr Büsche-Bürgerei,
Und Freiheitvolk nicht minder,
Singt eure Melodei!
Ihr lebt ohn’ alle Sorgen,
Und lobt die Güt’ und Macht
Des Schöpfers, von dem Morgen
Bis in die späte Nacht.
Ihr baut euch artig Neste,
Nur daß! ihr Junge heckt,
Seid nirgends Fremd’ und Gäste,
Habt euren Tisch gedeckt.
Ihr strebet nicht nach Schätzen
Durch Abgunst, Müh’ und Streit;
Der Wald ist eu’r Ergötzen,
Die Federn euer Kleid.
Ach, wollte Gott, wir lebten
In Unschuld gleich wie ihr,
Nicht ohn’ Aufhören schwebten
In sorglicher Begier!
Wer ist, der also trauet
Auf Gott, das höchste Gut,
Der diese Welt gebauet,
Und alles Gute tut?
Wir sind nicht zu erfüllen,
Mit Reichtum und Gewinn,
Und gehn, um Geldes willen,
Oft zu der Hölle hin.
O, daß wir Gott anhingen,
Der uns versorgen kann,
Und recht zu leben fingen
Von euch, ihr Vögel, an.
Simon Dach
Christus sagt: „Alle Eure Sorgen werfet auf IHN, denn HR sorget für Euch“. Man kann Sorgen wegwerfen, wie man eine Last wegwirft. Wir sprechen von Nahrungs-, Kleidungs-, Geschäftssorgen. Wir sagen: „Ach, mach’ Dir keine Sorgen, es wird alles gut gehen“.
Betrachten wir die Nahrungssorgen. Wenn wir jederzeit hinreichend Mittel haben, um unsere Nahrung zu beschaffen, macht sie uns keine Sorgen. Die Sorgen fangen erst an, wenn Geld und Beschaffungsmittel knapp und unzulänglich werden. Die Sorge wird um so größer, je größer die Schwierigkeit wird, die Nahrung herbeizuschaffen.
Sorgen drücken nieder wie Lasten. Sie sind Lasten, die uns niederdrücken, geistige Lasten, erzeugt durch das Gefühl und den Grad der Schwierigkeit, ein für uns notwendiges oder uns notwendig scheinendes Bedürfnis zu befriedigen.
Sorgen ist die gewöhnlichste Art von Selbstmord.2 Sorgen stört den Appetit, den Schlaf, macht die Atmung unregelmäßig, verdirbt die Verdauung, schwächt den Charakter und den Geist, befördert Krankheit und untergräbt die körperliche Gesundheit. Sorgen ist die wirkliche Todesursache von tausenden Todesfällen, wo wohl eine andere auf dem Totenschein steht. Sorgen ist Gift für den Geist, während Arbeit Speise für den Geist ist.
Indem wir die Sorge, das ist die Schwierigkeit, ein wirklich oder scheinbar notwendiges Bedürfnis zu befriedigen, verringern oder ganz aufheben. Eine Verringerung wäre eine teilweise Befreiung, ganze Befreiung hätte völlige Aufhebung zur Voraussetzung. Können wir bei allen unsern Sorgen ihre Ursachen beseitigen, dann haben wir eine sorgenfreie Zukunft.
Wir sehen, daß Sorgen beruhen auf der Schwierigkeit, Bedürfnisse zu befriedigen. Die Schwierigkeit der Befriedigung hat einen Mangel irgendwelcher Art zur Voraussetzung. Nahrungssorgen haben den Mangel an Geld oder Arbeitskraft oder Verkehrsmitteln als Ursache. Kindersorgen entstehen durch den Ungehorsam, die Krankheiten, die Fehler und Mängel der Kinder. Der Feind des Mangels, sein Tod, ist der Überfluß. Sich von einer Sorge befreien, heißt: den sie bedingenden Mangel durch Überfluß verdrängen. Sich von allen Sorgen befreien heißt: sich mit dem Urquell allen Überflusses, mit dem Geber aller Dinge, aller Kraft und Macht in innige Verbindung setzen, sich mit Gott vereinen oder, wie unsere Kinderweisheit sagt: wir müssen zum Urquell allen Lebens, aller irdischen und himmlischen Kraft: zur Sonne zurückkehren, wir müssen Sonnenkinder werden.
Das reine Sonnenkind kennt keine Sorgen. Es hat seine Sorgen auf Ihn, den Vater Helios, geworfen. Es weiß, er sorgt in einem fort aufs beste für mich. Die Sonne ist sein Nahrungslieferant, sein Gastwirt und Koch. Die Sonne ist sein Tuchfabrikant und sein Schneider. Der Sonnentempel, der Himmelsdom ist seine Wohnung, seine Schlafstätte. Das Licht der Sonne erleuchtet ihn Tag für Tag und läßt ihn klar das Wahre und Rechte erkennen, es ist sein Erzieher, sein Lehrer. Unabhängig von den schwachen veränderlichen Menschen, nur abhängig von der immer gütigen, im immer treuen und helfenden Sonne, lebt das Sonnenkind ein immer sonniges, sorgenloses Dasein.
Wohl ist das Land noch fern! Ein schmales Band
Liegt’s auf des Horizontes weitem Rand;
Ein weißer Strich nur steigt daraus hervor:
Ragt Obelisk, Turm oder Säul’ empor?
Jetzt sind sie nah! Ein Baum ist’s nur! Es steigt
Einsam sein Riesenschaft, hoch oben zweigt
Ein Dom von Laub, als sei gestellt hinauf
Ein Tempel auf des Obelisken Knauf!
Die Kokospalme ist’s, im lauen Wind
Des Wipfels grüne Wedel wiegend lind!
Die Krone säuselt aus den luft’gen Höh’n,
Wie Menschenwort, harmonisches Getön:
„Willkommen, Fremdling! Sprich, was tut dir not?
Sieh, wenn dich hungert, meine Frucht ist Brot;
Und dürstet dich, so schenk’ ich Milch und Wein,
Ich will dir Acker, Quell und Weinberg sein.
Bist nackt du, web’ ein Kleid aus meinem Bast!
Und schläfert dich, ruh’ unter mir, mein Gast!
Mein Schatten wird dich decken, leicht und kühl,
Ich spende Kleidung dir und Ruhegefühl.
So wird ja alles, was dein Herz begehrt,
Von mir und meinen Schwestern dir beschert;
Komm, Fremdling, der du nahest diesem Strand,
Sei uns willkommen hier im Palmenland!“
Nach Anastasius Grün
Die wahre Daseinsfreude, das reinste Lebensglück empfindet nur der Fruchtesser — der Kokosesser.
Für die physische, moralische und intellektuelle Entwicklung der Menschheit ist die Ernährungsfrage unbestritten die wichtigste. Ein flüchtiger Blick auf den Bau der Ernährungsorgane des Menschen zeigt, daß er weder Fleischesser wie der Tiger, noch Krautesser wie das Vieh oder Pferd, noch Körneresser wie der Hamster oder die Taube, sondern Fruchtesser wie der Affe ist. Aber nicht ein Universalfruchtesser, sondern ein Nußesser. Aber nicht ein Universalnußesser, sondern ein Kokosnußesser — ein Kokovore. Jede Abweichung von der idealen Norm dieses Naturgesetzes rächt sich schwer. Welch mächtigen Hebel zur Lösung der sozialen Frage die naturgemäße Lebensweise bietet, muß jedem Denkenden einleuchten. Die Verfasser vertreten den strengsten Kokovorenstandpunkt, d.h. sie nähren sich nur von Kokosnüssen, wie sie uns Mutter Sonne in den feuchtheißen Tropen spendet, also nicht entwertet, ertötet durch Kochen, Schmoren oder Braten. Es ist eine Vermessenheit, wenn der Mensch die herrlichen Früchte durch sein Zutun verbessern will. Der Köchin Kunst ist jämmerliches Stückwerk im Vergleich mit den Leistungen der segenspendenden Sonne, dieser Musterköchin. Der Menschen Köchin hilft dem Totengräber bei der Arbeit. Was uns Gott weder durch Geschmack und Geruch, noch durch sein Aussehen verlockend und essenswert erscheinen läßt, das macht sie durch Kochen, Mischen, Würzen und Verzieren zur gaumenkitzelnden einladenden Speise. Damit füllt sie die Taschen der Produzenten und Lieferanten. Damit verdreht sie und höhlt sie aus die Hirne der Konsumenten. Wer falsch ißt, denkt falsch. Nur der richtig, d.h. seine natürliche Nahrung essende Mensch kann Kopf und Leib normal ernähren, nur er kann normal denken und handeln. Jedes Geschöpf findet seine Nahrung fix und fertig auf der Erde vor. Sollte da für den Menschen, als den Herrn der Schöpfung, den Liebling der Sonne, nicht auch etwas Passendes geschaffen worden sein?
Ist der Mensch befähigt, die für ihn passende Nahrung zu erkennen? Der Mensch als Schöpfer sucht durch die Form seiner Schöpfung den Inhalt zu verraten, um so mehr, je gesunder er ist. Er baut sein Gotteshaus mit Türmen, die zum Himmel zeigen. Die Kasernen werden von Zinnen gekrönt und mit Skulpturen von Waffen geschmückt. Der Soldat trägt die Uniform, der Mönch die Kutte, der Student die bunte Mütze. So verfährt der gesunde, zweckmäßig handelnde Mensch. Um wieviel mehr die Gesundheit selbst, die Gottheit. Darum dürfen, ja müssen wir von ihr verlangen, daß wir auf den ersten Blick unsere Nahrung erkennen können. Der Mensch ist vom Affen, dem ihm am ähnlichsten Tiere, vor allem durch das Haupt unterschieden. Der Schädel des Affen gleicht einem Dache mit konkaven, ausgehöhlten Flächen, der des Menschen dem gewölbten Himmelsdome. Darum können wir von der weisen Gottheit verlangen und erwarten, daß sie die Nahrung des Menschen in die Form des Menschenhauptes gegossen hat. Tiere mit Menschenköpfen gibt es nicht. Gibt es Pflanzen mit Menschenköpfen? Das Haupt ist der lebendigste und gehaltvollste Teil des Menschen. Die Frucht ist der lebendigste und gehaltvollste Teil der Pflanze. Gibt es Pflanzen, die das Menschenhaupt als Frucht tragen? Gott wäre nicht allweise und der vollendetste Künstler und Ästhetiker, hätte er sie nicht geschaffen. Es sind die Kokospalmen. Ihre Früchte, die Kokosnüsse, sind vegetabile Menschenköpfe. Sie allein sind des Menschen wahre Nahrung.
Die Wissenschaft lacht vielleicht hierüber. Was formt die Wissenschaft, was hält sie zusammen, was läßt sie bauen und sich weiter entwickeln? Das Prinzip der Ähnlichkeit. Nach der Ähnlichkeit klassifizieren wir Steine, Pflanzen, Tiere, Menschen. Wie die Wissenschaft die Menschen und Affen in eine der benachbarten Tierordnungen einreiht auf Grund der Ähnlichkeit, so muß sie auch, wenn sie nicht unlogisch und inkonsequent sein will, eine Pflanze, die das Menschenhaupt in sprechender, ja schreiender Weise nachahmt, als zum Menschen gehörig erachten und deren für den Menschen genießbaren und wohlschmeckendsten Teil als die wahre Nahrung des Menschen anerkennen. Wir haben es bei der Kokosnuß mit einem besonders markanten Fall von Mimikry, d.h. Nachäffung, zu tun. Es gibt unzählige Fälle in der Natur, daß Tiere die Pflanzen, auf welchen sie leben, oder Teile derselben in auffallender Weise durch Gestalt und Färbung nachahmen, oder daß sie sich aufs vollkommenste der sie umgebenden Landschaft anpassen. Man denke nur an all die Schmetterlinge, Käfer und Raupen, die die Blüte, das Blatt oder die Rinde ihrer Nahrungspflanzen nachahmen. Man denke an jene Wüsten-, Steppen- und Polartiere, die die Farbe der Wüste, der Steppe, des Schneefelds tragen. Der Darwinist glaubt diese Erscheinungen durch das Schlagwort Anpassung zu erklären. Wer gesund und klar genug ist, um die Welt als Schöpfung eines durchaus harmonischen, ästhetischen Geistes zu betrachten, sieht hierin das Bestreben des wahren Künstlers, Gleiches zu Gleichem zu gesellen. Haus und Inventar müssen eine stilistische Einheit, bilden. In den Kokos- oder Menschenpalmentempel gehört der Mensch. Er ist seine natürliche Heimat. Wann wird der Mensch das wieder erkennen?
Heutzutage bevölkert er seine Kokoshaine mit dem der Steppe angehörenden Vieh, düngt die erhabenen Palmen, seine Mütter, mit dem stinkenden Mist des blöden Viehs, so geile Fruchtbarkeit erzeugend, und nährt sich selbst mit dessen Leichen. Seine natürliche Nahrung, die Kokosnüsse, zerschneidet und dörrt er, um sie in seinen steinernen Städten zu Seifen und Lichtern und neuerdings auch zu Butter verarbeiten zu lassen. Warum ißt er sie nicht, so sich innerlich erleuchtend, reinigend. Sich von der Sorge um die Nahrung befreien heißt: zu der uns von Gott gegebenen Nahrung zurückkehren. Sie allein als die Gabe des weisen Schöpfers gibt mit der geringsten Menge die größte Kraft, den feinsten Geist und die höchste Ausdauer. Wer sich dazu erzogen, veredelt hat, nur von Kokosnüssen zu leben, braucht in den Tropen pro Tag höchstens eine Nuß. 12 Nüsse kaufen wir auf Kabakon für 10 Pfennig. Der Jahresbedarf würde uns demnach 3 Mark 10 Pfennig kosten. Wer irgendwo 88 Mark zu sicher angelegt hat, ist auf Kabakon bzw. in der Südsee aller Nahrungssorgen enthoben. Oder wenn wir uns unsere Kokosnüsse selbst bauen, wieviel Palmen brauchen wir und welchen Raum beanspruchen sie? Der Prospekt der Regierung von Deutsch-Neuguinea sagt, die Kokospalme trägt jährlich bei normalem Regenfall 80 Nüsse. Wir brauchen demnach den Ertrag von Palmen zu unserm Jahresunterhalt. Auf 1 Hektar kommen 100 Palmen, 1 Palme benötigt 1 Ar = 100 Quadratmeter. Palmen Ar oder 350 Quadratmeter. Sagen wir rund 4 Ar. Ein mit tragenden Kokospalmen bestandener Hektar kann somit 25 Kokovoren mit seinen Früchten ernähren. Bei einer so intensiven Bevölkerung und einem so geringen Raum- und Nahrungsbedarf würde jeder Palme die denkbar beste Pflege zuteil werden. Sie würde hierbei 100—150 Jahre alt werden und einen den Durchschnitt weit überschreitenden Ertrag liefern. Der Hektar würde nicht nur 25 Personen, sondern vielleicht 40, 50 ernähren.
Die Nahrungssorgen des Menschen von übermorgen, des göttlichen Kokovoren, reduzieren sich auf die Pflege von 2—4 Kokospalmen. Damit hören sie aber auf, Sorgen zu sein, Dr. Brinckmeier sagt in seinem Palmenbuch3: „Es kann kein edleres Vergnügen, keine noblere Erholung geben als eine ernste Beschäftigung mit den Palmen, sei es mit, sei es ohne Gewächshaus. Ist doch in einer Palme alles vereinigt, was Gott Schönes und Edles in der Natur geschaffen hat,“ Dr. Berthold Seemann ruft in seiner „Populären Naturgeschichte der Palmen“4 begeistert aus: „Die Palmen in der Tat sorgen für so viele unserer Bedürfnisse, tragen so reichlich zu unserer Bequemlichkeit bei, daß wir wohl erstaunen mögen, wie das Menschengeschlecht Teile des Erdballs zu bewohnen imstande sei, von denen sie ausgeschlossen sind. Es war daher keine bloße Phrase, wenn Linné voll Bewunderung für diese edle Pflanze ausrief: „Der Mensch lebt naturgemäß innerhalb der Tropen und nährt sich von den Früchten der Palmen; er existiert in andern Weltgegenden und behilft sich daselbst mit Korn und Fleisch.“
A. Hamann schreibt in einem Aufsätze über Name und Verehrung der Palmen in der Alten Welt5: „Während der Mensch in der kalten Zone seine Nahrung unter Beschwerden und Gefahren erjagen muß, daher sie ausschließlich im Tierreiche findet, aber auch in der gemäßigten, wo er sich vorzugsweise von den mehlreichen Gräsern nährt, sein Brot nur im Schweiße seines Angesichts essen kann, finden die Bewohner der wärmeren und heißen Gegenden durch die Bäume leicht und mühelos ihren Lebensunterhalt. Die Bäume aber, die noch jetzt vielen Völkern ihre meisten Bedürfnisse liefern, waren in der Vorzeit Tagen die alleinigen Ernährer aller Menschen. Daher heißt es 1. Mos. 2, 8: „Und Gott der Herr pflanzte einen Garten in Eden gegen Morgen und setzte den Menschen darein, den er gemacht hatte.“ Und Vers 15: „Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, daß er ihn bebaue und bewahre.“ Daher stammte auch bei Griechen und Römern die Sage, daß die ersten Menschen Eichelesser gewesen seien. Unter allen Baumgattungen jedoch gewähren den meisten Nutzen die Palmen, die in ihren bis jetzt bekannten 250 Arten über die tropische wie subtropische Zone der Alten wie der Neuen Welt verbreitet sind.“
In den Tropen zu leben ist die Kunst, auf der kleinsten Fläche mit dem geringsten Zeit- und Geldaufwande die meiste und beste Nahrung zu erzeugen — allerdings nur für den Wissenden. Je mehr wir uns von dem Äquator entfernen, um so größere Flächen, um so mehr Kraft und Zeit und Geld sind nötig, um geringe Mengen minderwertiger, ungenügender Nahrungsmittel zu gewinnen. Nur für den falsch, töricht Lebenden gibt es einen Kampf ums Dasein. Nur für ihn ist die Erde ein Jammertal, das Leben eine ewige Sorge ums liebe Leben, die erst mit dem Tode, d.h. mit dem Ende des Lebens, aufhört. Darum: Zurück in das Reich des Lebens, des ewigen Sommers, der ununterbrochenen Früchteproduktion, in die Tropen! Darum: Zurück in das Land der sorgenfreien Zukunft, der lebensvollsten Gegenwart, in die Kokospalmenhaine der heißen Zone. Darum: Zurück zur allein menschenwürdigen Nahrung, zu den geistigsten, edelsten, kraftvollsten Früchten der Erde, zu den pflanzlichen Menschenköpfen, zu den Kokosnüssen.