Moderation – das Lehrbuch
Gruppensteuerung und Prozessbegleitung
Mit einem Beitrag von
Sebastian Grab, Claudia Lobe, Marcus Rübbe und Barbara Rademacher, Martina Voß Visualisierungen von Anna Stania
Grundlagen der Weiterbildung
Herausgegeben von
RA Jörg E. Feuchthofen
Prof. Dr. Michael Jagenlauf MA
Prof. Dr. Arnim Kaiser
Die Reihe Grundlagen der Weiterbildung bietet Raum für
Theorien, die das berufliche Handeln anregen und vertiefen,
praktische Grundlagen und Tools,
Ausarbeitungen, die konkurrierende Theorien, Praxen, Modelle und Ansätze gedanklich und empirisch weiterführen.
Dieser Titel ist auch als Printausgabe erhältlich
ISBN 978-3-940 562-51-7
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort
I. Moderatoren, Teilnehmende, Regeln
1. Die Moderationsmethode und die Rolle des Moderators
1.1 Ziele, Inhalte, Definition
1.2 Beispiel
1.3 Die Moderationsmethode
1.4 Handlungsaspekte
1.5 Zusammenfassung
1.6 Literatur
2. Die Rolle der Teilnehmer
2.1 Ziele, Inhalte, Definition
2.2 Beispiel
2.3 Moderation aus Teilnehmersicht
2.4 Konsequenzen für den Moderator
2.5 Zusammenfassung
2.6 Literatur
2.7 Anhang: Checkliste zur aktiven Teilnahme
3. Regeln und Ablauf einer Moderation
3.1 Ziele, Inhalte, Definition
3.2 Beispiel
3.3 Regeln und Ablauf einer Moderation
3.4 Ablauf einer Moderation: Umsetzung in der Praxis
3.5 Zusammenfassung
3.6 Literatur
3.7 Anhang: Ablauf, Regeln und Aufgaben des Moderators
II. Moderationstechniken und Moderationsmethoden
1. Techniken und Materialien
1.1 Ziele, Inhalte, Definition
1.2 Beispiel
1.3 Die Gestaltung der Räume
1.4 Der Einsatz von Techniken und Materialien
1.5 Zusammenfassung
1.6 Literatur
2. Visualisieren, Zuhören und Fragen
2.1 Ziele, Inhalte, Definition
2.2 Beispiel
2.3 Visualisieren, zuhören und fragen
2.4 Visualisierungen in der Praxis
2.5 Zusammenfassung
2.6 Literatur
3. Methoden der Moderation
3.1 Ziele, Inhalte, Definition
3.2 Beispiel
3.3 Methoden im Gruppenprozess: generelle Zuordnungen
3.4 Methodenauswahl praktisch: spezielle Aufgaben
3.5 Zusammenfassung
3.6 Literatur
III. Moderationsarten
1. Erarbeitungsmoderation
1.1 Ziele, Inhalte, Definition
1.2 Beispiel
1.3 Erarbeitungsmoderation – Hintergründe
1.4 Aufbau und Methoden einer Erarbeitungsmoderation
1.5 Zusammenfassung
1.6 Literatur
2. Entscheidungsmoderation
2.1 Ziele, Inhalte, Definition
2.2 Beispiel
2.3 Entscheidungsmoderation – Hintergründe
2.4 Aufbau und Methoden einer Entscheidungsmoderation
2.5 Zusammenfassung
2.6 Literatur
3. Umsetzungsmoderation
3.1 Ziele, Inhalte, Definition
3.2 Beispiel
3.3 Umsetzungsmoderation – Hintergründe
3.4 Aufbau und Methoden einer Umsetzungsmoderation
3.5 Zusammenfassung
3.6 Literatur
4. Konfliktmoderation
4.1 Ziele, Inhalte, Definition
4.2 Beispiel
4.3 Konflikt, was ist das?
4.4 Aufbau und Methoden einer Konfliktmoderation
4.5 Zusammenfassung
4.6 Literatur
5. Feedbackmoderation
5.1 Ziele, Inhalte, Definition
5.2 Beispiel
5.3 Feedback-Grundlagen
5.4 Aufgaben des Moderators
5.5 Zusammenfassung
5.6 Literatur
IV. Veranstaltungstypen
1. Seminare und Trainings
1.1 Ziele, Inhalte, Definition
1.2 Beispiel
1.3 Ausgewählte Seminar- und Trainingstypen
1.4 Moderation von Seminaren und Trainings
1.5 Zusammenfassung
1.6 Literatur
2. Zukunftswerkstatt
2.1 Ziele, Inhalte, Definition
2.2 Beispiel
2.3 Zukunftswerkstatt
2.4 Spezielle Methoden und Techniken
2.5 Zusammenfassung
2.6 Literatur
2.7 Anhang
3. Konferenzen
3.1 Ziele, Inhalte, Definition
3.2 Beispiel
3.3 Konferenztypen
3.4 Moderation von Konferenzen
3.5 Zusammenfassung
3.6 Literatur
4. Workshops
4.1 Ziele, Inhalte, Definition
4.2 Beispiel
4.3 Workshoptypen
4.4 Moderation von Workshops
4.5 Zusammenfassung
4.6 Literatur
5. Großgruppenkonferenzen: Open Space
5.1 Ziele, Inhalte, Definition
5.2 Beispiel
5.3 Open Space
5.4 Spezielle Aufgaben im Open Space
5.5 Zusammenfassung
5.6 Literatur
V. Moderierte Gruppen
1. Gruppen und ihre Entwicklung
1.1 Ziele, Inhalte, Definition
1.2 Beispiel
1.3 Merkmale der Gruppenentwicklung
1.4 Übungen zur Förderung der Gruppenentwicklung
1.5 Zusammenfassung
1.6 Literatur
2. Gruppen beobachten
2.1 Ziele, Inhalte, Definition
2.2 Beispiel
2.3 Die Beobachtung von Gruppenprozessen
2.4 Gruppen beobachten: Instrumente
2.5 Zusammenfassung
2.6 Literatur
2.7 Anhang: Logbuch des Moderators
3. Kommunikation in Gruppen
3.1 Ziele, Inhalte, Definition
3.2 Beispiel
3.3 Gruppenphasen
3.4 Handlungsoptionen von Moderatoren in den Gruppenphasen
3.5 Zusammenfassung
3.6 Literatur
3.7 Anhang: Übersicht über die Entwicklung von Gruppen in Gruppenphasen
4. Gruppen moderieren
4.1 Ziele, Inhalte, Definition
4.2 Beispiel
4.3 Moderieren von Gruppen: Leitlinien der Themenzentrierten Interaktion (TZI)
4.4 Innere Haltung zum Ausdruck gebracht
4.5 Zusammenfassung
4.6 Literatur
VI. Hintergründe
1. Theoretische Hintergründe der Moderation
1.1 Ziele, Inhalte, Definition
1.2 Beispiel
1.3 Theoretische Einbettung der Moderation
1.4 Konstruktion in der Praxis
1.5 Zusammenfassung
1.6 Literatur
VII. Aus Fehlern lernen –
ein Beitrag von Sebastian Grab, Claudia Lobe, Marcus Rübbe
1. Kleine Ursache – große Wirkung
1.1 Warming-up – Oder: Nicht zu nah
1.2 Anzahl der Teilnehmer – Oder: Plan B
1.3 Lenken statt helfen
1.4 Körpersprache – Oder: Wohin mit meinen Händen?
1.5 Stehen oder Sitzen?
1.6 Das Nähe – Distanz – Verhältnis oder: Die Kunst der Zurückhaltung
1.7 Fragen über Fragen
1.8 Rollenspiele und ihre Wirkung
1.9 Schauspiel versus Authentizität & Transparenz
1.10 Das Moderations-Konzept: Von dem Moderator für den Moderator?
1.11 Team-Moderation: Zu zweit oder gemeinsam moderieren?
1.12 Moderationsmethode oder Gruppenspiele für Erwachsene?
1.13 Der Teufel steckt im Detail
VIII. Von der Theorie zur Praxis
ein Beitrag von Gernot Graeßner, Barbara Rademacher, Martina Voß
1. Zu einer erfolgreichen Moderation
1.1 Erfolgreicher Transfer am Beispiel des Fernstudiums Business Coaching und Change Management an der Euro-FH
1.2 Transferproblematik
1.3 Erfolgreiche Transferstrategie – „Fernstudiums Business Coaching und Change Management“
1.4 Zusammenfassung
1.5 Literatur
Verzeichnis der Visualisierungen
Die Autoren
Vorwort
Moderation wurde vor ca. 50 Jahren auf der Suche nach mehr Beteiligungsmöglichkeiten kompetenter Mitarbeiter bei Entscheidungsprozessen und auf der Suche nach kreativen und effektiven Methoden in der Teamarbeit entwickelt. Die Moderation und deren Einsatzmöglichkeit haben sich seitdem kontinuierlich weiterentwickelt und als Besprechungs-, Lern- und Arbeitsform fest etabliert sowie in vielfacher Weise Eingang in die Gestaltung von Changeprozessen gefunden.
Heute gehören Moderationsmethoden und Moderationstechniken zu den Grundqualifikationen von Führungskräften, Trainern, Coaches und Erwachsenenbildnern. Moderation zieht überdies auch mehr und mehr in Schulen ein, die sich ihrer Vorteile für selbst organisierte Lernprozesse bedienen. Überall dort, wo es um die Steuerung von Gruppen und Prozessbegleitung geht, wird auf Moderation und ihre Methoden zurückgegriffen.
Moderation ist ein Ansatz, mit dem die Kommunikation in Gruppen so strukturiert werden kann, dass die Ressourcen aller Teilnehmenden in optimaler Weise dem Arbeitsprozess der Gruppe zur Verfügung gestellt werden. Durch die Partizipation aller Teilnehmenden an Entscheidung, Zielsetzung und Umsetzung wird ein hoher Identifikationsgrad der Beteiligten mit den anzustrebenden Zielen erreicht.
So repräsentiert Moderation ein Konzept, welches auf die Ressourcen der Teilnehmenden und Gruppen setzt, um im Sinne eines sachlichen Ziels optimale Ergebnisse zu erzielen, die von den Akteuren als effektiv empfunden werden und eine dementsprechende Zufriedenheit bei allen Beteiligten hervorbringen. Für einen Moderator bedeutet dies: Es ist nicht seine Aufgabe, Wandzeitungen möglichst lupenrein mit Kärtchen zu bestücken und mit freundlichen Visualisierungen zu ergänzen: Nein, es kommt in erster Linie auf die Haltung an, mit der ein Moderator der Gruppe dienlich ist und diese zu ihrer besten Leistung bringt. Dies geht nur, wenn er das „Handwerkszeug“ der Moderation mit seiner Gabe verbindet, das Gruppengeschehen zu beobachten, den einzelnen Teilnehmenden gerecht wird und die Sachaufgaben im Auge behält, kurz: er sollte in der Lage sein, die Akteure, sich selbst eingeschlossen, komplementär mit den sie umgebenden Systemen zu verbinden, ähnlich wie es Heidrun Strikker in ihrem jüngst erschienenen Buch „Komplementär-Coaching“ (Paderborn 2007) beschreibt.
Die Arbeit mit moderierten Gruppen entspricht der heute besonders wichtigen Selbststeuerung des Lernens und Arbeitens in idealer Weise.
Moderation kann in Meetings, Besprechungen, Sitzungen, Klausurtagungen, in der Prozessbegleitung u.v.m. eingesetzt werden. Sie eignet sich als Krisenintervention, um stockende Arbeitsprozesse wieder auf den richtigen Weg zu bringen und voranzutreiben. So unterstützt sie Gruppen in besonderem Maße bei dem Treffen strategischer Entscheidungen, bei der Klärung und Festsetzung von Zielen und in Veränderungsprozessen.
Der Moderator ist ein Methodenspezialist und Experte für gruppendynamische Prozesse. Es ist seine Aufgabe, durch die Gestaltung des Moderations- und Gruppenprozesses die Gruppe dabei zu unterstützen, Ergebnisse zu erzielen, Verantwortung für diese zu übernehmen und ihr bei der Umsetzung zu helfen. Kontinuierliche Visualisierung und die Sicherung der erzielten Ergebnisse dienen dem Moderator und der Gruppe als Strukturhilfe.
Neutralität oder besser: Distanz, Kommunikationskompetenz, Authentizität, Souveränität und Methodenkenntnis kennzeichnen die Kompetenz des Moderators und machen seine Haltung im Wesentlichen aus. In dieser Haltung ist ein Moderator sehr nahe an dem, was heute einen professionellen Coach ausmacht. Wenn man genau hinsieht, so ergeben sich bei aller Differenziertheit der Ansätze und der Tätigkeitsfelder erstaunliche Parallelitäten, wie dies etwa im vom Frank Strikker herausgegebenen Band „Coaching im 21. Jahrhundert“ Augsburg 2007) deutlich wird. So haben es Moderator und Coach häufig mit Change-Prozessen zu tun. Prozesse der Konstruktion, Rekonstruktion und Dekonstruktion liegen aktiv bei den Teilnehmenden bzw. Klienten. Moderation und Coaching stehen aktuell in theoretischen Debatten, beide setzen in besonderer Weise auf die Ressourcen der Akteure. Insofern steht dieses Buch in einem Kontext einer Professionalitätsentwicklung, wie sie u.a. das Masterstudium „Business Coaching und Change Management“ (M.A.) der Europäischen Fernhochschule Hamburg (Euro-FH) vorantreiben will. Dieses Studium geht davon aus, dass auf der Grundlage einer breiten Wissensbasis durch intensive, praxisorientierte Präsenzseminare und -trainings sowie theoriegeleiteter Peergroup-Arbeit in zukunftsorientierter Weise Professionalität im Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis hervorgebracht wird.
Die Konzeption dieses Buches setzt allerdings eher an den Grundlagen an, denn Kompetenzen von Moderatoren sind längst nicht mehr allein durch Zusatzqualifikationen und Kurz-Fortbildungen zu erwerben. Dieses Buch versteht sich daher als das erste umfassende Lehrbuch der Moderation. Es zielt darauf ab, die wesentlichen Meilensteine der Moderation kenntlich zu machen, die für Theorie und Praxis der Moderation wichtigsten Informationen für eine Moderatorentätigkeit zu liefern, methodisches Rüstzeug bereitzustellen, häufig vorkommende Formen und Arten der Moderation vorzustellen und ein Gespür für Gruppenprozesse, mit den Moderatoren umgehen müssen, zu entwickeln. Dies alles wird eingebettet in einen theoretischen Zusammenhang, der sich aus konstruktivistischer Perspektive ergibt. Aus diesen Zielsetzungen ergibt sich die Zusammensetzung der Kapitel I-V. Es handelt sich um ein Lehrbuch. Also hat es die Intention, inhaltlich wichtige Aspekte der Moderation herauszustellen, aber als Lehrbuch möchte es vor allem eins: neugierig machen auf die Praxis der Moderation und den interessierten Lesenden zeigen, dass sie selbst Spaß daran haben können, sich auf diesem Gebiet auf die eine oder andere Weise zu erproben.
Das Lehrbuch ist vor einem mehr als 20jährigem Erfahrungshintergrund geschrieben. Der Verfasser hat in dieser Zeit ca. 500 Studierenden der Universität Bielefeld, Fakultät für Erziehungswissenschaft, die Möglichkeit geboten, an einem jeweils dreisemestrigen Ausbildungskonzept – der „Bielefelder Moderation“ – zur Moderation teilzunehmen. Die Resonanz bei den Studierenden war über die Jahre hinweg derart positiv, dass aus diesen Erfahrungen das Lehrbuch für Prozessbegleitung erwuchs. Seit 2010 leitet der Verfasser als Studiengangsdekan zusammen mit Dr. Frank Strikker und Heidrun Strikker (SHS Consult Bielefeld) das erwähnte BCCM-Studium an der Euro-FH, die Diskussionen mit den dortigen berufstätigen Studierenden haben die Professionalitätsdiskussionen um Moderation vor allem im Verhältnis zu Coaching und zu Changeprozessen weiter angeregt und vertieft.
Die Beiträge zum Transfer und zu den häufigsten Moderationsfehlern wurden von professionell tätigen Moderatoren und Prozessbegleitern verfasst – alle sind Absolventen der „Bielefelder Moderation“, die diesen Ansatz vertreten und weiter entwickeln. Diese Autoren – Sebastian Grab, Claudia Lobe, Barbara Rademacher, Marcus Rübbe und Martina Voß haben überdies noch an einem weiteren Ausbildungskonzept mitgewirkt. In den Jahren 2004 – 2006 wurden ca. 50 polnische, litauische und ungarische Studierende in einer Kooperation mit der Universität Torun (Polen) und dem Institut für Internationale Zusammenarbeit des Deutschen Volkshochschul-Verbandes (dvv international), Bonn zu Moderatoren ausgebildet und setzen ihre Kompetenzen in Wissenschaft, Bildung und Wirtschaft bereits ein. Aus diesem Grunde erschien das hier vorliegende Lehrbuch auf Grund der Initiative der Leiterin der Büro Warschau des dvv international, Prof. Dr. Ewa Przybylska, bereits in englischer Sprache (The Moderation Method – A Handbook, Bonn, Warszawa 2007). Die Visualisierungen wurden von Anna Stania, ebenfalls Bielefelder Moderatorin, für dieses Lehrbuch angefertigt und freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Die unterschiedlichen Elemente entstammen dem Kontext der Präsenzseminare des Fernstudiums „Business Coaching und Change Management“ (M.A.) der Euro-FH und sind Beispiele für vorbereitete Charts, aber auch für solche, die im Moderationsprozess oder in Trainings situativ entstehen. Die Visualisierungstechnik ist durch die BIKABLO-Bände (Neuland) inspiriert, wurde für Moderation und Training weiterentwickelt sowie systematisiert.
Dieses Lehrbuch möchte im deutschsprachigen Raum und durch die englischsprachige Fassung auch im internationalen Raum neue Wege eröffnen. Es will Moderatoren die Grundlage bieten, spannende, kreative selbst gesteuerte und effektive sowie ertragreiche Lern- und Arbeitsprozesse zu initiieren und zu begleiten.
Prof. Dr. Gernot Graeßner, Euro-FH Hamburg
Dr. Frank Strikker, SHS Consult Bielefeld
Leiter des Master-Studiengangs „Business Coaching und Change Management“
I. Moderatoren, Teilnehmende, Regeln
1. Die Moderationsmethode und die Rolle des Moderators
1.1 Ziele, Inhalte, Definition
1.2 Beispiel
1.3 Die Moderationsmethode
1.3.1 Gründe für misslingende Kommunikation
1.3.2 Leistungen von Moderation
1.3.3 Attraktivität von Moderation
1.3.4 Eckpunkte für das Gelingen
1.3.5 Beziehungen
1.3.6 Die Rolle des Moderators
1.4 Handlungsaspekte
1.4.1 Konsequenzen für die Praxis
1.4.2 Grundlegende Fragen für Moderatoren
1.5 Zusammenfassung
1.6 Literatur
2. Die Rolle der Teilnehmer
2.1 Ziele, Inhalte, Definition
2.2 Beispiel
2.3 Moderation aus Teilnehmersicht
2.3.1 Die Verantwortung der Teilnehmer für sich selbst
2.3.2 Zehn Optionen aktiver Teilnahme
2.3.2.1 Option 1: Das Eigeninteresse formulieren
2.3.2.2 Option 2: Zuhören
2.3.2.3 Option 3: In der Gruppe mitarbeiten
2.3.2.4 Option 4: Die anderen beobachten
2.3.2.5 Option 5: In die Lernsituation intervenieren
2.3.2.6 Option 6: Gruppenprozesse nutzen
2.3.2.7 Option 7: Kritisieren und Kritik nehmen
2.3.2.8 Option 8: Kompetenzen nutzen
2.3.2.9 Option 9: Material vorbereiten und auswerten
2.3.2.10 Option 10: Dokumentieren
2.4 Konsequenzen für den Moderator
2.5 Zusammenfassung
2.6 Literatur
2.7 Anhang: Checkliste zur aktiven Teilnahme
3. Regeln und Ablauf einer Moderation
3.1 Ziele, Inhalte, Definition
3.2 Beispiel
3.3 Regeln und Ablauf einer Moderation
3.3.1 Regeln
3.3.1.1 Regeln für den Umgang in der Gruppe
3.3.1.2 Verhaltensregeln für Moderatoren
3.3.1.3 Durchführungsregeln
3.3.2 Ablauf: Struktur
3.3.2.1 Arbeitsphasen: makrodidaktischer Aspekt
3.3.2.2 Arbeitsphasen: mikrodidaktischer Aspekt
3.3.2.3 Dramaturgie
3.4 Ablauf einer Moderation: Umsetzung in der Praxis
3.4.1 Teilnehmer
3.4.2 Inhalte
3.4.3 Medien
3.4.4 Lernumgebung
3.4.5 Evaluation
3.5 Zusammenfassung
3.6 Literatur
3.7 Anhang: Ablauf, Regeln und Aufgaben des Moderators
1. Die Moderationsmethode und die Rolle des Moderators
1.1 Ziele, Inhalte, Definition
Wer die Moderation nicht kennt, sollte mit dieser Methode Erfahrungen machen: Sie werden, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind, positiv sein. Um eine Grundlage für das Gelingen einer Moderation zu schaffen, will dieses Kapitel darüber informieren,
was unter Moderation zu verstehen ist,
welche Rolle der Moderator und die Teilnehmer in moderierten Situationen spielen,
welche Regeln für die Moderation zu beachten sind,
welche Techniken angewendet werden,
was bei der Planung von Moderationen zu beachten ist,
bei welchen Anlässen Moderation sinnvollerweise eingesetzt wird und
worin die Vorteile und Nachteile, die Chancen und Grenzen der Moderation liegen.
Die Intention dieses Kapitels ist dabei vor allem, dass Sie eine Vorstellung davon entwickeln, was Moderation bedeutet, was einen Moderator ausmacht und wie ein Moderator sich auf seine Rolle vorbereiten kann. Außerdem soll es Sie auf moderierte Veranstaltungen neugierig machen.
Definition „Moderation“: Was genau ist unter Moderation zu verstehen? „Die Moderationsmethode ist ein Verfahren, mit dem die Meinungsbildung und Entscheidungsfindung in Gruppen unterstützt werden kann. Typisch für sie ist eine ausführliche Visualisierung des Verlaufs und der Inhalte der Diskussion, Wechsel zwischen Plenums-, Kleingruppen- und Einzelarbeit sowie der Einsatz eines Moderators, der den Austausch in der Gruppe fördert und strukturiert, ohne dabei inhaltlich einzugreifen“ (Dauscher 2006, S. 13). Eine andere Akzente setzen Definition lautet: „Moderation ist die Beobachtung und Anregung der Kommunikation sowie der Reflexion über die Wahrnehmungsformen und Interaktionen in Gruppen von Entscheidern, um die vorhandenen Ressourcen zur Bewältigung von Komplexität zu nutzen sowie auftretende Konflikte zu regeln, mit dem Ziel, gemeinsame und sachgerechte Entscheidungen zu treffen und kollektive Handlungsfähigkeit herzustellen“ (Freimuth 2010, S. 4f). Diese beiden Definitionen kennzeichnen korrekt das, was unter Moderation unter verschiedenen Aspekten zu verstehen ist. Der gemeinsame Nenner dieser beiden Definitionen lässt sich m.E. mit folgender Begriffsbestimmung bezeichnen: Moderation ist die theoriegeleitete und methodisch ausgewiesene professionelle Begleitung, Unterstützung und Leitung von Gruppen mit dem Ziel, bestmögliche Ergebnisse zu bewirken. Die Methode wurde in den 70er Jahren in Deutschland bekannt gemacht und stammt aus Erfahrungen, die vor allem in den USA in der Gruppendynamik gemacht wurden (vgl. Neuland 2001, S. 55 ff). Dieses „klassische“ Moderationsverständnis stellt die Grundform der Moderation dar, wird heute jedoch ergänzt dadurch, dass es in bestimmten Situationen auch zu inhaltsbezogenen Interventionen kommt, z.B., wenn Moderatoren um einen Input gebeten werden oder wenn Führungskräfte etwa im Rahmen eines kooperativen Führungsstils Teams moderieren (vgl. Sperling, Stapelfeld,Wassefeld 2007, S. 19, vgl. auch Grab, Rübbe 2013).
1.2 Beispiel
Eine Gruppe von Hochschulvertretern aus vier unterschiedlichen Ländern beabsichtigte, zusammen mit Vertretern von Erwachsenenbildungseinrichtungen dieser Länder ein Weiterbildungsprogramm für Studierende und Erwachsenenbildner zu entwickeln. Nur wenige Ausgangspunkte dieses Vorhabens standen fest: Es sollte letztlich ein Kurs entwickelt werden, der auf wissenschaftlichem Niveau im Bereich des Managements und der Methoden weiterbildet.
Die Veranstalter waren der Überzeugung, dass die Vertreter der unter-schiedlichen Länder und Einrichtungen zusammenarbeiten wollen würden. Andererseits wussten sie aber auch, dass die Hochschulsysteme und die Erwachsenenbildungssysteme dieser Länder sehr unterschiedlich sind. Sie wussten außerdem, dass es unter den Teilnehmern aus persönlichen Gründen, teilweise auch aus politischen Gründen Spannungen gibt. Sie befürchteten somit insgesamt, dass die Konferenz von 1 1/2 Tagen ergebnislos bleiben könnte. Daher beschlossen sie, erfahrene Moderatoren einzuladen, die die Sitzungen leiten sollten.
Die Moderatoren gingen von folgenden Grundüberlegungen aus: Die Zeit der Verhandlungen war sehr knapp, also müssten sehr schnell zielführende Verfahren angewendet werden. Sie wussten auch, dass die Teilnehmer ihre Eigenheiten betonen würden und voraussichtlich erhebliche Schwierigkeiten sähen, die gemeinsamen Ziele zu erreichen. Sie gingen ferner davon aus, dass die Teilnehmer recht diffuse Vorstellungen davon hätten, was sie denn in diesem Programm realisieren wollten. Auf der Basis dieser Grundannahmen entwickelten sie folgendes Konzept:
Als erstes wurden die Teilnehmer gebeten, in einem kurzen Statement darzustellen, was an ihrer Hochschule oder in ihrer Einrichtung der Sachstand ist und welche Probleme für sie besonders wichtig sind. Anschließend fand eine offene Diskussion statt und der Tag wurde mit einem gemeinsamen Abendessen abgeschlossen.
Am kommenden Tag wurde ein gemeinsamer Zeitplan und Sachplan (Was muss alles geregelt werden?) aufgestellt. Dabei wurden Kriterien wie Zugang, Ziele, Zielgruppen, Inhalte, didaktische Form, Dozentenstab, Zertifizierung etc. aufgestellt.
Die Teilnehmer wurden dann, eingeteilt in Ländergruppen, gebeten, auf Karteikarten zu den jeweiligen Kriterien die Dinge festzuhalten, die sie für wichtig halten bzw. die sie geregelt haben wollen.
Die Karteikarten wurden anschließend auf einer Matrix angebracht, die etwa folgende Form hatte:
Projekt: Management und Methoden der Erwachsenenbildung |
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Land A |
Land B |
Land C |
Land D |
Land E |
Zugang |
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Ziele |
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Zielgruppen |
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Inhalte |
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Didaktik |
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Dozenten |
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Zertifikat |
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Sonstiges |
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Nachdem alle Karteikarten durch die Teilnehmer angebracht worden waren, wurden diese um Erläuterungen und Fragen gebeten. Dabei wurde sichtbar, dass ca. 80 % aller länderspezifischen Karteikarten nahezu identisch waren, so dass der Eindruck der Verschiedenheit verschwand. Stattdessen entstand ein die Gruppe sehr motivierender Eindruck einer doch ziemlich großen Übereinstimmung in den wesentlichen Fragen.
Zur weiteren Klärung blieben dementsprechend lediglich 20 % der Aussagen übrig. Diese wurden Zeile für Zeile diskutiert. Die sich widersprechenden Karteikarten wurden aus der Matrix entfernt, wenn alle Teilnehmer einverstanden waren; neue Karteikarten wurden aufgenommen, wenn die Teilnehmer dies wollten. Sobald der Eindruck entstand, dass alles in einer Zeile geklärt worden war, wurde darüber eine Abstimmung durchgeführt und ein „Smiley“ machte sichtbar, dass dieses Merkmal für alle zufrieden stellend erledigt worden war. Inhaltlich hielten sich die Moderatoren vollkommen aus der Diskussion heraus. Sie sorgten aber dafür, dass der verabredete Zeitplan und Sachplan eingehalten wurden und dass erst dann ein „Smiley“ vergeben wurde, wenn alle Beteiligten damit ausdrücklich einverstanden waren.
Da der Zeitplan allen Teilnehmern bekannt war, waren sie bereit, die noch offenen Fragen zügig zu diskutieren und abzuschließen, so dass in recht kurzer Zeit und trotz großer Anforderungen an die Konzentration der Teilnehmer alle Zeilen bearbeitet werden konnten. Zum Schluss stellten die Teilnehmer zufrieden fest, dass es ihnen dank dieser Methode gelungen war, ein gemeinsames Produkt zu erstellen. Abschließend wurden noch Verabredungen zur Umsetzung dieses Produktes getroffen.
1.3 Die Moderationsmethode
1.3.1 Gründe für misslingende Kommunikation
Wer im Berufsleben steht, kennt das Gefühl, in Mitarbeiterbesprechungen durch Vorgesetzte vor vollendete Entscheidungen gesetzt zu werden und die Umsetzung dieser Entscheidungen verantworten zu müssen, ohne selbst dahinter zu stehen. Und wer kennt nicht Konferenzen, bei denen nur einer redet – nämlich der Vorgesetzte – und in denen man glaubt, völlig überflüssig zu sein, weil die eigene Meinung nicht gefragt ist? Wer kennt nicht die Teambesprechungen, bei denen die Teilnehmer ganz unterschiedlich vorbereitet sind und jeder sich nur dann meldet, wenn er unmittelbar selbst betroffen ist und man das Gefühl hat, dass das Ergebnis der Besprechung den Einzelnen ziemlich gleichgültig ist, es sei denn, es hat Folgen für die betroffene Person selbst? Und: Wer kennt nicht die Flur-Gespräche nach solchen Sitzungen, in denen das Sitzungsergebnis massiv kritisiert wird und Ideen zur Lösung gerade besprochener Probleme nur im inoffiziellen Zweier- oder Dreier-Schwatz genannt werden, weil man in der Sitzung selbst das Gefühl hatte, ohnehin mit seiner Meinung nicht durchzukommen? Auch aus dem Studium sind solche Situationen bekannt: Aus Besprechungen mit den Professoren oder aus Sitzungen mit anderen Studierenden, wenn es z.B. um Absprachen für Gruppenarbeiten geht.
Der übliche Kommunikationsstil in Gesprächen, Teambesprechungen oder Konferenzen verzichtet häufig darauf z.B.
die Sache, um die es geht, für alle deutlich zu machen,
die Erfahrungen, das Wissen und die Kompetenzen aller Beteiligten zu nutzen,
den Verlauf und die Ergebnisse nachvollziehbar zu machen,
herauszufinden, ob die Ergebnisse von den betroffenen Personen akzeptiert werden,
die Bedürfnisse und Ansichten der einzelnen Personen zur Kenntnis zu nehmen und zu berücksichtigen und
die Mitarbeiter als Teammitglieder so einzubeziehen, dass diese zusammen mit anderen „hinter der Sache“ stehen können und weiter an den behandelten Problemen arbeiten wollen.
Diese beispielhaft genannten negativen Effekte bzw. die verschenkte Effizienz in der Kommunikation zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern in Teams hängt meist nicht mit bösem Willen zusammen, sondern mit den Unzulänglichkeiten menschlicher Kommunikation. Methoden, die diese Erscheinungen vermeiden, sind häufig nicht bekannt oder werden nicht geübt. Was häufig hilft, ist jemand, der die Sache voranbringt und auch darauf achtet, was die einzelnen Teilnehmer wollen.
1.3.2 Leistungen von Moderation
Eine solche Methode, die einen positiven Umgang mit Gruppen erzeugen will, ist die Moderationsmethode. Mit ihrer Hilfe kann es u.a. gelingen,
Entscheidungen transparent zu machen,
die Gruppenmitglieder zur Kreativität in der Bearbeitung einer gemeinsamen Sache anzuregen,
das Wissen und die Kompetenzen der Einzelnen für das Gesamtergebnis zu nutzen,
Verabredungen über die Umsetzung von getroffenen Entscheidung zu treffen, die von allen akzeptiert und in der Folgezeit eingehalten werden sowie
eine größere Zufriedenheit und eine höhere Motivation bei Mitarbeitern und Teams zu erzeugen.
Allerdings: Die Moderationsmethode ist kein Allheil-Mittel (vgl. Neuland 2001, S. 2) für grundlegende Konflikte (z.B. „Mobbing“): Sie ist auch nicht geeignet, aus schlechten Arbeitsbedingungen (Bezahlung, Sicherheit der Arbeitsplätze) gute Arbeitsbedingungen zu machen. Sie stellt jedoch eine gute Möglichkeit dar, die Qualität der Arbeit und des Arbeitsprozesses positiv zu beeinflussen und einen bestimmten „Stil“ im Umgang mit Personen zu entwickeln. Moderation wird z.B. in Mitarbeiterbesprechungen, Teamsitzungen, Qualitätszirkeln etc. erfolgreich eingesetzt. Die Methode kommt dabei modernen Management-Ansätzen entgegen, die auf die Aktivierung der Stärken von Mitarbeitern setzen, die Mitarbeiter kompetent in Entscheidungsprozesse eines Betriebes einbeziehen wollen und die eine möglichst starke Identifizierung der Mitarbeiter mit „ihrem“ Unternehmen fördern wollen.
1.3.3 Attraktivität von Moderation
Die Gründe, warum diese Methode eine hohe Attraktivität besitzt, sind u.a.:
Die Moderationsmethode ermöglicht es relativ vielen Personen, an einem Entscheidungsprozess mitzuwirken: Dies entspricht der heutigen Auffassung, dass Personalentwicklung die Chance bieten soll, die eigenen Stärken und Fähigkeiten optimal in den Gesamtprozess einzubringen;
die Moderationsmethode versucht, den Sachertrag eines Arbeitsprozesses als Gruppenprodukt zu erleben: Dies entspricht der heutigen Forderung nach „flachen“ Hierarchien;
die Moderationsmethode versucht, die Sichtweise der einzelnen Personen mit denen der Gesamtgruppe zu verschränken: Dies entspricht der Erkenntnis, dass Individuen sich jeweils ihre eigene Wirklichkeit „bauen“, die gleiche Situation sehr unterschiedlich interpretieren und dass es daher darauf ankommt, eine möglichst klare Verständigung unter den beteiligten Personen zu erzielen;
die Moderationsmethode arbeitet mit wechselnden Verfahren, die nicht nur auf der gesprochenen Sprache beruhen, sondern auf aktiver Tätigkeit der Teilnehmer und vor allem darauf, dass möglichst viel vom Gesamtgeschehen visualisiert wird: Dies entspricht der Erfahrung, dass Menschen besonders viel lernen und verwenden, wenn sie es selbst tun und zwar unter Nutzung möglichst vieler Sinne. Die Visualisierung soll außerdem Missverständnissen vorbeugen sowie bisher Erreichtes sichtbar machen.
1.3.4 Eckpunkte für das Gelingen
Um eine Moderation so realisieren zu können, dass sie im Ergebnis produktiv und effektiv ist und zugleich die Beteiligten mit dem Arbeitsprozess zufrieden sind, bedarf es folgender Eckpunkte:
Der Moderator vertritt ein bestimmtes Grundverständnis von seiner Aufgabe,
die Moderation erfolgt nach vereinbarten Regeln in einer bestimmten Methodik,
es stehen bestimmte Materialien zur Verfügung, die angemessen eingesetzt werden,
der Moderator ist sich seiner Wirkung bewusst,
der Moderator ist Experte für die Methode, nicht für den Inhalt und
der Moderator dient der Gruppe, ihren eigenen Weg zu finden und ihre eigenen Ergebnisse zu erzielen
(vgl. Seifert 2003, S. 81).
Zusammengefasst: Mit Hilfe der Moderationsmethode können im beruflichen Alltag vor allem gruppen- und teambezogene Aufgaben bearbeitet werden. Dabei wird eine Methodik eingesetzt, die möglichst viele Sinne anspricht und die Kompetenzen der beteiligten Personen zur Geltung bringt. Die Moderationsmethode beruht auf Regeln, die allen Teilnehmern bekannt sein müssen und auf einer bestimmten Haltung des Moderators.
1.3.5 Beziehungen
In einer Moderation wird, wie in Abschnitt 3.1 gezeigt wurde, Kommunikation organisiert. Aber was fließt eigentlich in diese Kommunikation ein? H. Kirchner schildert ein Beispiel aus dem Gesundheitsbereich: „In einem Projekt zum Aufbau einer Qualitätszirkelorganisation sind die Mitarbeiter von verschiedenen Sozialstationen gefragt worden, ob sie sich als Moderatoren für eine Qualitätszirkelarbeit ausbilden lassen wollen. Da nicht genügend Mitarbeiter ihre freiwillige Bereitschaft zur Teilnahme an der Ausbildung angemeldet haben, sind einige Mitarbeiter zu dieser Fortbildung geschickt worden“ (Kirchner 1998, S. 114 ff). Dieses Beispiel verdeutlicht, dass Umweltfaktoren von Beginn an den Erfolg einer Moderation beeinflussen können:
Moderierte Situationen finden nicht im luftleeren Raum statt, sondern sind in der Regel eingebettet in eine Umwelt, die durch institutionelle Interessen oder möglicherweise auch durch Interessengegensätze gekennzeichnet ist.
Moderierte Situationen benötigen ein Thema, welches klar umrissen ist.
In moderierten Situationen bedarf es qualifizierter Moderatoren.
Moderierte Situationen finden in einer Gruppe statt, d.h.: Wenn diese noch nicht existiert, muss etwas dafür getan werden, dass sie sich bildet.
Für moderierte Situationen hat die Methodik einen hohen Wert.
Allgemein gefasst sind für eine Moderation folgende Faktoren von konstituierender Bedeutung:
Die Umwelt der konkreten Situation (z.B.: Welche aktuelle Problemsituation im Betrieb besteht derzeit?),
die Gruppe mit ihren einzelnen Mitgliedern (z.B.: Kommen Personen mit ähnlich gelagerten Interessen zusammen oder gerade solche, deren Ausgangspunkte stark voneinander abweichen?),
das Thema bzw. das Anliegen (z.B.: Ist das Thema, um welches es geht, für die beteiligten Personen von aktuellem Handlungsinteresse oder betrifft es sie weniger?),
der Moderator mit seiner Persönlichkeit (z.B.: Ist der Moderator als Person bekannt, kommt er aus dem eigenen Hause oder ist er extern „eingekauft“ worden) und
die in der Situation angewendeten Methoden (z.B.: Sind die Beteiligten kreative Gruppenarbeit gewohnt?).
Diese Faktoren sind nicht isoliert voneinander zu betrachten, sondern gehen explizit und in vielen Fällen implizit, also unausgesprochen, in die Situation ein. Dauscher fasst die Beziehungsstruktur zwischen Umwelt, Gruppe, Thema, Moderator und Methoden – hier gekürzt wiedergegeben – treffend zusammen:
Verhältnis von Gruppe und Thema:
Die Mitglieder der Gruppe besitzen fachliche Kenntnisse zum Thema.
Das Thema ist für die Gruppe bedeutsam.
Verhältnis von Gruppe und Methoden:
Die Gruppe akzeptiert die Moderationsmethode. Falls sie noch nicht bekannt ist, sind die Mitglieder bereit, sie auszuprobieren.
Die Methode ist nur geeignet, wenn die persönlichen und inhaltlichen Spannungen in der Gruppe nicht zu hoch sind.
Verhältnis von Gruppe und Moderator:
Die Gruppe akzeptiert den Moderator als Methoden- und Kommunikationsfachmann.
Der Moderator akzeptiert die Gruppe als fachkompetent.
Verhältnis von Moderator und Thema:
Der Moderator besitzt Grundwissen zum Thema.
Das Thema betrifft den Moderator nicht zu stark.
Verhältnis von Thema und Methoden:
Die Moderationsmethode ist nicht für jedes Thema sinnvoll anzuwenden. Geeignet ist sie insbesondere, um komplexe Probleme zu durchdringen. Bei einfachen Aufgaben sollte sie nur sparsam angewendet werden.
Verhältnis von Moderator und Methoden:
Der Moderator beherrscht die Methoden.
Die Methoden passen zur Persönlichkeit des Moderators (vgl. Dauscher 2006, S. 18 ff).
1.3.6 Die Rolle des Moderators
Aus dem bislang Gesagten folgt bereits, dass der Moderator eine hervorgehobene Rolle spielt, in der er methodisch führt und leitet, d.h. den Gruppenprozess steuert. Die Sache selbst ist Angelegenheit der Gruppe. Dies wirft die Frage nach dem Selbstverständnis eines Moderators auf: Wie sieht er sich? Was ist seine Rolle?
In einer mittlerweile veralteten Bedeutung heißt Moderation „Mäßigung“: Wenn von einer „moderaten“ Forderung die Rede ist, weist dies in der Umgangssprache auch heute noch darauf hin, dass sie wahrscheinlich auf einem realistischen Kompromiss beruht. In diesem Sinne ist der Moderator eine Figur, die eine „Mäßigung“ der Gruppe ermöglicht, zugleich aber auch Maßstäbe für die Gruppe setzt.
Der Gruppenprozess und das Gruppenprodukt sollen aber gerade nicht „mäßig“ sein: Vielmehr soll der Moderator durch die moderationsspezifische Art und Weise, Kommunikation zu organisieren, dazu beitragen, dass sich die Gruppe selbst ein neues Maß setzt. Er ist also nicht der „Chef“ der Gruppe. In seinem Grundverständnis ist er vielmehr eine Person, die sich der Gruppe zur Verfügung stellt: „Er versteht sich als Helfer, um nicht zu sagen Diener der Gruppe. Aus diesem Grundverständnis heraus sagt er nicht, was (aus seiner Sicht) richtig oder falsch, zu tun oder zu unterlassen ist, sondern hilft der Gruppe, eigenverantwortlich zu arbeiten, d.h. die Lösungen für ihre Fragen oder Probleme selbst zu finden und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen zur Problemlösung zu beschließen. Er weiß, dass er nicht alles (besser) weiß!“ (Seifert 2003 S. 82).
Der Moderator ist also in erster Linie „Helfer der Gruppe“: „Seine Hilfestellung bezieht sich auf das organisatorische Umfeld und den Kommunikationsprozess, d.h. auf die Meinungsbildung und die Dynamik der Gruppe“ (Dauscher 2006, S. 35). Um diese Hilfestellung geben zu können, muss er sich in der Sache selbst zurücknehmen können und die Kompetenzen der Gruppenmitglieder achten und anerkennen. Wichtig ist, dass Moderatoren bei aller Unterschiedlichkeit des individuellen Stils und der Eigenart der einzelnen Persönlichkeiten immer eine helfende Grundhaltung ausstrahlen, die von den Teilnehmern an seinem Verhalten abgelesen werden kann. Denn Moderatoren setzen ihrem Selbstverständnis nach auf die Selbstständigkeit der Gruppenmitglieder, unterstützen diese also verfahrensmäßig und prozessorientiert bei der Lösung ihrer Probleme, bieten aber selbst keine Lösungen in der Sache an. Ehe Moderatoren inhaltlich intervenieren, sollten sie überlegen „einmal nichts zu tun“ (Weisboard, Janoff 2011) – mit dieser Haltung, die eine konsequente und hohe Beobachtungsgabe voraussetzt, bringen sie die Gruppe häufig wesentlich weiter als wenn sie ihr einen vermeintlich guten Weg weisen.
Um die Kompetenzen aller Teilnehmer nutzen zu können, versuchen Moderatoren, die einzelnen Gruppenmitglieder in ihrer gesamten Persönlichkeit und nicht nur in ihren beruflichen Funktionen zu sehen. Dementsprechend versuchen sie, die Gefühlsebene nicht auszublenden, sondern Emotionen produktiv im Gruppenprozess zu verarbeiten. Grenzziehungen sind in dieser Hinsicht mitunter schwer: Es geht nicht darum, therapeutisch zu arbeiten, aber es ist wichtig, in bestimmten Situationen Stimmungen und Gefühle zu reflektieren. Konflikte („Störungen“) werden durch den Moderator transparent gemacht, wenn sie auftreten und den Gruppenprozess zu blockieren drohen.
Der Moderator sucht nach Möglichkeiten, den Gruppenprozess so anzuleiten, dass die einzelnen Gruppenmitglieder hinter den Ergebnissen stehen. Für die Produkte des Prozesses sind die Gruppenmitglieder verantwortlich, daher ist eine möglichst hohe Übereinstimmung in der Sache erforderlich. Der Moderator sorgt dafür, dass niemand in der Gruppe gegen seinen Willen von der Gruppe für ein Ergebnis vereinnahmt wird (vgl. Dauscher 2006, S. 35 ff; vgl. Freimuth 2010, S. 7 ff).
Moderatoren haben also die Aufgabe,
die Aktionsfähigkeit der Gruppe herzustellen,
den Handlungsrahmen der Gruppe abzustecken und deutlich zu machen,
Gestaltungswege der Problemlösung aufzuzeigen und zu ermöglichen,
die einzelnen Gruppenmitglieder herauszufordern und ihre Kompetenzen zur Geltung zu bringen,
die Gruppe zu ihrem Ergebnis zu führen und dafür zu sorgen, dass die Gruppenprodukte sichtbar und nachvollziehbar werden,
für die Transparenz der Lösungsschritte zu sorgen,
für die Gruppe den „roten Faden“ sichtbar zu machen und der Gruppe von Zeit zu Zeit die Reflexion darüber zu ermöglichen, wo sie steht und wohin sie gehen will,
Meinungsäußerungen zu fördern und nicht zu unterdrücken,
dafür zu sorgen, dass die vereinbarten Spielregeln eingehalten werden,
bei evtl. notwendigen Änderungswünschen (z.B. hinsichtlich der Zeiteinteilung) einen Gruppenkonsens herzustellen und nicht zuletzt:
über das eigene Tun und die eigene Wirkung im Gruppenprozess zu reflektieren.
Gerade die Selbstbeobachtung stellt hohe Anforderungen an den Moderator. Auch in Kenntnis der eigenen Stärken und Schwächen geht es hier insbesondere darum, die „blinden Flecken“ herauszufinden, die ggf. die Gruppe daran hindern können, weiterzukommen. Solche „blinden Flecken“ können z.B. entstehen, wenn ein Moderator bestimmte Signale aus der Gruppe nicht angemessen wahrnimmt. Als typischer Moderationsfehler erweist es sich, wenn er über Konflikte hinweggeht, die in der Gruppe schwelen; oder wenn er es versäumt, „Schweigern“, die es schwer haben, sich in Diskussionen zu Wort zu melden, ihre Meinungsäußerung zu ermöglichen. Selbstbeobachtung, aber auch die Schaffung von Feedback-Möglichkeiten helfen, diese „blinden Flecken“ zu identifizieren und Abhilfe zu schaffen.
Das Selbstverständnis eines Moderators hat Einfluss auf die Art, wie er seine Aufgaben wahrnimmt. Aus der Wahrnehmung seiner Aufgaben folgen Verhaltensregeln, die Dauscher kurz zusammenfasst. Demnach gilt für den Moderator:
Keine inhaltliche Einmischung,
fragen statt sagen,
keine Wertungen,
mit der Gruppe gehen,
„ich“ statt „man“,
Störungen haben Vorrang und
flexibel sein
(vgl. Dauscher 2006, S. 40 ff).
Was genau bedeuten diese Regeln? Vor allem muss der Gruppe klar sein, dass der Moderator kein Dozent ist, sondern ein Kommunikator. Die Rolle als Helfer bedeutet dabei, dass er durch fragen den Gruppenprozess fördert und darauf verzichtet, durch sagen seine eigene Meinung zu verkünden. Der Moderator bewertet nicht die Meinungen oder Gefühle der Gruppenmitglieder, sondern stellt sie zur Diskussion bzw. trägt dazu bei, sie transparent zu machen. Der Moderator begleitet die Gruppe auf ihrem Weg, lässt sich aber Verfahrensfragen, die im Rahmen der vereinbarten Regeln sind, nicht aus der Hand nehmen, auch wenn er die vereinbarten Verfahren nicht stur durchzieht, sondern flexibel auf das Gruppengeschehen eingeht. Er redet außerdem für sich in der „Ich-Form“, um die Verantwortung für das eigene Tun zu zeigen und sorgt dafür, dass Störungen vorrangig bearbeitet werden.
Vielfach wird der Moderator auch als Katalysator des Gruppenprozesses beschrieben. Laut Duden ist ein Katalysator ein „Stoff, der durch seine Anwesenheit chemische Reaktionen herbeiführt oder in ihrem Verlauf beeinflusst, selbst aber unverändert bleibt“ (Dudenredaktion 2005, S. 516). Dieses Bild legt die Assoziation nahe, dass die Person de s Moderators selb st von den zu behandelnden Problemen, aber auch von den Aktionen der Gruppe und ihrer einzelnen Mitglieder unberührt bleibt. Dies setzt voraus, dass er eine recht große Distanz zur Sache selbst und zu den Personen wahrt. Hier liegt ein Hauptproblem für die Moderatoren, welches an den Rollen des internen und des externen Moderators deutlich wird. Ein interner Moderator kommt aus dem „gleichen Haus“ wie die Teilnehmer, gehört der gleichen Abteilung an oder wird als Angehöriger anderer Abteilungen des Betriebes als Moderator eingesetzt. Ein externer Moderator wird per Vertrag und Honorar beauftragt, die Gruppe zu gewöhnlich exakt ausgehandelten Bedingungen zu leiten.
Verfolgt z.B. ein interner Moderator (z.B. als Vorgesetzter oder als Kollege) Eigeninteressen und bestimmte sachliche Zielsetzungen (oder wird ihm dies von der Gruppe unterstellt), so ist die Katalysatoren-Aufgabe nur eingeschränkt wahrnehmbar. . Auf den „Spagat“, den interne Moderatoren zwischen notwendiger Distanz mitunter ausführen und wie sie damit umgehen können, weisen Sperling u.a. hin (Sperling 2007, S. 20ff). Und auch wenn sich ein externer Moderator zu stark mit der Aktionsweise einzelner Gruppenmitglieder identifiziert und deren Beiträge besonders gut bewertet oder wenn er einzelne Mitglieder durch besondere Sympathie/Antipathie-Signale hervorhebt, so wird dadurch die Wirksamkeit der Katalysatoren-Funktion gemindert.