Oliver Buslau begann Ende der 90er-Jahre seine Autorenkarriere als Erfinder des Wuppertaler Privatdetektivs Remigius Rott, der seitdem in sieben Krimis seine Fälle löst – zuletzt in „Altenberger Requiem“ (2011). Darüber hinaus schrieb Oliver Buslau den Thriller „Die fünfte Passion“ um ein verschlüsseltes Geheimnis in einer Partitur von Johann Sebastian Bach. Eine Reihe weiterer Kriminalromane und der Fantasyroman „Der Vampir von Melaten“ spielen im Rheinland, sein historischer Preußen-Krimi „Schatten über Sanssouci“ im Potsdam und Berlin des 18 Jahrhunderts. Mit dem Rheintal-Krimi „Rheinsteigmord“ (2013) kehrte der Autor wieder in die Gegenwart und in seine Heimat zurück. Oliver Buslau wurde 1962 geboren, wuchs in Koblenz auf, und arbeitete während und nach dem Studium der Musikwissenschaft und Germanistik in Köln und Wien als Musikjournalist und PR-Texter – unter anderem bei der Schallplattenfirma EMI. Sein Interesse für die handwerklichen Seiten des Schreibens brachte ihn auf die Idee, die Zeitschrift „TextArt – Magazin für Kreatives Schreiben“ zu gründen, die seit dem Jahr 2000 erscheint und die er als Chefredakteur und Mitherausgeber leitet. Oliver Buslau ist als Bratschist und Pianist Mitglied der 2011 gegründeten Krimiautorenband „Hand‘s Up! & The Shooting Stars“.
www.oliverbuslau.de
www.remigiusrott.de

Oliver Buslau – Flammentod, Rott ermittelt

Reihe: Krimi Bergisches Land

ISBN 978-3-943886-51-1

E-Book: 2/2014

© Bergischer Verlag © by Oliver Buslau 2/2014

Bergischer Verlag

RS Gesellschaft für Informationstechnik mbH & Co. KG

Verleger Arndt Halbach, Martin Czialla

Konrad-Adenauer-Str. 6 / 42853 Remscheid

E-Mail: info@BergischerVerlag.de / www.BergischerVerlag.de

Titelfoto: Ioan Florin Cnejevici/Shutterstock.com

Gesamtherstellung: Bergischer Verlag

E-Book Erstellung: ncc-medien

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Lizenzbedingungen

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Für alle, die auf Rotts Rückkehr hofften.

Und ganz besonders für Claudia.

 

 

 

 

 

Dieses Buch ist ein Roman. Die auftretenden Personen sind frei erfunden. Sollte es Übereinstimmungen mit der Wirklichkeit geben, so sind sie rein zufällig. Die meisten Orte sind dagegen real.

Anmerkung des Autors zur Neuausgabe

Lieber Leserin, lieber Leser,

dieser Kriminalroman erschien erstmals im Jahre 2001, und er spiegelt diese Zeit wider. So bezahlte man zum Beispiel damals noch in D-Mark (ein Euro entsprach etwa zwei D-Mark, genauer gesagt 1,95583 DM), in den Videotheken wurden noch Kassetten verliehen, und die damaligen Handys waren wirklich nur Telefone. Sicher werden Sie noch andere Details finden, die daran erinnern, was sich in den letzten fast anderthalb Jahrzehnten verändert hat.

Ich wünsche unterhaltsame Lektüre!

O. B., im August 2013

 

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Wo die Mägdlein so wahr und so treu und so gut,

Ihr Auge so sonnig, so feurig ihr Blut,

Wo noch Liebe und Treue die Herzen verband:

Da ist meine Heimat, mein Bergisches Land!

(Aus dem »Bergischen Heimatlied« von Rudolf Hartkopf)

 

Oliver Buslau

 

Flammentod

 

 

Krimi Bergisches Land

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

Tick, tick, tick machte der Sekundenzeiger meiner Wanduhr und spazierte stetig in kleinen Schritten weiter. Ich behielt ihn genau im Auge, denn ich wollte den richtigen Moment nicht verpassen. Und von dem war ich nur noch eine Minute entfernt. Der schwarze lange Strich löste sich von der Zwölf und marschierte auf der rechten Seite des Zifferblattes abwärts.

Als er zwischen der 15 und der 20 war, schweifte mein Blick ab. Auf meinem Schreibtisch lagen bunte Prospekte einiger Autofirmen. Die Fotos zeigten glänzende bunte Karosserien, blitzende Felgen, Stoßstangen in edlem Chrom und wuchtige schwarze Reifen. Mir war klar, dass so ein Wagen ganz anders aussähe, wenn man damit an einem typischen Regentag durch Wuppertal gefahren war. Aber die Bilder gefielen mir trotzdem. Welche Nobelkarosse ich kaufen wollte, wusste ich noch nicht. Das würde ich entscheiden, wenn ich das Geld hatte. Viel Geld, von dem mich nur noch eine sehr kurze Zeitspanne trennte.

Der Sekundenzeiger hatte den tiefsten Punkt hinter sich, und es ging wieder bergauf. Tick, tick, tick – unaufhaltsam auf die nächste volle Minute zu. Das Starren auf die Uhr machte mich nervös. Ich lenkte mich ab, indem ich meine neue Stereoanlage betrachtete. Neben ihr befand sich der Fernseher mit extragroßer Bildröhre. Alles Dinge, die ich mir endlich hatte leisten können. Aber das war natürlich gar nichts gegen den fahrbaren Untersatz, in dem ich bald herumgondeln würde.

Es war jetzt genau 8 Uhr 59 und 42 Sekunden. Ich streckte die Hand aus, um zum Telefon zu greifen, ließ sie jedoch einige Zentimeter über dem Apparat schweben.

Die Nummer der Bank hatte ich den ganzen Morgen vor mich hingemurmelt und kannte sie auswendig. Zwei Sekunden vor neun beschloss ich, den Wählvorgang zu starten. Ich tippte gerade die zweite Zahl in das Handgerät des Mobilteils, da leuchtete das Display auf. Eine Nummer erschien, und das Telefon begann mit seiner jodelnden Melodie.

Ich nahm mir in Gedanken vor, den Klingelton des Geräts endlich zu ändern, und sah mir die Nummer genau an. Ich unterdrückte einen Fluch, tippte auf den Knopf mit dem Telefonhörer und meldete mich.

»Jutta, du hast mir gerade noch gefehlt. Ich muss gleich dringend mit der Bank telefonieren und brauche eine freie Leitung.«

»Na das ist ja eine Begrüßung! Wenn du schon eine ISDN-Anlage hast, mit der du deine Anrufer erkennst, dann solltest du auch deine Telefontermine geregelt kriegen.« Sie klang pikiert.

»Na ja – ist halt alles noch ein bisschen neu«, brummelte ich. »Ich musste meine immensen Gewinne ja investieren ...«

»Brav. Ich sehe, du lernst den Umgang mit Geld doch noch. Was hast du dir denn außer einem modernen Telefon noch gekauft?«

»Hm – einen Fernseher, ein nobles Messingschild unten am Eingang, einen Computer, eine Stereoanlage ... Jedenfalls stellt die Detektei Rott nun wirklich was dar.«

»So, so. Und wie viele Aufträge haben dir all diese Utensilien seit der Investition eingebracht?«

Sie traf meinen wunden Punkt. »Was soll das denn jetzt? Willst du meinen Aufstieg etwa wieder madigmachen?«

»Ist mir doch egal, wenn du dein Geld für Messingschilder verpulverst. Ich wollte dich eigentlich nur über etwas informieren.«

»Ist gut, aber mach schnell. Wie gesagt: Ich habe keine Zeit.«

»Warum? Offenbar hat lange kein Kunde mehr bei dir angerufen, warum sollte sich das so plötzlich ändern?«

Ich seufzte. »Es geht nicht um einen Kunden. Ich will um neun die Bank anrufen und meine Aktien flüssig machen.«

»Moment mal, was soll das denn heißen? Geht die Investiererei vielleicht noch weiter? Brauchst du wieder mal Geld?«

»Klar. Weitere Betriebsausgaben sind vonnöten. Erinnerst du dich noch an meinen letzten großen Fall – die ›Tote vom Johannisberg‹?« Das war natürlich eine rhetorische Frage, aber Jutta nahm sie wörtlich.

»Wie könnte ich den vergessen? Ich habe eine Nacht als Geisel in einem Bunker verbracht und hatte hinterher zwei Wochen lang eine Blasenentzündung.«

»Na siehst du. Und wie habe ich mich damals durch Wuppertal bewegt, um die Bösewichter zu verfolgen?«

»Zu Fuß, mit der Schwebebahn, mit meinem BMW, mit meiner KTM Enduro ... Mensch Remi, mach keine Sachen, du willst dir doch nicht am Ende ein Auto kaufen?«

»Genau das ist der Fall«, sagte ich und sah wieder auf die Uhr. »Vor einer Minute hat die Börse in Düsseldorf aufgemacht, und ich werde mir von den fünfzigtausend Mark, die von dem Fall mit der Toten noch übrig geblieben sind, einen Wagen zulegen. Einen BMW. Mindestens 7er Serie.«

Jutta klang komischerweise gar nicht begeistert. »Für fünfzigtausend?«

»Aus denen wahrscheinlich mittlerweile hundert- oder zweihunderttausend geworden sind.«

»Wie bitte?«

»Aktien. Neuer Markt. Bombensicher«

»Oh, oh«, machte Jutta und war plötzlich sehr schweigsam.

»Bist du noch dran?«

»Ja, ja – sag mal, wie heißen die Papiere, in die du fünfzigtausend investiert hast?«

Ich sah auf den geöffneten Aktenordner, der neben den Autoprospekten auf dem Schreibtisch lag. Links oben prangte die Depotnummer, etwas weiter unten stand in unpersönlicher Computerschrift der Name des Wertpapiers.

»Money-from-nowhere-com«, sagte ich, fuhr mit dem Zeige­finger in die rechte Spalte und packte in einem Satz alles zusammen, was ich jemals über Aktiengeschäfte gelernt hatte. »Sie haben vor einem halben Jahr 134,11 pro Stück gekostet. Ich bin der stolze Besitzer von – äh – genau einhundertvierundachtzig Stück. Da staunst du, was?«

»Da gibt‘s keinen Grund zum Staunen. Was sind die Dinger denn so wert?«

»Das wollte ich gerade durch einen Anruf bei der Bank herausfinden. Du bist mir ja dazwischengekommen.«

»Na, wenn das so ist. Viel Spaß mit deiner Geldvermehrungsmaschine. Aber du scheinst mir ein ziemliches Aktiengreenhorn zu sein.«

»Was soll das denn jetzt? Auf den Erfolg kommt es an, nicht auf die Erfahrung.«

»Ist ja OK – aber du kannst dich ganz leicht im Internet oder im Fernsehen über die Kurse informieren. Versuchs mal auf n-tv. Viel Erfolg. Und Tschüss.«

Es knackte unmissverständlich in der Leitung. Ich legte auf.

Meine Finger wollten wieder die Nummer der Bank eintippen, doch irgendetwas sagte mir, dass das vielleicht falsch war. Jutta hatte so einen komischen Klang in der Stimme gehabt.

Ich griff nach der Fernbedienung und suchte den Nachrichtensender. Während ich mich durch die zweihundert Kanäle arbeitete, fiel mir ein, dass Jutta gar nicht den Grund ihres Anrufs gesagt hatte. Egal – das würden wir nachholen. Die Geschäfte gingen vor.

Eine Blondine erschien auf dem Fernsehschirm. Sie las gerade Nachrichten vor, aber die interessierten mich nicht. Ich blickte nur auf das Band von Aktienwerten, das unter ihrem Oberkörper dahinwanderte. Es ging alphabetisch, wir waren erst bei BASF. Ich lehnte mich zufrieden in meinem Sessel zurück. Am liebsten hätte ich eine dicke Zigarre geraucht. Aber ich hatte nur meine Camel und steckte mir eine an. Das mit den Zigarren würde ja noch kommen.

Wer hätte vor einem guten Jahr gedacht, dass ich einmal Geld zum Anlegen haben würde? Damals war ich ein armer Schlucker gewesen, der sich für die Aufträge krumm machen musste und trotzdem von Erbsensuppe aus der Dose lebte. Der Fall der Toten aus der Stadthalle am Johannisberg hatte alles verändert. Am Ende der Geschichte waren mir auf juristisch nicht ganz geraden Wegen herrenlose Hunderttausend zugeflossen, von denen ich nach einem guten halben Jahr noch die Hälfte übrig hatte. Das andere hatte ich auf den Kopf gehauen, investiert, und dabei hatte ich kaum gearbeitet. Zwischendurch hatte mich eine mahnende Stimme in meinem Kopf daran erinnert, dass das Geld ja irgendwann zu Ende sein würde – und ich wieder als Erbsensuppenesser mein Dasein fristen müsste. Ich hatte die Stimme mit den todsicheren Aktienkäufen zu Schweigen gebracht. Money-from-nowhere war ein Internet-Dienstleistungsunternehmen, auf das mich mein alter Kumpel Manni gebracht hatte – Computerexperte und, wie ich mir sicher war, absoluter Insider.

Das Aktienband wanderte weiter, und ich rechnete im Kopf ein bisschen herum. Für gut 134 hatte ich die Aktien gekauft. Wenn sie jetzt zum Beispiel 270 kosteten, war das eine Wertsteigerung von gut einhundert Prozent. Da konnte man sie ganz gut verkaufen. Auch wenn sie nur bei 200 standen, würde ich sie losschlagen. Man sollte ja nicht kleinlich sein, wenn es um das große Geld ging. Auch schon bei 180? Nein, auf keinen Fall. Eine Zwei musste schon vorne stehen. Bei 180 würde ich nur die Hälfte flüssig machen und mir erst einmal einen Gebrauchten zulegen. Den konnte man dann schließlich als Betriebsvermögen in die Firma einbringen.

Auf dem Bildschirm wanderte das Band weiter und kam schließlich bei M an: MAN, Mannesmann. Alles hatte ein bisschen plus gemacht, drei, vier Prozent. Da konnte ich nur müde lächeln. Endlich war die Firma an der Reihe, in die ich investiert hatte.

Da tauchte die Zahl hinter dem Namen auf, und gleich daneben eine Prozentangabe. Ich sah eine Acht und wollte schon jubeln, da fiel mir auf, dass es keine zweite und keine dritte Stelle gab. Nur eine Acht – und die auch noch hinter dem Komma. Und vor dem Komma ein kreisrundes Zeichen, das wie ein Ei aussah! Ein Ei, das aufrecht stand..

Anders gesagt: Die Dinger waren Nullkommaacht wert.

Bevor die katastrophale Meldung unter dem Kinn der Sprecherin vorbeiwanderte, nahm ich noch die Abstiegsquote in Prozentangaben wahr: minus 99 %. Seit gestern.

Wie versteinert sah ich der Blondine weiter beim Verlesen der Nachrichten und den Kursen beim Vorbeiwandern zu. Ich glotzte auf das Laufband, bis meine Money-Aktie nach dem ganzen Alphabet wieder erschien. Die Zahlen hatten sich bis dahin nicht verändert.

Erst nach und nach formte sich ein Gedanke in meinem Kopf. Es war nur ein Wort. Und es hieß: ruiniert.

Instinktiv fasste ich nach meiner Geldbörse und untersuchte meine Barschaft. Ein Fünfziger und etwas Kleingeld – insgesamt knapp sechzig Mark.

Ziemlich schlapp für einen angehenden BMW-Fahrer.

*

»Soso, ich soll dir also helfen, die Karre wieder aus dem Dreck zu ziehen. Das hätte ich mir ja denken können.« Jutta machte eine Kopfbewegung, um ihre schulterlangen, grasgrün gefärbten Haare aus den Augen zu schleudern. Dann bückte sie sich und wühlte weiter in ihrem Kleiderschrank herum.

Das Möbel war mindestens vier Meter breit, aber es stand nur eine der sechs Türen offen. Rechts neben sich hatte Jutta einen aufgeklappten schwarzen Koffer stehen – ein Riesenmaul, in das sie unablässig Kleidungsstücke warf und das nicht satt zu werden schien.

Wir befanden uns in Juttas Schlafzimmer, dem Allerheilig­sten ihrer noblen Riesenwohnung auf dem Wuppertaler Brill. Wie so oft hatte ich den steilen Berg zu Fuß erklommen und war nass geschwitzt hier heraufgelangt.

»Es ist doch nur, bis die Aktien wieder steigen«, sagte ich lahm. »Du bekommst das Geld ganz sicher zurück.« Ich suchte in meinen Taschen nach Zigaretten, steckte mir eine in den Mund und tastete nach dem Feuerzeug.

»Du willst doch wohl nicht in meinem Schlafzimmer rauchen?« Jutta musste mich aus den Augenwinkeln beobachtet haben, denn sie machte unbeirrt mit dem Kofferpacken weiter. Ich ließ die Zigarette kalt.

»Wenn ich solche Sprüche glauben würde«, sagte Jutta, »wäre ich arm wie eine Kirchenmaus.«

»Jetzt hör auf. Als ob ich nicht wüsste, dass du so gut wie nie Geld verleihst.«

»Was willst du dann eigentlich, wenn du weißt, dass es keinen Zweck hat? Verdien deine Mäuse selbst – wie jeder normale Mensch.

Bei all meinem Ärger musste ich grinsen. Jutta hatte ihr Geld nämlich nicht verdient – zumindest nicht durch Arbeit. Jutta hatte einfach das Glück gehabt, Herrn Doktor Heinz Bayersdorf zu heiraten. Er war ein hohes Tier der Wuppertaler Stadtverwaltung gewesen. 1981 standen er und Jutta vor dem Traualtar – Jutta noch keine dreißig, der glückliche Ehemann 62 Jahre alt. Einen guten Monat später segnete der Doktor das Zeitliche. Es gab keine anderen Verwandten und erst recht keine Erben. Jutta, kurz zuvor noch einfache Sekretärin in verschiedenen Firmen und dort der Schrecken ihrer Vorgesetzten, war plötzlich eine vermögende Witwe. Neben den etwa 8000 Mark Pension und Renten ihres verstorbenen Mannes kassierte sie Mieteinnahmen von drei Top-Wohnungen und diverse Einkünfte aus Geldanlagen. In einer stillen Stunde hatte sie mir einmal gestanden, dass sie über ein Nettoeinkommen von 30 Mille im Monat verfügte.

Ich versuchte, diese Gedanken aus dem Kopf zu verdrängen und mich auf mein eigentliches Problem zu ­konzentrieren. Erst mal schön Wetter machen, sagte ich mir.

»Mal was anderes«, sagte ich. »Was machst du da eigentlich?«

Jutta hatte gerade einen Berg von Buntem, Seidigen in dem Koffermaul verfrachtet und drehte mir ihr sommersprossiges Gesicht zu – zum ersten Mal, seit sie mir die Tür geöffnet hatte.

»Ich gönne mir Urlaub«, sagte sie in einem Ton, als müsse sie einen Ehemann von der Notwendigkeit des Schminkens überzeugen. »Das war auch der Grund, warum ich vorhin bei dir angerufen habe. Geh mal weg, ich muss den Koffer beiseite stellen.«

»Lass mich das machen«, sagte ich und schleppte das Ungetüm durch das riesige Zimmer, das als Schlafsaal für ein ganzes Mädchenpensionat hätte durchgehen können. Der weiße tiefe Teppichboden dämpfte meine Schritte, sodass mein Geschnaufe deutlich zu hören war.

»Ganz schön schwer, was? Vielleicht kannst du mir das Zeug gleich auch noch runtertragen, das wäre nett.«

»Wo willst du überhaupt hin?,« fragte ich.

»Jamaika. Montego Bay. Der Flieger geht in dreieinhalb Stunden ab Düsseldorf. Stellst du mir mal eben den anderen Koffer hier hin?«

Ich ging um das Bett herum und holte ihn – genauso riesig wie der erste, aber zum Glück noch leer und damit leicht. Ich beschloss, wieder zum Thema zu kommen.

»Schau mal, ohne Auto kann ich nicht arbeiten, und ich wollte doch, dass meine Detektei jetzt mal so richtig nach vorne kommt ...«

Es klang natürlich lahm. Und es war zwecklos Jutta hatte mir noch nie Geld gegeben, warum sollte sie es jetzt tun? Ihre Hilfe bestand immer nur darin, in den unmöglichsten Momenten in meine Ermittlungen zu platzen und sich einzumischen. Als Hobby-Detektiv-Assistentin sozusagen.

»Wer mit seinem Reichtum nicht umgehen kann, ist selbst schuld. Ich an deiner Stelle hätte mich auf diese Neue-Markt-Aktien nicht eingelassen. Hättest du mal mich gefragt. Wer hat dir eigentlich den Tipp gegeben?«

»Manni«, sagte ich kleinlaut, denn ich wusste, was nun folgen würde. Jutta brach in Gelächter aus.

»Manni? Dieser Loser? Wie kommst du dazu, auf so einen zu hören?«

Ich druckste herum und suchte nach den Vokabeln, mit denen Manni mir einige Monate zuvor das Geschäft schmackhaft gemacht hatte.

»Na ja. Ich hatte das Geld zuerst auf dem Sparbuch. Dann auf einem Festgeldkonto. Da gab‘s aber nur drei Prozent. Und diese Moneyfromnowheresache war eine Neuemission, du weißt schon. Die Aktien kamen gerade heraus. Und bei Neu­emissionen steigen sie doch normalerweise gleich am Anfang, weil ja alle Aktien kaufen wollen. Die sind dann überzeichnet, und Manni sagte, ich sollte mir das nicht entgehen lassen.«

»Du spinnst.« Jutta machte weiter mit der Kofferfütterung. Diesmal war Unterwäsche dran. Stapel von kleinen gefalteten Höschen in weiß, schwarz, rot und grün verschwanden. Die Männer in Jamaica würden etwas geboten bekommen.

»Keiner kann wissen, wie sich Aktien entwickeln. Auch am Anfang nicht. Das sollte einem normalen Menschen eigentlich klar sein. Jetzt bleibt dir nur noch, den Rat von André Kostolany zu beherzigen.«

»Wer ist das denn?«

Jutta hielt wieder inne und sah mich spöttisch an. »Du willst mit Aktien das große Geld machen und kennst noch nicht mal die berühmtesten Börsengurus?«

Ich hatte das Spiel satt. Jutta behandelte mich wie einen kleinen Jungen. Warum ließ ich mir das eigentlich bieten? »Nein, kenne ich nicht«, sagte ich, »und es ist mir auch auch egal, was der gesagt hat.«

Jutta erzählte es mir trotzdem, während sie weiter packte. »Wenn die Aktien sinken, muss man Schlaftabletten nehmen.«

»Wie bitte? Soll man sich vielleicht umbringen?«

»Nein, man soll aber erst wieder aufwachen, wenn sie gestiegen sind, und sie dann verkaufen. Die Schlaftabletten helfen, dass man sich nicht verrückt macht.«

»Toller Witz«, sagte ich. »Dieser Kostodingsbums ist sicher stinkreich, und dem ist es völlig egal, was mit fünfzigtausend passiert, die er falsch angelegt hat.«

»Das ist eben dein Problem, Remi. Denk immer dran: Wer den Tausi nicht ehrt, ist der Million nicht wert. Aber im Ernst: Eigentlich bist du doch auf die 50 Mille überhaupt nicht angewiesen. Hättest du mal ein bisschen die Werbetrommel gerührt, hättest du an den Erfolg mit der Toten vom Johannisberg gut anknüpfen können.«

Ich kratzte mich am Kopf. »Ich hab‘s ja versucht. Ich habe Anzeigen in den Gelben Seiten geschaltet. Aber ich kann ja schlecht ins Telefonbuch unter meine Nummer schreiben lassen: ›Der Detektiv, der den aufsehenerregendsten Kriminalfall in der Wuppertaler Geschichte gelöst hat – kommen auch Sie!‹. Vielleicht denken die Leute nach dieser Sache auch, ich sei zu teuer.«

»Vielleicht hast du bei dem Fall die Wuppertaler Unterwelt komplett beseitigt. Schließlich war Wuppertal vorher die sicherste Stadt Deutschlands, und jetzt ist sie es eben wieder.«

Ein elektronisches Geräusch unterbrach unsere Ausführungen. Es war mein Handy – ebenfalls eine neue Investition, die sich allerdings noch nicht so ganz gelohnt hatte, denn mich hatte bisher kaum jemand angerufen. Dabei hatte ich die Nummer nicht nur auf der Ansage des Anrufbeantworters, sondern sie stand sogar auf dem neuen Messingschild am Eingang des Hauses, in dem sich meine Detektei befand.

»Rott«, meldete ich mich und versuchte geschäftsmäßig, beschäftigt, aufmerksam und empfindlich gestört zugleich zu klingen.

Es war eine Männerstimme. »Bin ich mit der Detektei Rott verbunden?«

»Ja, Rott am Apparat, was kann ich für Sie tun?« Ich wandte mich dem Fenster zu, das einen Panoramablick über Wuppertal bot. Die Stadt, ein Sammelsurium von Betonklötzen und dunklen Dächern, lag im Tal und schien unter dem leider viel zu grauen Aprilhimmel dumpf dahinzudämmern.

»Hier Rechtsanwalt Vogt aus Bensberg. Entschuldigen Sie die Störung, Herr Rott, aber ich habe in Ihrem Büro niemanden erreicht.«

Unwillkürlich sah ich auf die Uhr. »Ja, es ist bereits nach fünf. Da ist jetzt niemand mehr.« Als ob in meiner Detektei jemals jemand gewesen wäre, wenn ich nicht da war.

»Wie dem auch sei«, sagte Vogt, »könnten Sie morgen Vormittag nach Bensberg kommen?«

»Um welche Art Auftrag handelt es sich denn?«, fragte ich etwas zu schnell.

»Das würde ich gerne mit Ihnen persönlich besprechen. Wäre das möglich? Vielleicht schon morgen Vormittag?«

Ich tat, als würde ich nachdenken. »Wäre elf Uhr recht?«

»Sehr gut. Bitte notieren Sie sich die Adresse.« Ich nahm meine Zigarettenschachtel, holte einen Stift hervor und kri­t­zelte zwischen die Beine des Dromedars, was mir der Mann diktierte. »Ich danke Ihnen sehr, Herr Rott. Bis morgen.« Wir verabschiedeten uns, und er legte auf.

Jutta hatte mir beim Schreiben zugesehen. »Hm – Bensberg, Schlossstraße. Keine schlechte Anschrift. Siehst du, es geht doch aufwärts. Auch wenn du dafür ausgerechnet in dieses Kaff musst.« Sie lächelte mich an, und ich hatte wieder mal das Gefühl, als sei sie zehn Jahre jünger als ich und nicht umgekehrt. »Immer, wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her. Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott. Hätte ich dir jetzt Geld gegeben ...«

» ...hätte dieser Vogt aus Bensberg auch angerufen«, beendete ich die Litanei und steckte meinen Stift wieder ein. »Spar dir deine Sprüche. Was meintest du eigentlich eben mit Kaff?«

»Na ja – Bergisch Gladbach ist nicht gerade der Bringer. Wahrscheinlich fällst du da ins Koma vor Langeweile. Da passiert doch nichts. Pure Kölner Schlafstadt. Du bist nicht zu beneiden.«

»Wie dem auch sei – ich muss zusehen, dass ich an ein Auto komme. Apropos – kannst du mir deins leihen? Ach – lass mich raten, ich glaube, ich weiß schon die Antwort.«

Jutta nickte. »Richtig – sie heißt nein. Und zwar deswegen, weil ich keins mehr habe. Ich fahre jetzt nur noch mit der Enduro durch die Gegend. Der Sommer kommt – wer braucht da ein Auto? Willst du vielleicht mit dem Motorrad fahren?«

Ich malte mir aus, wie ich bei meinem potenziellen Auftraggeber mit einer Geländemaschine vorfuhr und verwarf den Gedanken gleich wieder.

»Nein.«

»Dann musst du dir jemand anderen suchen, der dir ein Auto leiht. Apropos helfen.«

»Was kommt jetzt?«

»Als perfekter Kavalier könntest du mir die Koffer runterbringen.«

Ich tat ihr den Gefallen und schleppte die beiden Riesenkisten bis an den Eingang. Gleichzeitig dachte ich über das Autoproblem nach.

Wahrscheinlich hatte die körperliche Betätigung mein Gehirn angekurbelt, denn plötzlich hatte ich eine Idee.

»Schönen Urlaub«, sagte ich und verließ die Wohnung.

»Manfred Hecking Computer Support« stand großkotzig auf dem rostigen Schild an seiner Klingel. Ich drückte dreimal kurz hintereinander auf den Knopf. Es dauerte ziemlich lange, bis der Türöffner summte.

»Ich dachte schon Gott weiß wer das ist«, sagte Manni. Er war unrasiert, trug einen Bademantel und hatte völlig verwuschelte Haare. Ein miefiger Geruch ging von ihm aus. Ich hatte ihn offensichtlich aus dem Vormittagsschlaf gerissen. Er wirkte gereizt.

»Was willst du hier? Lass mich in Ruhe.«

»Aufstehen, die Geschäfte rufen. Nur der frühe Vogel fängt den Wurm. Seit du nicht mehr fest angestellt bist, verkommst du total.«

»Lass den Blödsinn. Ich habe zu tun«, sagte er und wollte die Tür seiner Wohnung zudrücken. Schon auf dem Flur merkte man, dass da drin unbedingt mal gelüftet werden musste. Es stank nach altem Rauch und nach Bier. Offenbar hatte Manni am Abend zuvor mal wieder eine seiner Video-Orgien veranstaltet. Dafür lud er irgendwelche Freunde ein, und sie glotzten zwei oder drei Streifen hintereinander – vorzugsweise solche, die aus der Erwachsenenabteilung kamen. Er hatte mich auch mal dazu eingeladen, aber ich hatte dankend abgelehnt.

Ich war schneller als er und flutschte in seine Privatgemächer.

»Na gut, dann geh rüber ins Wohnzimmer«, sagte Manni. »Ich zieh mir nur was an. Oder kann ich jetzt gleich was tun, damit du wieder abhaust?«

»Kannst du. Gib mir deinen Wagenschlüssel und die Papiere. Ich brauche dringend einen Wagen, sonst geht mir ein wichtiger Fall durch die Lappen.«

Manni grinste und tippte sich an die Stirn. »Sonst noch was? Du hast sie ja nicht alle.« Damit verschwand er im Bad.

Manni war mein Berater Computerangelegenheiten. Wenn ich, ein absoluter EDV-Idiot, im Laufe meiner Ermittlungen mal eine Diskette öffnen oder eine Datenbank anzapfen musste, fragte ich ihn. Ich war noch nie bei Manni zu Hause gewesen. Normalerweise hatte ich ihn in der Firma besucht, wo er bis vor kurzem noch angestellt gewesen war. Oder er war in mein Büro gekommen.

Das sogenannte Wohnzimmer war offenbar der größte Raum in Mannis Behausung. Auf der einen Seite standen zwei ­Böcke mit einer Tischplatte darauf, die sich vor Computerteilen bog. Ich sah aufeinandergestapelte ­Tastaturen, auseinandergeschraubte Gehäuse mit grünlichen Steckkarten, Kabel hingen herum, aus einem Drucker kam Endlospapier, das sich auf dem Boden sammelte, wo die Unordnung weitergewuchert war und langsam in einen dreckigen schwarzen Berg überging, der einmal ein ockerfarbenes Sofa gewesen war. Der Cordbezug wies dunkle Flecken auf, die Sitzpolster waren fadenscheinig.

Keinen Meter davor prangte ein Fernseher, aus dem ebenfalls Kabel hingen. Sie führten zu einem Videorekorder, der neben der Glotzkiste auf dem Boden stand. Ich drückte auf die Taste, die den Kassettenauswurf in Gang setzte, und zog eine Kassette heraus. »Lolitas 2000« prangte in orangefarbener Leuchtschrift darauf. Direkt darüber klebte ein Zettel der Videothek, auf dem darauf hingewiesen wurde, dass man vor dem Zurückgeben die Filme zurückspulen soll. Die waren ziemlich genau mit ihrer Verleihware.

Auf dem Fernsehgerät stapelten sich noch mehr Videos. Ich nahm ein paar und holte mit der rechten Hand mein Feuerzeug hervor. Dann blickte ich kurz aus dem Fenster. Unten auf der Straße stand Mannis Golf. Ein mindestens 15 Jahre alter Diesel. Der knallrote Lack war von Rostflecken übersät. Aber immerhin ein Auto.

»Dir scheint‘s ja geschäftlich ziemlich gut zu gehen, wenn du dir Videos ausleihen kannst«, rief ich.

»Machst du Witze?«, fragte Manni, der gerade vom Schlafzimmer nebenan kam. Der Geschäftsführer von Hecking Computer Support stopfte sich ein T-Shirt in die Hose und fragte: »Hast du irgendwo meine Socken gesehen? Und was die Videos betrifft – die Kumpels beteiligen sich ja. Ich bring sie gleich wieder zurück.«

»Oder auch nicht«, sagte ich, entflammte das Feuerzeug und hielt es ganz in die Nähe der Plastikkassetten. Meine Hand zitterte.

»Hey, was soll das«, rief Manni, »Wenn die kaputt gehen, muss ich sie bezahlen.«

»Eben«, sagte ich.

»Spinnst du?«, sagte Manni und blieb stocksteif stehen. »Hast du ‚n Knall oder was?«

»Mitnichten.« Meine Stimme war ganz ruhig. »Also pass auf. Entweder du hast gleich einen Mordsärger in der Videothek, oder du machst den Schaden gut, den du verursacht hast.«

»Du meinst wohl den Schaden in deinem Kopf. Gib die Bänder her, sonst ...«

Er machte einen Schritt nach vorne, doch sofort war die Feuerzeugflamme wieder da. »Bleib stehen, Manni. Ich meine es ernst. Hör mir genau zu.«

»Ok, sag mir, was du zu sagen hast. Geisteskranke soll man bekanntlich lassen.« Er ließ sich in das Sofa fallen und senkte beschwichtigend die Hände.

»Schon besser«, sagte ich. »Da du ja noch so verpennt bist, hast du die Börsenkurse der von dir so hoch gelobten Aktien sicher noch nicht verfolgt. Deine Scheißpapiere, die du mir so wärmstens empfohlen hast, sind um 99 Prozent gesunken. Seit gestern.«

»Mann, das ist doch völlig normal. Die kommen wieder. Aktionäre müssen in langen Zeiträumen rechnen, das weißt du doch. Wenn ich gewusst hätte, dass du dich aufführst, wie ein kleines Mädchen ...«

»Erzähl keinen Scheiß, Manni. Du hast die Aktien in den Himmel gelobt. Du hast gesagt, ich könnte mit meinen 50 Mille glatt das Doppelte machen. Und das sofort. Jetzt kann ich von dem, was mal fünfzigtausend Mark waren, nicht mal mehr meine Miete bezahlen. Und bald ist wieder der Erste.«

»Na und, es dauert eben noch ‚ne Weile, kapierst du das denn nicht?«

»Nein, das kapiere ich nicht.«

»Schau mal, ich hab ja selbst Gewinne mit Papieren vom Neuen Markt gemacht. Alles, was du hier siehst, habe ich davon bezahlt.«

»Du meinst, diese Bruchbude hier?«

»Dir mag es wie eine Bruchbude vorkommen. Aber immerhin bin ich meine Schulden los und hab in den letzten drei Monaten fast zehntausend Mark Umsatz gemacht. Und das ist erst der Anfang. Die Kunden kommen ja nicht hierher. Ich nehme bei denen vor Ort die Bestellungen für die Rechner auf, besorge die Dinger und installiere sie. Das ist ein Geschäft mit Zukunft. Was deine Ermittlungen ja nicht gerade zu sein scheinen.«

Ich setzte mich neben Manni. Am liebsten hätte ich losgeheult. »Du hast gesagt, die Sache wäre bombensicher. Ich müsste mich um die Papiere nicht kümmern, hast du gesagt. Statt dessen sind sie seit der Neuemission Stück für Stück gesunken. Ich habe bei der Bank angerufen und mich erkundigt. Ich bin pleite Manni.«

»Was willst du denn? Soll ich dir vielleicht dein Geld zurückgeben? Das kann ich nicht.«

Ich schüttelte den Kopf. »Kein Geld. Aber wie ich schon sagte: deinen Golf.«

»Mach alles flüssig, was du hast. Und kauf dir einen Gebrauchten.«

»Hast du es immer noch nicht geschnallt? Ich habe absolut nichts mehr. Her mit dem Schlüssel und den Papieren. Ich hab nicht so viel Zeit.«

Ich schnickte das Feuerzeug wieder an hielt die Flamme gegen die eine Ecke der Videokassette.

»Ist ja gut, verdammt noch mal. Hör auf damit. Meinst du, du kannst mich damit beeindrucken? Ist ja schon gut.« Manni sprang auf, ging zur Garderobe, nahm eine Jacke vom Haken und suchte in den Taschen.

»Wie lange brauchst du das Auto?«

»Keine Ahnung. Bis ich einen Fall gelöst habe. Einen Tag, zwei, wer weiß das schon?«

Er dachte nach. »Bis Anfang Mai habe ich eh nicht so viel zu tun. Gute Gelegenheit, den Laden mal dicht zu machen. Wenn du ein bisschen was springen lässt ...«

»Wovon denn, Mensch?«

»Nun mach mal halblang, du wirst doch Honorar kriegen, oder?« Manni warf warf den Autoschlüssel mit den Papieren neben mich auf die Couch. Ich nahm die Sachen, steckte sie ein und drückte mich an ihm vorbei zur Tür. Als ich dort angekommen war, drehte ich mich noch mal um.

»Danke«, sagte ich. »Du kriegst dein Auto wohlbehalten zurück. Und aufgetankt! Das ist doch was bei den heutigen Benzinpreisen!«