Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.dnb.de abrufbar.
Impressum:
© 2016 Jochen Bärtle, 1. Auflage (Februar 2016)
Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-7412-6021-6
GGG-SACHBÜCHER
Die unregelmäßig erscheinende Reihe der GGG-SACHBÜCHER ist eine Hobby-Produktion für Leser und Sammler. Sie entstand aufgrund der langjährigen Begeisterung des Autors für die auch heute noch verpönten „Groschenhefte“, die seit 2002 mit seiner Internetseite Grusel, Grüfte, Groschenhefte (http://www.groschenhefte.net) eine Plattform gefunden haben. Die „Bücher zur Internetseite“ sind als Sekundärliteratur zu den verschiedenen Themen rund um den deutschen Heftroman gedacht; mit dem Zweck, die wichtigsten Informationen und Hintergründe zu den Serien und Reihen der deutschen Nachkriegsheftromanlandschaft für Hobbyisten zusammen zu stellen und verfügbar zu halten; das Hauptaugenmerk liegt dabei auf den Erzeugnissen der Zeitschriftenverlage, die ihre Produkte über den Presse-Grosso vertrieben haben.
Bisher erschienen sind:
Grusel, Grüfte, Groschenhefte
Der deutsche Grusel-Heftroman von 1968 bis 2008 –
Eine Serienübersicht zum 40-jährigen Jubiläum
Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt 2008, ISBN 978-3-7412-6021-6, Paperback (14,8 x 21 [cm]) 408 Seiten, davon 12 Seiten Farbabbildungen
Geister, Gaslicht, Gänsehaut
Mysteriöse Romanzen, romantische Gothics –
Der Spannungsroman für Frauen (Version 2.0)
PDF-Edition (non-profit): Download über http://www.groschenhefte.net 190 Seiten (DIN A4), davon 4 Seiten Farbabbildungen Erstmals erschienen: 04.03.2013, aktuell: Version 2.0 (31.10.2015)
Preis: kostenlos!
Klassische Abenteurromane sind Jugendliteratur, oder?
Die Schatzinsel, Die drei Musketiere, 20.000 Meilen unter dem Meer: alle unbestreitbar Abenteuerromane, alle unbestreitbar Literatur-Klassiker und fast immer Romane, die man im Kinder- und Jugendzimmer suchen (und früher auch finden) würde.
Nur war dies sicherlich nicht die ursprüngliche Intention ihrer Autoren.
Anders aber bei Heftromanen. Egal wie die Marktorientierung der Heftserien tatsächlich geplant gewesen sein mag, wurde bei den Verlagen zumindest oft unterschwellig versucht, eben auch das jugendliche Publikum mitanzusprechen.
Vielleicht nicht immer ganz offen und vordergründig, aber nicht umsonst wandte sich die deutsche Öffentichkeit immer wieder gegen den „Schund und Schmutz“ und wollte – in bester Absicht – die Jugend hiervor schützen. Und schließlich floss viel Geld eben dieser Jugend in diesen Markt!1
Gerade der Abenteuer-Heftroman hat in dieser Hinsicht eine sehr deutliche Veränderung durchgemacht: von den nach dem Zweiten Weltkieg hauptsächlich für Kinder und Jugendliche produzierten Serien, hin zu einer deutlich erwachseneren Zielgruppe. Und das mit einer fast greifbaren Zäsur im Jahr 1960!
Sind Abenteuer-(Heft)Romane eben doch nicht „nur“ Jugendliteratur?
Oder liegt es eher am „Klassiker“-Begriff? Und auch der ist, bezogen auf den Abenteuer-Heftroman, ebenfalls einem allzu deutlichen Wandel unterzogen gewesen.
Denn Heftromane lassen sich zumeist erstaunlich leicht in die Abenteuerkategorie einreihen. Zumindest dem persönlichen Empfinden nach. Nur dieses hat sich vor allem in den letzen rund 20 Jahren bei den meisten Lesern verändert und deutliche Varianten herausgebildet, die heute als „typische“ Abenteurromane angesehen werden.
Allerdings sind echte Abenteuer-Heftromane in den letzten Jahrzehnten ohnehin eine Seltenheit geworden. Noch geringer wird ihre Zahl, wenn man mit dem „Klassiker“-Stempel arbeiten will. Und wenn dann darunter nur die „pith-helmet-adventurers“ und/oder „mystery-hunting adventures“ verstanden werden, ist die Zahl der hierzu passenden Serien an beiden Händen abzuzählen.
Aber müssen „klassische“ Abenteuergeschichten nicht absolut realitätsnah sein? Damit fiele dann auch noch das phantastische Element weg. Historische Abenteuerromane also? Nur: Die gibt es im Heftroman nicht! Historisierende allerdings eine ganze Menge.
Was sind überhaupt klassische Abenteuer-Themen? Sind diese für den Heftroman überhaupt „herkömmlich, in bestimmter Weise traditionell festgelegt und so als Maßstab geltend“? Oder ist hier nicht vielmehr wieder das persönliche Empfinden des Lesers gefragt?
Oder liegt dem nicht doch gerade eine gewisse Entwicklung der Wertschätzung ganzer Generationen für bestimmte Abenteuergeschichten zur Grunde?
Wohl schon. Und damit steigt die Zahl derjenigen Serien, die inhaltlich wie „formell“ echten Abenteuergeschichten entsprechen auf eine ganz und gar nicht mehr so kleine Zahl im Laufe der letzten 55 Jahre an.
Nicht wegzudiskutieren ist es aber, dass es seit 2010/2011 kein großer Zeitschriftenverlag mehr gewagt hat, eine Abenteuer-Heftromanserie auf den Markt zu bringen. Dabei waren gerade die Ansätze und Themen des Martin Kelter Verlages bei ROBERTA LEE, DAVID JOHNSON und DER ABENTEUER ROMAN gar nicht falsch. Dass sie sich nicht behaupten konnten, lag nicht an einer falschen Positionierung.
Auch dass Bastei mit 2012 – JAHR DER APOKALYPSE den noch anhaltenden Trend „moderner“ Abenteuerromane getroffen hat, steht außer Frage. Nur die Risikobereitschaft über eine Mini-Serie hinauszugehen, hat auch hier gefehlt.
Etlichen alten Serien wurde hingegen, auch noch aktuell, in Buchform oder digital zu einer kleinen Renaissance verholfen. Wenn für den Klassiker-Begriff grundlegend ist, dass [Heftromanserien] auch nach langer Zeit noch Wertschätzung erfahren und immer noch zu faszinieren wissen, dann hat sich mit den aktuellen Neuauflagen gezeigt, dass SUN KOH, ROLF TORRING’S ABENTEUER, JÖRN FARROW’S U-BOOT-ABENTEUER aber eben auch SEEWÖLFE zu echten Heftroman-Klassikern geworden sind.
Seit den 1950er Jahren wurde der Leser immer neuen Trends unterworfen. Die Lesererwartung an einen „typischen“ Abenteuerroman ist heute eine gänzlich andere. Exotische Schauplätze, abgebrühte Männer (und Frauen) im verschwitzten Tropenanzug, auf der Suche nach uralten Relikten, vergessenen Schätzen und Geheimnissen aller Art – das ist der auch von der Filmindustrie heute scheinbar standardisierte Abenteurer. Und dabei auch häufig das, was in DEM Abenteuer-(Heft)Roman gesucht wird. Und natürlich gibt es auch genau die Abenteuer-Heftromane, die eben dieses bieten. Aber eben nicht nur.
Zusätzlich zu dem Versuch, einen Blick auf die Entwicklung der Hefte und Serien, aber auch der Leser und ihrer Erwartungen zu werfen, bilden die Detailinformationen zu den einzelnen Serien das Kernstück dieses Sachbuchs.
Denn wenn Sie dieses Buch in Händen halten, sehr verehrter Leser, dann sind Sie wahrscheinlich – ebenso wie ich – ein N>1-Typ. Ein Sammler also, der dazu neigt, von Dingen fasziniert zu sein, von denen mehr als nur ein Exemplar erschienen ist.2
Und diese Definition gilt zumindest für den Autor auch hinsichtlich der Fülle von Informationen und Hintergründen rund um Heftromanserien. Und wenn man selbst diese Informationen nicht in ihrer ganzen Breite und Vielfalt verwerten oder darstellen kann, dann sollen wenigsten die weiterführenden Quellen bekannt gemacht werden. Insofern sind die Fußnoten und Quellenangaben in den Texten nicht nur Beleg von Informationen, sondern vielmehr Aufforderung an die Leser, dort tiefer in die Themen einzusteigen.
Jochen Bärtle
Schlat, im Januar 2016
1 Von rund 24 Millionen D-Mark wurde 1953 in DIE ZEIT berichtet; und das bei einem damaligen Bruttoinlandsprodukt von 143,8 Mrd. DM!
2 … eine zutreffende, freundschaftlich-boshafte Einschätzung meines Schwagers Holger. Vielen Dank für diese schöne Definition ;-)
Folgende Abkürzungen können im Text Verwendung gefunden haben:
AL | Auflage |
BPjS / BPjM | Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften / heute: […] Medien |
HC | Hardcover(-Buchausgabe) |
HC/SU | Hardcover(-Buchausgabe) mit Schutzumschlag |
LKS | Leserkontaktseite / Leserseite |
PB | Paperback |
Tb | Taschenbuch |
TH | Taschenheft |
AzRuS | Abenteuer zwischen Rio und Shanghai (Heftromanreihe) |
DA | Die Abenteurer (Heftromanserie) |
MX | Maddrax (Heftromanserie) |
Broschur/broschiert : ursprünglich nur provisorischem Einband für den so genannten Buchblock; heute: flexibler Kartonumschlag, der beim Binden um das Buch gelegt wird; kommt meist bei Taschenbüchern zum Einsatz; die Unterscheidung in ein- und mehrlagige bzw. Englische, Französische oder Schweizer Broschur ist für den Themenbereich dieses Buches nicht von Bedeutung
broschierte Bücher: eigentlich Zwischenform zwischen Hardcover und Taschenbüchern; da das Broschieren nach heutigem Verständnis auch bei den meisten Taschenbüchern zum Einsatz kommt, entfällt heute zumeist die Unterscheidung zwischen Taschenbüchern und broschierten Büchern
Buchblock: Gesamtheit der in Reihenfolge gebrachten Lagen des Buchtextes; mit Vorsatzblättern; damit der eigentliche Buchinhalt mit Text, jedoch ohne Umschlag/Buchdeckel
Hardcover: (steif) kartoniert gebundene Buchausgabe (stabiler Einband aus Pappe, teils stoffbezogen; nicht: Pappeinband als Fachbegriff der Buchbinderei); Überbegriff für Buchausgaben mit Schutzumschlag oder so genannte Kaufhausbücher, bei denen das Titelbild meist direkt auf den Pappeinband gedruckt wird (billigere Massenware)
Leinengebundene Bücher: heute meist nicht mehr gebräuchliche Form der Buchbindung; bezieht sich nicht auf den möglichen Gewebeüberzug der Buchdeckel (sog. Bezugsstoff) eines Hardcover-Buches; der Buchblock wird in ein zumeist am Buchrücken frei liegendes, flexibles Gewebe z. B. Leinenstreifen (sog. Einbanddecke) eingebracht; kein kartonierter Buchrücken; Verbindung des Buchblocks durch Verleimen mit Buchdeckeln oder Einbanddecke am Rücken, ggfs. auch beides; Buchdeckel zumeist direkt bedruckt und lackiert
Mini-Serie: auf nur wenige Romane angelegte Serie; oft auch als Sub-Serie einer Reihe; jedoch auch innerhalb einer Serie im engeren Sinne möglich
Paperback: Buchausgabe mit Buchdeckel aus dünnem Karton ohne Schutzumschlag; auch Softcover genannt; von der englischen Wortbedeutung her sind damit eigentlich alle (Taschen-)Bücher erfasst, die nicht Hardcover-Bände sind; üblicherweise werden heute im Heftromanbereich jedoch auch gerne etwas umfangreicher Heftromane bezeichnet, die nicht nur einen Papierumschlag haben, sondern broschiert sind; meist dann im Oktav- bzw. DIN A5-Format
Schutzumschlag: zusätzlicher, meist abnehmbarer Einband aus zumeist etwas stabilerem (Hochglanz-) Papier, auf dem das Titelbild und die Buchinformationen aufgedruckt sind
Serie: | Serie (im weiteren Sinne): Überbegriff für die Begriffe Serie und Reihe Serie (im engeren Sinn): Serie mit meist durchgängigem Handlungskonzept, bei zumeist gleich bleibenden Figuren/Personen |
Sub-Serie: Unter-Serie die innerhalb einer Reihe erscheint; meist in sich geschlossen, von den Einzelromanen der Reihe unabhängige Handlung, mit meist gleich bleibenden Figuren/Personen; selten auch innerhalb einer Serie im engeren Sinn möglich
Reihe: Serie aus abgeschlossenen Einzelromanen, meist ohne Zusammenhang; ergänzt von Sub- bzw. Mini-Serien, die innerhalb der Serie (im weiteren Sinne) bzw. Reihe laufen und in sich abgeschlossenen Handlungsstränge bzw. Personen/Figuren aufweisen bzw. aufweisen sollen
Softcover: Taschenbücher, Paperbacks, theoretisch sogar umfangreichere Heftromane; alle Buchformen, die keine Hardcovers sind, also stabilen Umschläge besitzen
Taschenheft: Mischung aus Taschenbuch und Heftroman; weist einen erweiterten Inhalt bei geringeren Maßen gegenüber dem Heftroman auf; das Taschenheft ist mit einem etwas dickeren Papiereinband broschiert, der jedoch dünner als beim Paperback ausfällt; Bindung erfolgt durch Verleimung, nicht mehr mit der Drahtheftung durch Klammern wie beim Heftroman; Größe DIN B6; gilt als Versuch der Modernisierung des Heftromanformats und damit als Versuch durch die Form und Aufmachung das Image des Heftromans zu verbessern; jedoch deutlich teurer als ein Heftroman.
n(+) Romane/Bände: | Serie läuft noch, weitere Romane sind zu erwarten |
(?): | Information nicht abschließend belegt/strittig |
???: | Maß/Anzahl/etc. nicht bekannt |
---: | nicht vorhanden/ohne Bedeutung |
Preis | steht für den damaligen Verkaufspreis |
Hinweise, Anregungen, Korrekturen und Wünsche für eine mögliche Neuauflage bitte an errata@groschenhefte.net senden. Veröffentlichung der Errata und Hinweise erfolgt auf http://www.errata.groschenhefte.net.
Verlorene Abenteuerromane … als Heft und beim Leser
Zeitenwechsel – Abenteuerromane von 1945 bis 1959
Historisierende Abenteurromane – Die Klassiker?
Katastrophen-Geschichten – Keine Abenteuerromane?
Trucker-Abenteuer – Ein völlig neues Genre!
Kriegsromane – Kein Abenteuer!
“Moderne” Abenteuerromane – zeitgenössisch und retro-realistisch
Heftromane sind ein Produkt ihrer Zeit.
So lapidar diese Aussage im ersten Moment auch klingen mag, umso mehr hat dies Auswirkungen auf die Erwartungshaltung ihrer Leser.
Und ganz speziell auf diejenigen Lesergenerationen, die die Serie erst spät oder sogar nur antiquarisch kennen gelernt haben!
Denn Abenteuergeschichten, oder genauer gesagt die Frage, was denn eine Abenteuergeschichte sei, werden von uns Lesern teils sehr unterschiedlich wahrgenommen.
Dies mag natürlich auch für einen Großteil jeglicher Literatur gelten, will man nicht direkt literaturwissenschaftliche Maßstäbe zur Kategorisierung anlegen. Aber nirgendwo scheint die Erwartung der Leser an „den“ Abenteurroman so klar festgelegt zu sein, wie dies seit etlichen Jahren beim Abenteuer(-Heft)Roman der Fall ist.
Abenteuer-Heftromane werden von den Autoren und Verlagen teils ganz bewusst von einigen literarischen Definitionen der Abenteuererzählungen entkoppelt. Schlichtweg, um den Hauptzweck von Heftromanserien erreichen zu können: deren wirtschaftlichen Erfolg!
So dienen Heftromane im Gegensatz zur ursprünglichen „schönen“ Abenteuerliteratur allein der Unterhaltung ihrer Leser, ohne vordergründig diesen belehren zu wollen, was aber einen grundsätzlichen Unterschied zur literaturwissenschaftlichen Bedeutung der Abenteuerliteratur darstellt!
Dass dies allerdings auch während beider Weltkriege mit teils propagandistisch oder ideologisch angepassten Inhalten vermischt wurde, ist eine Tendenz, die außerhalb jeglicher Unterhaltungsansprüche lief.
Ohne sich auf eine fast schon greifbar in der Luft liegende Diskussion zur Aussage „fast alles ist Abenteuerliteratur“ einlassen zu wollen, kann man doch feststellen, dass sich der „unmittelbar erkennbare“ Abenteuerroman in den vergangenen 50 Jahren im Medium Heftroman rar gemacht hat.
… und eine deutliche Veränderung bei Themen und Setting erfahren hat!
Dabei war der Abenteuerroman lange Zeit ein zentraler Bestandteil der deutschen Kolportage- und Heftromanwelt gewesen.
Seine noch in den 1930er Jahren große Bedeutung, ebbte schon in den 1950er Jahren stark ab. Trotzdem blieb er zu diesem Zeitpunkt noch neben Kriminal- und Westernromanen eine der Säulen der Heftroman- und Leihbuch-Programme. Nur war seine Säule schon nicht mehr so tragfähig.
Die Themen des Abenteuergenres waren schon immer einem zeitlichen (und gesellschaftlichen) Wandel unterworfen. Seit dem letzten Serienstart einer thematisch zeitgenössisch-modernen Serie mit den bis dahin für den Abenteuerroman üblichen, realistischen Plots (gemeint ist der (BASTEI) ABENTEUER-ROMAN, 19601964), gab es aber lange keine offensichtliche, zeitgenössische „Typik“ bei Themen und Serien des Abenteuer-Heftromans mehr.
Aussagen wie diese, dass Anfang des 20. Jahrhunderts Räuberhauptmänner oder in den 1950er Jahren Piratenromane sehr beliebt waren, kann man seit etwa 1964 eigentlich nicht mehr machen. Es sei denn man sieht es als verbindendes Element an, dass aufgeriffene Trends schnelllebiger und Themen uneinheitlicher geworden sind.
Aber nicht allein die Abenteuer-Sujets haben sich verändert. Mit dem Jahr 1960 ist der Abenteuer-Heftroman erwachsen geworden. Oder hat zumindest eine „erwachsenere“ Zielgruppe gefunden.
Wie in den Texten und Seriendetails im Kapitel „Zeitenwechsel“ gut zu erkennen ist, sind die typischen Abenteuerserien der 1950er Jahre größtenteils an Kinder und Jugendliche gerichtet gewesen. Die wohl „erwachsenste“ Serie dieser Zeit war die Neuauflage von ROLF TORRING’S ABENTEUER.
Die letzte zeitgenössisch-realistische Abenteuerserie ((BASTEI) ABENTEUER-ROMAN), war zugleich die erste Abenteuer-Serie, die sich offensichtlich an ein erwachseneres Publikum richtete.
Eine derart klare, auch zeitliche Teilung, ist in den anderen Genres des Heftromans nicht auszumachen.
Kriminalromane wandten sich seit jeher an ein erwachsenes Publikum. Gleiches gilt für einen Großteil der typischen Western-Serien. Für ein eher jugendliches Publikum zugeschnittene Western-Romane, haben meist auch ein offensichtliches Abenteuer-Element, wie TOM UND FRED, CONNY CÖLL oder PETE deutlich zeigen.
Science Fiction-, Horror- und Fantasy-Heftromane hatten im Laufe der Zeit zwar ebenfalls noch eine jugendliche Zielgruppe, jedoch war das Augenmerk hier eindeutig auch auf die älteren Jugendlichen bis hin zu den jungen Erwachsenen gerichtet. Das jüngere Publikum war hier jedoch offensichtlich bereits außen vor.
Eine Studie zu PERRY RHODAN in den 1980er Jahren zeigte z. B., dass seine Leserschaft zu einem bedeutetenden Teil aus Studenten oder jungen Akademikern bestand …
Diese Veränderung mag auch mit dem abnehmenden Interesse der Kinder und Jugendlichen an Heftromanen einhergegangen sein, die zumeist mit der aufkommenden Medienwelt erklärt wird.
Erst seit den 1980er bzw. frühen 1990er Jahren gibt es wieder eine gewisse Einheitlichkeit, wie sich die Themen der Abenteuer-Heftromane präsentieren. Oder eher, was der Leser dort vorzufinden erwartet …
Abenteuer: […] „1. mit einem außergewöhnlichen, erregenden Geschehen verbundene gefahrvolle Situation, die jemand zu bestehen hat; 2. außergewöhnliches, erregendes Erlebnis; 3. (auch abwertend) riskantes Unternehmen; 4. Liebesabenteuer“
(Quelle: Duden)
Die [volkstümlich] literarische Form zu dieser Definition ist die Abenteuergeschichte bzw. der Abenteuerroman, in denen laut Duden der Held viele Abenteuer zu bestehen hat.
Mit Blick auf die verschiedenen, teils umfangreichen Versuche, den Abenteuerroman zu definieren wird deutlich, dass die wichtigsten Teile aller Definitionen das starke Abweichen vom Alltag, das Verlassen des gewohnten Umfeldes, die Faszination und der ungewisse (risikoreiche) Ausgang sind.
Hier wird auch deutlich, warum es beim Abenteuerroman so schwierig ist, eine Abgrenzung zu anderen Genres zu finden. Denn nach diesen Gesichtspunkten können fast alle Romane des Heftromanbereichs dem Abenteuerroman zugeordnet werden. Ob damit untermauert wird, dass es als „Urytpen“ des Geschichtenerzählens nur Abenteuer- und Liebesgeschichten gäbe, wie dies zum Beispiel Wikipedia kolportiert, soll unkommentiert bleiben.
Eine der prägnantesten Aussagen zur Problematik der Abenteuerliteratur zeigt – im Zusammenhang oder besser in Konkurrenz zu den vorhandenen Definitionsmerkmalen für Abenteuerromane – eine Aussage für die sehr unterschiedlichen Auffassungen, was denn nun ein Abenteuerroman sei und was nicht.
„Was ist Abenteuerliteratur? Eine klare Definition gibt es nicht - der Begriff ist so ausufernd wie seine Inhalte. Alle Übergänge zu angrenzenden Gattungen sind fließend. Die Unklarheiten noch verstärkend kommt hinzu, dass die Begriffe, welche Grundlage der Definitionen zu sein hätten, fortschreitend informationsärmer werden. Die Sinnentleerung und zunehmende Beliebigkeit des Wortes »Abenteuer« ist deutlich seiner heutigen Benutzung zu entnehmen. Es gibt Abenteuerreisen, Abenteuerspielplätze, das Abenteuer Forschung - die Liste kann jeder endlos fortsetzen. Die Werbung suggeriert, dass das Rauchen von Marlboro-Zigaretten ein Abenteuer sei. Und für viele Menschen ist nicht nur ein Seitensprung ein Abenteuer, sondern auch die Ehe und womöglich das Leben insgesamt noch dazu.“
(von www.abenteuerroman.info/was.htm)
„Dies sind typische Abenteuergeschichten.“
„Es gibt keine klassischen Abenteuerromane mehr.“
„Alles was sonst nirgends hineinpasst, wird als Abenteuerroman bezeichnet.“
Diese und ähnliche Aussagen zum Thema Abenteuer-Heftroman könnten dazu verleiten, sie über eine detaillierte Kategorisierung der Serien wiederlegen zu wollen und die Aussagen damit – völlig unnötig – zu problematisieren.
Wichtiger als eine direkte Antwort auf diese o. g. Thesen und Aussagen ist vielmehr die Frage zu klären, was hinter diesen Aussagen steckt.
Die Aussagen beziehen sich nicht auf die schöne Literatur, sondern „nur“ auf das Medium Heftroman.
Und dieser folgt, wie bereits angeschnitten, gewissen Eigenheiten, die zu einem nicht unerheblichen Teil dann auch dafür verantwortlich sind, dass die Themen der Heftromanserien eben nicht „klassisch“, sondern dem Zeitgeist unterworfen waren/sind und daher ebenso schnell wieder verschwanden, wie sie aufgetaucht waren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg sind aus deutschen Heftromanen propagandistische Tendenzen oder Versuche von Belehrungen weitestgehend verschwunden.
Tatsächlich aber, wird die Belehrung des Lesers für die literarische Form des Abenteuerromans als Ziel der realistischen Abenteuerliteratur angesehen (anders für den „fantastischen“ Abenteuerroman; zu dieser Unterscheidung später mehr).
Die Erzählung soll Einfluss auf das tägliche Leben des Lesers und seine Entscheidungen nehmen.3
Die wenigen Ausnahmen beim Heftroman seit 1960, wie z. B. ökologische oder pazifistische Themen, wie sie bei den Science Fiction-Serien DIE TERRANAUTEN oder RAUMSCHIFF PROMET vorhanden waren, blieben in der Minderheit.
Doch auch PERRY RHODAN war um 1986 wegen eines starken pazifistischen Ansatzes („totalitärer Pazifismus“) in der Kritik – nachdem hiermit versucht worden war, auf die erneut aufgekommenen Gewalt- und Faschismusvorwürfe zu reagieren.4
Obwohl bei Heftromanen allgemein gültig, setzt ganz speziell der Abenteuer-Heftroman auf die schnelle und leichte Unterhaltung. Die Unterhaltung eines zahlenden Publikums, wohlgemerkt!
Heftromane folgen zunächst dem wirtschaftlichen Zweck der Verlage. Auch wenn dies viele Leser in den vergangenen Jahrzehnten oftmals scheinbar nicht wahrhaben wollten. Der wirtschaftliche Erfolg ist zwar per se untrennbar mit den Lesern verbunden, doch ist die Veröffentlichung von Heftromanen nicht Selbstzweck oder verfolgt allein das Ziel, dem Leser Freude zu bereiten.
Geht dies aber beides zusammen: umso besser!
Ist die Serie aber kein wirtschaftlicher Erfolg mehr, ist die Serie auch schnell wieder verschwunden. Dass dabei auch Fehlentscheidungen von den Verlagen getroffen wurden, ändert daran im Grundsatz nichts.
Heftromane folg(t)en immer wieder – auch sehr kurzfristigen – Trends. Sogar wenn hier nur ein zeitlich begrenzter, wirtschaftlicher Erfolg vermutet wurde. Trends wurden dabei aber oft verspätet aufgegriffen, da zuerst der Erfolg eines solchen Trends in anderen Sparten und Medien erkennbar sein musste. Wirtschaftliche Risiken wurden hier selten eingegangen.
Dieser Kritik sahen sich bekanntermaßen vor allem der Wolfgang Marken Verlag und der Bastei Verlag ausgesetzt.
Auch wenn eine Serie gute Verkaufszahlen aufweist, ist es heute im Gegensatz zu den 1950er Jahren nicht mehr üblich, die Hefte umgehend neu aufzulegen, um ihre Erhältichkeit gewährleisten zu können. Sie sind ein Presse-Grosso-Erzeugnis, das vom Verlag eben nur begrenzte Zeit vorhalten ist. Backlist-Vermarktungen wie im Comic-Bereich sind selten, eigentlich seit Jahrzehnten nicht mehr üblich.
Neue Auflagen hingegen, werden als solche auch kenntlich gemacht und völlig neu vermarktet.
Heute erscheinen Nachdrucke von erfolgrdichen Serien aber eher im Taschenbuch und seit Neuestem als ebooks.
Heftromanthemen bedienen auch nicht dogmatisch die üblichen literarischen Kategorien, sondern müssen (bedingt) Innovationen bieten, um Stammleser halten zu können. Dass daraus oft eine Vermischung der Genres folgt – aus wirtschaftlichen Gründen sogar erfolgen muss! – ist dieser Veröffentlichungsform geschuldet und verzahnt die verschiedenen Genres teils noch enger.
Die Erwartungshaltung der (heutigen) Leser nach Innovation und „Unerwartetem“ ist daher fast schon als gegenläufig zur (Teil-)Definition des „Klassik“-Begriffs zu bezeichnen, der eine gewisse Beständigkeit und Herkömmlichkeit fordert.
Auch der Versuch einer reinen Kategorisierung von Abenteuer-Heftromanen scheitert. U. a. daran, dass sich für Heftromane andere Strukturen und abgewandelte (Teil-)Genres herausgebildet haben.
Mit dem Trucker-Roman entstand sogar ein völlig neues Genre, noch bevor dies (wenn auch nur begrenzt) Eingang in die „seriöse“ Buchproduktion gefunden hat.5
Heute scheint jedem klar zu sein, was ein typischer Abenteurer ist, wie er in Erscheinung tritt und welche Abenteuer dieser typischerweise erlebt. Oder etwa nicht?
Aber eigentlich wussten das auch die Generationen vor uns. Die Leser und Kolportage-Macher in der Vergangenheit.
Nur sind die Erwartungshaltung und dieses scheinbar unumstößliche Wissen äußerst subjektiv und damit jeweils ein durchaus anderes!
Die Tücken in der Aussage, sind die jeweilige Gegenwart des Lesers und wie seine Erfahrungen und „mediale Umwelt“ ihn geprägt haben.
Der Abenteurer als literarische Figur ist natürlich Jahrhunderte wenn nicht Jahrtausende alt. Die Vorstellung dessen, was wir heute als Abenteurer ansehen, dürfte sich jedoch erst ab dem 17. Jahrhundert entwickelt haben und ist eigentlich ein Kind des 19. und 20. Jahrhunderts, als sich die Erzählungen und Romane im Abenteuerbereich deutlich verändert haben.
Zuvor traten im Roman bzw. in einer Erzählung nur „Helden“ auf. Helden, die zumeist von eher hohem gesellschaftlichem Stand waren oder von einer anderen Besonderheit geadelt wurden.
Mit der Verlagerung des „Heldentums“ auch in die eher niederen Gesellschaftsschichten, wie dies spätesten im ausgehenden 19. Jahrhundert in Mode kam, änderte sich das Bild der „typischen“ Helden.
Mit der vorletzten Jahrtausendwende waren dann vor allem in Deutschland „edle“ Räuberhauptmänner und ihre (Un?-)Taten im Kolportageroman äußerst beliebt. Auch Piraten kamen in Mode.
Vor allem die Räuber aber waren weder im Kaiserreich und erst Recht nicht im Dritten Reich bei der Reichsschrifttumskammer gern gesehen.
Die für solche Geschichten scheinbar zwingend notwendige Verlagerung des Handlungsortes an eher entfernte, aus deutscher Sicht exotische Orte, stellt dabei eine Abkehr vom Abenteurroman des 19. Jahrhunderts dar. Hier war Ende des Jahrhunderts festzustellen, dass das Abenteuer nicht mehr ausschließlich in der Ferne gesucht wurde, sondern immer stärker im nahen, heimatlichen Umfeld der Protagonisten seinen Platz fand. Das Abenteuer schwappte sozusagen in das Leben der Helden. Auch wurde die Handlung von vergangenen Epochen in die relative Gegenwart der Autoren verlagert. Ein Paradebeispiel für diese Veränderung ist Eugène Sues Über den Dächern von Paris.
Da die Abenteuerromane des 19. Jahrhunderts dadurch auch zum ersten Mal (fiktiv) in die Lebenswirklichkeit ihrer Leser hinüberreichten, waren hier häufig gesellschaftspolitische Ansätze in den Geschichten vorhanden. Und auch eine Nähe oder sogar Überschneidung zu den sog. „psychologischen Romanen“ wird hierin gesehen.
Das bisherige Romanschema, das im 18. Jahrhundert die Grundlage der Abenteuerliteratur gewesen war, wird daher Ende des 19. Jahrhunderts als überkommen bezeichnet.6
Der Kolportageroman Anfang des 20. Jahrhunderts setzte jedoch auch weiterhin (oder wieder?) auf die exotische Ferne und die Alltagsflucht.
Nicht umsonst sind derartige Abenteuergeschichten schon immer in wirtschaftlich schlechten Zeiten von großer Beliebtheit gewesen.
Die 1920er bis 1940er Jahre brachten dann die fast unfehlbaren Heftroman-Helden hervor, die weltweit unterwegs waren und ihren Mitmenschen mit ihren überlegenen körperlichen und geistigen Fähigkeiten zur Seite standen – und ihre Position gern auch mehr als einmal zur Belehrung der handelnden Figuren und gar nicht so indirekt auch der Romanleser nutzen!
Viele ihrer Abenteuer entsprachen einer „Hatz nach dem Schatz“ oder nach einem Geheimnis.
Nur dass die Schätze nun nicht mehr allein aus Gold und Juwelen bestanden, sondern immer häufiger aus Technologien und Informationen!
Heutigen Helden werden hingegen auch persönliche Schwächen zugestanden.7 Sie sind sogar teilweise erwünscht, um die Leistungen, die trotz dieser Schwächen erbracht werden, noch mehr herausstellen zu können. Und vielleicht auch, damit die Leser sich selbst – trotz der eigenen Schwächen – wieder mehr mit den Protagonisten identifizieren können.
Die Heftromane während des Zweiten Weltkriegs war geprägt von Propaganda: Soldatenabenteuern und Durchhaltegeschichten. Aber nicht nur.
Autoren, die sich der Ideologie nicht anpassten, sollten mit ihren Serien nach dem Wunsch der Machthaber vom Markt verschwinden.
Dass sich dies aber durchaus ganz und gar nicht immer so darstellte, ist ein anderes Thema.
Nach Ende der beiden Weltkriege waren jeweils exotische Schauplätze das Ziel der Sehnsüchte, so dass jeder Winkel der Erde Schauplatz eines exotischen Abenteuers sein konnte.
Nicht umsonst hatten in den 1950er Jahren die neu (und überarbeitet) aufgelegten Vorkriegsserien ROLF TORRING‘S ABENTEUER oder JÖRN FARROW’S U-BOOT-ABENTEUER, der sogar die Welt unter der Meeresoberfläche erkundet, nun erneut so großen Erfolg gehabt.
Zumeist waren nun Abenteuerserien auch in enger zeitlicher Nähe zur Gegenwart der Autoren angesiedelt, was eine umso deutlichere Abgrenzung der abenteuerlichen und exotischen Ereignisse von der harten Realität der Nachkriegszeit erschuf.
Die Themen der Romane waren zu ihrer Zeit aber zum Teil realistisch und hochaktuell; die Romane sind trotz ihres heutigen Alters damit moderne Abenteuer-Geschichten.
Und dieser Trend zu „modernen“ Abenteuerromanen setzte sich auch in den kommenden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts fort.
Dieser „moderne“ Abenteuerroman ist daher, ergänzt durch das utopischphantastische Element, auch am Ende des 20. Jahrhunderts und noch heute in der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts zu finden!
So nahe z. B. (BASTEI) ABENTEUER-ROMAN, DIE ABENTEUER oder 2012 – JAHR DER APOKALYPSE der Gegenwart ihrer jeweiligen Leser auch kamen (zu Zeiten des ersten Erscheinens, natürlich), ist dies bereits in den Heftromanserien der verschiedenen Weltreporter vor und nach dem Zweiten Weltkrieg zu finden. Nur reichte damals das Weltenbummeln noch aus, um Exotik und damit die erforderliche Faszination eines Abenteuerromans zu erzeugen.
Die enge Gegenwart mit dabei umso exotischeren Abenteuern ist ein unverzichtbarere Bestandteil dessen, sich durch die Geschichten aus einer Welt entführen lassen zu können, die durch die technische Entwicklung auch immer kleiner zu werden schien.
Waren im 19. Jahrhundert noch Landesteile innerhalb des Deutschen Staatenbundes so weit entfernt, dass die „kleinen Leute“ diese voraussichtlich niemals zu Gesicht bekommen würden, bedurfte es in den 1930er Jahren schon der Südsee, um die theoretischen Möglichkeiten der meisten Menschen weit hinter sich zu lassen.
Der Zweite Weltkrieg warf die deutsche Bevölkerung dann in diesen technischen und den wirtschaftlichen Möglichkeiten weit zurück. Und so war in den 1950er Jahren (schon) Italien zu ein Traumziel geworden, das in vielen – vielleicht nicht unbedingt abenteuerlichen – Heftromanen thematisiert wurde.
Und auch die Urlaubsziele der Deutschen wurden exotischer. Nicht mehr der Weg mit dem Kabinenroller nach Italien wie in den 1950er Jahren! Nein, denn spätetstens in den 1980er Jahren musste es ein Fernreisezel sein.
Das Wirtschaftswunder machte die Welt für die deutschen Leser immer schneller, immer kleiner und erreichbarer.
Dies wurde möglich, mit der Rückgabe der Lufthoheit an die Bundesrepublik Deutschland am 01.04.1955 durch die Alliierten. Im März 1960 erhielt die Deutsche Lufthansa den ersten Düsenflieger (Boeing 707) und am 13.03.1960 fand der erste Flug nach New York statt. 1970 ging der Jumbo-Jet (Boeing 747) für deutsche Airlines an den Start. Damit wurde der Massentourismus eingeläutet – nur unterbrochen durch die Ölkrisen 1973 und 1979.
In den 1980er Jahren war die Welt vernetzt. Die Sehnsucht nach Ferne konnte endgültig befriedigt werden.
Welche exotischen Schauplätze blieben dem Abenteuerroman da noch?
Exotik im Zusammenhang mit einem historisches Setting, zum Beispiel.
Oder die Phantastik.
Obwohl per Definition, die Exotik bei Abenteueromanen auch durch das Ungewöhnliche erreicht wird, welches in den Alltag der Protagonisten hereinbricht, wurde dies im deutschen Abenteuer-Heftroman eher selten genutzt.
Im Horror- und Grusel-Genre darf dies hingegen fast schon als Heftroman-Standard angesehen werden.
Die ungewöhnliche, so exotisch als mögliche Verortung der Handlung blieb für den Abenteuer-Heftroman fast immer bestimmend. Doch exotische Schauplätze für Abenteuerromane wurden zunehmend schwieriger zu finden.
Nicht rein geografisch. Sondern bezogen auf das Empfinden der Leser.
Spätestens ab den 1980er Jahren wurde daher die für Abenteuergeschichten erforderliche „Faszination“ nun immer stärker durch das Mysteriöse und ein utopisch-phantastisches Element in den Geschichten erzeugt.
Der eigentlich grundlegende Realismus bei Abenteuerromanen wurde immer stärker aufgebrochen, allerdings mit dem Versuch, die Grenze zu anderen Genres nicht vollständig zu überschreiten.
Die Handlung setzt für die Protagonisten in einer „realitätsnahen“ Welt ein, die mit einem mysteriösen Element konfrontiert wird.
Diese beiden Welten blieben dabei lange Zeit strikt getrennt. Bei den Abenteuer-Heftromanen brachten erst DIE ABENTEURER eine überdeutliche Durchmischung, die dann bei Crossover-Serien wie MADDRAX fast schon zum Standard wurde.
Doch auch hier findet sich noch immer, wenn auch nicht mehr so augenscheinlich, die „Zweiweltentrennung“ über die noch zu reden sein wird.
Der wohl letzte Versuch, das Abenteuer allein über exotische Schauplätze oder ungewöhnliche Berufe transportieren zu wollen, dürfte mit dem (BASTEI) ABENTEUER-ROMAN Anfang der 1960er Jahre erreicht worden sein.
Danach veränderten sich die Themen und das Gesicht der Abenteuer-Heftromanserien.
Nicht umsonst setzt die Betrachtung des deutschen Abenteuer-Heftromans in diesem Buch eigentlich erst mit dem Jahr 1960 ein …
Da es aber trotz Allem nur noch wenige Abenteuerserien überhaupt schafften, echte wirtschaftliche Erfolge zu werden, wurde auch die Zahl der Serien oder auch allein der Versuche, neue Abenteuerserien platzieren zu wollen, insgesamt immer geringer.
„Es gibt im Heftroman keine klassischen Abenteuerromane mehr.“
Doch. Aber der Begriff „klassisch“ oder „Klassiker“ wird überstrapaziert und meist unreflektiert eingesetzt.
Der psychologische Kniff hinter beiden Aussagen ist eigentlich derselbe: die Beschwörung der „Normalität“. Es wird für die eigene Position darauf gesetzt, dass die Frage eines allgemeingültigen „Klassikers“ nicht in Frage gestellt wird. Oder dass der Angesprochene durch bestimmte Schlüsselbegriffe an seiner eigenen Aussage oder Position zu zweifeln beginnt.
These und Antwort sind hier umgangssprachlich: „Totschlagargumente“. Argumente, denen keiner zu widersprechen wagt oder von denen der Nutzer zumindest annimmt, dass bei dieser Position keiner mehr widersprechen könnte.
Schopenhauer lässt grüßen.
Erfahrungsgemäß wird damit jedoch meistens nur versucht, sein Gegenüber von der eigenen Wertschätzung eines Romans oder einer Romangattung zu überzeugen. Eigentlich löblich.
Tatsächlich sind die eingangs dargestellte Aussage und Antwort aus der Position des jeweiligen Nutzers heraus eigentlich auch richtig. Nur darf eben diese Position nicht unterschlagen werden.
Und die Begrifflichkeit muss stimmen.
Der Begriff „klassisch“ bezieht sich natürlich nicht auf das Alter eines Romans oder den Zeitpunkt, in dem er verfasst wurde. Und erst Recht nicht darauf, ob er aus der Zeit der Klassik/Klassizismus stammt – auch wenn dies im literaturwissenschaftlichen Sinne die eigentliche, engere Bedeutung wäre.
Der Begriff „klassisch“ wird heute hauptsächlich zur Charakterisierung von Dingen verwendet, die „zeitlos, beständig und vorbildlich“ sind.8
Damit ist eine allgemeingültige Anerkennung und Wertschätzung im Begriff beinhaltet.
Nur diese Allgemeingültigkeit bei Heftromanen zu finden wird schwierig. Nicht zuletzt die immer weiter abnehmende Zahl der Leser und Sammler, aber auch die hier verständlicherweise sehr subjektive Einschätzung über die Qualität einer Serie, lassen wohl in nur sehr wenigen Fällen einen erkennbaren, gemeinsamen Nenner zu.
Von einer Wertschätzung der „Groschenhefte“ außerhalb dieses kleinen Kreises ganz zu schweigen!
Prof. Dr. Martin Zimmermann und die Autoren der literaturwissenschaftlichen Beiträge in der Reihe zur Allgemeinbildung aus dem Arena Verlag, verweisen aber völlig zu Recht darauf, dass gar nicht alle Bücher die in Deutschland erscheinen das auch sein wollen, was allgemeinhin als Literatur verstanden wird. Da dies für Heftromane fast schon per se gilt, darf für sie eine ähnliche Aussage gelten, wie für die gerade angesprochene Flut der Bücher: „Nur wenige Bücher können sich langfristig durchsetzen. […] die wenigen Bücher, die auch nach langer Zeit ihre Leser noch faszinieren, nennen wir [ebenfalls] Klassiker.“
Weiterführend nach der Dudendefinition gehört auch die prägende Wirkung für ein bestimmtes Umfeld oder Thema hinzu („herkömmlich, in bestimmter Weise traditionell festgelegt und so als Maßstab geltend“).
Und doch wird in einem so kleinen Themenfeld wie dem Heftroman eine nicht gerade geringe Varianz darüber bestehen, welche Serien oder Einzelromane diese Kriterien erfüllen.
Erst Recht wird dies zum Problem, wenn noch die Genrespezifizierung „Abenteuerroman“ dem Thema Heftroman beigestellt wird.
Mit Blick auf die in der Literatur anerkannten Abenteuer-Klassiker (nach der obigen Definition von Prof. Dr. Martin Zimmermann) wie Robin Hood, Die drei Musketiere, Don Quichote von La Mancha oder 20.000 Meilen unter dem Meer9 stellt man fest, dass der Abenteuer-Heftroman in den wenigsten Fällen solche Werke auch tatsächlich enthalten hat. So aber dann doch DAS GROßE ABENTEUER (1954) oder der BESTSELLER/ABENTEUER-BESTSELLER des Wolfgang Marken Verlages (1979-1982).
Weitet man die Betrachtung aus und lässt „Fortschreibungen“, Neuinterpretationen oder einfach thematisch oder über das Setting ähnlich konzipierte Romane und Serien zu, würde man unweigerlich bei dem ankommen, was dann heute zumeist als „historisierender“ Abenteuer-(Heft)Roman verstanden wird. Z. B. die Serien SEEWÖLFE, RITTER ROLAND, DIE VIER MUSKETIERE …
Doch weder die eine noch die andere Betrachtungswiese ist das, was die „Beschwerdeführer“, nach deren Auffassung es keine „klassischen Abenteuerromane im Heftroman mehr gibt“, unter eben einem „klassischen Abenteuerroman“ verstehen.
Denn sie suchen …
… Helden in derben Leinenhosen und Lederjacken, Tropenhelme und Dschungelabenteuer. Globetrotter die nach verschwundenen Schätzen und Artefakten suchen!
Dieses veränderte Verständnis des „typischen“ Abenteu(r)ers ist Ergebnis des lanjährigen Erfolges dieser Abenteurer-Typen und ihrer multimedialen Fortentwicklung. Aber schuld allein ist eben nicht einfach nur der Mann mit der Peitsche! Gut, schuldlos daran ist er auch nicht …
Es ist die Gesamtheit der Allan Quatermains, der Rolf Torrings, der Roy Kents und Lara Crofts. Und natürlich auch der Familie Jones (junior wie senior), die das Bild des Abenteurers in den letzten 30-50 Jahren überdeutlich verändert haben.
Diese Abenteurer und ihre Erlebnisse sind meist aus dem Verständnis ihrer Autoren und Leser moderne Abenteuer(Romane) gewesen. Nur wird dies natürlich rund 50 bis 100 Jahre nach dem ersten Erscheinen der Romane von den heutigen Leser so nicht mehr wahrgenommen.
Die Ausnahme von diesem Zeithorizont sind eben Indiana Jones und seine literarischen und medialen Verwandten, bei denen die relative Gegenwart bewusst gegen eine so knapp zurückliegende Vergangenheit eingetauscht wird, dass sie für die Leser und Fans gerade so nicht mehr wirklich greifbar ist. Damit lassen die Settings alles an spekulativer Historie und Geheimnissen zu, obwohl sie nicht schon lange Epochen zurückliegen. Aber es reicht aus, damit die Leser nicht mehr alles mit absoluter Sicherheit einschätzen können. Denn könnte es in dieser Zeit nicht vielleicht doch oder eben gerade so möglich gewesen sein?
Die weitere Veränderung der modernen, vergleichsweise realistischen Abenteuer-Serien wie ROLF TORRING’S ABENTEUER oder auch noch (BASTEI) ABENTEUER-ROMAN besteht eben darin, dass sie, wie schon ausgeführt, mit Fortschreiten des 20. Jahrhunderts nach und nach ihren exotischen Reiz verloren.
Krimis in exotischem Ambiente reichten den Heftromanlesern der 1980er Jahre, die zum Teil den „Dämonenboom“ oder den Aufstieg der Fantasy in Deutschland miterlebt hatten, einfach nicht mehr aus, um den „sense of wonder“ in einer soliden Abenteuer-Krimi-Serie wiederzufinden.
Dass sich dies auch bereits in den 1960er Jahren zeigte und zu einem endgültigen Abebben der Abenteuer-Heftromane führte, dürfte einem ähnlichen Überdruss geschuldet sein, der viele Heftromanleser den Grusel-Heftroman ab 1968 mit offenen Armen empfangen ließ.
Mit einer gehörigen Portion Action und Humor ließ sich ein Abenteuer zumindest zu Beginn noch durchaus aufwerten. Richtig spannend und „erstaunlich“ wurden Romane und Filme aber erst, als das (utopisch-)phantastische Element Eingang in den Abenteuerroman fand.
Diese beiden Begriffe bilden Grundlage und zugleich Unterscheidungsmerkmal des ursprünglichen Abenteuerromans im Vergleich zu seiner Fortentwicklung im reinen Unterhaltungssegment.
Obwohl sich die gängigen literaturwissenschaftlichen Definitionen und Kategorien nicht ungefiltert auf den Bereich der Heftromane übertragen lassen (Stichworte: Gewinnorientierung, Erwartungshaltung der Leser), gibt es grundsätzliche Attribute des Abenteuerromans, die als wesentliche Bestandteile auch im Heftroman wiederzufinden sind.
Vorweggenommen ergibt sich hierdurch eine Aussage, die fast schon symptomatisch für die Veränderung des Abenteuer-Heftromans in den 1960er und 1970er Jahren steht, aber mit der Erwartungshaltung der Leser in den letzten Jahrzehnten eben nicht korrespondiert:
„Wesentliches Kennzeichen von Abenteuererzählungen ist der durchgängige Realismus. Fantastische Elemente grenzen eine Erzählung vom Abenteuerroman ab.“
Dass diese Aussage so nicht zwingend stimmen muss, ist ein Thema, dass in den Literaturwissenschaften immer wieder kontrovers betrachtet wird. Nicht zuletzt auch in den erziehungswissenschaftlichen Fachbereichen, die sich auch heute noch auf Standardwerke aus den 1970er und 1980er Jahren stützen, welche dem Unterhaltungsaspekt äußerst kritisch gegenüberstehen. Das belehrende Element realistischer Abenteuerliteratur sei hervorzuheben, da es Einfluss auf den Leser, seine Werte, sein tägliches Leben und seine Entscheidungen nehmen soll (siehe z. B. die Arbeiten von Dr. Peter Nusser oder Sigrid Lichtenberger).
Beispielhaft formuliert Heinrich Pletchia 1976 die Prämisse, dass durch die notwendige Dynamik des Handlungsverlaufs einer Abenteuererzählung es nicht geschehen dürfe, dass „[…] die billige Sensation in den Vordergrund gerät und die Abenteuerlektüre zum trivialen Schundroman verkommt“.
Der grundlegende Realismus im Abenteurroman bedeutet jedoch nicht, dass die Erzählung sich nicht im Rahmen der Fiktion bewegen darf oder ausschließlich reale oder historisch korrekte Inhalte aufweisen muss.
Vielmehr geht es immer darum, dass das Geschehen, die Handlung oder die Leistung der Protagonisten bzw. Helden im Bereich des Möglichen, des Vorstellbaren bleiben muss.
Damit ist es auch möglich, historische Tatsachen „weiterzuspinnen“ oder die fiktive Geschichte hinter der Historie zu erzählen. Also das, was so hätte sein können, aber einfach nie überliefert wurde!
Dass es aber grundsätzlich trotzdem möglich ist, phantastische Elemente in einen Abenteuerroman zu integrieren, ohne dass dieser dadurch seinen Abenteuercharakter verlöre, zeigt Judith Anschütz in ihrer Hausarbeit Der fantastische Abenteuerroman. Exemplarische Analyse und Kennzeichnung anhand des Kinderbuchs „Ronja Räubertochter“ von Astrid Lindgren.
Für den Heftromanleser war die Durchmischung von Stil- oder Genreelementen jedoch noch nie ein größeres Problem. Im Gegenteil zeigt sich, dass der rein zeitgenössisch-realistische Abenteuerroman mit der Heftroman-Reihe (BASTEI) ABENTEUER-ROMAN (1960-1964) im Medium Heftroman faktisch sein Ende fand. Die große Ausnahme bilden die Trucker-Romane als zeitlich relativ eng begrenztes Phänomen.
Eine weitere Ausnahmeserie sind die SEEWÖLFE von Pabel.
Doch auch hier rutschten, wie in fast allen anderen Serien, diverse Phantastik-Elemente in einzelne Romane.
Der Großteil der Serien seit Ende der 1970er Jahren kokettierte ohnehin immer wieder offen mit der Phantastik oder war sogar komplett auf die Durchmischung mit den phantastischen Handlungselementen angelegt.
Und die grundsätzlichen Elemente eines Abenteuerromans lassen sich „trotz“ dieser Genreabweichung klar definieren.
Judith Anschütz nennt diese Unterkategorie den „fantastischen Abenteuerroman“.
Um einen gewohnteren und leichteren Lesefluss bei diesen Begrifflichkeiten zu gewährleisten, wird im Folgenden jedoch auf die altmodischere, aber für den Bereich der Fiktion gewohntere Schreibweise zurückgegriffen: der „phantastische Abenteuerroman“ und die Phantastik.
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