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Einbandfoto und -gestaltung: Andre Leitol
© 2021 Elisabeth Schwachulla
Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783755761723
Allen Süchtigen und Suchenden gewidmet.
20.04.19
Mal denk ich, ich schreibe
Obwohl ich nur leide
Mal schreib ich
Und meide
Das Leid
Denn welche Wunden
Ich schreibend auch zeige
Am Ende sind sie doch
Ein schmeichelndes Kleid
*
Ich kann nicht alles auf äußere Umstände schieben. Die Trennung meiner Eltern, die plötzliche finanzielle Not, das Mobbing in der Schule und der Leistungsdruck eines bayerischen Gymnasiums – all dies waren nur Anstöße, welchen den Stein meiner Selbstzerstörung ins Rollen brachten. Immer schon war ich ein sensibles Geschöpf, empfindlich und nachdenklich.
Doch plötzlich kam die Angst hinzu, die Scham und die Unfähigkeit, meinen Problemen ins Gesicht zu sehen. Ich litt unter meinen Gefühlen wie unter einem schrecklichen Fluch. Versuchte, dem Leben stand zu halten, als wäre ich seiner Gewalt hilflos ausgeliefert.
Im Alter von sechzehn Jahren entwickelte ich ein Alkoholproblem, fügte später Cannabis-Missbrauch hinzu und begab mich dadurch in eine Abwärtsspirale aus Selbsthass, Verdrängung und fehlgesteuertem Handeln, welches neue Gründe für besagten Selbsthass lieferte. Stabilisierte mich der Konsum von Rauschgift und Sex auch äußerlich – manche Erkenntnisse ließen sich dennoch nicht beiseite schieben.
In meiner Lyrik spiegeln sich sämtliche Zweifel, Fragen und Weisheiten wider, welche dieser Lebensstil mit sich brachte.
Im Alter von 24 Jahren erreichte ich einen Wendepunkt und begann meine Reise1 in ein besseres Leben. Oder, wie ich zugeben muss, überhaupt zurück ins Leben. Mit dieser Umkehr war es jedoch nicht getan, dem Alkohol zu entsagen, nur der erste Schritt.
Nach wie vor verdrängte ich meine Probleme und Schattenseiten, bis ich zwei Jahre später auch das Cannabis aufgab.
Es erstaunt mich, anhand meiner Lyrik zu sehen, wie ich mich von Tiefpunkt zu Tiefpunkt hangelte, ohne komplett unterzugehen. Wie ich Wege ins Licht wähnte und doch wieder verlor. Wie lange ich bereits wusste, wonach ich suchte, ohne mich darauf zubewegen zu können.
Das Folgende zeigt, wie schmerzhaft und schwierig sich Selbsterkenntnis gestaltet.
Wie lange der Wandel auf sich warten lässt und dass er dennoch möglich ist.
Ich bedauere vieles und bereue doch nichts.
Meine Geschichte hat mich zu der Person gemacht, die ich heute bin. Eine Schriftstellerin, die ihre Wunden nicht mehr verstecken muss.
1 Die Reise. Gedichte und Gedanken. (2020)
04.06.08
Es hört sich an wie Regen, doch es ist nur Fantasie
Leise lauschen Mauern meiner Melodie
Immer wollte ich vergessen
Jetzt will ich zurück
Vergangenheit ist nicht nur Schmerz
Auch Freude, Liebe, Glück
Doch zu spät – alles vorbei
Ich dreh mich um und geh
In eine andere Richtung
Damit ich nicht im Schatten steh
*
Ich habe kein Zuhause mehr
Und hab es kaum genossen
Die Fenster sind jetzt zugenagelt
Die Türen sind verschlossen
So muss ich also weiter ziehen
Bis ich nicht mehr kann
Dorthin, wo meine Träume sind
Wo alles begann
*
11.06.08
Es war ein letztes Liebeslied
Ein Honigherz in meiner Hand
Als voll Mondlicht deine Augen
Mich schweiften mit ihrem Blick
Ein letzter Tanz in gläsernen Schuhen
Eine letzte Maske auf meinem Gesicht
Ich ziehe es aus, mein Kostüm
Sieh:
Die Krähen in meinem Haar
Die Tränen auf meiner Wange
Die Fesseln an meiner Hand
Jetzt musst du mich nehmen, wie ich bin
*
03.08.08
Der dichte, schwere Vorhang
Hält fern das Sonnenlicht
Sodass ich nur erahnen kann
Im Spiegel mein Gesicht
Zerbrochen ist die heile Welt
Das Ganze ward gespalten
Da ist nichts, was mich noch hält
Was hat mich sonst gehalten?
Mein Haus steht leer und meine Sachen
Sind nun verstreut im Wind
Von fern hör' ich ein leises Lachen
Als wäre es mein Kind
*
06.07.09
I.
Niemand, der mich hält
Wenn ich falle, falle
Mit rasendem Herzen
Hämmernder Panik
In meinem wüsten Kopf
Mein Körper zu leer zum Lieben
Zu müde zum Schweben
Zum Bleiben, zum Sterben
Zu weit weg
II.
Ein Gellen in meinen Ohren
Eisige Winde auf meinem Gesicht
Brausende Unermesslichkeit
Verschlingt den Rest
Meiner sich windenden Seele
III.
Das Gerüst meines Körpers
So leicht
Mit Fetzen meiner Selbst behaftet
Schwerelos
Und doch verzweifelt klammernd
Sein Zittern nimmt mir jegliche Zeit
IV.
Grausamer Schrei
Herausbrechend
Aus dieser glatten, sich wiegenden Hülle
Von Schmerz gequält
Aufgestaute Gefühle
Jetzt getrieben von kalter Einsamkeit
Und heiße Tränen
Bringen dies kalt-schweißige Bündel
Zur Ruhe
*
06.07.09
Ewig drehen muss ich mich
Drehen, drehen
Bis ich verliere
*
28.08.09
Tritt mich aus, du Ungeheuer
Verbrannt bin ich mit Haut und Haar
In meinem eigenen Sehnsuchtsfeuer
Dass meine Wünsche werden wahr
Doch Wünsche – ja das weiß ich jetzt
Die brennen fast so, wie mein Haus
Da hab ich mich nur mehr verletzt
Und treib' mir selbst die Träume aus
*
05.05.10
Ich sage
Niemand darf sich eine Meinung machen
Ihr dürft nicht sehen, was ihr wollt
Ihr dürft nicht denken, dass ihr wisst
Dürft niemals falsche Schlüsse ziehen
Niemals voreilige
Trotzdem gibt es Menschen
Die alles fragen dürfen
Doch sie wissen bereits
*
13.08.10
Ich liebe all die vielen Dinge
Mehr als manche je gesehen
Wie sie mich schütteln und mich werfen
Viele werden nicht verstehen
Doch tanzen meine Augenlichter
Im Glanz so grober Heiterkeit
Auf dem Kopf der Frühlingsleiter
Trag ich Sehnsucht hoch und weit
*
22.08.10
Aus Angst und Qual kommt ein Geständnis:
Das Leben lässt mich nicht mehr zu
So pack' ich singend meine Sachen
Finde in deinen Wäldern Ruh
*
21.09.10
Hier, nimm mein Herz
Ich brauche es nicht
Hab schon genug geliebt
Warum sollt' ich es halten wollen
Wenn es mir nichts mehr gibt?
Verbogen ist schon meine Zeile
Mein Schicksal ist geformt
So bleib ich strebend eine Weile
Bis Freiheit mich umgarnt
*
21.09.10