Ein Wort zuvor

Haben Sie sich schon einmal Gedanken über Ihre Hände gemacht, sie angeschaut und überlegt, was Sie schon alles mit »Ihrer Hände Arbeit« erreicht und verwirklicht haben? Mit den »Werkzeugen aller Werkzeuge« – so der griechische Philosoph Aristoteles – können Sie Ihre Gedanken, Ideen und Gefühle in Taten umsetzen. Sie können mit Ihren Händen auch eine Kunst ausüben, die für Ihr gesundheitliches Wohl von unschätzbarem Wert ist: Massage, die Kunst des Streichens, Knetens und Reibens. Ein uraltes Heilverfahren, dessen therapeutischer Wert »auf der Hand liegt«. Berührende Hände sind heilsame Werkzeuge, die uns auf allen Ebenen positiv beeinflussen. Sie veranlassen unseren Körper dazu, sich selbst zu heilen. Sie berühren wohltuend unsere Seele, erfüllen unser Bedürfnis, angefasst zu werden. Sie entspannen und beflügeln den Geist. Massage ist eine Form der Kommunikation. Eine Sprache ohne Worte, die uns einander und auch uns selbst näher bringt, verbindet und vertrauter macht.

In diesem Buch möchte ich Ihnen die vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten dieser ganzheitlichen Heilmethode vorstellen und Ihnen zeigen, wie Sie die Massage als alltägliches Schönheits-, Gesundheits- und Heilmittel einsetzen können. Sie finden viele nützliche Tipps und einfach durchzuführende Anleitungen für Selbst- und Partnermassagen von Kopf bis Fuß. Mit ihrer Hilfe können Sie Ihren Körper auf natürliche Weise erfrischen, entspannen und heilen. Massage wirkt mindestens ebenso sehr auf Geist und Psyche wie auf den Körper. Durch regelmäßige Massagebehandlungen können Sie Ihr inneres Gleichgewicht oder das Ihres Partners wiederherstellen und stabilisieren. Massage ist eine Wohltat für Groß und Klein. Sie hat, richtig durchgeführt, keine schädlichen Nebenwirkungen. Probieren Sie es ganz einfach aus!

Ihre Karin Schutt

Die Kunst der Massage

Kaum etwas ist wohltuender, als von kundigen Händen liebevoll berührt und massiert zu werden. Warum das so ist und wie es wirkt, erfahren Sie in diesem Kapitel.

Das Wissen von den heilenden Händen

»Gesundheit erflehen die Menschen von den Göttern, dass es aber in ihrer Hand liegt, diese zu bewahren, daran denken sie nicht.« Schon der griechische Philosoph Demokrit (5./4. Jh. v. Chr.) wusste, wie heilsam Berührungen wirken. Dieses Wissen war in zahlreichen Kulturen lange vor unserer Zeitrechnung verbreitet. Heilen durch Handauflegen ist so alt wie die Menschheit. Heute ist Massage auch wissenschaftlich anerkannt als Therapie, die Linderung, Heilung und mehr Wohlbefinden bringt.

Massage ist heilsame Berührung

Zur Begrüßung reichen wir einander die Hände. Um Trost zu spenden, streichen wir einem Kind beruhigend über die Haare. Um Liebe auszudrücken, verwöhnen wir den Partner mit zärtlichen Streicheleinheiten.

Durch Berührungen überschreiten wir die Grenze vom Ich zum Du. Wir stellen eine Verbindung her, die weit über die Möglichkeiten der Sprache als Mittel zur Kontaktaufnahme und Verständigung hinausgeht. Berührung ist ein Lebenselixier, das jeder von uns braucht, um an Körper, Geist und Seele gesund zu bleiben.

Die Hände spielen beim Berühren die wichtigste Rolle – als Sinnesorgane, Informationsträger und Übermittler energetischer Kräfte. Sobald wir mit den Fingerspitzen und Handflächen den eigenen oder einen fremden Körper berühren, empfangen wir mit unserem Tastsinn Botschaften über seinen Zustand. Über den »Reiz« der Berührung lösen wir heilsame Körperreaktionen aus. Die Hände vermitteln die Absicht unseres Tuns, durch sie können wir heilende Energie übertragen und höchste Sinnesgenüsse schenken. Massage kann all das – und noch viel mehr.

Wir tun es instinktiv

Wenn uns ein Körperteil schmerzt, legen wir automatisch eine Hand oder beide Hände auf die betroffene Stelle und versuchen, uns durch kreisende Bewegungen Linderung zu verschaffen. Wenn wir innerlich angespannt sind, genügt oft schon ein Handauflegen, um uns wieder zu beruhigen. Diese Wirkungen werden auch von wissenschaftlicher Seite immer wieder bestätigt: Wenn Haut auf Haut trifft, ruft dies im körperlichen sowie im seelischen Bereich bestimmte positive Veränderungen hervor. So werden etwa durch liebevolles Berühren Hormone ausgeschüttet, die für Wohlbefinden und Glücksgefühle sorgen. Das Nervensystem erhält Impulse, auf die es mit Entspannung reagiert. Der Atem wird tiefer und ruhiger. Beim Massieren, dem heilsamen Berühren, nutzt man diese Veränderungen gezielt, um im Organismus für Ausgleich und Umstimmung zu sorgen, Schmerzen zu lindern, körperliche und seelische Spannungen aufzulösen.

Tipp

Wenn Sie nicht nur mit dem Buch üben wollen: Die meisten örtlichen Volkshochschulen bieten Massagekurse an, in denen Sie sich die wichtigsten Grundlagen aneignen können und die Grifftechniken anzuwenden lernen.

Selbst Hand anlegen

Massage ist eine besondere Art der Berührung, ein »Tanz auf der Haut«, der mit möglichst geübten Händen und viel Fingerspitzengefühl ausgeführt wird. Jede Massagebehandlung wird so zur entspannenden Wohltat. Berührung, Rhythmus und Technik verschmelzen im Bewusstsein des Massierten zu einer Einheit.

Damit Sie dieses heilsame »Handwerk« an sich selbst oder an einem Partner wohltuend anwenden können, brauchen Sie in erster Linie ein paar grundlegende Kenntnisse, die ich Ihnen in den folgenden Kapiteln vermitteln werde. Alles Weitere ergibt sich durch das regelmäßige Anwenden der im Buch vorgestellten Selbst- und Partnermassagen.

Massage im Alltag: Heil- und Genussmittel

Massage ist ein hervorragendes Selbsthilfemittel, mit dem Sie Ihr Wohlbefinden stärken oder für das Wohl Ihres Partners sorgen können. Gerade im Alltag, nach einer hektischen Woche oder zwischendurch am Arbeitsplatz kann Ihnen eine entspannende Massage helfen, den Stress zu mindern und neue Lebensenergie zu tanken. Von der wohltuenden Wirkung der Massage profitieren nicht nur Erwachsene: Auch Babys und Kinder genießen die entspannenden Streicheleinheiten.

GU-Erfolgstipp

Die Grifftechniken zum Massieren lernen Sie im Praxisteil dieses Buches. Ebenso wichtig wie eine gute Technik: Versuchen Sie, sich auf den anderen (bei einer Selbstmassage auf sich selbst) einzustimmen.

Nehmen Sie an, was ist. Schulen Sie Ihre Wahrnehmung. Streichen Sie über die Haut und spüren: Wie fühlen sich Haut und Muskeln an? Wo gibt es Widerstände? Wo geht eine Berührung runter wie Öl? Nehmen Sie die Signale des Körpers wahr. Bei einer Massage geht es nicht darum, Verspannungen »wegzuarbeiten«, sondern auf gefühlvolle Weise die Lebensenergie zum Fließen zu bringen.

So wirken Massagen

Massagen können Körper und Seele auf vielfältige Weise beeinflussen. Hier finden Sie ihre Wirkungen auf einen Blick, jeweils mit Seitenverweisen, wo Sie im Buch mehr dazu erfahren:

Tipp

Durch Alltagseinerlei und -stress leidet oft das Liebesleben. Zärtliche Massagen in schöner Atmosphäre können hier Wunder wirken ...

Wirkungen

Eine sanfte Berührung wirkt in der Regel beruhigend, eine kräftige anregend.

Sanfte Therapie mit starker Wirkung

Ganz gleich, mit welcher Massagemethode Sie einem Partner oder sich selbst »zu Leibe rücken«: Die Wirkungen, die Sie dabei erzielen, sind intensiv und umfassend. Die Haut ist mit einer Oberfläche von etwa 1,6 m2 unser größtes Organ. Sie hat neben wichtigen Schutz-, Wärmeregulierungs-, Ausscheidungs- und Immunfunktionen eine ganz besondere Aufgabe: Rund fünf Millionen Sinneszellen der Haut warten darauf, jeden kleinsten Reiz wahrzunehmen und über unzählige Nervenbahnen weiterzuleiten.

»An-Reize« für die Selbstheilungskräfte

Sobald Ihre Hände auf die Haut treffen, entsteht ein Reiz, der von winzigen Tastkörperchen (Rezeptoren) aufgenommen und an das Gehirn weitergeleitet wird. Fast alle Massagemethoden lassen sich auf einen Nenner bringen: Äußere Reize sollen bestimmte körperliche Reaktionen hervorrufen. Eine solche »Reiztherapie« hat zum Ziel, ein bestehendes Ungleichgewicht im Körper zu beheben und die Selbstheilungskräfte anzuregen. Dazu muss im Organismus ein Umstimmungsprozess in Gang gesetzt werden. In der Regel ist unser Körper zwar selbst in der Lage, den »inneren Schalter« umzulegen, um einen Ausgleich herbeizuführen. Sobald aber der Organismus diesen Vorgang nicht mehr aus sich selbst heraus steuern kann, bedarf es einer Hilfestellung von außen – in Form von anregenden oder beruhigenden Impulsen.

Die Natur hilft Bei Beschwerden

Alle in diesem Buch beschriebenen Massagemethoden werden dem großen Bereich der physikalischen Therapien zugeordnet. Der Begriff leitet sich vom griechischen physis ab, was Natur oder natürliche Beschaffenheit bedeutet. Die unter dem Begriff zusammengefassten Therapieverfahren, die zum Teil eine jahrtausendealte Tradition haben, wenden zur Heilung ausschließlich Mittel an, die uns die Natur zur Verfügung stellt. Kälte, Wärme, Wasser, Licht und Pflanzen sind zum Beispiel solche Naturheilmittel. Beim Massieren sind es die Hände, Grifftechniken und Reize, mit deren Hilfe Beschwerden gelindert werden.

Hilfreiche Impulse

Beim Massieren werden die ausgleichenden Impulse durch verschiedene Maßnahmen gegeben: Zunächst ist es die Berührung selbst, die allein schon wohltuende und wirkungsvolle Reize setzt. Diese Reize werden durch den Druck der Hände, durch die entstehende Reibungswärme sowie durch die Wahl der Grifftechnik unterstützt und in ihrer Wirkung intensiviert (siehe ab >). All diese Impulse zusammen ergeben das heilsame Potenzial der Massage. So helfen Sie dem Organismus mit gezielten Berührungen, sich wieder auf seine Mechanismen der Selbstregulierung zu besinnen. Auf diese Weise kann sich zum Beispiel übermäßige Spannung in Entspannung verwandeln, und Dauerstress kann einer allgemeinen Beruhigung und Erholung weichen.

Heilsame Wirkung auf allen Ebenen

Die Vielzahl nachweisbarer Heilerfolge hat Massage zu einer der wichtigsten medizinischen Behandlungsmethoden werden lassen. Das Streichen, Kneten und Reiben ist ein von der Schulmedizin anerkanntes Therapieverfahren, das im Rahmen einer ärztlichen Behandlung als alleinige oder als Zusatzmaßnahme verordnet werden kann. Ausgebildete Masseure und Physiotherapeuten (Krankengymnasten) arbeiten meist eng mit ärztlichen Praxen, Kurzentren oder Krankenhäusern zusammen. Auch viele Heilpraktiker besitzen eine Zusatzausbildung in Massage. Die in zahlreichen medizinischen Untersuchungen nachgewiesenen heilsamen Wirkungen von Massage kommen durch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren zustande, die ich Ihnen nun etwas näher erläutern möchte.

Wohltat für Körper und Seele

Wenn Sie schon einmal in den Genuss einer guten Massage gekommen sind, wissen Sie um die wohltuende Wirkung: Sie können auf- und tief durchatmen. Anspannung und Nervosität weichen, Sie können richtig loslassen und inneren Ballast abwerfen. Vielleicht sind Sie während einer Massage sogar eingeschlafen – ein Zeichen tiefster Entspannung von Körper, Geist und Seele.

Nach der Massage fühlt sich der Körper leicht und gut durchwärmt an. Diese beruhigende, entspannende Wirkung wird auch psychosedativer Effekt genannt. Er gehört zu den angenehmsten und wirksamsten Effekten der heilsamen Berührung.

Wer zahlt’s

Die Kosten für ärztlich verordnete Heilmassagen übernehmen die Krankenkassen weitgehend, während Sie die Massagen eines Heilpraktikers aus eigener Tasche bezahlen müssen. Das Gleiche gilt für von Fachkräften ausgeführte Massagen, die Sie sich selbst verordnen und die »nur« Ihrer Entspannung dienen.

Anregung für den Kreislauf

Massage steigert die örtliche Durchblutung der oberflächlichen sowie der tiefen Gewebeschichten bis zum Fünffachen der Normaldurchblutung. Dadurch werden die Zellen reichlich mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Gleichzeitig stimulieren die Berührung und die erhöhte Blutzirkulation auch das Lymphsystem, sodass Schlacken und Gifte besser ausgefiltert und abtransportiert werden können. Dieser sogenannte vasale Effekt gehört zu den heilsamsten Wirkungen der Knetkunst. Denn ein gut arbeitender Kreislauf und ein gut funktionierendes Lymphsystem sind die Voraussetzungen für ein intaktes Immunsystem.

Erholung für strapazierte Nerven

Die ausgleichende Wirkung von Massage auf das Nervensystem, nervaler Effekt genannt, entsteht hauptsächlich durch die Wärme der Hände, den ausgeübten Druck und den Berührungsreiz. Die Haut ist dabei Übermittlerin der heilsamen Energie, denn die in ihr verlaufenden Nervenenden (Rezeptoren) geben die Reize über die Nervenbahnen ans Gehirn weiter, wo die empfangenen Impulse verarbeitet und zu den anderen Teilen unseres Körpers weitergeleitet werden. Beim Massieren können je nach Art und Intensität der Grifftechniken die Nervenenden stimuliert oder beruhigt werden. Mit beruhigenden Grifftechniken kann ein durch Stress, Nervosität und innere Anspannung strapaziertes Nervenkostüm wieder zur Ruhe kommen und auf »Normalbetrieb« umschalten.

Entspannung pur

Beim Massieren werden Stresshormone, etwa Cortisol, abgebaut. Neben der direkten Beeinflussung der Nerven trägt auch dies zur entspannenden Wirkung bei.

Harmonisierung der Organfunktionen

Massage wirkt sich sogar positiv auf die Funktion innerer Organe aus. Diese Wirkung – der so genannte segmentale Effekt – entsteht durch die Verbindung innerer Organe mit bestimmten Hautbereichen, über die reflexartige (automatische) Organreaktionen ausgelöst werden können. Durch gezieltes Massieren solcher Hautzonen kann daher Einfluss auf Störungen einzelner Organe wie Nieren, Leber oder Herz genommen werden. Die Heilwirkungen der Bindegewebsmassage und der Fußreflexzonenmassage (siehe ab > und >) basieren auf diesem Prinzip.

Entspannung für verkrampfte Muskeln

Massage reguliert den Spannungszustand (Tonus) der Muskeln: Verspannte Muskeln werden entspannt (Detonisierung), schlaffe Muskeln werden tonisiert – mit dem Ziel der normalen und angenehmen Muskelspannung. Massage ist aber kein indirektes, passives Krafttraining, denn stramme Muskeln können sich ausschließlich durch unentwegte Muskelarbeit entwickeln, etwa beim Sport. Der tonisierende Effekt beruht darauf, dass die Muskeln durch die Massage gut durchblutet und so elastisch und dehnbar werden.

Ein Segen für Sportler

Durch Massage, in Verbindung mit sanften Dehntechniken, verringert sich die Anfälligkeit für Verletzungen, weshalb sie vor sportlichen Leistungen so sinnvoll ist. Darüber hinaus erholen sich ermüdete und erschöpfte Muskeln durch Massage schneller.

Linderung von Schmerzen

Bei extremen Verspannungen spüren wir oft starke Schmerzen. Regelmäßige und wohldosierte Massagebehandlungen können bei Verspannungsschmerzen Abhilfe schaffen, da durch bestimmte, schmerzhafte Massagegriffe ein bereits bestehender Muskelschmerz (kein entzündlicher oder verletzungsbedingter Schmerz!) überlagert wird: Die Nerven signalisieren dem Gehirn einen neuen, stärkeren Impuls, der das ursprüngliche, schwächere Schmerzsignal regelrecht übertönt. Die Medizin nennt diesen Vorgang Auslöschphänomen. Mit dem Nachlassen des Schmerzempfindens verschwinden auch die Muskelverspannungen, was wiederum die Durchblutung und damit die Versorgung des Gewebes günstig beeinflusst.