Paul Heyse

Marion

Paul Heyse

Marion

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019
1. Auflage, ISBN 978-3-962811-79-2

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Marion

(1852)

Zur Zeit als der hei­li­ge Lud­wig in Frank­reich die Kro­ne trug, war die gute alte Stadt Ar­ras um sechs­hun­dert Jah­re jün­ger als heut­zu­ta­ge. Dass sie aber tau­send­mal lus­ti­ger war, hat­te sie au­ßer ih­rer Ju­gend vor Al­lem der edeln Poe­ten­zunft zu dan­ken, die in ihr haus­te und durch Lie­der und Mi­ra­kel­stücke und kurz­wei­li­ge ge­reim­te Ro­ma­ne den Ruhm ih­rer Va­ter­stadt weit über das schö­ne Frank­reich ver­brei­te­te.

Nun war es im frü­hen Früh­ling, dass in ei­nem Gärt­chen zu Ar­ras hin­ter dem Haus ei­nes die­ser wa­cke­ren Poe­ten ein jun­ges Weib be­schäf­tigt war, Re­ben an das Ge­län­der zu bin­den. Sie war zier­lich ge­wach­sen, von je­ner fei­nen, be­hag­li­chen Fül­le, die ein fried­li­ches Ge­müt an­zu­zei­gen pflegt, und gar an­mu­tig von Ge­sicht. Stil­le schwar­ze Au­gen ließ sie dann und wann über den Gar­ten schwei­fen, als wüss­ten sie we­der von Freu­d’ noch Leid. Aber ihre Hän­de fei­er­ten und träum­ten nicht. Nach der Sit­te wohl­ha­ben­der Bür­ge­rin­nen trug sie das blon­de Haar mit man­cher­lei künst­li­chem Bän­der­schmuck ge­ziert, den Rock aber auf­ge­schürzt, der Ar­beit und wohl auch den hüb­schen klei­nen Fü­ßen zu Ge­fal­len.

Wie nun das schö­ne Ge­schöpf in fei­ner gleich­mü­ti­gen Tä­tig­keit schon tiefer in das Gärt­chen vor­ge­schrit­ten war, er­schi­en in der Tür des Hau­ses, die nach dem Gar­ten of­fen ge­stan­den, ein Mann, der an Ge­stalt und We­sen einen auf­fal­len­den Ge­gen­satz zu dem jun­gen Wei­be mach­te. Er war von mitt­le­rem Wuchs, leb­haf­tem Blick und un­re­gel­mä­ßi­gen Zü­gen. Sein schwar­zes Män­tel­chen ver­deck­te schlecht die lin­ke hohe Schul­ter, und sei­ne Bei­ne wa­ren in sehr un­glei­chem Stil ge­baut. Aber die gan­ze zu­sam­men­hang­lo­se Ge­stalt wur­de durch Rasch­heit und Le­ben­dig­keit der Be­we­gung in Fluss ge­bracht, und um den Mund spiel­te ein Zug, der ihn im Spott ge­fähr­lich und in der Freund­lich­keit hin­rei­ßend ma­chen muss­te.

Der Mann sah eine Wei­le der ein­sa­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­