Schummelseite

Einleitung

Uns ist durchaus bewusst, dass Forschungsmethoden nicht gerade ein Lieblingsthema unter den Studierenden der Psychologie und der Sozialwissenschaften sind. Wir kennen sogar etliche, die es als ein notwendiges Übel ansehen, im Studium eigene Forschungsarbeiten durchführen zu müssen. Warum ist das so? Ein Grund könnte sein, dass Menschen, die sich für ein Psychologie- oder sozialwissenschaftliches Studium entscheiden, an Gedanken, Verhaltensweisen und Gefühlen anderer Menschen interessiert sind. Weniger interessant finden sie es dagegen, sich zu überlegen, wie man ein Forschungsprojekt plant oder wie man Teilnehmer dafür gewinnt. Aber Sie müssen sich klarmachen: Jegliches sozialwissenschaftliches beziehungsweise psychologisches Fachwissen, das Sie an der Hochschule erwerben, stammt natürlich aus der Forschung, die auf diesen Gebieten durchgeführt wurde! Ohne Forschung gäbe es keine Sozialwissenschaften (oder andere wissenschaftliche Disziplinen), beziehungsweise es wären dann keine Wissenschaften, sondern lediglich wenig glaubwürdige Gedankengebäude aus Lehrmeinungen. Ohne robuste und stringente Forschungsarbeiten wüssten wir beispielsweise nicht, dass sich die Lebensqualität von Menschen verbessern lässt, indem man wirksame Wege findet, um ihre Denkweisen so zu verändern, dass sich daraus positive Änderungen ihrer Gefühle und Verhaltensweisen ergeben. Es ist also Forschung, die dazu beigetragen hat, im Laufe der Jahre das psychische Wohlergehen ungezählter Menschen zu verbessern!

Sie haben hoffentlich nicht überlesen, dass wir von »robuster und stringenter« Forschung sprachen. Anders ausgedrückt: von qualitativ hochwertiger Forschung. Andere Formen der Forschung würden die Wissenschaft nicht weiterbringen und womöglich sogar ethische Bedenken hervorrufen. Deshalb ist es für alle Studierenden wichtig, zu lernen, wie man gute Forschung betreibt. Und genau dazu soll dieses Buch beitragen.

Okay, nehmen wir einmal an, ein Psychologiestudent habe sich seinem Schicksal ergeben und akzeptiert, dass er um Forschung und deren Methodik nicht herumkommt. Erfahrungsgemäß wartet dann gleich noch eine weitere »bittere Pille« auf ihn: Für qualitativ hochwertige Forschung benötigt man Statistik! Vor einiger Zeit haben wir die Psychologiestudenten von 31 Universitäten nach ihrer Meinung zum Fach Statistik gefragt: 51 Prozent der Studenten war dabei überhaupt nicht bewusst, dass Statistik in ihrem Studiengang eine wichtige Rolle spielt. Generell äußerte sich die Mehrheit eher negativ zum Thema Statistik. Viele Studenten hatten beinahe Angst vor dieser Vorlesung. Wenn es Ihnen also ähnlich geht, seien Sie unbesorgt: Sie sind nicht allein!

Aber ob es Ihnen gefällt oder nicht: Statistik ist ein wichtiger und notwendiger Bestandteil aller Psychologie- und Sozialwissenschaftsstudiengänge. Schließlich handelt es sich dabei um empirische Disziplinen. Die quantitative Erfassung von Informationen ermöglicht es uns, die zugrunde liegenden Daten objektiv und vergleichbar darzustellen. All diese Informationen müssen dann sinnvoll zusammengefasst und analysiert werden, sonst können Sie keine Schlussfolgerungen ziehen und Entscheidungen treffen. Ein Grundverständnis in Statistik ist also nicht nur für Ihre eigene Forschungsarbeit wichtig, sondern wird auch gebraucht, um die Arbeiten anderer Forscher lesen und kritisch hinterfragen zu können. Aber selbst, wenn Sie nicht in der Forschung, sondern als Psychologe arbeiten, bestimmen Statistiken Ihren Alltag. Ein Psychologe, dessen Patient über Angstzustände klagt und ein selbstverletzendes Verhalten an den Tag legt, muss beispielsweise entscheiden können, welche Therapie unter den gegebenen Umständen am wirkungsvollsten ist. Wie stark sind die Angstzustände? Und stehen sie in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Selbstverletzungen oder nicht? Natürlich muss dies für jeden Patienten individuell beurteilt werden – aber Statistiken geben Ihnen wichtige Hinweise.

Statistisches Grundwissen ist für Sozialwissenschaftler und Psychologen also unabdingbar und darum Teil dieses Buchs. Aber keine Sorge: Dank moderner Computerprogramme wie SPSS müssen Sie fast nichts selbst berechnen oder die Statistik in ihrer vollen mathematischen Tiefe verstehen – vielmehr übernimmt der Computer alle komplizierten mathematischen Berechnungen für Sie! Sie müssen lediglich die grundsätzlichen Konzepte der Statistik sowie deren Anwendungsbeschränkungen kennen. Aber hey, wenn Sie in der Lage sind, die Theorien der kognitiven Psychologie zu verstehen und sich in den Wirren psycho-biologischer Modelle zurechtfinden, werden Sie ganz sicher auch damit klarkommen! Selbst für Menschen, die mit Mathematik auf Kriegsfuß stehen, ist es recht einfach möglich, sich das zum Bestehen des Studiums relevante Statistikwissen anzueignen. Und dieses Buch wird Ihnen dabei eine wertvolle Hilfe sein.

Wir haben dieses Buch übersichtlich und knapp geschrieben, um Sie darin zu unterstützen, hochwertige Forschungsarbeiten durchzuführen. Wir setzen kein Vorwissen über Forschung voraus. Wir hoffen, dass Ihnen das Buch Lust darauf macht, eigene Forschungsarbeiten in Angriff zu nehmen. Und dass Ihre Forschung wiederum dazu beitragen wird, die Wissenschaft zum Nutzen zukünftiger Generationen voranzubringen. Alle dazu notwendigen statistischen Methoden haben wir in der zweiten Hälfte dieses Buchs zusammengetragen. Auch hier setzen wir keinerlei Vorkenntnisse in Statistik voraus. Im Gegenzug bitten wir Sie, mit einer positiven Einstellung an die Sache heranzugehen.

Über dieses Buch

Ziel dieses Buchs ist es, Studierende dabei zu unterstützen, psychologische beziehungsweise sozialwissenschaftliche Forschung zu verstehen, durchzuführen, zu interpretieren und zu dokumentieren. Das Buch ist als leicht verständlicher Leitfaden gedacht und richtet sich in erster Linie an Studierende in den ersten Semestern. Aber wir hoffen, dass es einen möglichst breiten Personenkreis anspricht und vielleicht auch das Wissen derer auffrischt, die dem Studium schon länger entwachsen sind …

Das Buch ist grob in zwei Hälften geteilt: Die erste Hälfte (Teil I bis VI) widmet sich den grundsätzlichen Aspekten einer Forschungsarbeit, den verschiedenen Formen der Berichterstattung in den Wissenschaften sowie populären Forschungsdesigns. Die zweite Hälfte (Teil VII bis XI) gibt Ihnen einen leicht verständlichen Überblick über das Reich der Statistik. Da wir aus eigener Lehrerfahrung wissen, dass Statistik nicht unbedingt das Lieblingsfach der meisten Sozialwissenschafts- beziehungsweise Psychologiestudenten ist, haben wir versucht, auf komplizierte mathematische Formeln und überflüssige Techniken zu verzichten. Stattdessen halten wir alles so verständlich und kompakt wie möglich und geben zahlreiche bebilderte Beispiele.

Sie brauchen das Buch nicht von Anfang bis Ende in der vorgegebenen Reihenfolge zu lesen. Die einzelnen Kapitel sind in sich abgeschlossen und erfordern in der Regel kein besonderes Vorwissen. Der Statistikteil wurde ganz bewusst ans Ende des Buchs verlegt – gewissermaßen als Appendix, in dem Sie bei Bedarf alle wichtigen statistischen Grundbegriffe und Methoden nachlesen können. Wenn Sie schon mit den Grundzügen der Statistik vertraut sind, können Sie einfach das entsprechende Kapitel zu einer gewünschten Methode aufschlagen: Jedes statistische Verfahren in diesem Buch wird erst leicht verständlich erklärt, gefolgt von einem Beispiel (mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen zum Umgang mit SPSS sowie Tipps zur Interpretation und Wiedergabe der Daten). Statistikneulingen legen wir indes nahe, die entsprechenden Kapitel 19 bis 39 sukzessive durchzuarbeiten, bevor sie sich ernsthaft mit der Idee einer Forschungsarbeit auseinandersetzen.

Was Sie nicht lesen müssen

Wir haben bewusst versucht, unsere Erklärungen möglichst kurz und verständlich zu halten. Dennoch enthält dieses Buch eine Menge Informationen, von denen einige für Sie möglicherweise überhaupt nicht von Bedeutung sind. Manchmal werden Sie beim Lesen über das Symbol des Technikers stolpern, das Sie auf Spezialwissen verweist. Es kennzeichnet (meist technische) Zusatzinformationen, die Sie gut und gerne überspringen können, falls Sie sich nicht dafür interessieren.

Außerdem werden Sie auch auf einige graue Textkästen stoßen. Dort werden Themen weiter ausgeführt, die wir für interessant halten. Allerdings sind wir vielleicht etwas voreingenommen – also zögern Sie nicht, diese Kästen zu überspringen.

Törichte Annahmen über den Leser

Beim Schreiben dieses Buchs gingen wir von einigen mehr oder weniger zutreffenden Annahmen über unsere Leser aus:

  • Sie studieren eine empirische Sozialwissenschaft, Psychologie oder ein ähnliches Fach.
  • Sie sind in der Forschung ein Neuling, haben also noch nie oder höchstens ein-, zweimal ein eigenes Forschungsprojekt bearbeitet.
  • Sie sind grob mit den gängigen statistischen Methoden vertraut (falls nicht: Sie schlagen bei Bedarf im hinteren Teil des Buchs nach, was es damit auf sich hat).
  • Sie wissen, dass SPSS ein Statistikprogramm und kein ominöser Tropenvirus ist. Im besten Fall haben Sie SPSS schon auf Ihrem Rechner installiert. Außerdem können Sie grundsätzlich einen Computer bedienen.
  • Sie sind kein Mathe-Genie, haben aber ein grundlegendes Zahlenverständnis und beherrschen die mathematischen Grundlagen – zum Beispiel das Quadrieren oder Wurzelziehen einer Zahl.
  • Sie möchten keine komplexen multivariaten Statistiken auswerten. Dieses Buch richtet sich an Anfänger. Wir begrenzen uns daher auf Methoden, die man als Einsteiger benötigt.

Wie dieses Buch aufgebaut ist

Dieses Buch ist in zwölf Teile gegliedert. Die ersten sechs Teile sind dem generellen Ablauf von Forschungsprojekten gewidmet:

  • In Teil I des Buchs bekommen Sie einen Überblick darüber, wie man in den empirischen Sozialwissenschaften und der Psychologie forscht. Sie erfahren, was die Ausdrücke »Reliabilität« und »Validität« bedeuten und warum sie so wichtig für Durchführung und Beurteilung von Forschungsarbeiten sind. Zudem lernen Sie fünf ethische Grundsätze für die Forschung kennen und erfahren, wie Sie dafür sorgen können, dass Ihre eigenen Studien diesen Ansprüchen genügen.
  • In Teil II erfahren Sie, wie Sie mit verschiedenen Erhebungsdesigns natürlich vorkommende Variablen erfassen und welche Arten von Erhebungen Sie durchführen können. Sie lernen, wie Sie eine repräsentative Stichprobe für Ihre Studie auswählen und Fehler bei der Stichprobenziehung vermeiden. Sie bekommen Tipps für das Erstellen eigener Fragebogen und erfahren, wann ein Fragebogen valide und reliabel ist.
  • In Teil III lernen Sie die beiden wichtigsten Versuchsdesigns (Experimentaldesigns) in der Psychologie und den empirischen Sozialwissenschaften kennen. Und Sie erfahren, welche Arten von komplexeren Versuchsdesigns möglich sind, wenn Sie mehr als zwei Gruppen untersuchen möchten.
  • In Teil IV finden Sie Richtlinien für das Erstellen eines grundsoliden qualitativen Forschungsprojekts, einschließlich Hinweisen zur Stichprobenauswahl, Datenerhebung und Transkription von Notizen. Zudem erfahren Sie, wie man bei der qualitativen Datenanalyse Muster erkennt.
  • In Teil V lernen Sie das schrittweise Vorgehen beim Schreiben von Forschungsberichten kennen. Sie erfahren, wie Sie einen herausragenden Vortrag vorbereiten, ein Poster beziehungsweise Folien gestalten und diese professionell vortragen. Auch finden Sie Hinweise für das Erstellen eines Literaturverzeichnisses und bekommen einen Überblick darüber, wie man richtig zitiert und Zahlen formatiert.
  • In Teil VI erfahren Sie, welche Literatur Sie in die Literaturübersicht Ihres Forschungsberichts aufnehmen müssen. Sie lernen, wie Sie die ideale Teilnehmeranzahl für Ihre quantitative Studie berechnen. Und Sie erfahren, wie ein durchdachtes Exposé Ihrer Forschung zu einem guten Start verhilft.

Ab Teil VII des Buchs wenden wir uns dann der Statistik in ihrer vollen Pracht zu:

  • In Teil VII geht es um die Beschreibung und Zusammenfassung von Daten. Zunächst werden die verschiedenen Arten von Variablen und die Skalenniveaus erklärt. In diesem Teil beginnen wir auch mit den Grundlagen der deskriptiven Statistik. Außerdem geben wir Ihnen eine erste Einführung in SPSS. Wenn Sie also noch nie SPSS benutzt haben oder eine kleine Auffrischung benötigen, sind Sie hier genau richtig!
  • Teil VIII konzentriert sich auf zentrale Begriffe der Statistik. Sie wissen nicht, was der Unterschied zwischen einer Null- und einer Alternativhypothese ist? Sie fragen sich, was statistische Interferenz noch mal bedeutet und was der p-Wert mit der Effektstärke zu tun hat? Dann auf zu Teil VIII!
  • Teil IX befasst sich mit der schließenden Statistik, beispielsweise Korrelation, Regression und Tests für kategoriale Daten. Wir erklären, wann und wofür jede Methode verwendet wird und wie man die entsprechende Analyse mit SPSS durchführt. Außerdem erfahren Sie, wie Sie die Ergebnisse richtig interpretieren und statistisch korrekt zusammenfassen.
  • Auch Teil X befasst sich mit der schließenden Statistik, nämlich den Unterschieden zwischen zwei oder mehreren unabhängigen Datengruppen. Dabei werfen wir ein besonderes Augenmerk auf den t-Test für unabhängige Stichproben, den Mann-Whitney-Test und die Varianzanalyse (ANOVA).
  • Teil XI des Buchs beschäftigt sich noch einmal mit der schließenden Statistik, jetzt aber mit den Unterschieden zwischen zwei oder mehr wiederholten Messungen. Hier finden Sie den t-Test für abhängige Stichproben, den Wilcoxon-Test und die bereits erwähnte Varianzanalyse (ANOVA). Mit der gemischten ANOVA konzentrieren wir uns hier aber auf die Analyse von Forschungsdesigns, die sowohl unabhängige Stichproben als auch wiederholte Messungen umfassen.

Wie von den Dummies nicht anders zu erwarten, endet dieses Buch mit einem Top-Ten-Teil: Hier finden Sie 10 Stolperfallen, die Sie bei der Stichprobenauswahl lieber vermeiden sollten, 10 Tipps für Forschungsberichte, 10 gute Ratschläge für inferentielles Testen und 10 Tipps für das Zitieren Ihrer Ergebnisse.

Symbole, die in diesem Buch verwendet werden

Wie in allen Dummies-Büchern sind in diesem Buch manche Textstellen mit Symbolen markiert. Diese enthalten ganz besondere Informationen:

Dieses Icon gibt hilfreiche Tipps, mit denen Sie Zeit und Gehirnschmalz sparen können.

Diese Textstellen sind wirklich wichtig! Sie enthalten Infos, die Sie auch dann noch wissen sollten, wenn Sie das Buch wieder zugeklappt haben.

Dieses Symbol kennzeichnet Fallen, in die Anfänger oft tappen.

Hier finden Sie ausführlichere Informationen zu Themen, die im Text nur am Rande behandelt werden. Wenn Sie schnell vorankommen möchten, können Sie diese Textstellen auslassen.

Wie es weitergeht

Sie können das Buch von Anfang bis Ende durchlesen (und dabei hoffentlich auch Spaß haben), aber es ist kein Roman. Vielmehr ist das Buch so aufgebaut, dass Sie die gewünschten Informationen bequem finden können, ohne alle Details zum betreffenden Thema durchlesen oder sich durch unnötig viele SPSS-Schritte quälen zu müssen.

Wenn Sie ein Forschungs-Neuling sind, empfehlen wir Ihnen, mit Kapitel 1 anzufangen, das Ihnen einen groben Überblick über psychologische beziehungsweise sozialwissenschaftliche Forschungsmethoden verschafft und einige wichtige Prinzipien vorstellt. Wenn Sie sich schon etwas mit Forschung auskennen, aber Informationen dazu brauchen, wie man ein Exposé oder einen Forschungsantrag schreibt, schlagen Sie bitte Teil VI auf. Wenn Sie bereits mit quantitativer Forschung zu tun hatten und sich jetzt qualitativen Methoden zuwenden möchten, blättern Sie vor bis zum Teil IV. Wenn Sie ein blutiger Anfänger auf dem Gebiet der Statistik sind, beginnen Sie am besten bei Kapitel 19 und arbeiten sich dann durch die verbleibenden Kapitel. Wenn Sie einfach nur Hilfe bei den ersten Schritten mit SPSS benötigen, legen wir Ihnen Kapitel 21 ans Herz. Falls Sie sich gerade fragen, was doch gleich der p-Wert oder eine Effektgröße war – dann los zum Teil VIII! Und falls Sie nach anderen Themen oder Schlagworten suchen, werden Ihnen das Inhalts- und das Stichwortverzeichnis sicher gute Dienste leisten.

Na dann, gute Reise ins Reich der Forschung!