Christian Lunzer – Henner Kotte

Der Fall Kleinschroth

Familienbetrieb

 

 

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Kreittmayrstr. 26, 80335 München

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Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-95616-575-7

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Inhalt

Familienbetrieb

Quellen

Lust auf mehr?

Mütter, Töchter, Ehefrauen

Gift & Galle

Auf Messers Schneide

Weibliche Tugenden

Mörderische Arbeitsmarktverwaltung

Mord am Arbeitsplatz

Arbeitsplatz und Ausbildung

Die Autoren

Der Verlag

Impressum

 

Familienbetrieb

Ich aber wandle im Gestein
Und wolkenhoch auf schmalem Steg,
Im Abgrund schäumt der weiße Rhein
Und via mala heißt mein Weg!

Das Tal der Alpen Via Mala ist sagenhaft und Legenden umwoben. Der „schlechte“ oder „böse Weg“ verläuft zwischen den Schweizer Orten Thusis und Zillis. An mancher Stelle hat sich der Hinterrhein mehr als 500 m in den Fels geschnitten. Bizarr die Formationen. Tosend der Fluss. Kaum Sonne dringt durch die Schlucht. Düster erscheint die Vegetation. Seit Jahrhunderten ist diese Klamm Handelsweg zwischen Nord- und Südeuropa. Mehr als ein Reisender ist im Tal zu Tode gestürzt. Und doch wurde die Schlucht erst 1934 mit John Knittels Roman Via Mala weltberühmt. Es ist die grausame Familiensaga derer von Lauretz. Zweimal verfilmt. Gert Fröbe und Mario Adorf spielten die Haupt- und Unperson Jonas Lauretz. Jener ist Sägemüller und herrscht über seine Familie mit gnadenloser Gewalt. Die Arbeit in der Mühle überlässt er seinen Kindern, seiner Frau. Er gibt sich dem Trunke und anderen Frauen hin. Ist der Vater daheim, prügelt und schlägt er die Seinen fast zu Tode. Ihnen ist das Leben unerträglich. So schmiedet die Familie das Komplott und sucht denjenigen, der sie von diesem Tyrann befreit. Der Tagelöhner der Sägemühle Jöry erklärt sich bereit. Mutter Martha, Tochter Hanna, Sohn Niklaus – sie tuen mit. Es muss ein Ende haben. Mord.

„Und die Schneide der Axt, silbern glänzend, sauste durch die Luft und traf Lauretz an der Schuler. Lauretz schrie auf wie ein verwundetes wildes Tier … Lauretz verdrehte die gequälten Augen und schaute Niklaus an. ‚Was hab ich denn getan? Lasst mich in Ruhe!’ heulte er und packte mit einer wilden Kraftanstrengung Jöry am Nacken.

‚Niklaus! Niklaus! Zu Hilfe! Zu Hilfe!’

Die beiden Frauen schlichen sich näher heran, ihre mageren wachsbleichen Gesichter glänzten wie beleuchtete Masken … Hanna hielt den Arm ihrer Mutter umklammert, die Laterne in ihrer Hand zitterte. ‚Niklaus!’ Ihre Stimme klang schrill und markerschütternd. ‚Mach ein Ende, Niklaus, mach ein Ende!’

Der alte Lauretz blutete wie ein Bulle unter dem Schlachtmesser. ‚Niklaus, nie wieder tu ich dir was! Komm und hilf mir!’

Ein Messer glitzerte in Jörys Hand. Er stieß es Lauretz in die Seite ... Sein Schreien wurde immer lauter. Die Rufe seiner Frau und ihrer Tochter erfüllten die Luft. Jöry warf Niklaus das Messer vor die Füße und stolperte in die Nacht davon Jonas Lauretz sank gegen einen Holzstoß zurück. Seine Arme fielen schlaff herab.

‚Er stirbt, er stirbt’, rief die alte Lauretz … Verzweifelt starrte der Alte seinen Sohn an. ‚Buab’, murmelte er, ‚Buab, du hast mir nicht geholfen. ’

Nikolaus stand unschlüssig da. Plötzlich bückte er sich und näherte sich seinem Vater. ‚Dir helfen!’ schrie er außer sich. ‚Ich werde dir jetzt gleich helfen! Du wirst mir nicht mehr die Knochen zerschlagen. Du wirst mir nicht mehr Muattr blutig schlagen. Und jetzt hol ich mir das Geld zurück, das du gestohlen hast!’ …

‚Buab“’, wimmerte er, ‚hab Erbarmen! Ich werde dir nie wieder etwas tun. ’

‚Es ist zu spät’, sagte Niklaus feierlich. ‚Zu spät! Ich muss es tun!’ Er kniete auf die Brust seines Vaters. Zwei schrille Stimmen riefen seinen Namen. Er schaute sich um wie ein Raubtier, das über seiner Beute kauert und Angst hat, sie zu verlieren. Dann stieß er seinem Vater das Messer ins Herz. Lauretz bäumte sich auf. Er stieß einen Seufzer aus und sank dann langsam zurück. Niklas zog das Messer aus der Wunde, aber noch bevor er sich erheben konnte, packte Hanna seinen Arm und nahm ihm das Messer weg.

‚Du sollst es nicht allein tun! Ich bin mit dabei! Ich mache es genauso wie du!’ Mit geschlossenen Augen beugte sie sich über den Körper ihres Vaters und stach wie eine Verrückte blindlings zu. Dann fiel sie rittlings hin. Schaum stand ihr vor dem Mund. Niklaus zerrte sie weg und half ihr auf die Knie. Das Messer entfiel ihren Händen. Frau Lauretz packte es. Sie stand neben ihnen.

‚Ich habe euch geboren’, sagte sie und blickte auf sie nieder. ‚Ich tue es aus Liebe zu euch! Ihr sollt nicht sagen, dass ich euch in diesem Augenblick im Stich gelassen haben!’ Mit weit ausholendem Schwung ließ sie das Messer niedersausen und fiel dann vornüber, das Gesicht an ihres Mannes Gesicht gepresst. „

Via Mala ist ein Roman. Die einsame Mühle im tiefen Tal, Verabredung zum Mord, seine brutale Ausführung, schaurige Kulisse, junge Liebe und Happy End, all das erinnert an die klassische englische Kriminal- und Schauergeschichte, an Schicksals- und Heimatroman. Die Mordsmühle. Höllenhaus. Und ewig schweigen die Wälder. Via Mala ist ein Roman, aber er basiert auf wirklichem Geschehen. John Knittel hat gut recherchiert, vieles entspricht den Tatsachen und den Charakteren. Die wahre Geschichte trug sich 1817 im Sittenbachtal in Franken zu. Fünf Jahre darauf, am 12. August 1822, wurde das Urteil verkündet. Sieben Personen waren des Mordes angeklagt. Wir folgen den Fakten Anselm Feuerbachs. Via Mala ist ein Roman.