Eine fremde Welt Steven
Ein Roman von Miamo Zesi
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Namen und Handlungen sind alle fiktiv und haben mit keinen Personen oder Plätzen etwas gemeinsam.
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Miamo Zesi
Sept. 2013
Weitere Bücher:
Eine fremde Welt »Peter«
Ab Frühjahr 2014
Eine fremde Welt »Fiona«
Eine Freundschaft – Liebe, die aus Vertrauen aufgebaut ist – ist mehr, als man sich im Leben wünschen kann.
Inhaltsverzeichnis
2
1. Copyright 2
2. Widmung 3
3
3. Prolog 5
4. ICH 6
5. StevenM 7
6. Sklavinchen 8
7. Kennenlernen 9
8. Samstag 25
9. Die Shopping-Tour 36
10. Freunde 42
11. Der Alltag 47
12. Allein 53
13. Italien 64
14. Advent 91
15. Weihnachten 99
16. Mein Wunsch 109
Leseprobe: 117
17. Eine fremde Welt »Peter« 117
Es ist wieder einmal so ein Tag, draußen regnet es und stürmt. In mir drinnen ist diese Unruhe, die ich nicht beschreiben kann. Ich nehme mein Laptop zur Hand und surfe mich durch die Chatrooms – nach was? Unterhaltung? Vermutlich, allerdings weiß ich es auch nicht wirklich. Dann werde ich angeschrieben – wieder – das Übliche – nein, ich will diese stupide Anmache einfach nicht. Ich will – etwas anderes – was? Ich weiß es nicht.
Eine erneute Anfrage – »Lust einfach nur zu quatschen?« Ich überlege kurz und antworte dann – »gerne« – ich kann mich ja wieder ausklinken – das Netz ist ja so schön anonym.
Doch meistens kommt es ja anders und zweitens, als man denkt.
Wir haben gequatscht und gequatscht, und aus Minuten wurden Stunden. Am Ende weiß ich noch nicht einmal, wie er heißt, und doch habe ich das Gefühl einen Seelenverwandten getroffen zu haben – meine zweite Hälfte.
Sein Nick-Name ist StevenM und das ist unsere Geschichte.
Ich, ja, wer bin ich – mein Name ist Beth, 25 Jahre alt, 175 cm groß, habe blaue Augen. Ich würde mich als der durchschnittliche Typ Frau beschreiben. Nicht zu dick, aber auch keine Traumfigur, meine Brüste sind gefällig – ich selbst bezeichne sie als hübsch – sie gefallen mir. Ich habe schulterlange blonde Haare und bin Brillenträgerin – auch schon etwas, was ich immer war.
Mein Kleidungsstil ist sportlich, was heißt, ich bin Jeansträgerin – ich liebe Jeans und T-Shirts. Sie gehören zu mir und ich passe zu ihnen. Elegante Kleidung trage ich sehr selten, wenn dann nur zu besonderen Anlässen wie Hochzeiten. Ich schminke mich fast nie, vermutlich falle ich auch deshalb wenig auf. Was den Sport anbelangt, ja, betreibe ich, aber es reicht nicht zur Traumfigur, hier fehlt mir eindeutig der Ehrgeiz.
Meine Arbeitsstelle ist in einem kleinen Betrieb im Büro als Bürokraft – es gefällt mir dort sehr gut. Ich habe einen kleinen, aber wie ich finde feinen Freundeskreis. Ein paar Partnerschaften, die aber immer nur kurzweilige Zwischenspiele waren. Nie etwas Ernsteres, nie war jemand dabei, der mir das Herz gebrochen hat. Oder mich so in Verzweiflung gestürzt hat, dass ich den Glauben an Partnerschaft und Liebe verloren habe.
Ich bin als Einzelkind relativ behütet aufgewachsen, was heißt, die volle Aufmerksamkeit meiner Eltern war und ist mir immer noch sicher. Der Tag, an dem ich ihnen mitteilte, dass ich in meine eigene Wohnung ziehe, war ein schmerzlicher Tag für sie. Sie konnten loslassen und in der Zwischenzeit haben wir wieder ein vertrauensvolles Verhältnis zueinander aufgebaut. Dass ich noch keinen Partner an meiner Seite habe, sehen sie mit großer Sorge.
Der Abend geht bis spät in die Nacht. Am Ende weiß ich nur, dass er StevenM heißt, viele Interessen und Sichtweisen hat, die meinen gleichen – er scheinbar auf einer Wellenlänge mit mir steht. Wir haben über so vieles geredet, aber nicht ein Mal war etwas Anrüchiges oder Zweideutiges dabei, es ging einfach um – ja, um was? Ich weiß es nicht, als wir uns verabschiedet haben, freute ich mich auf den nächsten Abend, obwohl wir nichts ausgemacht haben.
Am anderen Morgen wache ich mit einem Lächeln auf. Die Augen noch müde, aber trotzdem voller Energie. Ich fahre zur Arbeit, freue mich schon auf den Abend, auf ihn, ob er wieder online sein wird?
Er hat nichts gesagt – versprochen. Die gute Laune ist ansteckend. Alles läuft leicht von der Hand, ich bin gespannt auf den Abend zu Hause – den ich meistens unter der Woche allein verbringe.
Er ist nicht da – keine Nachricht von ihm – nichts. Ich warte noch eine Zeit lang, dann aber ein Achselzucken und ich denke enttäuscht – schade.
Tage vergehen, natürlich blicke ich immer mal wieder gespannt in den Chatroom, ob StevenM da ist. Tatsächlich, eine Woche später meldet er sich – keine Entschuldigung nichts – nur ein Hallo – und mein Tag ist gerettet.
Was für ein nettes erfrischendes Gespräch gestern Abend – naja, es ist nicht meine Art, in Chatrooms herumzustrolchen, aus dem Alter bin ich dann doch raus. Keine Ahnung, weshalb gerade gestern, und auch noch reden – ich – jeder, der mich kennt, würde darüber schmunzeln.
Aber sie war nett. Trotz der Anonymität im Netz glaube ich, dass ich mit einer Sie gesprochen habe. Gerade deshalb – eine Netzbekanntschaft passt niemals zu mir, meiner Art auch nicht, zu dem, was ich will, deshalb, ein netter Abend bzw. Zeitvertreib, gut war es.
Die Arbeit, mein Unternehmen, es macht mir Spaß. Strengt mich an, fordert mich in allen Belangen. Aber so bin ich: herrisch, fordernd, dominant, nicht nur im Geschäftlichen auch im Privaten und vor allem beim Sex.
Es gibt nichts, was ich nicht gesehen oder sogar ausprobiert hätte mit meinen Partnerinnen. Anfänger in diesem Bereich bin ich schon seit Jahren nicht mehr. Aber das ist nur einem kleinen Kreis Menschen bekannt. Dem Personenkreis, in dem ich mich frei bewegen kann, der Kreis, der meine Leidenschaft teilt und mit auslebt. Der Teil, der zu mir gehört.
Sie suche ich schon lange. Ob es sie tatsächlich gibt, das weiß ich nicht, aber es sind viele, die sich auf ein Spiel einlassen, sich ausprobieren, sich fallenlassen möchten.
Die Geschäftsreise, sie kommt unverhofft, sie war nicht geplant. Aber nach einer Woche bin ich neugierig.
Ist sie da?
Sklavinchen – was für ein niedlicher Nick, er macht natürlich neugierig auf mehr. Was steckt dahinter? Warum dieser Name?
Allerdings habe ich keine Lust auf Spielchen mit Sklavinnen. Ich liebe die Dominanz. Nicht aber die Form der Unterwürfigkeit, die das Wesen eines Menschen verändert – ändert – ich will das Selbst eines Menschen immer erkennen können, in jeder Lage. Aber ich will die Kontrolle.
Ein demütiges, willenloses Geschöpf ohne Charakter möchte ich nicht haben, weder im Bett noch im Leben.
Sie ist tatsächlich da. – Soll ich mich nochmals melden? – Ihr schreiben? – Chat-Geschichten spielen bei mir keine Rolle. Deshalb muss ich mich fragen – will ich sie treffen? Und soll ich ihr sagen, was ich von ihr erwarte, wenn sie zu mir kommt?
Verwirrend. Ich kenne sie nicht. Weiß nicht, wie sie aussieht, und trotzdem bin ich in einer Weise scharf auf sie, wie ich es mir nicht erklären kann. Allein die Vorstellung, sie zu treffen, macht mich in einer Form an, die ich selber nicht glaube. Ich weiß auch schon sehr genau, was ich von ihr erwarte.
»Hallo Sklavinchen«, schreiben meine Finger fast automatisch. Ich warte ab, ob eine Antwort folgt.
»Freu mich!« – In typischer Chat-Manier kommt prompt die Antwort zurück.
Ich lehne mich in mein Sofa zurück, und beginne zu schreiben. Anders als letzte Woche direkter.
»Warum Sklavinchen?«, sind meine ersten Worte, die ich an sie richte.
Es dauert eine Weile, bis sie zurückschreibt. Ich warte ungeduldig auf ihre für mich doch wichtige Antwort.
Dann kommt die Rückantwort von ihr mit den Worten: »Ich bin keine Sklavin, aber ich fühle mich wohl, wenn mein Partner im Bett die Führung übernimmt, das Sagen hat. Ich weiß noch nicht mal, ob ich überhaupt in diese Richtung orientiert bin. Aus diesem Grund benutze ich den Nicknamen verniedlicht und habe ein Sklavinchen daraus gemacht. Ich fühle mich von SM angezogen, von der Vorstellung dominiert zu werden, aber ob ich dafür geschaffen bin, weiß ich nicht. Bis jetzt war ich immer zu feige, mich auf eine Beziehung in dieser Richtung einzulassen oder auch nur danach zu suchen.«
Ich warte ab, ob mehr von ihr kommt. Sie ist ehrlich, das schätze ich. Mal schauen, ob sie, wenn sie Details über mich erfährt, immer noch neugierig und mutig ist oder sich ausklingt.
Also trinke ich nochmals einen Schluck Rotwein und beginne zu schreiben.
»Ich möchte dir ein paar Dinge über mich erzählen. Danach kannst du entscheiden, ob du mir antworten willst oder nicht.
Ich heiße Steven, bin 32 Jahre alt, ledig. Ich bin 185 cm groß, wie ich finde durchschnittlich aussehend. Manche Frauen sagen, ich wirke elegant, sportlich, aber ich bin vor allem eines und das ist dominant. Du interessierst mich, Sklavinchen, obwohl ich mir noch nicht erklären kann, warum. Deine Antworten, deine Schreibweise sprechen mich an. Eine Chat-Bekanntschaft in so einem Rahmen, in einem Chatroom, hatte ich noch nie und werde ich auch nicht weiter fokussieren. Vielleicht gerade aus diesem Grund möchte ich dich persönlich treffen. Dich kennenlernen. Dies wird aber ausschließlich zu meinen Bedingungen geschehen. Ich entscheide, wo, wann und wie ich dich sehen will. Solltest du dich durchringen, ins kalte Wasser zu springen, und du zu diesem Treffpunkt kommst, Sklavinchen, werde ich dich ficken. Alles wird nach meinen Bedingungen ablaufen. Ich sage dir, was du zu tun oder zu lassen hast.
Ich kann dir nur versprechen, dass ich dich gut behandeln werde. Dich nicht verletzen werde, und dass ein Nein von deiner Seite auch ein Nein sein wird. Ich bin kein Wilder, aber es wird so ablaufen, wie ich es gestaltet haben möchte. Du hast dem nicht zu widersprechen, sondern dich zu fügen.« Ich drücke die Enter-Taste. Trinke den nächsten Schluck Wein und logge mich aus. Lasse ihr etwas Zeit, das Geschriebene zu verarbeiten, ich selbst gehe aus. Um mich etwas abzulenken, an etwas anderes zu denken, treffe ich mich mit Freunden und habe einen angenehmen Abend in netter Gesellschaft.
Als ich seine Worte gelesen habe, blicke ich auf und grüble nach. Habe ich mir das so vorgestellt? Habe ich mir so etwas ausgemalt? Gewünscht? Warum ist mein Bauch plötzlich kribbelig und mir ist es heiß an Stellen, die ich hier, jetzt nicht einmal benennen möchte? Er – Steven hat sich deutlich ausgedrückt. Seine Worte sind geradeaus, exakt, wie ich es mag, keine Schnörkel. Ohne darum herum zu reden. Sondern wie jemand, der eine Ahnung hat, was er will und auch was er tut. Aber bin ich für so was geschaffen? Traue ich mich, wie er es nennt, ins kalte Wasser zu springen? Was weiß ich denn von ihm?
Nichts.
Er sagt: Ein Nein ist ein Nein, daran wird er sich immer halten, aber das ist auch die einzige Aussage, die ich von ihm erhalten habe. Was heißt das wiederum? Was will er mit mir tun, im Bett, wie er sich ausdrückt? Diese Frage lässt sich einfach beantworten. Was tun Dominante, sie wollen die Kontrolle, sie fügen Schmerzen zu und es gefällt ihnen. Sie haben Sex mit vielen Partnerinnen, sie sind anders, abartig, oder?
Meine Gedanken kreisen um so vieles und vieles wird nicht klarer. Wen frage ich? Woher bekomme ich Antworten? Als ich mich auf ihn konzentriere, genauer hinsehe, bemerke ich, er ist weg.
Wieder Fragen, habe ich zu lange gezögert? Ihn dadurch beleidigt? Ihn verscheucht? Oder ist er ganz bewusst gegangen und lässt mich mit meinen Gedanken allein? Diese kreisen und kreisen. Beim ersten Treffen ficken, er sagt nicht schlafen, er sagt ficken. Ich glaube ihm.
Was ist das für ein Kerl? Was sagt das über ihn aus, und vor allem, was sagt das über mich aus? Ich bin nicht schon schreiend davongelaufen, habe nicht den Laptop zugeklappt, den Kontakt gelöscht. Habe mir nicht gesagt, Stopp, mit so einem Schwein will ich nichts zu tun haben. Warum reagiert mein Innerstes so? Weshalb ist mein Höschen nass, allein von der Vorstellung, von ihm gefickt zu werden? Warum würde ich am liebsten im Bett liegen und es mir besorgen? Warum? Bin ich es auch? Abartig? Anders? Kann ich es mir vorstellen zu gehorchen? Ich, die immer ein freches Wort auf den Lippen hat? Die nie eine Antwort schuldig bleibt? Ich mich unterwerfen?
Was stellt der Kerl sich bloß vor, ich schlage den Laptop zu und gehe ins Bett. An Schlaf ist nicht zu denken, die ganze Nacht kreisen die Gedanken bis in die Morgendämmerung. Dann schlafe ich unruhig ein. Dieser Mistkerl, denke ich noch lange.
Die Tage vergehen, gefühlte Jahre. Ich bin entgegen meinem Naturell fahrig nervös, ja, auch launisch. In Gedanken bin ich immer noch bei Steven. Obwohl mein Verstand weiß, dass er sein Angebot durchaus ernst gemeint hat, bin ich hin- und hergerissen. Mir fehlen Informationen, auf was ich mich hier einlasse. Was erwartet er von mir? Was nicht? Viele Fragen und ich weiß, dass er erst mal nicht gewillt ist, mir diese zu beantworten. Es geht darum, dass ich mich entscheide. Mich entscheide, ein Wagnis mit ihm einzugehen, über meinen Schatten zu springen, etwas Neues zu beginnen. Über allem hängen die Worte, die mir in dem Sinn kommen. Schmerzen! Schläge! Demütigungen! Gehorsam! Kann und will ich das?
Es ist wieder Abend, abwartend sitze ich vor meinem Laptop. Eine Nachricht ist eingegangen. Von ihm bekomme ich eine E-Mail-Adresse und ich weiß immer noch nicht, wie ich mich entscheiden soll. Nein, das ist falsch, ich traue mich nicht, mich zu entscheiden. Als mir dies klar wird, öffne ich mein E-Mail-Programm und schreibe ihm:
»Wo, Steven?«
Sie hat geantwortet, wer hätte das gedacht.
Ich lehne mich an die Stuhllehne. Freudig erregt, meine Gedanken sind schon bei unserem ersten Treffen, deshalb schreibe ich ihr nur ganz kurz zurück. Teile ihr mit, was ich von ihr erwarte.
Egal, wie sie auch heißt, in meinen Gedanken nenne ich sie Kleines, aber trotz alledem muss ich ihren Namen kennen. Ich schreibe ihr meine ersten Anweisungen, bin gespannt, ob sie noch einen Rückzieher machen wird.
»Ich werde dich Kleines nennen, möchte jedoch wissen, wie du heißt und wie alt du bist.
Du wirst am Freitagabend um zwanzig Uhr im Hotel Miramar in München erscheinen. Ich setze voraus, dass du herausfindest, wo das ist. Ich erwarte von dir, dass du dich entsprechend der Lokalität kleidest, mich nicht blamierst. Was bedeutet, dass ich dich in einem Kleid oder Rock zu sehen wünsche, und, Kleines, sei pünktlich!«
Ich lese seine E-Mail und antworte fast schon automatisch, indem ich ihm, einem für mich Fremden, meinen Namen mitteile. Entgegen allem, was mir der gesunde Menschenverstand sagt und die Polizei einem rät. Meine Eltern würden an ihrer Erziehung zweifeln, ich bin einfach nur dumm oder voll Vertrauen, blindem Vertrauen.
»Beth, Steven, ich heiße Beth Schmitt, bin 25 Jahre alt und wohne in München Mitte in der Otto-Straße. Ganz in der Nähe vom Hotel Miramar, ich werde pünktlich sein.«
Aufgeregt, erregt, anders kann ich es nicht beschreiben. Es ist Dienstag, bis Freitag ist es noch fast eine kleine Ewigkeit. Selbst diese wenigen Worte und kurzen Sätze veranlassen mich, mein ganzes Denken an ihn zu verschwenden, was zieh ich an? Einen Rock? Ein Kleid? Nicht gerade etwas, das ich in Hülle und Fülle in meinem Schrank hängen habe. Das Miramar, ich weiß, es ist teuer, ich war noch nie in einem Luxushotel. Verfüge aber zumindest von der letzten Hochzeit meiner Freundin über ein kleines Schwarzes, das ich anziehen kann. Was die Rüstung betrifft, bin ich für das Treffen mit Steven bereit. Für den Rest? Ich bin aufgeregt.
Die Arbeit diese Woche ist anstrengend, ich verfüge über kaum Zeit, mir zu irgendwas Gedanken zu machen. Am Freitag schreibe ich einen Brief, lege ihn in gut sichtbar auf den Küchentisch. Darin ist enthalten, wohin ich am Freitag gehe und mit wem und auch den Anlass. Meine Versicherung. Sicher eine äußerst kleine, aber ich bin ruhiger, wenn da jemand ist, der weiß, wo ich abgeblieben bin, sollte sich das Ganze als der größte Fehler meines Lebens herausstellen.
Um kurz vor zwanzig Uhr bin ich in der Hotellobby und weiß nicht so recht, wohin mit mir. Ich sehe mich um, es glitzert und strahlt hier alles. Es sieht nach Luxus aus oder zumindest stell ich mir so Luxus vor. Aber auch gediegen mit warmen Farben, Stilmöbeln, nicht besonders modern ausgerichtet, aber es ist exklusiv. Nicht, dass ich darin Erfahrung habe. Aber so fühlt es sich für mich an.
Ich selbst fühle mich hübsch, selten putze ich mich so schön heraus und lege Make-up auf, die Anlässe fehlen einfach dazu. Beobachtend, abwartend und sehr nervös setze ich mich in eine Sitzgruppe, mit Blick auf die Eingangshalle, in die Hotellobby.
Kurz darauf tritt er zu mir. »Hallo Kleines«, sind seine ersten Worte an mich gerichtet. Er reicht mir die Hand und zieht mich hoch, mustert mich mit seinen auffallend strahlend blauen Augen. Sie sind das Erste, was mir an ihm auffällt. Ich erkenne nichts darin, gefalle ich ihm? Er lässt sich nichts in seinem Gesicht anmerken. In einem schönen Gesicht wohlgemerkt. Steven ist ein Mann. Ein Mann, der mir gefällt, der den Frauen weiche Beine verursacht, ein Mann, von dem ich niemals denken würde, dass er mich überhaupt wahrnimmt. Um es kurz zu machen, kein Mann in meiner Liga. Er ist groß und schlank, trägt einen Anzug, der wie für ihn gemacht ist, darin sieht er sehr männlich aus. Er strahlt Selbstbewusstsein aus. Vermutlich steht mein Mund immer noch offen, während ich ihn durchaus mustere.
»Gefällt dir, was du siehst?«, höre ich ihn kurz darauf sagen. Und zum ersten Mal begegnen sich unsere Blicke. Er lächelt.
Ich nicke. »Ja, Steven, du gefällst mir«, ist meine schlichte Antwort auf seine Frage.
»Komm, setzen wir uns an die Bar und trinken einen Aperitif vor dem Essen. Ich habe den Tisch auf später reserviert. Ich hoffe doch, du hast Hunger?«
Lächelnd nimmt er meine Hand, führt mich an die Bar. Wie selbstverständlich bestellt er für sich und mich einen Drink.
Ich kann keinerlei Aufregung oder Unsicherheit bei ihm entdecken, trifft er sich öfter mit Frauen? Hier? Als der Barkeeper ihn beim Namen nennt, ist mir klar, dass er hier ein gern gesehener Gast ist.
Wir stoßen an. »Auf einen schönen Abend, Kleines«, sind seine Worte, er schaut mich dabei so durchdringend an, dass es mir heiß und kalt über den Rücken fährt.
»Erzähl mir von dir, Kleines, was hast du heute gemacht?« Langsam, aber sicher kommen wir ins Gespräch, ich werde lockerer und beginne, den Abend zu genießen. Mein Eindruck von Steven ist, wie auch im Chat, dass er sehr nett zu sein scheint. Als wir leer getrunken haben, nimmt Steven meine Hand und flüstert mir ins Ohr:
»Du gehst jetzt zur Toilette, machst dich frisch, ziehst dein Höschen aus und bringst es zu mir an den Tisch. Danach werden wir essen.« Nach seinen Worten schaut er mir in die Augen, seine Augen geben den Befehl direkt an mein Gehirn weiter. Ich fühle nicht nur, wie mein Gesicht rot anläuft. Ich kenne mich gut genug, um zu wissen, wie ich jetzt aussehe.
Aber ich habe einem Treffen mit ihm zugestimmt, seinen Regeln, und dieses Spiel hat nicht erst heute Abend begonnen. Ich wende mich ab und laufe mit hängendem Kopf, damit niemand sieht, wie verlegen bzw. rot mein Gesicht ist, los. Kaum bin ich ein paar Schritte gegangen, spüre ich seine Hand im Rücken und höre seine geflüsterten Worte an meinem Ohr: »Kopf hoch, Kleines! Ich will eine stolze Frau sehen, kein Opferlamm.« Er geht links in das Restaurant, ich begebe mich zu den Waschräumen, ziehe, ohne nachzudenken, mein Höschen aus, stecke es in die Handtasche. Nur noch mit meinem kurzen, schwarzen Kleid bedeckt, komme ich mir nackt vor. Naja, ich bin ja auch nackt, denke ich, es fühlt sich verboten an. Auch habe ich Bedenken, kann ich mich hinsetzen, ohne dass jemand unter mein Kleid sieht? Ein Blick in den Spiegel reicht und ich weiß, dass ich sehr konzentriert sitzen muss, damit niemand etwas bemerkt.
Mit straffen Schultern begebe ich mich zurück ins Restaurant. Ein Kellner begleitet mich an den Tisch. Steven wartet schon. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht sieht er zu mir. Der Kellner steht hinter mir und rückt mir den Stuhl zurecht. Steven sitzt mir gegenüber. »Ich habe schon bestellt, du magst doch Fisch?«, ist seine erste Frage an mich. Nickend stimme ich ihm zu. Er blickt mich wieder mit seinem durchdringenden Blick an, und fängt an zu reden.
»Kannst du dir eigentlich vorstellen, wie sehr mich dieser Abend reizt? Und wie gespannt ich auf dich war? Allein für die Unruhe, die du verursacht hast, könnte ich dir schon gleich deinen Hintern, den ich noch nicht genau gesehen habe, versohlen.« Ohne Umschweife fragt er mich nach seinem Geschenk.
Ich blicke ihn an. Weiß im ersten Moment nicht, was er meint, bis es mir klar wird. Er will, dass ich ihm mein Höschen hier über den Tisch reiche, hier? Ich bin verlegen, total verlegen. Nehme aber meine Handtasche und knülle das Höschen so stark zusammen, damit ich es, ohne dass es jemand sieht, über den Tisch reichen kann. Steven hat ihn gerade in die Hand genommen, als der Kellner die Suppe aufträgt. Dafür, dass ich eigentlich nicht auf den Mund gefallen bin, bin ich sehr ruhig und auch eingeschüchtert. Die Situation ist anders, als ich sie mir vorgestellt habe, erotischer, unberechenbarer, Steven ist unberechenbar. Ich kann ihn nicht einschätzen. Jeder Satz ist eine Herausforderung, nie weiß ich, ob er sich mit mir unterhält, ganz normal, oder er im nächsten Satz mit mir spielt. Trotzdem ist es keine Minute langweilig mit ihm. Ich versteh mich mit Steven, kann allen Themen folgen, den Abend und das Essen Genießen, bis der nächste Satz fällt.
»Ich werde dir jetzt ein paar Regeln oder nenne es Anordnungen für heute Abend mitteilen. Kleines, und ich bitte dich nicht darum, diese einzuhalten, sondern du wirst sie einhalten. Heute Abend und auch, solltest du mir gefallen, jedes weitere Treffen.« Da war er der Satz. Er testet mich, warum laufe ich nicht davon? Ein Blick in seine Augen sagt mir, dass er ganz genau weiß, was und wie er es formuliert hat. Er bietet mir Gelegenheit, zu gehen.
Dann spricht er weiter: »Du wirst dich keiner Anordnung, die ich dir gebe, widersetzen. Auch wenn du der Meinung sein solltest, dass du dies nicht für mich erledigen kannst oder willst. Du musst darauf vertrauen, dass ich weiß, was ich dir zumuten kann und, Kleines, ich weiß es. Ich werde es bemerken. Ich dulde keinerlei Widerspruch oder Ungehorsam. Sollte ich bemerken, dass du zögerst, wird das Strafe nach sich ziehen. Ich werde zu deinem, aber auch zu meinem Schutz Kondome verwenden. Sollte ich dich wiedersehen wollen, wirst du zum Arzt gehen, dich untersuchen lassen und mir die Ergebnisse unaufgefordert beim nächsten Treffen übergeben. Dasselbe werde auch ich tun. Du wirst dir die Pille verschreiben lassen, denn ich vögle nicht gerne mit Kondomen.
Wenn ich dich etwas frage, erwarte ich Antworten, und zwar, ohne zu zögern, keine Lügen oder Ausreden. Du sprichst in ganzen Sätzen. Sollte ich dich beim Lügen erwischen, wirst du es bitter bereuen, denn es wird Strafe nach sich ziehen.
Ich verspreche dir, es langsam anzugehen, dich nicht zu überfordern. Ich werde dir in der Regel immer erst erklären, was ich mit dir vorhabe. Wenn du Fragen hast oder ich in deinen Augen Fragen sehe, werde ich diese im Normalfall umgehend beantworten. Allerdings kann es durchaus sein, das, wenn es die Situation so ergibt, ich der Meinung bin, dass eine Antwort sich durch mein folgendes Handeln ergibt, dass ich erst einmal abwarte.
Solltest du zu etwas NEIN sagen, werde ich aufhören, sofort, aber benutze das Wort mit Bedacht. Denn es ist möglich, dass ich dich danach nicht mehr sehen möchte. Zu deinem wie auch zu meinem Schutz, wirst du mir deine Handynummer geben, damit ich dich immer erreichen kann. Ich werde dich kontrollieren, aber nur mit dem Handy Kontakt zu dir aufnehmen.
Bevor wir jetzt nach oben auf mein Zimmer gehen, frage ich dich noch einmal, Beth, hast du alles verstanden? Oder gibt es eine Unklarheit, die dir auf der Zunge liegt, die ich dir, bevor ich dich begutachte, beantworten soll?«
Mein Herz schlägt nach seiner Rede wie wild. Ich bin aufgeregt, aber trotz alledem muss ich ein paar Dinge wissen.
»Wie soll ich dich nennen? Bist du jemand, der mit Sir oder Herr oder Master angeredet werden will?«
»Würdest du das denn gerne?«, kommt seine Frage zurück mit, ich habe das Gefühl, lächelnden Augen. »Nein, ich finde Steven ganz in Ordnung, alles andere macht es etwas lächerlich, oder?«, antworte ich ihm.
Er grinst und nickt mir zu. »Steven also, sonst noch Fragen?«
Ich nicke, komme zu einem Thema, das mir unangenehm ist, mir aber schon den ganzen Abend auf der Zunge liegt und ich zur Sprache bringen möchte, bevor ich mich auf etwas einlasse, mich dann in einer Weise schlecht fühle, wie ich es noch nie tat. Deshalb fange ich an.