Was ich an Bob von Anfang an so besonders fand, ist die selbst für eine Katze ungewöhnliche Weisheit, die er ausstrahlt. Und in den zehn Jahren, die wir uns nun schon kennen, ist er – zumindest in meinen Augen – immer noch klüger und weiser geworden. Dieses Buch versammelt alles, was ich von Bob in dieser Zeit gelernt habe: Was macht wahre Freundschaft aus? Was brauchen wir eigentlich, um glücklich zu sein? Und wie holt man das Beste aus dem Leben? All das machen uns Katzen vor, und ganz besonders Bob ist ein Meister darin. Wir müssen uns nur die Zeit nehmen, hinzuschauen.
James Bowen, geboren im März 1979 in Surrey, ist ein ehemaliger Straßenmusiker aus der Nähe von London. Lange Zeit hielt James sich leidlich mit Musik und dem Verkauf der englischen Obdachlosenzeitschrift »The Big Issue« über Wasser. Nach Jahren als Heroinsüchtiger und Obdachloser hatte er gerade die ersten, noch unsicheren Schritte in ein normales Leben getan, lebte aber immernoch von der Hand in den Mund, Zukunftsperspektiven gab es für ihn kaum.
Doch das ändert sich, als James Bowen 2007 vor seiner Sozialwohnung in Tottenham einen kranken Kater findet. James nimmt den streunenden Kater bei sich auf, zahlt von seinem letzten Geld die Tierarztkosten und pflegt das Tier gesund. Schon bald weicht Bob, wie James den Kater tauft, nicht mehr von seiner Seite. Sogar bis in den Bus und auf die Straßen der Großstadt London begleitet der Kater seinen neuen Freund.
Das ungleiche Paar sorgt selbst in einer Stadt wie London für Aufsehen und so dauert es nicht lange, bis die beiden Freunde eine stadtbekannte Attraktion auf den Straßen der englischen Hauptstadt werden. Auch Zeitungen und Verlage werden auf James Bowen aufmerksam und so entwickelt sich aus den schweren Zeiten eine Erfolgsstory.
Heute leben James Bowen und Bob in einer bescheidenen Dreizimmer Eigentumswohnung. Bobs Herrchen setzt ihre gemeinsame Berühmtheit dazu ein, auch weiterhin denen zu helfen, die Hilfe nötig haben – Obdachlose und andere sozial Benachteiligte.
James Bowen
Mein bester Freund
Bob
Was ich vom Streuner
über das Glück gelernt habe
Aus dem Englischen von
Axel Merz
BASTEI ENTERTAINMENT
Deutsche Erstausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
Für die Originalausgabe:
Copyright © 2018 by James & Bob Limited and
Connected Content Limited. All rights reserved.
Titel der englischen Originalausgabe: »The Little Book Of Bob«
Originalverlag: Hodder & Stoughton Ltd, London
Für die deutschsprachige Ausgabe:
Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Textredaktion: Dr. Ulrike Strerath-Bolz, Friedberg
Illustrationen Teilseiten 1–6 von Mira Lenka
Einband-/Umschlagmotiv: © shutterstock/Sandor Szmutko; cammep;
© Clint Images/Hodder and Stoughton
Datenkonvertierung E-Book:
hanseatenSatz-bremen, Bremen
ISBN 978-3-7325-6751-5
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
»Sehr wenig ist nötig, um ein glückliches Leben zu führen; es ruht alles in dir selbst, in deiner Art zu denken.«
Marc Aurel
»Ich habe viele Philosophen und viele Katzen studiert. Die Weisheit der Katzen ist definitiv überlegen.«
Hippolyte Taine
Wie die meisten Menschen habe ich in meinem Leben schlechte Entscheidungen getroffen. Mehr als nur ein paar. Meine Entscheidung, eine Katze namens Bob zu adoptieren, war freilich alles andere als schlecht. Ganz im Gegenteil, ich würde sagen, es war die klügste Idee, die ich je hatte. In vielerlei Hinsicht retteten wir uns gegenseitig.
Er war verletzt, als ich ihn eines Abends im Frühling 2007 fand, und ich habe ihn gesund gepflegt.
Und andersherum hat er ganz gewiss mich gerettet. Mein Leben war wirklich vermurkst, bevor ich ihm begegnete. Ich war mehr als zehn Jahre drogenabhängig gewesen und hatte ziemlich lange als Obdachloser gelebt, entweder auf der Straße oder in Obdachlosenheimen. Als er mir begegnete, war ich bei meiner letzten Chance angekommen – in meinem neunten Leben, wenn man so will. Er hat mir geholfen, die Dinge zum Besseren zu wenden.
Ich habe oft über das Leben nachgedacht, das Bob führte, bevor wir uns begegneten. Hauptsächlich deswegen, weil ich absolut nichts darüber weiß. Nach seinen Verletzungen zu urteilen, die er hatte, als ich ihn fand, war sein Leben ziemlich unsicher gewesen. Er hatte unübersehbar einige Kämpfe hinter sich. Doch darüber hinaus wusste ich so gut wie nichts. Wie hatte sein Alltag ausgesehen? War er schon immer ein Streuner gewesen? Oder hatte sich jemand anderes um ihn gekümmert, vor mir? Ich hatte keine Ahnung.
Während unserer ganzen gemeinsamen Zeit ist er immer ein Rätsel geblieben. Eine Sache habe ich jedoch von Anfang an gewusst, nämlich, dass er eine Weisheit besitzt, die ungewöhnlich ist, selbst für Katzen.
Ich weiß nicht, ob es etwas zu tun hat mit den Lektionen, die er während seines früheren, rätselhaften Lebens gelernt hat, doch es ist, als wäre er ein klassischer Philosoph, der alles und jeden versteht. Als hätte er alles schon einmal gesehen. Als würde er das Leben in- und auswendig kennen. Nichts scheint ihn aus der Ruhe zu bringen. Er nimmt alles in sich auf.
In dem Jahrzehnt, seit wir uns zum ersten Mal begegnet sind, ist er in meinen Augen sogar noch weiser geworden. Mein Leben hat sich in dieser Zeit ganz dramatisch verändert, dank einer Reihe von Büchern und dann eines Kinofilms über mein Leben mit Bob. Er hat sich mühelos an all das Neue angepasst, das uns das Schicksal bescherte. Er kommt genauso gut mit all den fremden Menschen zurecht, die wir auf unseren Lesereisen oder bei Filmpremieren treffen, wie zu der Zeit, als er neben mir auf dem Pflaster gesessen hat, während ich in Covent Garden Gitarre gespielt oder vor der U-Bahn-Station Angel Zeitschriften verkauft habe.
Ich weiß, es klingt vielleicht merkwürdig oder sogar albern, das über eine Katze zu schreiben, aber ich finde ihn inspirierend. Manchmal reicht es völlig aus, wenn ich mich hinsetze und ihn beobachte, um meinen Geist zum Surren zu bringen. Ich bin fasziniert von der Art und Weise, wie er sich verhält, wie er mit der Welt umgeht und auf unterschiedliche Situationen reagiert. Selbst davon, wie er seinen Alltag lebt. Das Zusammenleben mit ihm hat mir die Augen für so vieles geöffnet. In den vergangenen zehn Jahren war er echt eine Art Guru für mich.
Dieses Buch ist eine Sammlung von Erfahrungen und Einsichten, die ich während meiner Jahre mit Bob gewonnen habe. Ein Führer zu seiner Klugheit, wenn man so will. Ich hoffe, Sie finden diese Klugheit genauso erleuchtend wie ich.
James Bowen, London 2018
Man sagt ja oft, dass es nicht die Menschen sind, die Katzen bei sich aufnehmen; es sind eher die Katzen, die uns Menschen adoptieren. Das ist vermutlich wahr. Schließlich sind Katzen hochintelligente Tiere. Und tief im Innern ahne ich, dass sie etwas begreifen, was wir Menschen allzu häufig übersehen – den unschätzbaren Wert von Freundschaft. Es ist gewiss ein Thema, für das Bob mir die Augen geöffnet hat, auf die verschiedensten Weisen.
Bob war ein ziemlich ungehobelter Charakter, als er bei mir einzog. Er konnte es überhaupt nicht leiden, wenn ich mit ihm schimpfte, und er konnte richtig störrisch werden, wenn ich ihn daran hinderte, irgendetwas zu tun. Bevor ich ihn kastrierten ließ, hat er regelmäßig nach mir geschlagen. Meine Hände tragen die Narben seiner gelegentlichen Ausraster.
Ich würde lügen, wenn ich behaupten wollte, dass sein Verhalten mich nicht gelegentlich ärgerte. Doch ich hatte sofort Zuneigung zu ihm gefasst, und ich wollte, dass unsere Beziehung funktionierte.
Damals, so erinnere ich mich, hatte ich mir gerade in einem Wohlfahrtsladen um die Ecke ein Paar Stiefel gekauft. Meine alten waren buchstäblich auseinandergefallen. Aber die neuen Stiefel passten nicht richtig, meine Füße wurden wund und bekamen Blasen. Das Beste am Tag war, sie abends ausziehen zu dürfen.
Es war bei so einer Gelegenheit, dass mir der Gedanke kam. Bob marschierte aufgebracht in der Wohnung auf und ab. Kurz zuvor hatte er mich angefaucht, als ich versucht hatte, ihn zur Benutzung des Katzenklos zu ermutigen, das ich besorgt hatte.
Es war normal, dass er sich unwohl fühlte mit mir und seinem neuen Zuhause, sagte ich mir. Viele Dinge, die ich tat, mussten ihm gegen den Strich gehen. Doch mit Geduld würden wir unsere Freundschaft so entwickeln, dass sie zur Persönlichkeit des jeweils anderen passte. Wir würden uns aneinander und an unsere unterschiedlichen Bedürfnisse gewöhnen.
Unsere Freundschaft war im Grunde genommen nichts anderes als mein Paar neuer Stiefel. Es brauchte Zeit, um sie einzulaufen. Es war unbequem. Ärgerlich. Doch am Ende, wenn wir uns aneinander gewöhnt hätten, wäre alles prima. Und so kam es auch.
D
»Ich schätze, das ist wohl so«, habe ich damals geantwortet, aber mir wurde schnell klar, dass das nicht so ganz der Fall war.
Bob ist eine Naturgewalt, ein freier Geist. Er gehörte und gehört mir nicht. Ich besaß ihn weder damals, noch besitze ich ihn heute. Wir haben aus freien Stücken beschlossen, für die Gegenwart zusammen zu sein, doch wer weiß, ob das für die Zukunft gilt? Er wird immer mein Freund sein, doch er kann gehen, wann er will.
Ich denke, Freiheit ist ein Schlüssel zu jeder echten Freundschaft.