»Schon wenn einer ihn [den Drachen] sieht, stürzt er zu Boden. (…) Ich will nicht schweigen von seinen Gliedern, wie groß, wie mächtig und wie wohl geschaffen er ist. Wer kann ihm den Panzer ausziehen, und wer kann es wagen, zwischen seine Zähne zu greifen? (…) Stolz stehen sie wie Reihen von Schilden, geschlossen und eng aneinander gefügt. (…) Aus seinem Rachen fahren Fackeln, und feurige Funken schießen heraus. Aus seinen Nüstern fährt Rauch wie von einem siedenden Kessel und Binsenfeuer. Sein Odem ist die lichte Lohe, und aus seinem Rachen schlagen Flammen. (…) Trifft man ihn mit dem Schwert, so richtet es nichts aus, auch nicht Spieß, Geschoss und Speer. (…) Er ist ein Geschöpf ohne Furcht.«
Die Bibel, Hiob 41
»Draco ist der groesten tier ainz, daz dia werlt hot. Von dem mag der groz helfant nicht sicher gesein.«
aus: Buch der Natur, Conrad von Megenberg (1309–1374)
»Daher heißt es, in der Walburgisnacht fliege der Drache um und trage seinen Gläubigen Butter und Schmalz aus fremden Häusern zu. Was er nicht weiter schleppen kann, speit er auf die Schwindgruben; die gelbweißen Algen in Tellergröße, die man auf dem Düngerhaufen zuweilen erblickt, heißen daher Drachenschmalz.«
sinngemäß übersetzt aus: Liber octo questionum
(gedruckt bei Joh. Hasselberger 1515) von Abt Trithemius
»Ein Drache ist schön anzusehen. Einen habe ich besessen; er war anderthalb Fuß lang. Ich habe ihn Ambrosius Fabianus geschenkt. Er hatte ungefähr die Farbe eines Krokodils.«
aus: De animantibus subterraneis von Georgius Agricola
(1494–1555), Humanist und Gelehrter
»Dieser Namen Trach kommt bei den Griechen von dem scharfen Gesicht her und wird oft von den Schlangen in gemein verstanden. Insonderheit aber soll man diejenigen Schlangen, so groß und schwer von Leib all an der Größe halb übertretten, Trachen heißen.«
aus: Thierbuch von Conrad Gessner (1516–1656)
»Wolfeszahn und Kamm des Drachen«
aus: Macbeth von William Shakespeare (1564–1616)
»Furth lebt, solange der Drache stirbt.«
Spruch der Bewohner von Furth im Wald (Bayern)
Prolog
1. Januar 1925, Korumdie-Gebiet, Zarenreich Russland, Grenze zu China
»Wann der Herr wohl zurückkehrt?«, fragte Xing mit Wehmut in der Stimme.
Sie strich die Oberfläche der dicken, auf geschüttelten Daunendecke glatt und trat ans Fenster.
Gigantische Berg- und Eislandschaften breiteten sich vor ihr aus. Die wie an einer Schnur aufgefädelten, schroffen Gipfel schwangen sich allesamt über 6000 Meter hoch. In Xings Augen reckten sie sich abweisend und stolz den Wolken entgegen und ließen es geschehen, dass die Gespinste sie hin und wieder einhüllten und verbargen. Wenn die Berge genug davon hatten, schien es ihr, als zerschnitten sie die Wolken mit ihren scharfkantigen, steilen Hängen, um sodann wieder aufzutauchen. Xing bewunderte die Berge, die unbezwingbar für die Menschheit waren und sich allein ihrem Herrn unterworfen hatten.
Unterhalb des höchsten Gipfels, auf der Ostseite des Korumdie, befand sich das höchste Schlafzimmer der Welt, mit dem atemberaubendsten Ausblick. Es maß zehn mal zehn Meter; rote und schwarze Teppiche verkleideten die nackten Felswände, und an der fünf Meter hohen Decke liefen geschwungene dunkelrote Stoffbahnen entlang. Tagsüber fiel das Sonnenlicht durch die breite Fensterfront und ließ das Rot magmahaft schimmern; sobald es dunkler wurde, spendeten zwei elektrisch betriebene Kristallkronleuchter Helligkeit. An den eingezogenen, mit Blattgold versehenen Säulen im Raum waren Petroleumlämpchen angebracht, deren Schein sich auf dem Edelmetall warm und sanft spiegelte.
Dies war nur eines von vier Dutzend Zimmern des himmlischen Palastes; sieben davon waren ständig beheizt.
»Er ist kein Herr«, sagte Maxim missmutig und fuhr mit der Hand über die Decke, um eine Delle zu hinterlassen und die verlangte Perfektion zu zerstören. »Ein Kerkermeister, mehr ist er nicht. Und ich verstehe nicht, wozu er dieses kleine Bett benötigt.«
Xing, die ihre langen schwarzen Haare zu einem Zopf geflochten und unter die Pelzkappe gesteckt hatte, eilte sofort herbei und strich den von Maxim angerichteten Makel wieder weg; die Bewegung ihrer Hand war exakt und liebevoll. »Hör auf! Du machst ihn nur wütend, und ich bekomme es dann wieder zu spüren.« Sie bewegte sich stets elegant, obwohl sie zwei lange, schwere Mäntel trug, um sich gegen die Kälte zu schützen. »Du musst noch viel lernen.«
Maxim, vierundzwanzig Jahre alt, kräftig gebaut und ehemals Anführer einer russischen Bergexpedition, ging wortlos an Xing vorbei und schaute nach unten in die wilden, menschenleeren Täler des Korumdie, in denen kristallreine Quellen sprudelten und eisige, klare Bäche schufen. Seine Hände ballten sich zu Fäusten, als er an seine Begleiter dachte. Da war Mihail Waltow, der kleine Geologe, der sich mehr über die Blumen als über die Steinproben gefreut hatte. Maxims Kehle wurde trocken, die Wut brannte sie aus, während ein neues, lachendes Gesicht vor seinem inneren Auge entstand: Alexsey Gogol, ein abergläubischer Bergsteiger ohne viel Bildung, aber mit einem Talent, immer den richtigen Weg zu finden. Genau wie Tukhan Ling, der Bergführer, der den besten Buttertee der Welt zubereiten konnte … Maxim presste die Zähne aufeinander, bis sie knirschten. Nein, er wollte nichts lernen.
Die Wiesen weit unterhalb der Zone des ewigen Schnees schimmerten aufsässig bunt und schufen leuchtende Farbkleckse im allgegenwärtigen Grau und Weiß. Auf der anderen Seite trug der Wind Schnee von den Hängen und wehte ihn senkrecht davon. Eine lang gezogene, gleißende Standarte formte sich, die das Majestätische des gewaltigen Gebirges noch hervorhob; doch außer einer Hand voll Menschen kam niemand in den Genuss dieses beeindruckenden Schauspiels.
Maxim sprach die Schönheit nicht an. Seine Augen schweiften zum Horizont, dorthin, wo seine Heimat lag: Sankt Petersburg, viele, viele Werst entfernt. Er rieb sich über die Stirn, die Finger glitten durch die kurzen braunen Haare, und er wünschte sich sehnlichst, diesem Albtraum hier zu entkommen und zu seiner Familie zurückzukehren. Waltow, Gogol, Ling, der ganze Rest seiner Expedition war diesem Scheusal zum Opfer gefallen, davon ging er fest aus.
»Mich behandelt er gut. Und das täte er auch mit dir, wenn du ihn nicht unablässig reizen würdest«, hörte er Xing hinter sich sagen.
Es fiel ihm schwer, ihr Alter zu schätzen, und sie gab keine Antwort, wenn er sie danach fragte. Zwanzig, fünfundzwanzig Jahre? »Wie lange bist du schon hier?«, wollte er wissen. Der Hass steckte noch immer in seiner Kehle, während sein Blick sich wieder in die Täler senkte.
»Es dürften inzwischen«, sie zögerte, rechnete nach, »zehn Jahre sein.«
»Und du hattest nicht einmal das Verlangen, deine Eltern zu sehen?« Anhand der leise raschelnden Geräusche wusste er, dass sie mit einem Staubfeudel über die Nachttischchen aus Elfenbein ging. Es war eines ihrer Rituale: zuerst die Tischchen, danach die oberen Seiten der goldenen Bilderrahmen. Danach würde Xing Lavendel-Räucherstäbchen entzünden und einige der besten schwarzen Trüffeln auf ein Silbertablett legen, um es auf dem Kissen zu deponieren und dem Tyrannen eine Freude zu bereiten.
»Nein, das Verlangen hatte ich nicht. Ich bin aus einem Leben gerettet worden, das ich gehasst habe. Auch du hättest es gehasst, denn es bedeutete Qualen. Nichts als Qualen und Erniedrigung.« Sie trat an seine Seite und betrachtete, wie weit unter ihnen Steinböcke zwischen den Felsen umherkletterten, um an das frische, saftige Gras zu gelangen. »Er schlägt mich nicht, er schenkt mir ein Lächeln, er gibt mir zu essen und Kleidung. Ich bin die Letzte, die sich über ihn beschweren wird. Es gibt keinen schöneren Palast als diesen, und kein Kaiser hat diese Aussicht wie wir.« Die Mandelaugen blickten auf Maxims verschlossenes Gesicht, Xing lächelte aufmunternd. »Wenn die Sonne versinkt und die Gipfel glühen, Maxim, dann …«
»Ich bin der letzte Überlebende«, unterbrach er sie hart und lehnte die Stirn an das eiskalte Fenster, an dessen Rändern Eisblumen wuchsen. »Als wir aufbrachen, um das Massiv im Namen des Zaren zu erkunden, bestand meine Expedition aus vierzig Leuten, Xing. Dann erschien er, stand über uns wie ein Raubvogel, und ein heftiger Wind warf die Mehrzahl meiner Leute in den Abgrund. Er hat sie einfach abstürzen lassen.« Maxims warmer Atem schmolz die dünne Reifschicht, Tropfen rannen die Scheibe hinab, als weine das Glas um die Toten. »Diejenigen, die sich an den Felsen festklammerten, schickte er mit einer Steinlawine in den Tod. Bis auf mich.« Er schluckte, sah sie vorwurfsvoll an. »Du dienst einem Mörder!«
»Für mich ist er ein Herr und ein Befreier, dem ich ewigen Dank schuldig bin«, erwiderte sie mit Nachdruck, und das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht. »Wenn du es nicht erträgst, ihm zu dienen, dann geh. Die Tore des Palasts lassen sich leicht öffnen.« Xing wandte sich um und verließ das prächtige Schlafzimmer.
Maxim folgte ihr durch den prunkvollen Herrschaftssitz, vorbei an den Gemälden bekannter Maler. Sein Blick fiel auf ein Werk von Caspar David Friedrich; er hatte den Stil von der Audienz beim Zaren her wiedererkannt, der einige Bilder des Deutschen besaß. Bezeichnenderweise hieß es Die gescheiterte Hoffnung.
Natürlich hatte er sich Gedanken über eine Flucht gemacht, er war studierter Botaniker und ein mehrfach vom Zaren ausgezeichneter Bergsteiger, der sich vor einem Abstieg nicht fürchtete. Doch die dünne Luft machte jede Bewegung zu einer Qual; er hielt sich noch nicht lange genug in der Höhe auf, um sich daran gewöhnt zu haben. Außerdem waren ihm Seile, Haken, Eispickel und Steigeisen weggenommen worden. Ohne die Sicherheit einer Gruppe käme das Fluchtvorhaben einem Selbstmord gleich.
Maxim hatte noch keine Antwort auf die Frage gefunden, was ihm besser gefiel: von einem launischen Tyrannen getötet zu werden oder an den Hängen zu erfrieren.
Die Kälte in den sicher sieben Meter hohen und fünf Meter breiten Gängen brachte ihn trotz der Mäntel zum Frösteln. Anstelle von nackten Felswänden schritten sie an hübsch anzusehendem Backsteinmauerwerk vorbei; die Kabel der elektrischen Lampen waren geschickt dahinter verborgen worden. An den Wänden hingen weitere Bilder von Malern, die Maxim nicht kannte, und er gab sich für einen Augenblick der schönen Illusion hin, dass er in der Eremitage flaniere statt im Innern eines Palastes, der auf dem Dach der Welt lag.
Xing betrat eine der Schatzkammern, Maxim trottete hinter ihr her.
Der zwanzig mal zwanzig Meter große Saal lag auf der Südseite. Kleine Fenster befanden sich hoch oben in der Decke; hier ging es weniger um Aussicht als um das, was sich zwischen den vier Wänden verbarg. Die Anordnung der Felsdurchbrüche leitete die Sonnenstrahlen zu exakt ermittelten Punkten, an denen sich die größten Schätze befanden.
Maxim sah vierzig antike Statuen, die aus einem griechischen Tempel gestohlen worden waren, wie er von dem Tyrannen selbst gehört hatte. Aus weißem Marmor gehauen und vollendet bearbeitet, zeigten sie Götter und Helden im Kampf gegen Ungeheuer aus der Sagenwelt; um die Statuen und Standbilder herum waren echte Goldmünzen und Edelsteine drapiert worden, und aus dem steinernen Füllhorn quollen Diamanten, Goldklumpen und Silberbrocken.
Das Licht umschmeichelte die Statuen, brachte sie zum Leuchten und gab ihnen den Anschein, als handele es sich um versteinerte Wesen, die jeden Augenblick aus ihrer Starre erwachen, von ihren Podesten steigen und sich nach den Schätzen zu ihren Füßen hinabbeugen würden.
»Ist es nicht herrlich?« Xing nahm ein Tuch aus ihrem Mantel und polierte die Goldauflagen an der Statue des Ares. »Mach dich nützlich«, riet sie ihm freundlich. »Der Herr wird es gerne hören, wenn ich ihm sagen kann, dass du mir heute die meiste Arbeit abgenommen hast.«
»Wer hat das alles errichtet?« Maxim verspürte keine Lust, sich bei dem Tyrannen beliebt zu machen. »Wer schuftete für ihn, damit er kaiserlicher als der Zar leben kann?«
»Menschen wie ich, die ihm gerne dienten, und Menschen wie du, Bergsteiger, die es wagten, in sein Gebiet einzudringen.« Xings Bemühungen ließen das Gold strahlen und schimmern.
»Es muss Jahrhunderte in Anspruch genommen haben.« Maxim konnte nicht anders, als den Palast und die Leistung derer, die ihn erbaut hatten, zu bewundern.
»Warum auch nicht? Der Herr hat alle Zeit der Welt. Die Vergänglichkeit kümmert ihn nicht.« Die Chinesin lächelte selig wie eine tief Gläubige, der soeben eine Erscheinung widerfahren war, und rieb mit dem Tuch voller Hingabe über die silbernen Sandalen der Statue.
Maxim schenkte ihr einen verächtlichen Blick. Er verstand sie nicht und rechnete nicht damit, dass sie sich einem Fluchtversuch anschloss, doch er war sich sicher, dass es unter den vierzig anderen Menschen in diesem Palast welche gab, die ihn begleiten würden. Nicht alle dachten so merkwürdig über eine Entführung wie Xing. Er fühlte Erleichterung, als ihm bewusst wurde, dass er seine Entscheidung zur Flucht getroffen hatte, mochte sie auch aussichtslos erscheinen. Petersburg wartete auf ihn, seine Freunde warteten auf ihn, und der Zar musste zudem von allem erfahren.
Die Flucht war vielleicht doch nicht unmöglich, seine ihm geraubte Ausrüstung könnte er gewiss aufstöbern, und wie es weiterging, war lediglich eine Frage von guter Planung. Er würde sich eine Route die Hänge entlang suchen, auf der ihm kein Aufseher folgen konnte. Sobald er eine Telegrafenstation erreicht hatte, war es um den Palast auf dem Korumdie geschehen. Waltow, Gogol, Ling bekamen ihre Rache, und wenn er die Truppen selbst hierher führen musste: Er wollte dieses Gebäude in Flammen sehen.
Ein gewaltiger Schatten huschte über die Fenster hinweg und ließ den Saal für ein, zwei Lidschläge in Dunkelheit fallen.
Xing hob den Kopf, ein Leuchten lag in ihren braunen Augen. »Er ist schon wieder zurück?« Sie richtete ihre Kleidung, zupfte daran herum und eilte auf den Ausgang zu. Für Maxim benahm sie sich wie ein Mädchen, das zu ihrem Liebsten ging. »Los, komm. Und keine Sorge«, zwinkerte sie, »ich werde heute noch einmal für dich lügen. Ich will nicht, dass der Herr böse wird.«
Der Russe begleitete sie den abschüssigen Gang entlang, vorbei an Türen zu weiteren Sälen, in denen sich der Tyrann bei seinen Aufenthalten im Palast die Zeit vertrieb. Oft malte er in seinem Atelier oder spielte stundenlang Cello im Musikzimmer, und wenn ihm danach war, nahm er sich Frauen, mit denen er sich vergnügte. Manche von ihnen hatte Maxim seither nicht mehr gesehen. Als hätte es sie niemals gegeben.
Sie erreichten die burggroße Eingangshalle, in der sich bereits Bedienstete versammelt hatten. Die Mehrheit von ihnen rechnete Maxim seinem Volk zu, aber auch einige Chinesen befanden sich unter ihnen. Die Sprache einer Frau und eines Mannes, den Gesichtern nach Europäer, verstand er gar nicht. Er vermutete, dass sie aus Frankreich stammten.
Auch hier sorgten Glühlampen in den unzähligen Lüstern und Leuchtern für gleichmäßiges Licht.
»Los, los, ihr Schlafmützen!«, rief Tjushin, ein älterer Russe in einem weißen Zobelmantel, der die Aufgabe des Majordomus innehatte und die Knute an seinem Gürtel nicht zur bloßen Zierde trug. Er war einst Bojar gewesen, nun verwaltete und organisierte er die Abläufe im Palast im Sinne des Tyrannen mit solch einer Hingabe, dass Maxim im Stillen beschlossen hatte, ihn vor der Flucht zu töten.
»Aufstellen, aber rasch!« Tjushin deutete mit dem Arm eine Linie an, zog mit dem anderen die Knute. »Ihr wisst doch, was ich will. Das muss schneller gehen!« Er schlug nach einer Frau, die den Fehler begangen hatte, zu dicht an ihm vorbeizueilen. Sie wimmerte auf; die Bleikügelchen an den Enden der Lederriemen trafen sie am Hinterkopf. Ohne die Kappe wäre die Haut sicherlich aufgeplatzt. Tjushin scheuchte die Menschen stets wie Vieh, ganz gleich, ob sie dem Tyrannen freiwillig oder erzwungenermaßen dienten.
Maxim sah die Männer und Frauen laufen, suchte in ihren Gesichtern nach Zeichen des Aufbegehrens. Ein Stirnrunzeln, ein lautloses Fluchen, ein viel sagender Blick genügten ihm, um einen Gleichgesinnten zu erkennen, der sich ihm bei der Flucht anschließen würde. Bitte, Herrgott, lass mich einen oder zwei finden, flehte er. Sie können das nicht alle willenlos mit sich machen lassen.
Tjushins Blick fiel auf Xing und Maxim. »Du, mein kleines Gelbgesicht: Ist das Schlafgemach gerichtet?« Die Knute deutete auf die zierliche Frau.
»Sicher«, erwiderte Maxim an ihrer Stelle. »Sie hat alles brav befolgt, was du ihr aufgetragen hast, Menschenschinder.«
»Nicht«, raunte Xing und sah ihn flehend an. »Tjushin wird dem Herrn von deinem …«
Der Majordomus kam auf ihn zu, er griente voller Vorfreude. »Du aufsässiger Bastard! Dich schlage ich am liebsten«, schrie er und holte zu einem brachialen Hieb aus, als ihn ein Ruf vom Tor her ablenkte. Eine grüne Lampe neben dem verschlossenen Eingang leuchtete auf. Die Sicherungsmannschaft im Ausguck gab den Menschen im Innern des Berges auf diese Weise das Zeichen, dem Tyrannen zu öffnen.
»Ich zeige dir, wie aufsässig ich sein kann.« Maxim konnte nicht anders, seine unterdrückte Wut auf den Herrn des Palastes suchte sich ein Ventil. Er schlug Tjushin die Faust mitten ins Gesicht. Knirschend brach die Nase, und ein Strom von Blut ergoss sich daraus. Der Zobel färbte sich auf der Brust und über dem Bauch rot.
Brüllend taumelte der Getroffene rückwärts und versuchte mit seiner rechten Hand, die Blutung aufzuhalten.
»Packt ihn«, rief Tjushin undeutlich, und zwei der Bediensteten ergriffen Maxim. »Es wird mir eine Freude sein, dem Herrn von deinem Angriff zu berichten. Ich hoffe, er hat noch nichts gegessen, Bursche.« Er schaute auf Xing. »Dich trifft ebenfalls Schuld, Schlitzauge. Ich hatte dir aufgetragen, ihm Benehmen beizubringen.« Er spie Blut auf den Boden und schwankte dabei; rötliche Speichelfäden zogen sich von seinen Lippen, ehe sie rissen.
»Nein!« Xing erbleichte. »Nein, Tjushin!«, jammerte sie und reckte bittend die Hände. »Er ist zu unbelehrbar und stürmisch, ich kann ihn nicht bändigen.«
Der Majordomus taumelte auf sie zu, versetzte ihr einen Hieb mit der Knute. Es gab ein widerlich klatschendes Geräusch, Blut spritzte. Mit einem spitzen Schrei fiel die Chinesin auf den Rücken und hielt sich weinend das getroffene Gesicht. »Schweig! Du hast versagt«, nuschelte er. »Der Herr wird dir das nicht durchgehen lassen.«
»Du bist widerlicher Abschaum!« Maxim hing keuchend im Griff seiner Bewacher, die ihn jetzt in den Schwitzkasten nahmen, um ihn zu bändigen. »Xing …«
Tjushin hatte sich von dem Schlag erholt und trat Maxim hämisch lachend in den Bauch. Der Russe verstummte mit einem Stöhnen. Dann rannte der Majordomus auf das fünf Meter hohe und drei Meter breite Stahltor zu, um den Tyrannen im Palast willkommen zu heißen. »Spielt seine Lieblingsmusik«, gab er Anweisung.
Die Frau, die zuvor ebenfalls die Knute zu spüren bekommen hatte, kurbelte das Grammophon an, legte eine Schellackplatte auf und setzte die Nadel auf die Rille; bald darauf klang die Stimme von Enrico Caruso durch die Halle, der die Arie des Rodolfo aus La Bohème sang. Der hohe Raum wirkte Wunder und entriss dem künstlich erzeugten Schall das Scheppern, Rauschen sowie das aufdringliche Knacken. Er ließ den Eindruck entstehen, der Sänger stünde in einer Konzerthalle, und machte die Darbietung äußerst lebendig.
Tjushin betätigte den Hebel am linken Türflügel und setzte damit die ausgefeilte Mechanik in Gang, die durch Gegengewichte, kleine und große Zahnräder einen Riegel nach dem anderen zur Seite zog und die massiven Sperren löste.
Der Palast war zugleich eine wehrhafte Festung, denn der Herr besaß Neider. Ebenbürtige Neider. Deswegen befanden sich stets Bedienstete im Ausguck auf dem Gipfel des Korumdie, die den Horizont und den Himmel nicht aus den Augen ließen, solange es ihnen das Wetter erlaubte. Auch wenn die Lage des Palastes ein streng gehütetes Geheimnis war, konnten sich Tjushin und der Tyrann nicht darauf verlassen. Erst wenn die grüne Lampe aufleuchtete, durfte der Eingang geöffnet werden; flammte die rote auf, hatten die Verteidigungsanlagen augenblicklich besetzt zu werden. Das war allerdings noch niemals geschehen.
Der Majordomus schob einen zweiten Hebel nach unten, der in die Steinwand eingelassen war, und die Flügeltüren wurden durch hydraulische Kräfte gleichmäßig geöffnet. Die Klänge aus dem Grammophon verliehen dem Vorgang etwas Dramatisches, und in dem sich verbreiternden Spalt wurden die Umrisse eines gewaltigen Wesens sichtbar.
Tjushin begab sich vor den Eingang und verneigte sich tief, die Bediensteten bis auf Maxims Wächter und er selbst taten es dem Majordomus nach. »Ich entbiete …«
Eine Walze aus blauem Feuer rollte durch den zwei Meter breiten Spalt herein, erfasste Tjushin und brannte ihm innerhalb eines Blinzelns Kleider und Fleisch von den Knochen, ehe seine Gebeine von dem vernichtenden Flammensturm mitgerissen wurden und im Umherwirbeln zu Asche vergingen.
Der Strahl quoll zu einer Wolke auf, während er sich weiter in die Halle schob. Zehn Bedienstete waren von der Lohe vertilgt worden, und diejenigen, die in unmittelbarer Nähe standen, wurden von der wallenden Hitze erfasst. Der Eingang verwandelte sich in einen Glutofen; dann erklang ein lähmendes, Gehör zerfetzendes Brüllen.
»Nein!« Xing richtete sich auf. Ihr Gesicht wies fünf hässliche, schmale Striemen auf, die von der Knute stammten, auch ihr rechtes
Auge war von den Riemen getroffen worden. Durchsichtige Flüssigkeit sickerte hervor und mischte sich mit dem Blut; die Schmerzen, die sie spürte, zeigte sie nicht. »Das … das ist nicht der Herr!«
Die Wächter ließen Maxim fallen.
Er spürte die Hitze nicht minder, hustete, flüssiges Feuer schoss durch seine Nase und verkohlte die Lungen. Jedenfalls dachte er es zunächst. Erst nach drei Versuchen bekam er Luft, würgte und schmeckte Schwefel. Maxim hob den Kopf, seine Augen tränten.
Durch die Tür schob sich ein gewaltiger, vierbeiniger roter Drache, die gezackten Schwingen an den muskulösen Schuppenleib gelegt, damit er durch das Tor passte. Den schmalen Kopf hatte er bis zur Decke gereckt, um einen besseren Überblick zu bekommen, und die glutroten Augen wanderten unentwegt durch den Raum; aus der halb geöffneten, langen Schnauze drang ein leises Grollen.
Im nächsten Moment lief ein Beben durch den hinteren Teil der Halle. Ein dumpfer Schlag erklang, an einer Stelle sprangen Steinchen aus der Decke, es staubte, bis beim nächsten Krachen große Fragmente abplatzten und auf den Boden fielen. Drei Männer wurden von den Trümmern erschlagen. Es geschah derart schnell, dass ihnen nicht einmal Zeit blieb zu schreien.
Durch das fünf Meter breite Loch schlängelte sich ein großer, grünhäutiger Drache, der mit seinen langen, spitzen Krallen Löcher in den Fels schlug und kopfüber die Wand hinabkroch. Er maß sicherlich dreizehn Meter in der Länge und hatte kurze, kräftige Beine.
Maxim erkannte deutliche Unterschiede im Körperbau der beiden Kreaturen. Der rote Drache wirkte geringfügig kleiner, zierlicher, da er wie der Tyrann der Flugspezies angehörte. Hohes Gewicht war dabei nicht von Vorteil.
Der lange, kräftige Schwanz des grünen Drachen schlug wie eine Peitsche nach den nächstbesten Bediensteten und zerteilte drei von ihnen. Vier weitere wurden durch die Wucht des Hiebs durch die Halle geschleudert und rutschten über den polierten Stein. Einer schlitterte dem roten Drachen vor die linke Vorderklaue und wurde von diesem mit einer raschen Bewegung zerstampft.
Maxim stand auf, duckte sich und half Xing, auf die Beine zu kommen. Sie starrte noch immer auf die beiden Drachen.
»Weg von hier«, raunte er, um die Ungeheuer nicht auf sich aufmerksam zu machen. Das grüne züngelte und zeigte eine violettfarbene Zunge, wandte sich blitzschnell nach rechts und kroch in den Gang, der tiefer in den Palast führte; der geflügelte Drache sandte sein blaues Feuer in einem sehr dünnen, gebündelten Strahl gegen die flüchtenden Menschen und sicherte die Eingangshalle. Wer getroffen wurde, zerfiel zu heißem Staub.
Xings Gesicht war bleich vor Schreck geworden, sie verstand einfach nicht, was vor sich ging. »Die Posten …«, stammelte sie und klammerte sich an Maxim, »sie hätten uns warnen müssen.« Abwesend betastete sie das verletzte Gesicht, die blutige Hand zitterte, und ein gequältes Stöhnen entstieg ihrer Kehle. Nun erst wurde sie sich ihrer Schmerzen bewusst.
Der Russe war sich sicher, dass die Männer im Ausguck als Erste von den fremden Drachen getötet worden waren. Ihm war es gleich, ob sie sich gegen den Tyrannen verbündet hatten, um ihn zu töten oder ihm die Schätze zu rauben – sein eigenes Leben befand sich in größter Gefahr. Es gab keinen anderen Ausweg mehr, als den Palast zu verlassen, Ausrüstung hin oder her. Der Korumdie besaß sicherlich mehr Barmherzigkeit als die Wesen in der Halle.
»Still«, zischte er Xing an und lief mit ihr gebückt zu dem Gang, der sie ins Schlafzimmer führen würde, das sie zuvor aufgeräumt hatten.
»Was tun wir?«
»Wir steigen aus dem Fenster und versuchen, es lebend bis nach unten zu schaffen«, entschied er und zerrte sie mit sich.
»Aber wer beschützt den Palast des Herrn, wenn wir flüchten? Wir müssen uns Waffen suchen und …« Xing war verzweifelt und sträubte sich gegen Maxims Griff. »Er braucht uns!«
»Es geht um dein Leben, Xing!«, herrschte er sie an. »Vergiss den Mörder. Meinetwegen soll er von den anderen Bestien in Stücke gehackt und verbrannt werden.« Maxim hatte die Tür zum Schlafzimmer erreicht, drückte die Klinke nach unten und öffnete den Eingang.
Kalter Wind wehte ihnen entgegen, die Vorhänge flatterten, und Schneeflocken tanzten umher. Das große Fenster lag in Trümmern auf dem Boden, der Qualm der Räucherstäbchen duckte sich unter der eisigen Luft, wand sich und malte Zeichen in den Raum, ehe er sich auflöste.
»Was für eine Unordnung«, stöhnte Xing auf. »Es dauert Stunden, bis ich das in Ordnung gebracht habe. Woher soll ich ohne Tjushin so rasch einen Glaser beschaffen?« Sie machte einen Schritt in das Gemach hinein, ihr Blick fiel auf das Bett. Das Tablett mit den Trüffeln war verschwunden.
Maxim folgte ihr vorsichtig, sah sich um. Die Scheibe war nicht ohne Grund zu Bruch gegangen – noch ein Angreifer? Er zog sein Messer, um wenigstens ein trügerisches Gefühl der Sicherheit zu verspüren, das ihm die Klinge verlieh. Dann warf er ihr einen schnellen Blick zu. »Du kannst machen, was du willst, Xing, aber ich verlasse diesen verfluchten Palast.«
Xing strich die kaum sichtbare Delle, die vom Tablett herrührte, aus dem Kissen. »Ich kann ihn nicht verlassen. Die Drachen werden bestimmt wieder gehen, und dann kann ich alles herrichten«, murmelte sie tonlos. Sie befand sich im Schock des unbändigen Angriffs und flüchtete sich in Dinge, die sie kannte, die Sicherheit bedeuteten.
Maxim sah den leeren Ausdruck in ihrem gesunden Auge und gab es auf. Er nahm sich das Eisbärenfell, das als Bettvorleger diente, und legte es sich um die Schultern. Es würde ihm gegen die Kälte draußen nützlich sein. Er musste nicht weit kommen; alles, was er benötigte, war eine Telegrafenstation.
Nach einem letzten Blick auf Xing eilte er zum Fenster, als sich ein schrecklicher Drachenkopf davor erhob. Ein blutroter Karfunkel saß ihm mitten auf der Stirn und blendete Maxim mit seinem Leuchten; Augen besaß das Monstrum offenbar keine. Die kleinen Schuppen am Hals glänzten wie Diamanten. Doch die Pracht lenkte nicht von der Hässlichkeit des Drachen ab.
Maxim dachte nicht nach, er handelte aus Schrecken und Abscheu. Das Messer schnellte nach vorn, die Klingenspitze prallte gegen den roten Edelstein – und zersprang. Das Eisen hatte nicht einmal einen Kratzer hinterlassen.
Der Drache schnaubte, die lange Schnauze klappte weit auseinander, und Maxim sah nur noch, dass zwei lange, messerspitze Zahnreihen auf ihn zurasten …
Xing hörte das Krachen von Knochen und wandte sich um. Sie musste mit ansehen, wie der Drache den jungen Russen einfach vom Gürtel an aufwärts zermalmte. Blut spritzte zwischen den geschlossenen Zähnen hervor und rann auf den Boden, dann zog sich der Kopf mit dem Leichnam nach draußen zurück.
Ehe Xing in der Lage war zu reagieren, erschien der Drache erneut, legte die schlanken, scharfen Krallen auf den Fenstersims und zog sich ins Innere. Trotz seiner vier Beine wirkte der Körper geradezu schlangenhaft dünn, die Flügel filigran und zerbrechlich. Im Ganzen war er kein Vergleich zu dem roten Drachen in der Eingangshalle. Er maß acht Meter in der Länge und drei in der Höhe, und als er vor der regungslosen Xing stehen blieb, ließ das grelle Leuchten des Karfunkels auf seiner Stirn etwas nach.
»Dein Name ist Xing, wie ich vernahm?«, fragte er mit zischender, nicht unangenehmer Stimme.
Sie starrte auf die bluttriefenden Maulränder und die Fänge, die vor ihrem Gesicht schwebten. Der Drache hatte die Kiefer nicht bewegt, er sprach wie der Herr unmittelbar in ihrem Kopf. »Ja«, stotterte sie und konnte die Augen nicht abwenden.
»Bist du so etwas wie die Haushälterin von Gorynytsch?«
»Ich diene dem Herrn mit Hingabe«, erwiderte sie. Nun fixierte sie den Karfunkel, aus dem die Stimme zu kommen schien.
»Dann kannst du mir berichten, woher diese köstlichen Trüffeln stammen, Xing?«
»Ich verstehe nicht …« Xing dachte, sie habe sich verhört. Fieberhaft überlegte sie, wie sie vor dem Drachen flüchten könnte. Denn einer musste den Herrn warnen, auch wenn sie noch nicht wusste, wie sie das bewerkstelligen sollte. Vielleicht ein großes Signalfeuer auf dem Gipfel?
»Das würde nichts bringen, Xing«, lachte er. »Aber es ist rührend, wie du dich um denjenigen sorgst, der dich entführte und einsperrte.«
Sie verfluchte sich für ihre verräterischen Gedanken und konnte sie dennoch nicht verhindern. Wie täuschte man einen Drachen, der Pläne ohne Aufhebens erriet? »Die Trüffeln stammen aus dem Périgord«, antwortete sie rasch, um ihn abzulenken. »Sie werden für den Herrn gesucht.«
»Das passt zu ihm. In meinem Revier wildern.« Der Drache hob die rechte Vorderklaue und deutete auf den Eingang. »Führe mich zu den anderen. Das wäre äußerst zuvorkommend von dir.«
»Zu den Drachen?«
Er nickte. »Wir werden uns ein wenig mit meinen Freunden unterhalten, da dein Meister offensichtlich nicht zu Hause ist.« Die Kralle schob sie sanft auf den Ausgang zu. »Was, und das gebe ich nur ungern zu, äußerst bedauerlich und ärgerlich ist. Der weite Weg aus Frankreich für nichts und wieder nichts. So pittoresk ist es hier nun auch wieder nicht.« Er nickte ihr zu. »Mein Name ist Vouivre. Und ich wäre dir sehr verbunden, wenn du mir die Vorräte dieser exquisiten Trüffeln aushändigen würdest. Dann hätte sich der Ausflug wenigstens ein bisschen gelohnt.«
Xing schleppte sich vorwärts, durch den Gang zurück quer durch den Palast zur Eingangshalle, und versuchte, an nichts zu denken, was ihre Lage verschlimmerte.
Der rote Drache saß noch immer vor dem Tor und sein Schwanz zuckte wie der einer ungeduldigen, aufgeregten Katze.
I.
»Siegfried bekämpfte sie.
Beowulf starb durch sie.
Der heilige Georg tötete einen. Einen von vielen. Es gab sie schon immer, zu allen Zeiten, in allen Kulturen der Völker der Welt. Babylonische Könige, antike Helden, römische Gelehrte, christliche Streiter standen ihnen gegenüber.
Unzählige Schriften, vom Gilgamesch-Epos bis zur Bibel, zeugen davon.
Die Schrecklichsten unter ihnen trugen Namen wie Leviathan, Tiamat, Hydra, Python, Jörmungand, Grendel, Tarasque oder Fafnir – einst als Ungeheuer gefürchtet, dann von Helden nahezu ausgerottet.
Nahezu …
Noch immer kriechen oder fliegen ihre vielgestaltigen Nachkommen aus ihren Verstecken, verbreiten Schrecken unter uns Menschen, bis wackere Kämpfer erscheinen, um sie zu bezwingen, wie es Generationen von Kämpfern vor ihnen taten.
Bis heute.
Bis 1924.
Wir wollen ihnen ein Denkmal aus Worten und Bildern bauen.«
Vorwort zur Serie »Drachentöterinnen und Drachentöter im Verlauf der Jahrhunderte«, im »Münchner Tagesherold«, Königlich-Bayerisches Hofblatt vom 1. Juni 1924
1. Januar 1925, Reichshauptstadt Berlin, Königreich Preußen, Deutsches Kaiserreich
»Entschuldigung, mein Herr, aber sind Sie Gast in unserem Haus?«
Onslow Skelton blickte zwischen den Angestellten in den einschüchternd voluminösen Kutschermänteln und mit den dazu passenden hohen Hüten hin und her. Sie verbarrikadierten den Eingang des Hotels Adlon stilvoll und drohend zugleich. Er musste an die Kraftmeier im Zirkus oder Preisboxer auf dem Jahrmarkt denken. Gleich zwei solche schlagkräftige Vertreter ihrer Art hatte man als Aufpasser eingekauft und sie als Wächter aufgestellt. Offenbar konnte nur der Linke der beiden sprechen; der andere beschränkte sich darauf, böse und abweisend zu lächeln.
Es war offensichtlich, dass Onslow Skelton nicht in die Welt der Reichen und Berühmten gehörte, die hinter der klassisch anmutenden Fassade des berühmten Hotels übernachteten oder sogar für längere Zeit hier lebten. Der deutsche Kaiser war, wenn er keine Lust auf das zugige Stadtschloss verspürte, hier ebenso anzutreffen wie europäische Könige oder indische Maharadschas, Schauspieler wie Charlie Chaplin oder geniale Köpfe, die den Namen Sauerbruch und Einstein trugen. Die Creme de la creme, exotisch und einmalig durch ihr Erscheinungsbild oder ihre Tätigkeit.
Onslow Skelton dagegen war nichts von alledem.
Anstatt Pelzen trug er karierte Hosen, ein weißes Hemd mit einem karierten Pullunder, darüber ein dickes Wollsakko gegen die winterliche Kälte. Die Cordmütze auf den kurzen schwarzen Haaren, die von Pomade zu einem exakten Mittelscheitel gezwungen worden waren, hatte nichts mit einer Krone gemein. Nur das dunkle Oberlippenbärtchen und die langen Kotletten gaben ihm etwas von einem Dandy – wenn die runde Jungenbrille nicht gewesen wäre. Die penibel gepflegte Aktentasche aus schwarzem Leder machte seinen Auftritt nicht besser.
Skelton verstand Deutsch, antwortete aber in reinstem Britisch. Unter Umständen ging er auf diese Weise als versnobter, spleeniger Lord durch. »Nein, noch bin ich es nicht, Sir. Und sollte es mir nicht gelingen, jemals an Ihnen vorbei zu gelangen, werde ich es auch nie sein können.«
Der Mann lächelte. »Haben Sie Gepäck, Sir?« Er wechselte ansatzlos, wenn auch mit dem typischen deutschen Akzent, ins Englische.
»Wie Sie unschwer erkennen können, nein. Im Übrigen beabsichtige ich, einen Ihrer Gäste zu besuchen, Sir, und sollte ich nicht pünktlich zu meiner Verabredung erscheinen, werde ich Ihrem Gast Ihren Namen nennen. Ich bin mir sicher, dass Herr Adlon sehr begeistert sein wird, wenn er von Knjaz Zadornov über den Diensteifer seiner Angestellten informiert wird.« Skelton bleckte die Zähne und wartete, bis die Worte ihre Wirkung getan hatten.
»Verzeihen Sie, Sir. Ich hielt Sie für einen Reporter.« Der Mann legte die Rechte an den Hutrand, deutete Verbeugung und Entschuldigung gleichermaßen an, dann öffnete er ihm die Tür. »Melden Sie sich bitte beim Empfang an, Sir.« Er gab seinem Kollegen einen Wink, Skelton zu begleiten – vermutlich, um ihn gleich wieder an die Luft zu befördern, falls er sich als Lügner erweisen sollte.
»Danke vielmals.« Skelton trat über die Schwelle und schritt ins Foyer des berühmten Hotels, dessen Gästezimmer bereits seit Jahren mit fließendem warmem und kaltem Wasser sowie Elektrizität ausgestattet waren. Das Foyer zeigte mit seiner Pracht, dass das Adlon ein Gesamtprodukt von Kunst, Technik, Handwerk und viel, viel Vermögen war.
Pagen in den klassischen Uniformen eilten unauffällig umher, schleppten Gepäck, Tabletts mit Essen und Getränken oder hielten Nachrichten und Briefe für die Gäste in den Händen. Auf dem Weg zur Rezeption erhaschte Skelton einen Blick ins Restaurant, wo Kellner in schicken Fracks noch schickere Damen und Herren bedienten, deren Garderoben einen Querschnitt durch die aktuelle Mode zeigten. In der hinteren Ecke des Foyers befand sich eine kleine Sitzecke, in der Skelton berühmte Gesichter zu erkennen glaubte, die sich halb hinter Zeitungen verbargen und ihren Kaffee genossen. War das nicht Henry Ford, der amerikanische Millionär und Hersteller Tausender Fließbandautomobile? Und der Mann daneben erinnerte ihn an einen Schauspieler, den er auf einem Filmplakat gesehen hatte: Hans Albers.
»Guten Tag, mein Herr«, wurde er gegrüßt.
Skelton hatte trotz des vielen Umherschauens weder einen Pagen noch einen Gast angerempelt und, ohne es zu bemerken, den Empfang erreicht.
»Einen wunderschönen guten Tag«, sagte er zu dem gestandenen Mann hinter dem Tresen, dessen Anzug teurer war als alles, was er am Leib trug und sonst noch an Habseligkeiten sein Eigen nennen durfte. Auf dem goldenen Namensschild des Concierge stand Harmstorf zu lesen. »Wäre es möglich, Knjaz Zadornov zu melden, dass ihn Mister Onslow Skelton von Hamsbridge & Coopers Insurance zu sprechen wünscht? Wir haben eine Verabredung.« Er zückte eine Karte und reichte sie dem Mann.
»Sicher, Sir. Einen Moment, bitte.« Harmstorf deutete eine Verbeugung an und langte gleichzeitig nach dem Hörer des Telefons.
Die Bewegung sah routiniert aus, und Harmstorf schaffte es sogar, während des gesamten Gesprächs beflissen zu lächeln. Der Brite verstand kein Wort der kurzen Unterhaltung, es klang nach Russisch.
Um eine Anstellung im Adlon zu erhalten, war es wahrscheinlich notwendig, zumindest Englisch, Französisch und Russisch sprechen zu können, vielleicht noch Italienisch; vermutlich beherrschten die meisten Diplomaten weniger Fremdsprachen als der Concierge.
»Der Fürst lässt bitten, Mister Skelton.« Harmstorf legte auf, reckte das Kinn und vollführte eine kleine Geste. Wie aus dem Nichts stand ein Page, keine vierzehn Jahre alt, neben dem Tresen. Der Aufpasser, der bislang nicht von Skeltons Seite gewichen war, stapfte indessen zurück zum Eingang. »Bring den Gentleman zu Fürst Zadornov.« Und zu Skelton gewandt: »Folgen Sie dem Pagen, Sir. Er wird Sie sicher führen. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Tag, Sir.« Er verneigte sich leicht.
»Ihnen auch.«
Mit dem Fahrstuhl ging es nach oben. Sie teilten sich die Kabine mit einer Dame in einem weißen Kleid, das unzählige Federn und Spitzen besaß. Ihr Hut passte gerade so in Höhe und Breite hinein, und auf ihrem Arm hockte etwas, das ein Hund sein sollte, aber viel zu klein geraten war. Neben ihr stand ihr Diener, der eine braune Papiertüte hielt. Skelton schätzte sie auf fünfzig Jahre; das Geschmeide um ihren Hals, um die Handgelenke und an ihren Ohren funkelte angeberisch.
»Ich muss es einfach wissen«, wandte sie sich plötzlich an ihn. »Gehen Sie auch zur Séance von Madame Sàtra, mein Lieber?«
Skelton sah sie verwundert an. Der Name des berühmten, außergewöhnlichen französischen Mediums stand tatsächlich auf seiner Liste von möglichen Helfern bei seiner Suche, aber er hatte nicht gewusst, dass sie sich in Berlin aufhielt. »Nein, Madame. Ich bedauere.«
»Sie sehen nicht nur aus wie ein Brite, Sie klingen auch wie ein Brite. Ach, wie schade, dass Sie nicht dabei sind. Ich bin so aufgeregt und hätte gern ein wenig geplaudert, um mich abzulenken.« Der Lift hielt an, Skelton verließ die Kabine, und die Dame folgte ihnen. »Wie schön, wir haben den gleichen Weg! Da ich Sie schon angesprochen habe: Was halten Sie von Séancen? Ich hoffe, dass ich Kontakt zu meinem verstorbenen Gatten aufnehmen kann, um ihn zu fragen, wo er die Nummer für den Safe aufbewahrt hat. Und natürlich, wie es ihm im Jenseits ergeht«, fügte sie rasch hinzu, um nicht zu gierig zu wirken.
»Ich habe mich nicht ausgiebig mit dem Thema beschäftigt, Madame. Nur das, was man in den Zeitungen liest.«
»Diese Geisterkraft, dieses Ektoplasma, das man immer auf den Bildern erkennt – ich bin gespannt, wie es in Wirklichkeit aussieht. Ich kann mir unter der weißen Absonderung so gar nichts vorstellen. Es sieht für mich aus wie geronnene Milch oder lange Teigschnüre, die den armen Medien aus der Nase und aus den Ohren quillen. Ob es wohl schmerzt?«, plapperte sie weiter und hielt die Hand auf. Der Diener reichte ihr einen Keks, den sie dem Hündchen verfütterte. »Man hört ja so einiges über diese Leute, und ich war schon bei vielen selbst ernannten Medien. Indische Gurus, Zigeuner, europäische Zauberer, aber keiner hat mir meinen Mann aus den Tiefen des Nachlebens hervorgezogen. Madame Sàtra ist meine letzte Hoffnung.«
»Es soll viele Scharlatane in den Reihen der Bewegung der Theosophen geben, Madame. Dank Mister Houdini sind bereits einige dieser Täuscher überführt worden.« Skelton sah auf den Pagen, der vor ihm herwanderte, und sehnte sich danach, endlich das Zimmer des Fürsten zu erreichen, um der geschwätzigen Vettel zu entkommen.
»Houdini? Ist das nicht dieser Amerikaner?«
»Ein Illusionist, der gesteht, dass er mit Tricks arbeitet und es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Scharlatane unter den Medien zu entlarven.« Er lächelte.
»Wollen Sie damit andeuten, Madame Sàtra gehöre zu diesen Blendern?« Abrupt blieb sie stehen.
»Um Himmels willen, nein, Madame!« Skelton wusste, dass zahlreiche Persönlichkeiten aus der Geschichte von ihr herbeibeschworen und befragt worden waren; mit Sàtras Hilfe hatte der Archäologe Carter angeblich sogar das Grab des Tutanchamun vor drei Jahren in Luxor entdeckt. Der legendäre König sei ihr erschienen, hatte sie verlauten lassen.
Die Dame war erleichtert und schob dem Hündchen noch einen Keks ins Maul. »Jetzt hatten Sie mich aber erschreckt, Sir. So eine Séance kostet nämlich nicht eben wenig, müssen Sie wissen.« Endlich blieb sie an einer Doppeltür stehen, vor der ein livrierter Wächter stand. Sie suchte in ihrer Handtasche nach der Einladung. »Wünschen Sie mir Glück. Wenn dieser Tresor weiterhin geschlossen bleibt, werde ich bald arm wie eine Kirchenmaus sein.«
»Ich drücke Ihnen die Daumen, Madame.« Skelton nickte ihr zu, eilte weiter und atmete tief aus, was den Pagen zum Grinsen brachte. »By Jove! Noch ein Wort mehr, und ich schwöre bei Gott, dass ich sie mit dem Pudel gestopft hätte«, raunte er dem Jungen zu, der daraufhin in schallendes Gelächter ausbrach.
Endlich gelangten sie zur Suite des Fürsten.
Der Page klopfte gegen die Tür. Nach einiger Zeit öffnete ihnen eine hübsche, junge Frau, deren Kleid unordentlich und hastig angezogen wirkte; die brünetten Haare mit den kleinen Löckchen hatte sie rasch hochgesteckt und einen muschelähnlichen, weißen Hut darauf gesetzt; ihr Blick war leicht verklärt. »Verzeihung«, wisperte sie und huschte zwischen ihnen hindurch. Sie eilte den Gang entlang, sprühte dabei etwas Parfüm auf ihre Handgelenke und das Dekolleté.
Skelton war sich absolut sicher, dass es sich um eine Schauspielerin gehandelt hatte, aber ihm wollte partout nicht der Name einfallen. Lya Mara?
»Kommen Sie rein, Mister Skelton!«, tönte es aus der Suite. »Früher hätten Sie nicht erscheinen dürfen.«
Skelton gab dem Jungen ein paar Pfennige und trat durch die geöffnete Tür.
Es roch nach schwerem Tabak und drückendem Männerparfüm, das Skelton sofort ein lautes Niesen abrang. Die Vorhänge waren zugezogen, ein halbes Dutzend Kerzen brannten im Wohnbereich; drei Windspiele in verschiedenen Tonlagen erzeugten ein leises, unregelmäßiges Konzert. Warum sie sich ohne einen Luftzug drehten und die Röhren aneinander schlugen, blieb Skelton schleierhaft. Er zog die Mütze ab und glättete die pomadigen Haare mit einer raschen Handbewegung. »Knjaz Zadornov?«
»Kommen Sie näher, Mister Skelton«, forderte ihn eine tiefe, sonore Stimme auf.
Er zog die Tür hinter sich zu und ging weiter in die Suite hinein, dann erkannte er den Fürsten. Aufgrund der Stimme hatte er mit einem Menschen in seinem Alter gerechnet, doch anstelle eines Dreißigjährigen lag ein junger Mann, der gerade einmal die Volljährigkeit erreicht haben mochte, auf dem dunkelgrünen Diwan.
Er war sehr schlank, die langen schwarzen Haare hingen offen auf sein schwarzes Hemd, das bis zur Brust aufgeknöpft war. Stoppeln standen ihm im Gesicht, mit dem Rasieren nahm es der Fürst wohl nicht allzu genau; die schwarzen Koteletten reichten bis an den Unterkiefer. Skelton musste an das Selbstbildnis von Dürer denken, nur dass dieser Mann wie dessen jüngerer, verwegenerer und attraktiverer Bruder aussah. Sein Hemd war aus der nachtfarbenen Stoffhose gerutscht, die Füße waren nackt. Es war offensichtlich, was sich kurz vor seinem Eintreffen in der Suite abgespielt hatte.
»Möchten Sie einen Absinth, Mister Skelton?« Zadornov richtete sich auf, eine Hand hielt das Mundstück einer Wasserpfeife, der Schlauch führte hinter den Diwan. »Oder lieber etwas von meiner Pfeife, deren Inhalt nicht unbedingt harmlos zu nennen ist? Sind Sie Haschisch gewohnt?«
»Nein, vielen Dank, Durchlaucht«, lehnte Skelton rasch ab und sah in die faszinierend blauen Augen des Fürsten. Bei einer Frau hätte man sie betörend genannt, mal erschienen sie heller, mal dunkler, und sie zogen die Blicke regelrecht an. Es fiel ihm schwer, sich von ihnen zu lösen und nicht zu unverschämt zu starren. »Ich brauche einen klaren Verstand, Durchlaucht.«
Zadornov nickte grinsend, sog am Mundstück und hüllte den Kopf in Nebel. »Was immer Sie wünschen, Mister Skelton, rufen Sie einen Kellner und lassen Sie sich etwas bringen. Wasser und Tee stehen auf dem Tisch. Machen Sie es sich bequem.«
Während Skelton sich setzte, die Tasche neben sich platzierte und etwas von dem Wasser in ein Glas goss, stellte Zadornov die Füße auf den Boden und legte das Mundstück zur Seite. Sein wild-hübsches Antlitz tauchte aus dem Tabaknebel auf. Er goss sich ebenfalls etwas zu trinken ein; die klare Flüssigkeit aus seiner Flasche verbreitete den charakteristisch schwachen Geruch von Wodka.
Skelton verfolgte, wie der Russe ein paar Rosinen aus einem Kristallschälchen nahm, sie in den Mund steckte, kaute und gleich darauf den Alkohol trank. Es schien zu stimmen, was man sich über ihn berichtete: Die Momente, in denen man ihn nicht unter Drogen erlebte, waren spärlich gesät.
Zadornov richtete die Augen auf ihn. »So, Mister Skelton von Hamsbridge & Coopers Insurance aus London. Erzählen Sie mir, womit ich Ihnen und Ihrem Unternehmen helfen kann.«
»Es verhält sich so, dass ich ohne Billigung meiner Vorgesetzten bei Ihnen vorspreche, Durchlaucht. Würden sie erfahren, dass ich mich bei Ihnen befinde, hätte dies wohl eine Rüge, wenn nicht sogar meine sofortige Entlassung zur Folge. Ich bitte Durchlaucht daher um Diskretion.« Skelton nahm sein Glas und nippte daran.
»Die ist Ihnen sicher, Mister Skelton. Wenn Sie mir endlich Ihr Anliegen schildern? Ich erwarte in einer Stunde den nächsten Besuch«, lächelte er süffisant.
Auch das Gerücht stimmte offenbar: Zadornov hatte viele Frauenbekanntschaften. »Sie haben von dem Überfall auf das kunsthistorische Museum in London gehört, wie ich annehmen darf?«
Zadornov überlegte. »Vage. Ich bin mir nicht sicher. Fassen Sie es kurz für mich zusammen, seien Sie so freundlich.«
»Es gab einen Einbruch, die Diebe hatten es auf mehrere Kunstschätze aus der Abteilung Drachenjagdwerkzeuge und Kleinodien abgesehen. Sie wurden von den Wärtern gestellt, wie man anhand der Spuren annimmt, doch dann …«
»Richtig!« Zadornovs Augen zogen sich zusammen. »Es fällt mir wieder ein. Man fand nur Leichen, es gab keinen einzigen Überlebenden. Der Wert der gestohlenen Gegenstände beläuft sich auf 21,1 Millionen Britische Pfund, las ich?«
»Es stimmt leider nicht ganz, Durchlaucht. Die Summe hat sich auf 34,4 Millionen erhöht.« Skelton leerte sein Wasser und bediente sich am Samowar, goss sich zuerst tiefschwarze Brühe aus dem kleineren Kännchen obenauf in die Tasse und verdünnte den Sud mit kochendem Wasser aus dem bauchigen Kessel. »Und Hamsbridge & Coopers müssten diese ungeheure Summe bezahlen, wenn wir die Gegenstände nicht wiederbeschaffen können.« Er beugte sich zur Seite, öffnete die Tasche und nahm einen Katalog hervor, in dem die entwendeten Gegenstände abgebildet waren, überwiegend als Zeichnung, aber auch als Fotografien. »Das sind sie, Durchlaucht.« Er schob das Büchlein über den Tisch.