John Cleland

 

Fanny Hill

 

 

Impressum

 

ISBN: 9783955012984

 

2014 andersseitig.de


Covergestaltung: Erhard Koch

Digitalisierung: Erhard Koch


andersseitig Verlag

Dresden

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Covergestaltung unter Verwendung eines Gemäldes von Toulouse-Lautrec.

Erster Brief

MADAME, ich nehme Ihren Wunsch als einen Befehl: so wenig angenehm es mir auch sein wird, will ich also die Geschichte jener meiner Lebenszeit aufschreiben, die nun vorbei ist, nun, wo ich glücklich bin in Liebe und Gesundheit und Jugend. Bequeme Verhältnisse und nicht geringes Vermögen lassen mir Zeit, die ich nicht besser verwenden kann, als dass ich einen schon von der Natur nicht ganz schlechten Verstand übe, der mich auch inmitten der ausgelassensten Lüste und Freuden mehr Erfahrungen über Brauch und Sitte der Welt machen ließ, als es bei Huren allgemein ist; denn die halten jeden Gedanken für einen schlimmen Feind ihrer Betäubung, so dass sie ihn entweder weit sich fern halten oder in Stumpfsinn vernichten.

Ich mag lange Vorreden nicht und will mich auch weder verteidigen noch entschuldigen, will nur sagen, dass ich mein Leben genau so beschreiben werde, wie ich's geführt habe.

Ich will die Wahrheit geben und mir nicht die Mühe nehmen, ihr eine verschleiernde Hülle zu geben. Ich will Umstände und Situationen so beschreiben, wie sie waren, und mich nicht darum kümmern, ob ich damit jene Gesetze des Anstandes verletze, die ja auch für die Art unserer beider Beziehungen und Beichten nicht gemacht wurden. Dann haben Sie ja auch eine viel zu gute Kenntnis der Wirklichkeit, als dass Sie über deren Beschreibung aus Prüderie oder aus "Charakter" die Nase rümpften. Die geschmackvollsten Leute werden in ihren Privaträumen Bildnisse des Nackten an die Wand zu hängen sich nicht scheuen - wenn sie es nicht im Treppenhaus tun, so nur, weil sie mit einem allgemeinen Vorurteil rechnen.

Das sei Einleitung genug. Ich komme zu meiner Geschichte. Mein Mädchenname war Frances Hill und ich bin von sehr armen, aber, wie ich aufrichtig glaube, grundehrlichen Eltern in einem Dorf nahe bei Liverpool in Lancashire geboren.

Mein Vater war gelähmt und fand im Netzmachen einen kümmerlichen Verdienst; meine Mutter trug das ihre mit einer Kleinmädchenschule bei, die sie hielt. Wir waren viele Kinder, von denen keines lang lebte, bis auf mich, der mir die Natur eine vortreffliche Gesundheit gab.

Bis über mein vierzehntes Jahr bestand meine Erziehung in ein bisschen Lesen oder vielmehr Buchstabieren, einem unleserlichen Gekritzel und ein wenig Nähen. Das einzige Fundament meiner Tugend war die völlige Unkenntnis des Lasters und jene scheue Furcht, die uns ganz jungen Mädchen eigen ist, da uns etwas mehr durch seine Neuheit als durch sonst was ängstigt. Von dieser Furcht werden wir meist auf Kosten unserer Unschuld befreit, wenn wir allmählich anfangen, in den Männern nicht mehr die Raubtiere zu sehen, die uns fressen wollen.

Zwischen ihrer Schule und den Hausarbeiten hatte meine Mutter wenig Zeit für mich; und da ihre eigene Naivität nichts Böses kannte, kam ihr auch gar nicht der Gedanke, mich vor was zu warnen.

Ich war fünfzehn Jahre alt, als mir ein großes Unglück widerfuhr: meine Eltern starben rasch hintereinander an den Pocken und ließen mich als Waise zurück. Die schlimme Krankheit hatte auch mich überfallen, aber in einer so gelinden Form, dass ich bald außer Gefahr war und ohne Narben davon kam, was ich damals allerdings noch nicht zu schätzen wusste. Ein wenig Zeit und die Unbekümmertheit meines Alters zerstreuten nur zu bald meinen Schmerz, und etwas machte mich endlich ganz gleichgültig gegen ihn: der Gedanke, nach London in Dienst zu gehen, worin mich eine junge Frauensperson, Esther Davis, bestärkte und versprach, mir da mit Rat und Tat beizustehen. Diese Davis war aus London auf Besuch zu Bekannten gekommen und wollte nach ein paar Tagen wieder in ihre Stellung zurück.

Ich hatte niemanden im Dorfe, der sich meiner hätte annehmen, oder mir da etwas hätte raten können. Die Frau, die sich nach meiner Eltern Tode um mich kümmerte, sprach mir zu, und so stand mein Entschluss fest, nach London zu gehen, um da mein Glück zu suchen, wie die Redensart heißt, die schon mehr verdorben als glücklich gemacht hat.

Esther Davis erzählte mir von dem Prachtvollen, was es alles in London gäbe, den Theatern und Opern und Gebäuden und verdrehte mir damit vollends den Kopf. Ich muss heute lachen, wenn ich an das Staunen denke, womit wir armen Mädel, deren ganzer Sonntagstaat in einem groben Hemd und wollenen Röcken bestand. Esthers Putz bewunderten, ihr Atlaskleid, ihre feinen Bänderhauben, ihre silbergestickten Schuhe. Das alles, dachten wir, wächst in London, und ich wollte es auch so haben.

Esther erzählte mir, "es hätten schon viele Mädchen vom Lande sich und ihre Verwandtschaft auf Lebenszeit glücklich gemacht; manche, die sich gut gehalten hätten, waren von ihren Herren so wohl gelitten gewesen, dass sie sie geheiratet hätten und ihnen Wagen hielten und manche wäre schon Herzogin geworden. Das sei alles Glücksache, und sie wüsste nicht, weshalb ich es nicht ebenso treffen könnte wie manche andere," und so sagte sie noch eine Menge, was mich den Tag der endlichen Abfahrt kaum erwarten ließ.

Niemanden hatte ich in dem Dorf: die alte Frau, die noch die einzige war, die sich um mich kümmerte, tat das ohne Zärtlichkeit, nur so aus Mitleid und Gnade. Aber sie war so freundlich, mir meine paar Habseligkeiten, die mir nach allem noch geblieben waren, in Geld umzusetzen, und bei der Abreise gab sie mir mein ganzes Vermögen in die Hand: es bestand aus einer mageren Garderobe, die sich bequem in eine Schachtel packen ließ, und aus 177 Schillingen, die ich in einem Beutel verwahrte. Nie hatte ich so viel Geld besessen, und ich konnte mir nicht denken, dass man das durchbringen könnte.

Wir saßen in der Kutsche. Die Abschiedstränen kamen mir halb aus Betrübnis, halb aus Freude, und ist da nicht viel davon zu sagen, wie auch nicht von den Augen, die mir einige von den Passagieren machten - zu mehr ließ es Esther nicht kommen, die sehr mütterlich auf mich acht gab und für mich sorgte, was sie sich übrigens damit verrechnete, dass sie mich die Reisekosten für sie bezahlen ließ.

Es war spät abends an einem Samstag, als wir mit dem langsamen, obgleich zuletzt mit sechs Pferden bespannten Fuhrwerk in London ankamen. Der Lärm auf den Strassen, durch die wir zu unserem Gasthof fuhren, das Gedränge der Wagen und Menschen, die vielen Häuser, all das machte mich ganz bang vor Staunen, Neugierde und Angst.

Wir kamen in dem Gasthof an, unser Gepäck wird abgeladen und übernommen und ich denke nicht anders, so müde wie ich war, mit meiner Begleiterin unser Zimmer aufzusuchen, als Esther, die während der ganzen Reise so lieb zu mir war, plötzlich ganz fremd und kühl gegen mich ist, geradeso als fürchtete sie, ich könnte ihr zur Last werden. Stellen Sie sich meine Bestürzung vor ! Anstatt mir, die ich doch ganz fremd und ohne einen Menschen in London war, ihren fernern Beistand anzubieten, auf den ich mich doch verlassen hatte, schien sie es völlig genug zu finden, mich begleitet zu haben und küsst mich und verabschiedet sich von mir. Ich war so verwirrt, dass ich kein Wort sagen konnte und stand stumm und wie betäubt. Esther meinte wohl, der Abschied ginge mir nahe, und so wollte sie mich damit trösten, dass sie mir gute Ratschläge gab, bald eine Stellung zu suchen, die ich ja leicht finden würde, und inzwischen ein besonderes Logis zu nehmen; ich solle sie dann wissen lassen, wo ich wohne, falls sie mich aufsuchen wolle; und wünschte mir noch viel Glück und dass ich brav bleibe und meinen Verwandten keine Schande machen solle, und sie müsse in ihre Stellung zurück. Damit ging sie und ich war allein und verlassen in dem kleinen Zimmer und heulte mir den Schmerz von der Seele, worauf mir leichter wurde, obgleich sich meine Lage doch in nichts gebessert hatte und ich nicht wusste, was anfangen.

Ein kleiner Kellnerjunge trat ein und fragte mich kurz, was zu meinem Verlangen wäre. Ich antwortete ganz ohne zu denken: Nichts, und wünschte nur zu wissen, wo ich diese Nacht schlafen könnte. Der Junge sagte, er wolle mit der Frau reden, die auch nach einer kleinen Weile kam. Ohne sich irgendwie um meine Situation zu kümmern, sagte sie nur ganz trocken, ich könne für einen Schilling ein Bett haben und morgen könne ich ja dann meine Bekannten aufsuchen. Meine Bekannten!

Der stärkste Kummer greift zu seinem Troste nach den erbärmlichsten Gründen:

Die bloße Zusicherung eines Nachtlagers war imstande, mich zu beruhigen; und da ich mich schämte, der Wirtin zu gestehen, dass ich in London keinen Menschen habe, nahm ich mir vor, gleich am nächsten Morgen in ein Dienstvermittlungsbüro zu gehen, dessen Adresse mir Esther auf die andere Seite eines Straßenliedes aufgeschrieben hatte, bevor sie ging. Da hoffte ich schon was zu finden. das mich fortbringen konnte, ehe ich meine kleine Barschaft aufgezehrt hätte; und was meine Herkunft und Aufführung betreffe, hatte mir Esther oft gesagt, ich sollte mich nur auf sie verlassen, sie würde schon darüber Auskunft geben. Und da ich sie so brauchte, kam auch mein Vertrauen zu ihr wieder; ihr schneller Abschied kam mir nicht mehr sonderbar vor, und ich gab meiner Unerfahrung und Dummheit die Schuld, dass ich ihn erst so empfunden hatte.

Am andern Morgen machte ich mich also so nett, als es meine Bauernkleider erlaubten, gab der Wirtin die Schachtel mit meiner Habe zur Verwahrung und ging aus, ohne mich unterwegs von irgendwas länger aufhalten zu lassen, als man von einem Landmädel erwarten kann, das kaum Fünfzehn alt ist und jedes Schild und jeden Laden begaffen muss. Endlich kam ich nach manchem Fragen in das betreffende Vermittlungsbüro. Das führte eine ältliche Frau, die an einem Tisch vor einem großen Buch und allerlei Schriften und Zeugnissen saß. Ich schaute keinen Menschen in dem Raum an, ging auf die Frau zu und stotterte nach einem Knicks meine Angelegenheit vor... Die Frau hörte zu mit einem Ernst wie ein Minister und schaute mich an von oben bis unten. Sie gab keine eigentliche Antwort, sondern verlangte vorläufig den gewöhnlichen Handschilling, bei dessen Empfang sie sagte: Dienstplätze für junge Mädchen wären sehr selten, besonders da ich ihr für schwere Arbeit zu zart gebaut vorkäme: sie wolle aber doch in ihrem Buch nachschauen, ob sich was für mich tun ließe, indessen sollte ich ein wenig warten, bis sie andere Kunden abgefertigt hätte.

Bestürzt über diese wenig gute Auskunft trat ich etwas zurück; um mir das Warten erträglicher zu machen, schaute ich mich in dem Zimmer um, wobei ich den Blicken einer Dame - ich musste sie in meiner Unerfahrenheit für eine solche halten - begegnete, die in einem Winkel saß, und mitten im Sommer eine Samtmantille um hatte. Die Frau war dick und fett, hatte ein kupferiges verquollenes Gesicht und mochte wenigstens an die Fünfzig alt sein. Sie verschlang mich förmlich mit den Augen, musterte mich von Kopf zu Füssen, ohne sich um die Verlegenheit zu kümmern, in die mich ihr Anstarren setzte, und die ohne Zweifel eine starke Empfehlung für sie war und ein Beweis, dass ich mich für ihre Zwecke wohl schicken würde. Und ich gab mir Mühe, mich recht gerade zu halten und den besten Eindruck zu machen. Nachdem das so eine Weile gedauert hatte, kam sie auf mich zu und fragte mich sehr sittsam: "Süßes Herzchen, suchst du einen Dienst?" Ich machte einen tiefen Knicks: "Ja, wenn Sie gestatten." Das träfe sich gut, sagte sie; sie wäre gerade hergekommen, um sich nach einem Dienstmädchen umzusehen, ich könnte unter ihrer Anweisung wohl ganz brauchbar sein, mein Gesicht sei eine gute Empfehlung, London sei ein schlimmer, gottloser Ort und sie wolle mich schon vor schlechter Gesellschaft hüten - kurz, sie redete wie eine rechte Praktikermacherin und mehr als nötig war, um ein einfältiges Landmädchen zu fangen, das Angst vor der Strasse hat und das erste Anerbieten eines Obdaches mit beiden Händen annimmt. So wurde ich also in Dienst genommen; ich sah wohl so ein gewisses Lächeln und Achselzucken der Frau an dem Tisch, aber ich nahm es für ein Zeichen der Zufriedenheit über meine rasche Versorgung. Ich wusste ja noch nicht, wie gut diese Vetteln einander verstanden und dass hier der Markt war, wo Madame Brown - meine Gebieterin - sehr oft nach frischer Ware ausging. Madame schien über ihren Kauf sehr vergnügt. Wohl aus Besorgnis, ich möchte durch eine Warnung oder sonst einem Zufall ihren Händen entwischen, begleitete sie mich in einer Kutsche nach meinem Gasthof und forderte selbst meine Schachtel ab, die ihr auch, da ich zugegen war, ohne weiteres ausgefolgt wurde.

Hierauf ließ sie die Kutsche zu einem Laden bei der St. Paulskirche fahren, wo sie mir ein paar Handschuhe kaufte, und dann gab sie dem Kutscher Befehl, nach Hause in die * * Strasse zu fahren. Unterwegs unterhielt sie mich auf eine sehr angenehme Weise, die mich so vertrauend wie vergnügt machte, ohne auch nur ein Wort sich entkommen zu lassen, aus dem ich etwas anderes hätte entnehmen können, als dass ich durch ein ganz besonderes Glück in die Hände dieser vortrefflichen Frau gefallen wäre. So trat ich froh und voll guter Erwartung in das Haus und nahm mir gleich vor, sobald ich nur ein wenig eingerichtet sein würde, Esther von meinem seltenen Glück Nachricht zu geben.

Die hohe Meinung von meinem Glück wurde nicht geringer, als ich in ein nach meiner Meinung sehr schönes Wohnzimmer geführt wurde, das mir, die ich nur Bauernstuben kannte, mit seinem Spiegel im Goldrahmen und einem Silberschrank ganz glänzend vorkam und mich auch überzeugte, dass ich in eine sehr wohlhabende Familie musste gekommen sein. Meine Herrin sagte, ich solle vergnügt sein und mich frei bewegen lernen, denn sie hätte mich nicht als gemeine Hausmagd, sondern als eine Gesellschafterin engagiert, und wenn ich mich tüchtig erweise, würde sie für mich mehr als zwanzig Mütter tun. Ich antwortete darauf immer nur mit ungeschickten Knicksen und einfältigen Worten. Dann klingelte die Frau, und es trat die dicke, starke Magd herein, die uns ins Haus gelassen hatte: Hier, Martha, sagte Madame Brown, dieses junge Mädchen hab' ich soeben in Dienst genommen; zeige ihr ihr Zimmer. Und dass du ihr mit der gleichen Achtung begegnest, wie mir selber, denn sie ist mein kleiner Liebling. Die verschmitzte Martha war gut abgerichtet und wusste nun, was sie zu tun hatte; sie machte einen kleinen Knicks und bat mich, mit ihr hinaufzugehen, zwei Treppen hoch.

Da zeigte sie mir ein nettes Zimmer, nach hinten hinaus, in dem ein schönes breites Bett stand, in dem ich, wie sie sagte, mit einem Fräulein Cousine der Frau schlafen sollte, die sicher recht gut zu mir sein würde. Und dann erging sie sich in übertriebenen Lobeserhebungen ihrer guten Herrin, versicherte mich, wie glücklich ich gewesen sei, dass ich in ihren Dienst gekommen wäre, es gäbe keine bessere Frau, und noch viele solche Redensarten, die jedem andern verdächtig vorgekommen wären, nur mir einfältigem Gänschen vom Lande nicht. Mitten im Reden wurden wir wieder hinuntergeklingelt und ich wurde wieder in dasselbe Zimmer mit dem Silberschrank geführt, wo ein Tisch für drei Personen gedeckt war. Die dritte war eine merkwürdige Hauptperson in dem Hause, deren Geschäft darin bestand, solche junge Fohlen, wie ich eines war, abzurichten und zum Sprung zu bringen. Zu diesem Zweck wurde sie mir zur Schlafgenossin gegeben, und um ihr mehr Ansehen zu verleihen, bekam Mrs. Phöbe Ayres - so hieß meine Erzieherin - von der ehrwürdigen Präsidentin des Kollegiums den Titel Cousine. Diese Cousine unterzog mich nun einer neuen Besichtigung, die zu ihrer großen Zufriedenheit ausfiel. Das Mittagessen wurde aufgetragen und Madame Brown zwang sich, mich ihrem Plan gemäß als ihre Gesellschafterin zu behandeln, bat mich als "sehr geehrtes Fräulein" zu Tisch, so sehr ich auch in dem Gefühl meiner untertänigen Stellung dagegen protestierte. Mein bisschen Manier langte gerade so weit, dass ich einsah, es schicke sich nicht, mich ohne weiteres an den Tisch zu setzen.

Die Unterhaltung bestritten fast ausschließlich die beiden Damen, die eine mir nicht verständliche Doppeldeutigkeit in ihrem Reden hatten, die sie manchmal mit ein paar gütigen Worten gegen mich unterbrachen, Worten, die meine Zufriedenheit mit meinen gegenwärtigen Umständen festigen sollten, was gar nicht mehr nötig war. Man machte auch aus, dass ich mich ein paar Tage verborgen halten und nicht sehen lassen sollte, bis die Garderobe fertig sei, die ich als Gesellschafterin tragen sollte. Auf den ersten Eindruck kommt viel an, sagte die Gnädige, und man kann sich denken, dass ich mich gern für ein paar Tage einsperren ließ in der angenehmen Aussicht, meine Bauernkittel mit der Pracht eines Londoner Kleides zu vertauschen. Der wahre Grund der Brown, mich eingesperrt zu halten, war natürlich ein anderer; sie wollte mich von niemandem sehen und sprechen lassen, bevor sie nicht einen guten Kunden für meine Jungfernschaft gefunden hatte, die ich allem Anschein nach mit in Dienst gebracht hatte.

Ich übergehe das Unbeträchtliche, das der weitere Tag bis zur Schlafzeit brachte; ich war vergnügt über meinen so angenehmen Dienst und sehr zufrieden mit den Leuten, die so gütig zu mir waren. Nach dem Abendessen leuchtete uns die Magd in das Schlafzimmer und ging. Miss Phöbe merkte mein schamhaftes Zaudern, da ich mich nicht auskleiden, noch im Hemd vor ihr ins Bett steigen wollte. So fing sie an, mir das Busentuch aufzureißen und mir die Kleider loszumachen, was mir Mut gab mich selbst auszukleiden, und da ich mich schämte, bis aufs Hemd nackt vor ihr zu stehen, machte ich, dass ich schnell ins Bett kam. Phöbe lachte und legte sich gleich darauf zu mir. Sie war, wie sie sagte, fünfundzwanzig Jahre alt, wobei sie mindestens zehn Jahre bei sich behielt, die Verwüstungen abgerechnet, die ein langes Hurenleben und warme Bäder an ihrem Körper angerichtet und sie frühzeitig in die Notwendigkeit versetzt hatten, die Wollust zu lehren, statt sie selbst zu erfahren.

Meine Lehrerin hatte sich kaum niedergelegt, als sie auch schon, um keine Zeit zu verlieren, nahe an mich heranrückte, mich umarmte und heftig küsste. Das kam mir sehr seltsam vor; aber da ich es für Londoner Mode der Freundschaft hielt, ließ ich es auch an mir nicht fehlen und gab die Küsse mit allem Feuer zurück, dessen meine naive Unschuld fähig war. Das machte sie kühner und sie gab ihren Händen eine merkwürdige Freiheit, ließ sie auf meinem Körper herumwandern, den sie betasteten, drückten, zwickten, was alles mir mehr heiß machte, als dass es mich hätte beunruhigen oder beleidigen sollen. Auch was sie alles über meine Schönheit sagte, trug nicht wenig dazu bei, mich in einem gewährenden passiven Zustand zu erhalten, und da ich nichts Schlimmes kannte, fürchtete ich auch nichts, besonders von einer Person, die mich gegen alle Zweifel an ihrem Weibtum damit sicher gestellt hatte, dass sie meine Hände ein paar große Brüste betasten ließ, die ganz schlaff herunterhingen. So lag ich also ganz zahm und willig da, wie sie es nur wünschen konnte. Ein mir ganz fremdes, nie gefühltes Vergnügen spürte ich; Phöbes Hände liefen wie ein Feuer auf meinem Körper hinauf, hinunter - es brannte, wo sie mich berührte. Erst beschäftigten sie meine Brüste, wenn man die zwei ganz kleinen harten Hügelchen so nennen kann; dann glitten die Hände den Bauch hinunter, dort hin, wo mir vor wenigen Monaten erst das seidenweiche Haar gewachsen war. Aber nicht zufrieden mit den Außenwerken, griff sie nun auch den Hauptplatz an, und da begann ein Winden, Drehen, Bohren, bis sie endlich einen Finger hineinbrachte. Wäre sie nicht so allmählich vorgegangen und hätte sie mich nicht dadurch so in Hitze gebracht, dass meine Schamhaftigkeit nicht mehr imstande war, sich zu widersetzen, ich wäre sicher aus dem Bett gesprungen und hätte um Hilfe geschrieen. So aber hatte das Befühlen und Betasten mein Blut mächtig erregt, besonders an der von der Natur ganz besonders ausgezeichneten Stelle, wo nun zum erstenmal fremde Hände gierig beschäftigt waren, - bis ein Seufzer Phöbe zu verstehen gab, dass sie mir Schmerz verursache. Wie ich mich dehnen und strecken musste, wie ich schwer atmete und mir das Herz im Hals schlug - alles das hatte natürlich diese erfahrene, geile Hexe leicht überzeugt, dass ich über ihr Tun mehr vergnügt als beleidigt wäre. Und während all dem küsste sie mich immer wieder und flüsterte: wie schön du bist. . .! oder: wäre ich doch ein Mann . .! und dabei immer Küsse, wild und aufregend. Ich war ganz betäubt und außer mir; keines Gedankens fähig; es schüttelte mich nur so, und schließlich weinte ich vor Lust.

Die in allen Wolllüsten erfahrene Phöbe fand, wie es scheint, in der Ausübung ihrer Kunst, junge Mädchen abzurichten, die Befriedigung eines eigentümlichen Geschmackes, für den sich kein Grund angeben lässt. Nicht als ob sie die Männer gehasst oder ihnen ihr eigenes Geschlecht vorgezogen hätte, aber es trieb sie irgend was, vielleicht Sättigung am gewöhnlichen Genuss, zu Frauen, wenn sie sich ihr boten. Da sie nun meiner sicher war, zog sie die Bettdecke weg, und ich sah mich nun nackt ausgestreckt und unfähig, irgendetwas zu verhindern. Die Röte auf meinem Gesicht kam sicher mehr vom Verlangen als von der Scham. Das Licht, das Phöbe die ganze Zeit über und sicher nicht ohne Absicht hatte brennen lassen, warf seinen vollen Schein auf meinen entblößten Körper.

"Du musst nicht denken", sagte Phöbe. "dass du alle diese Schätze vor mir verbergen darfst, meine süße Kleine. Meine Augen wollen sie fast ebenso wohl haben wie meine Hände. Wie fest dein Busen ist, lass mich ihn küssen, - und wie weich das Pelzchen, lass mich sehen - nein, ich halt es nicht länger aus, da --" und nahm meine Hand und zog sie, wohin man leicht vermuten wird. Das war nun wohl ein großer Unterschied! Die Öffnung, zu der sie meine Hand zog, gab allen meinen Fingern Raum, und sobald mich Phöbe darin fühlte, schob und bewegte sie sich so heftig hin und her, dass ich meine Hand ganz feucht zurückzog. Darauf wurde Phöbe merkwürdig ruhig; ein paar Mal noch seufzte sie auf, gab mir noch einen langen Kuss und zog dann die Bettdecke wieder über uns herauf. In dieser Nacht empfand ich zum erstenmal mein Blut.

Nachdem Phöbe wieder ganz ruhig geworden war - ich war weit davon - forschte sie nach allen Umständen aus, die sie notwendig wissen musste, um meine Herrin richtig zu instruieren. Meine simplen Antworten versprachen ihr allen erwünschten Erfolg. Aus Ermattung schlief ich sofort ein, als ihr Fragen aufhörte, und die Natur, die sich helfen musste, erquickte mich mit einem dieser angenehmen Träume, die uns oft ebenso sehr entzücken wie die Wirklichkeit.

Des andern Tags erwachte ich früh um zehn Uhr frisch und munter. Phöbe war schon vor mir aufgestanden und fragte mich, wie ich geschlafen hätte und ob ich Appetit zum Frühstück hätte. Dabei vermied sie es sehr sorgfältig, die Verwirrung, in der sie mich sah, wenn ich sie anblickte, durch eine Anspielung auf die Bettszene der vergangenen Nacht zu vermehren. Ich sagte, wenn sie erlaubte, so wollte ich aufstehen und an die Arbeit gehen, die sie mir geben möchte. Sie lächelte. Gleich darauf brachte die Magd den Tee, und ich steckte kaum in den Kleidern, als meine Herrin angewatschelt kam. Ich dachte nicht anders, als dass sie mich wegen meines späten Aufstehens zur Rede stellen oder schelten würde; aber sie verblüffte mich mit Komplimenten über mein gutes Aussehen; sagte, ich wäre eine Schönheit und die vornehmen Herren würden mich sehr bewundern. Ich antwortete darauf, wie ich es konnte, naiv und ungeschickt, was aber den Beiden mehr gefiel, als wenn ich mit geschickten Reden den Beweis von Erziehung und Weltkenntnis gegeben hätte.

Wir frühstückten zusammen, und das Geschirr war kaum abgetragen, als die Magd zwei Bündel Wäsche und Kleider hereinbrachte, um mich aus zu staffieren, wie sie es nannten.

Man kann sich mein Entzücken vorstellen, als ich den Taffet mit silbernen Blumen darin sah, der zwar schon einmal geputzt worden, aber doch so gut wie neu war. Und dann das Spitzenhäubchen, die dünnen Strümpfe, die gestickten Schuhe! Der ganze Staat war natürlich aus zweiter Hand und eilig hergeschafft worden, da schon ein Kunde für mich im Haus war, vor dem meine Reize Musterung passieren sollten; und der hatte sich nicht nur, wie gewöhnlich, das vorläufige Besehen, sondern auch zugleich die unmittelbar darauf folgende Übergabe meiner Person ausbedungen, falls ich ihm gefallen sollte, wobei er die gute Bemerkung machte: an einem Ort. wo ich wäre, stünde es sehr misslich um eine so zerbrechliche Ware, wie eine Jungfernschaft. Phöbe zog mich also an, - meiner Ungeduld, mich in den Herrlichkeiten zu sehen, lange nicht rasch genug. Ich war zu unverdorben, als dass ich mich endlich vor dem Spiegel nicht kindisch über meine Umänderung gefreut hätte, die in Wahrheit zu meinem Nachteil ausfiel. Denn meine Bauernkleider mussten mir viel besser gestanden haben als der Kram, in dem ich mich nicht zu benehmen wusste. Phöbe versicherte mir noch dazu ein übers andermal, wie entzückend ich aussehe, wobei sie mir zu verstehen gab, wie viel ich davon auch ihrem Ankleiden verdanke, und ich war selig über mich; über Phöbe und über Madame, die es so gut mit mir meine. Denn dass das nur eine Decke für ein Schlachtopfer wäre, kam mir natürlich nicht in den Sinn. Den alten Plunder, wie ich es nannte, bekam Madame, die ihn mir mit meiner kleinen Barschaft aufheben wollte.

Ich wurde nun hinunter ins Wohnzimmer gerufen, wo mir die Alte sagte, die Kleider stünden mir so gut, als ob ich in meinem ganzen Leben keine andern getragen hätte - was konnte man mir nicht alles sagen, das ich nicht geglaubt hätte! Madame stellte mich hierauf einem Verwandten vor. Einem ältlichen Herrn, der gleich auf mich zukam als ich eintrat und mich begrüßte, nachdem ich vor ihm geknickst hatte. Er tat ein bisschen beleidigt, dass ich ihm nur die Wange zum Kuss gereicht hatte, ein Versehen, das er sofort damit gut zu machen suchte, dass er seine Lippen mit einer Heftigkeit auf die meinen drückte, wofür ich ihm zu danken wenig geneigt war, nach dem Eindruck, den seine Figur auf mich gemacht hatte, die nicht widerlicher und scheußlicher sein konnte. Er war eher über als unter Sechzig, kurz und schlecht gewachsen, das Gesicht gelb wie ein Kadaver, vorstehende Kalbsaugen, die stierten als ob ihn jemand drosselte; die Lippen hielten ein paar große grünliche Zähne beständig auseinandergedrängt, und er roch aus dem Munde. Dabei tat er als ob er eine Schönheit wäre und keine Frau ihn ansehen könnte, ohne sich sofort in ihn zu verlieben. Er bezahlte armen unglücklichen Geschöpfen Unsummen dafür, dass sie ihm die in ihn Verliebten vorspielten, und die weder Kunst noch Geduld dazu hatten, behandelte er brutal. Er suchte rasch immer wieder ein anderes Weib, nicht aus übergroßem Bedürfen, sondern aus Impotenz, und geriet in eine sinnlose Wut, wenn ihn vor dem Genuss die Kräfte verließen. Zu diesem Scheusal hat mich meine gütige Wohltäterin, die eine Kupplerin mit langjähriger Praxis war, verurteilt. Seinetwegen ließ sie mich hinunterkommen, vor ihm hinstehen, und drehte mich nach allen Seiten, deckte mein Tuch auf, pries Form und Farbe meines Busens. Dann ließ sie mich auf- und abgehen, und fand sogar an meinem bäurischen Gang Gelegenheit, das Inventar meiner Reize zu vergrößern. Kurz, sie vergaß nichts. Er nickte nur so, herablassend beifällig, während er mich wie ein Bock anstarrte; denn ich musste ihn manchmal, ich weiß nicht warum, ansehen, um sofort wieder wegzuschauen, wenn ich seinem Blick begegnete, was er wohl für jungfräuliche Schamhaftigkeit oder Ziererei auslegte, ein Idiot und Scheusal wie er war.

Dann entließ man mich. Phöbe begleitete mich auf mein Zimmer und blieb bei mir, damit ich nicht allein sei und Zeit finden könnte, über das nachzudenken, was da vorging. Aber meine Dummheit war so groß, oder meine Unschuld so ungeheuer, dass mir über die Madame Brown noch immer nicht die Augen aufgingen und ich in dem sogenannten Vetter tatsächlich nichts weiter sah als einen auffallend hässlichen Menschen, der mich weiter nichts anging, als dass er als ein Verwandter meiner Wohltäterin auch etwas von der Ehrfurcht bekommen müsse, die ich ihr bezeige. 

Phöbe bemühte sich, mich für das Scheusal einzunehmen, indem sie fragte, ob es mir lieb wäre, wenn ein so schöner Herr mein Mann werden wollte. Schön nannte sie ihn wohl, weil er sehr reich angezogen war. Ich sagte darauf, dass ich noch nicht ans Heiraten dächte, aber wenn, dann würde ich mir einen Mann aus meinem Stand wählen, so sehr hatte mich der Ekel vor dem hässlichen Kerl gegen den "schönen Herrn" abgeneigt gemacht und mich denken lassen, alle vornehmen Leute wären genau wie der. Phöbe aber ließ  sich nicht so leicht abbringen und redete und redete, mir Zweck und Sinn dieses gastfreien Hauses beizubringen. So lange sie von Männern im allgemeinen sprach, durfte sie wohl glauben. dass ich mich endlich ergeben würde, und dass da das Beste von mir zu erwarten sei. Aber sie war zu erfahren, als dass sie nicht hätte entdecken sollen, dass meine entschiedene Abscheu vor dem Vetter ihnen ein Hindernis in den Weg legen würde, das nicht so leicht weggeschafft werden könnte, als sie es für ihren Handel wünschten. Mich für die Männer zu gewinnen, das war nicht schwer, die Schwierigkeit begann erst mit dem Mann.

Unten hatte indes Mutter Brown mit dem alten Bock den Vertrag gemacht. Er sollte, wie ich nachträglich erfuhr, fünfzig Pfund im voraus und für den Versuch zahlen, und hundert nachher, wenn der Versuch geglückt sei. Ich wurde ihm dabei ganz nach Belieben und Großmut  überlassen. Er wollte, nach dem das festgestellt war, gleich zu mir, beschied sich aber auf die Vorstellungen meiner Kupplerin, dass ich erst noch abgerichtet werden müsste, auf den Abend. Länger wollte er auf keinen Fall warten. Ungeduld ist immer das Zeichen schlechter Lüste, und es blieb bei dem Abend.

Beim Mittagessen taten die Brown und Phöbe nichts sonst als in höchsten das Lob dieses wunderbaren Vetters zu singen, und wie glücklich die Frau wäre, die er mit seiner Neigung beglücke, und wie er vom ersten Moment an gleich in mich verliebt gewesen wäre; und was ich für ein Glück mache, auf Lebenszeit, und in einer Kutsche könnte ich fahren - aber der Ekel hatte sich in mir schon so eingegraben, dass ich ihnen, da ich die Kunst meine Gefühle zu maskieren nicht verstand, gerade heraus sagte, sie dürften dem Herrn nicht die geringste Hoffnung machen. Dabei ging der Wein recht lebhaft herum, natürlich um mich für den bevorstehenden Angriff widerstandsloser zu machen. 

Wir saßen so sehr lang zu Tisch und gegen Sechs, nachdem ich mich auch auf mein Zimmer begeben wollte und der Tee gebracht worden war, erschien die würdige Seele mit dem Waldteufel, der eine Art zu grinsen hatte, die ich im Magen spürte. Er setzte sich, dass er mich voll sehen konnte und verdrehte die Augen nach mir die ganze Zeit, da wir den Tee tranken. Das war schnell geschehen, und die sonst immer müßige Alte gab Geschäfte vor - und hatte auch recht damit - um aus dem Zimmer zu kommen; Ermahnte mich noch, den lieben Vetter um ihret- und meinetwillen gut zu unterhalten, bis sie zurückkomme. Und den Vetter, artig mit mir zu sein und fein sanft mit dem süßen Kind umzugehen. Darauf verschwand sie sehr schnell, und ich schaute mit offenem Mund nach der Tür.

Wir waren allein und ein Zittern kam auf einmal in meine Glieder, eine Furcht vor irgendetwas schrecklichem, dass ich mich auf das Kanapee am Kamin setzte, wo ich wie ein Stein blieb, ohne Atem und Leben, ohne zu sehen und zu hören. Ich konnte mich nicht rühren, wie sich der Mensch neben mich setzt, mich umarmt, küsst. Und wie er mich so ohne Widerstand sieht, reißt er mir das Busentuch herunter und versucht, mich auf das Kanapee zu legen. Ich fühle seine Hand an meinen Beinen, die ich übereinander geschlagen hatte und die er auseinander zu zwängen sich bemüht. Da erst kam ich zu mir; Er warf mich förmlich in die Höhe und ihm vor die Füße und ich bat, er möge nicht hart gegen mich sein und mir nicht weh tun. "Weh tun, Kleine? Ich denke gar nicht daran, - hat dir die Alte denn nicht gesagt,  dass ich dich liebe? Dass ich hübsch fein mit dir umgehen will?" - "Ich kann nicht, ich kann sie nicht lieben" rief ich, "Bitte, lassen sie mich! Ich will sie voll Herzen gern haben, wenn sie mich allein lassen und weggehen wollen." Aber ich redete umsonst. Ob ihn mein Bitten noch mehr erregte oder er seine Gier nicht mehr in Zaum halten konnte, er erneuerte pustend und fauchend seinen Angriff und versuchte mich noch einmal auf das Kanapee zu zwingen. Diesmal gelang es ihm, mich der Länge nach hinzulegen, mir sogar die Röcke über den Kopf zu schlagen und meine Schenkel aufzudecken; die ich so sehr als möglich übereinander presste; und so viel Mühe er sich auch gab, er konnte nicht Herr über mich werden, Weste und Hose hatte er aufgeknöpft, aber ich fühlte nichts sonst als das Gewicht seines Körpers auf mir. Plötzlich ließ er von mir ab, stand keuchend auf und fluchte was von "alt" und "hässlich", denn so hatte ich ihn in der Hitze meines Sträubens genannt. 

Nachher erst wurde ich gewahr; dass der Kerl durch das Zappeln und Raufen auf die Höhe seiner Begierde gekommen war, dass ihn schon sein Vermögen verlassen hatte, noch ehe er an den rechten Ort kam - denn es geschah alles auf meine Beine und auf mein Hemd.

Nun befahl er mir, aufzustehen - er wolle mir nicht die Ehre antun sich weiter mit mir abzugeben, die alte Hure möchte sich nach einem andern Trottel umsehen, er wolle sich jedenfalls nicht von einer verlogenen, falschen Keuschheit zum Narren halten lassen, denn er wisse genau, dass ich meine Jungfernschaft einem Bauernbengel auf dem Dorfe abgetreten hätte, und jetzt meine abgerahmte Milch in der Stadt anbringen wolle. So schimpfte er eine ganze Weile, zu meinem größten Vergnügen; denn der Spott schien mich vor seiner ekelhaften Zärtlichkeit zu sichern.

So deutlich nun auch die Absichten der Brown an den Tag gekommen waren, ich hatte doch nicht das Herz oder den Verstand, das klar einzusehen. Es kam mir gar nicht der Gedanke, mein Verhältnis zu der alten Hure zu lösen, so sehr hielt ich mich mit Leib und Seele für ihr Eigentum. Oder es war doch die Furcht vor der Strasse, der fremden Stadt, die mich selbst so betrog und mich ins Verderben brachte. 

Ich saß am Kamin, weinend, mit offenem Haar, bloßem Hals, ganz in trübseligen Gedanken, die ich mir nicht so klar machen konnte, dass aus ihnen ein Entschluss wurde. Dieser Anblick muss den Alten aufs neue geil gemacht haben, denn nach einer kleinen Weile fragte er auf einmal ruhig, fast zärtlich, ob ich es nicht noch einmal mit ihm versuchen wolle, bevor die alte Dame zurückkäme, es solle dann alles wieder gut sein. Dabei küsste er mich und fuhr mir mit der Hand zwischen die Brüste. Nun wirkte alles, Ekel, Furcht, Zorn und alles zusammen, das ich aufsprang, zur Glockenschnur eilte und mit so gutem Erfolge daran riss, dass sofort die Magd gelaufen kam. Wie die mich auf dem Boden liegen sah, mit verwirrtem Haar und blutender Nase - was die Sache etwas tragisch machte und den Schuft, der noch immer über mir her war, da wurde sie selber verwirrt und wusste nicht was tun. Die Umstände, wie sie uns fand, mussten der Martha den Eindruck machen, dass die Sache schon weiter gekommen sei, als sie wirklich war und dass ich die Ehre des Hauses schon völlig gerettet haben müsste, weshalb sie meine Partei nahm und dem Herrn riet, hinunter zu gehen. Ich würde mich bald erholen und wenn Madame und Phöbe erst wieder nachhause gekommen wären, würden sie schon alles ordnen, bis dahin möge er ein bisschen Geduld haben. Das sagte sie in einem sehr bestimmten Ton; und da der Alte wohl selbst dachte, dass sein Dableiben die Sache nicht besser machen würde, nahm er Hut und Stock und ging brummend hinaus. Ich erinnere mich noch, wie er dabei viele Falten in seine Stirne machte, dass er aussah wie ein alter Affe.

Sobald er weg war, bot mir Martha sehr zärtlich ihre Hilfe an, wollte mir Hirschhorn-Tropfen geben und mich ins Bett bringen, was ich durchaus nicht wollte, aus Angst, der Mensch käme wieder und wäre dann im Vorteil. Aber sie schwor mir, dass ich diese Nacht Ruhe haben würde, und so legte ich mich nieder. Ich war so matt, dass ich kaum die Fragen beantworten konnte, mit denen mich die neugierige Person belästigte.

Und dabei dachte ich mit Angst an die Brown, gerade als ob ich die Verbrecherin und sie die Beleidigte gewesen wäre. Aber es hatte ja auch an meinen Widerstand weder die natürliche Tugendhaftigkeit - wenn es so etwas überhaupt gibt - noch irgendwelche moralische Grundsätze den mindesten Anteil, sondern bloß meine Abneigung und mein Ekel vor diesem ersten brutalen und widerlichen Liebhaber. So wartete ich mit Angst und Verzweiflung auf die Rückkehr der Brown. Abends um elf kamen die Beiden heim. Martha war hinuntergelaufen, um sie einzulassen - Herr Krofts, so hieß mein Scheusal, war schon fort, nachdem er sich müde gewartet. Martha gab wohl den beiden einen mir günstigen Bericht, und so kamen sie alsbald die Treppe heraufgestapft. Wie sie mich blass und mit blutigem Gesicht fanden, kümmerten sie sich mehr darum, mich zu trösten als mir, wie ich zu fürchten dumm genug war, Vorwürfe zu machen.

Endlich ging die Brown, und Phöbe kam sogleich zu mir ins Bett. Durch Fragen und durch ihre Hände überzeugte sie sich bald, dass ich mehr Schrecken ausgestanden als Schaden gelitten hätte. Wir sprachen nicht viel.